4437/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.04.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

                                                                                                                                    Alois Stöger diplô

                                                                                                                                    Bundesminister

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0055-I/5/2010

Wien, am  6. April 2010

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 4653/J der Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Einleitend ist festzuhalten, dass zur vorliegenden Anfrage eine Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger eingeholt wurde.

 

Ich darf jedoch vorab grundsätzlich Folgendes anmerken:

 

Ganz allgemein ist zunächst festzustellen, dass das österreichische Kranken­ver­sicherungsrecht auf dem Sachleistungsprinzip und dem Vertragspartnersystem auf­gebaut ist. Dem Bundesministerium für Gesundheit ist zwar durchaus verständlich, dass in manchen Fällen der/die Versicherte einen Arzt/eine Ärztin in Anspruch neh­men möchte, der/die in keiner Vertragsbeziehung zum leistungszuständigen Krankenversicherungsträger steht. Es liegt auch in der grundsätzlichen Entschei­dungsfreiheit des/der Versicherten, welchen Arzt/welche Ärztin er/sie letztendlich tatsächlich konsultiert. Wenn es sich hierbei um einen Wahlarzt/eine Wahlärztin handelt, muss man sich bei der Leistungsinanspruchnahme jedoch dessen bewusst sein, dass hier das sonst geltende Sachleistungsprinzip, bei dem den Versicherten in der Regel keine Kosten erwachsen und die Abrechnung direkt zwischen Leistungs­erbringer/in und Krankenversicherungsträger erfolgt, nicht zur Anwendung gelangt.

 

Demnach bestimmt § 131 ASVG, dass dem/der Versicherten im Falle der Inanspruch­nahme eines Wahlarztes/einer Wahlärztin 80 % jener Kosten ersetzt werden, die dem Versicherungsträger im Falle der Inanspruchnahme von entsprechenden Vertrags­partner/inne/n erwachsen wären.

 

Auf die im gegebenem Zusammenhang relevante, verbindliche Bestimmung des § 28 der Musterkrankenordnung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversi­cherungsträger sei hingewiesen, wonach „der/die Anspruchsberechtigte dem Wahlarzt/der Wahlärztin oder der Wahl-Gruppenpraxis das vollständige Honorar vor Einreichung der Honorarnote bei der Kasse zu zahlen hat. Für die Kostenerstattung muss der/die Anspruchsberechtigte der Kasse die Originalhonorarnote übergeben. Die Honorarnote muss folgende Angaben enthalten:

1. Vor- und Familienname des/der Anspruchsberechtigten,

2. Versicherungsnummer,

3. Wohnadresse,

4. bei Behandlung eines/einer Angehörigen außerdem die unter Z 1 bis 3 angeführten Personaldaten des Angehörigen,

5. die Zahlungsbestätigung, statt dessen kann auch der verwendete Einzahlungs­nachweis (Zahlschein, Erlagschein, Kontoauszug) im Original übergeben werden; liegt kein Einzahlungs­nachweis vor, kann im begründeten Einzelfall der/die Anspruchsberechtigte die Zahlung mit eigenhändiger Unterschrift bestätigen,

6. das Ausstellungsdatum,

7. genaue Angaben über die ärztlichen Leistungen, und zwar

a) die Diagnose und Therapie,

b) die Zahl der Ordinationen, Visiten, Nachtordinationen, Sonn- und Feiertags­ordinationen und bei Sonn- und Feiertagsordinationen sowie Nachtvisiten und Nachtordinationen auch die entsprechende Begründung,

c) die Sonderleistungen,

8. das Datum, an dem die Leistungen erbracht wurden, bei Nachtvisiten und Nachtor­dinationen auch die Uhrzeit,

9. bei Inanspruchnahme einer Wahl-Gruppenpraxis den Namen und das Fachgebiet des/der behandelnden Arztes/Ärztin der Gruppenpraxis.“

 

Auch sei auf den verbindlichen § 29 Musterkrankenordnung, welcher näher in der Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger dargelegt wird, hingewiesen, wonach die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtet sind, zu prüfen, ob im selben Quar­tal ein/eine Vertrags(fach)arzt/Vertrags(fach)ärztin des gleichen Faches in Anspruch genommen worden sei, da in diesem Fall keine Kostenerstattung erfolgt.

