4403/AB XXIV. GP

Eingelangt am 01.04.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Johannes Jarolim und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Unhaltbare Vorgänge im LKH bzw. HNO-Klinik Innsbruck“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 und 2:

Der in der Anfrage angesprochene Sachverhalt gelangte mir anlässlich der Befassung mit der gegenständlichen Anfrage zur Kenntnis.

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck führt aufgrund einer privaten Anzeige ein Ermittlungsverfahren gegen Univ.-Prof. Dr. R. wegen des Verdachtes der fahrlässigen Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen, der fahrlässigen Tötung und der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen im Zusammenhang mit behaupteten ärztlichen Fehlbehandlungen.

Da laufende Ermittlungsverfahren gemäß § 12 StPO nicht öffentlich sind, ersuche ich um Verständnis, dass ich Fragen zu einzelnen Ermittlungsschritten nicht beantworten kann, weil dadurch Rechte der Verfahrensbeteiligten verletzt und insbesondere auch der Erfolg der Ermittlungen gefährdet werden könnten.

Zu 3:

Ob „andere Aufsichtsorgane“ in dieser Causa Schritte gesetzt haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Von dieser Tatsache darauf zu schließen, dass es keine Überprüfung gegeben habe, kommt mir nicht zu.


Zu 4 und 9:

Erst nach Vorliegen der noch ausständigen Ermittlungsergebnisse kann die Staatsanwaltschaft eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes vornehmen. Von dieser Beurteilung hängt auch das weitere Vorgehen ab.

Zu 5 und 7:

Diese Fragen fallen nicht in den Vollziehungsbereich der Bundesministerin für Justiz. Was den (durch das Justizrecht normierten) Rechtschutz anlangt, so verweise ich auf meine Antwort zu den Punkten 6 und 8.

Zu 6 und 8:

Bereits nach der bestehenden Zivilrechtslage sind Ärzte zu einer umfassenden Aufklärung hinsichtlich Diagnose, Behandlung und Risiken einer Heilbehandlung im Vorfeld einer solchen verpflichtet. Ohne Aufklärung kann ein Patient keine wirksame Einwilligung zu einer Behandlung geben; eine Heilbehandlung ohne Aufklärung ist daher rechtswidrig. Je größer die Risiken eines Eingriffs sind und je weniger dringlich er ist, umso höhere Anforderungen werden an die Aufklärungspflicht gestellt. Insbesondere sind davon Risiken betroffen, die speziell dem geplanten Eingriff anhaften und auch bei Anwendung allergrößter Sorgfalt und fehlerfreier Durchführung nicht sicher zu vermeiden sind und den nicht informierten Patienten überraschen, weil er mit dieser Folge nicht rechnet (OGH 23.2.1999, 4 Ob 335/98p; u.a.). Die derzeitige Rechtslage betreffend die Aufklärungspflicht und die Einwilligungserfordernisse bei medizinischen Behandlungen wurde stark durch die Rechtsprechung des OGH geprägt. Derzeit werden Überlegungen dahingehend angestellt, ob bestimmten Aspekten der Aufklärungspflicht – wie deren Art und Umfang – einen neuen normativer Rahmen zu geben, um mehr Klarheit und Rechtssicherheit für beide Seiten zu schaffen.

Gemäß § 110 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer einen anderen ohne dessen Einwilligung, wenn auch nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft, behandelt (eigenmächtige Heilbehandlung). Hat der Täter die Einwilligung des Behandelten in der Annahme nicht eingeholt, dass durch den Aufschub der Behandlung das Leben oder die Gesundheit des Behandelten ernstlich gefährdet wäre, so ist er nach § 110 Abs. 1 StGB nur zu bestrafen, wenn die vermeintliche Gefahr nicht bestanden hat und er sich dessen bei Aufwendung der nötigen Sorgfalt (§ 6) hätte bewusst sein können (§ 110 Abs. 2 StGB).


Der Begriff Heilbehandlung umfasst die gesamte ärztliche Tätigkeit, also neben der Heilbehandlung auch alle Maßnahmen zur Feststellung oder Verhütung von Krankheiten sowie Schmerzlinderung ohne therapeutische Wirkung (Fabrizy, StGB9, Rz 1 zu § 110). Eine wirksame Einwilligung des Behandelten schließt den Tatbestand aus. Zur Gültigkeit einer Einwilligung ist es notwendig, dass der Einwilligende, soweit das möglich ist, über seinen Zustand und die zu treffende Maßnahme unterrichtet ist. Von einer Einwilligung kann keine Rede sein, wenn der „Einwilligende“ überhaupt nicht weiß, worum es geht. Aber auch schon teilweise Unkenntnis über die wesentlichsten Momente kann der Einwilligung ihre rechtliche Bedeutung nehmen.

Ich halte die Rechtslage auch im Lichte des kolportierten Sachverhalts für ausreichend und sehe derzeit keinen legislativen Handlungsbedarf.