4402/AB XXIV. GP
Eingelangt am 01.04.2010
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0033-Pr 1/2010
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 4462/J-NR/2010
Der Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Gerhard Kurzmann und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „die Flucht eines Häftlings aus der Justizanstalt Graz-Karlau“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
P. wies keine Vorstrafe auf. Sein Verhalten im Vollzug in der JA Graz-Karlau war tadellos. Es war daher davon auszugehen, dass der Genannte vom Vollzugsgericht Graz nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Freiheitsstrafe bedingt entlassen werden wird. Daher wurde er mit 1. Jänner 2009 in den Entlassungsvollzug überstellt.
Zur Darstellung in der Anfrageeinleitung, wonach P. auch in Rumänien noch 16 Jahre Haft zu verbüßen hätte, ist anzumerken, dass das Landesgericht Wiener Neustadt mit Beschluss vom 11. November 2008 die Übergabe des Strafgefangenen P. zur Strafvollstreckung eines Urteils des Amtsgerichtes Bukarest (Strafausmaß 16 Jahre Freiheitsstrafe) abgelehnt hat.
Da auch im Entlassungsvollzug nach § 144 Abs. 2 Strafvollzugsgesetz (StVG) Vollzugslockerungen nach § 126 StVG zu gewähren sind, wurde P. die Teilnahme an der Fahrrad- und Laufgruppe ermöglicht. Insgesamt hat er an zwölf Gruppenausgängen teilgenommen. Weiters wurden ihm insgesamt zwei Ausgänge zur familiären Kontaktpflege zur Entlassungsvorbereitung gewährt, die alle ohne Anstand verliefen. Es gab daher keine Hindernisse, P. die hier relevierte und gesetzlich auch vorgesehene Vollzugslockerung zu gewähren.
Zu 2 und 3:
Ein wesentliches Ziel des Strafvollzuges ist die Wiedereingliederung von straffälligen Personen in die Gesellschaft. Ein Strafvollzug ohne Maßnahmen, die eine schrittweise Rückführung der Straftäter in die Gesellschaft gewährleisten, wäre kontraproduktiv und zwar ungeachtet des Umstandes, dass menschliche Verhaltensweisen nie mit absoluter Sicherheit vorausgesagt werden können. Sofern daher, wie im vorliegenden Fall, nach umfassender Prüfung der Person und Abwägung aller dafür und dagegen sprechenden Umstände (aus einer Betrachtung im Vorhinein) fachlich richtig vorgegangen wurde, besteht kein Grund für darüber hinausgehende allgemeine Maßnahmen. Die unten dargelegte Statistik zeigt, dass im österreichischen Strafvollzug mit dem unvermeidlichen Restrisiko sehr verantwortlich umgegangen wird. Die Frage nach der Notwendigkeit disziplinarrechtlicher Schritte oder sonstiger Maßnahmen hat sich daher in diesem Fall nicht gestellt.
Zu 4 und 5:
Dem zentralen Häftlingsverwaltungsprogramm zufolge waren für das Jahr 2009 171 Fälle von Nichtrückkehr von Freigang, Ausgang (§§ 126 Abs. 2 Z 3 StVG, 126 Abs. 2 Z 4 StVG, 126 Abs. 4 StVG, 147 StVG, 99a StVG, 166 Abs. 2) und Strafunterbrechung (§ 99 StVG) zu verzeichnen.
Dem gegenüber haben im Jahr 2009 insgesamt 15.397 Insassen zu insgesamt 180.827 Terminen die jeweilige Justizanstalt zum Zweck des Ausganges und des Freiganges sowie der Unterbrechung der Unterbringung und der Bewegung im Freien verlassen. Dies bedeutet, dass Insassen, denen Lockerungen gewährt wurden, diese in 0,09 % der Fälle durch Nichtrückkehr missbraucht haben.
März 2010
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)