 

In Anbetracht dieser Vorgaben durch die Musterkrankenordnung liegt es in der Natur der Sache, dass trotz des Einsatzes von modernsten Datenverarbeitungsprogrammen

und -vernetzungen eine prüfsystembedingte Vorlaufzeit erforderlich ist. Eine gewisse Bearbeitungsdauer auch von einigen Wochen scheint dem Bundesministerium für Gesundheit nachvollziehbar und berechtigt, nicht zuletzt in Hinblick darauf, dass die eingehenden Wahlarztrechnungen einzeln von Fall zu Fall von den Bediensteten der Kasse zu bearbeiten sind. Der konkrete Kostenersatz ist anhand der entsprechenden Vertragstarife zu ermitteln, wobei auf allfällige Deckelungen oder degressiv gestaltete Tarife Bedacht zu nehmen ist.

 

Auch ist auf die hinlänglich bekannte finanzielle Situation der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung hinzuweisen. Die Krankenversicherungsträger hatten daher be­reits in den letzten Jahren in allen ihrer Disposition unterliegenden Bereichen eine Vielzahl von kostensenkenden Maßnahmen gesetzt, wie etwa Einsparungen beim Verwaltungsaufwand (Schlagwort „Schlanke Verwaltung“) und bei den Investitionen sowie verstärkte Bemühungen zum wirtschaftlichen Einsatz der Ressourcen.

Soweit es nun den Kostenersatz bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes/einer Wahl­ärztin betrifft, ist festzustellen, dass dadurch ein höherer Bearbeitungsaufwand ent­steht und sich in weiterer Folge naturgemäß bei gleichbleibendem oder gar sinken­dem Personalstand Verzögerungen in der Abwicklung insbesondere in Urlaubszeiten ergeben können.

 

Nachstehend werden die Ausführungen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger zu den einzelnen Fragen wiedergegeben, wobei dieser zu­nächst zu den im Einleitungsteil der Anfrage geschilderten Erwartungen von Pa­tient/inn/en darauf hinweist, dass keinesfalls angenommen werden kann, dass die Eigenschaft „Wahlarzt/-ärztin“ eine Aussage über (bessere oder schlechtere) Qualität der Behandlung zulässt. Behandlungsqualität hängt wesentlich von Ausbildung, Kön­nen und Erfahrung des Behandlers bzw. der Behandlerin ab, nicht davon, ob jemand Wahlarzt/-ärztin ist oder nicht. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger betont, dass die Krankenver­sicherungsträger sehr wesentlich darauf achten, dass Kassenverträge mit Bewer­ber/inne/n abgeschlossen werden, welche auf Dauer Gewähr qualitätvoller Behand­lung bieten; gleiches gilt für das zeitliche Argument und die Ordinationsausstattung.

 

Fragen 1 bis 26:

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger führt hier allgemein aus, dass wie überall Doppelverrechnungen und andere Missbräuche auch bei der Erstattung von Wahlarztkosten möglichst zu verhindern sind. Die Krankenversicherungsträger prüfen daher je nach Sachverhalt, ob für eine Leistung, für welche eine Wahlarztrechnung eingereicht wurde, nicht auch eine vergleichbare Leistung bei einem anderen Vertragspartner abgerechnet wurde, vgl. dazu § 29 der Musterkrankenordnung MKO, www.sozdok.at. Hiefür ist die – im Einzelfall unterschiedliche – Zeitdauer zu berücksichtigen, wenn auch in klaren Fällen

bzw. durch vorläufige Anweisung im Interesse der Patient/inn/en versucht wird, die einschlägigen Fristen möglichst zu verkürzen. Da Vertragspartner teilweise längere Rechnungslegungsfristen (über Monate) verwenden dürfen, kann diese Prüfung ent­sprechend längere Zeit benötigen.

 

Dementsprechend wird auch untersucht, ob die Krankheit, für deren angebliche Be­handlung eine Rechnung zur Erstattung vorgelegt wurde, in dieser Form auch tat­sächlich existiert hat bzw. existieren konnte (Fälle, in denen Rechnungen nicht vor­handener Behandlungen vorgelegt wurden, werden hin und wieder bekannt, insbe­sondere wird bei Verdacht bei Rechnungen aus dem Ausland versucht zu verifizieren, ob die rechnungslegende Stelle tatsächlich in der vorgegebenen Form existiert hat).

 

Die in der Folge angegebenen Durchschnittswerte enthalten daher keine Aussagen über die konkrete Erstattungsdauer im Einzelfall.

 

Zwischen Allgemeinmediziner- und Facharzthonoraren gibt es dementsprechend auch keine Unterschiede.

WGKK

Derzeit ca. sechs Wochen ab Einlangen des Kostenerstattungsantrages.

SVA

Im Jahr 2009 12,14 Tage.

SVB

Die Gewährung der Kostenzuschüsse für Arzthonorare ist grundsätzlich innerhalb weniger Tage möglich.

TGKK

Derzeit zehn Wochen.

VGKK

Die durchschnittliche Kostenrückerstattungsdauer beträgt ca. drei Wo­chen.

VAEB

Durchschnittliche Kostenrückerstattungsdauer vier bis sechs Wochen.

OÖGKK

Vier Wochen, sofern von den Kunden alle erforderlichen Unterlagen mitgesendet wurden.

BGKK

Die momentane Bearbeitungsdauer beträgt rund sieben Wochen, wobei sich diese während der Urlaubszeit auf bis zu zwölf Wochen ausdehnen kann.

BVA

Die durchschnittliche Kostenrückerstattungsdauer ist mit maximal 15 Ta­gen exklusive Banklaufzeit festgelegt.

KGKK

Drei bis vier Wochen.

NÖGKK

Derzeit rund drei Monate.

STGKK

Ca. neun bis zehn Wochen.

SGKK

Eine Woche.


Frage 27:

Im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger besteht eine Arbeitsgruppe dazu. Es werden dazu Ist-Analyse, Er­kenntnisse aus der Vertragspartneranalyse, Literaturrecherchen im Hinblick auf die These der angebotsinduzierten Nachfrage, Auswertungen hinsichtlich e-card Ausstat­tung der Partner etc. einbezogen werden.

Die Rechtsgrundlagen sind bereits jetzt im Internet transparent dargestellt, die Ver­lautbarung der Gesamtverträge (§ 645 Abs. 3 ASVG) wird ab Mitte 2010 weitere wesentliche Informationsmöglichkeiten enthalten.

 

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger weist darauf hin, dass die Wahlarztkostenerstattung deutlich auf­wändiger als die Vertragspartnerverrechnung ist, weil Wahlärzt/inn/en nicht vorge­schrieben werden kann, in welcher Form Leistungen verrechnet werden und der ein­gangs geschilderte Prüfaufwand besteht.

Dieser Umstand war der Grund, warum der Verfassungsgerichtshof die Beschränkung der Kostenerstattung auf 80 %  als sachlich gerechtfertigt beurteilt hat (siehe dazu ausführlich Kletter, Das VfGH-Erkenntnis zur Kostenerstattung, SozSi 2000, 704 ff). Wie der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger abschließend und für das Bundesministerium für Gesundheit nachvollziehbar ausführt, ist eine weitere technische Be­schleunigung der Bearbeitung schwer möglich, da im Wahlarztbereich jede Rechnung einzeln eingereicht wird und individuell bearbeitet werden muss.