4464/AB XXIV. GP

Eingelangt am 09.04.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                           Wien, am    April 2010

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0037-I/4/2010

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4504/J vom 10. Februar 2010 der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Der Republik Österreich wurden in Zusammenhang mit der Causa Liechtenstein keine elektronischen Medien zur Verfügung gestellt, sondern eine Faxmitteilung mit Namen und Stiftungen sowie in weiterer Folge körperliche Unterlagen, konkret 3 Ordner mit Papier-unterlagen, übermittelt. Die Faxmitteilung enthielt 199 Datenzeilen mit 135 Namen und 143 Stiftungen. Aus den nachgereichten körperlichen Unterlagen gingen zusätzlich 9 Namen und eine Stiftung ohne Zuordnungsmöglichkeit zu einer tatsächlichen Person hervor. Ein weiterer Fall wurde basierend auf einem deutschen Rechtshilfeersuchen aus einem Strafverfahren auch in Österreich aufgenommen, da die betroffene Person auch in Österreich der Steuerpflicht unterliegt.


Zu 2.:

Die Anzahl der steuerpflichtigen Personen in Österreich, die in den gegenständlichen Unterlagen genannt waren und die Selbstanzeige erstattet haben, beläuft sich auf 68.

 

Zu 3.:

Die Anzahl der steuerpflichtigen Personen in Österreich, die nicht in den gegenständlichen Unterlagen genannt waren und die Selbstanzeige erstattet haben, beläuft sich auf 43.

 

Zu 4.:

Bei 78 Personen, die eine Selbstanzeige abgegeben haben, wurden Abgabennach-forderungen in Höhe von gesamt € 20.385.548,40 (inkl. Verzinsung) festgesetzt. Davon wurden € 15.560.283,75 bis zum Stichtag 5. März 2010 entrichtet.

 

Bei weiteren 19 Personen ohne Selbstanzeige wurden € 2.940.518,24 vorgeschrieben, von diesen Abgabennachforderungen wurden bis zum Stichtag 5. März 2010 € 1.641.052,64 entrichtet.

 

Zu 5.:

In 61 Fällen ist die Vorschreibung höher als € 75.000,--.

 

Zu 6.:

Gegen 13 Personen wurde das Strafverfahren verwaltungsbehördlich eingeleitet. In weiteren 26 Fällen wurde eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet.

 

Zu 7.:

Bisher konnten 9 gerichtliche und 6 verwaltungsbehördliche Strafverfahren abgeschlossen werden.

 

Zu 8.:

8 Personen wurden zu Geldstrafen im Ausmaß von € 249.700,-- verurteilt.

 

Zu 9.:

Auf Grund strafbefreiender Selbstanzeige wurden 5 Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Ein Verfahren wurde mangels Gerichtszuständigkeit an die Finanzstrafbehörde rückübermittelt und ein Verfahren nach dem Tod des Beschuldigten beendet.

 

Gegen 8 Personen wird derzeit kein Strafverfahren geführt, da diese keinen Wohnsitz im Inland haben. 10 Personen sind verstorben, sodass keine strafrechtlichen Aktivitäten gesetzt werden.

 

In 70 Fällen ist in Folge der Selbstanzeige und Erfüllung der damit gesetzlich verbundenen Auflagen strafbefreiende Wirkung eingetreten, weshalb auch hier keine weiteren straf-rechtlichen Maßnahmen gesetzt werden. In 3 Fällen wurde nach der Beurteilung der Strafsachenstelle kein deliktisches Verhalten festgestellt.

 

29 Selbstanzeigefälle sind im Vormerksystem der Finanzstrafbehörden erfasst, 14 Fälle brachten kein abgabenrechtliches Ergebnis und sind somit auch strafrechtlich nicht mehr relevant. In 16 Fällen ist die Beurteilung der Finanzstrafbehörden noch ausständig.

 

Zu 10.:

Im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren gibt es die Maßnahme der Diversion nicht. Ob in den gerichtlichen Verfahren dieses Instrument zur Anwendung gelangte, ist dem Bundesministerium für Finanzen nicht bekannt.

 

Zu 11.:

Einleitend wird festgehalten, dass Abgabenansprüche des Bundes 5 Jahre nach Entstehen des Abgabenanspruches verjähren und keine Abgabenfestsetzung mehr möglich ist. Diese Frist wird auf 7 Jahre verlängert, wenn es sich um hinterzogene Abgaben handelt. Die Verjährungsfrist wird jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn seitens des zuständigen Finanzamtes nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches gesetzt werden, wie beispielsweise Betriebsprüfungen oder die Erlassung oder Aufhebung von Abgabenbescheiden. Begrenzt ist diese Verlängerung allerdings mit einer absoluten Verjährungsfrist von 10 Jahren ab Entstehen des Abgaben-anspruches.

 

Die strafrechtliche Verjährung tritt 5 Jahre nach Abschluss des deliktischen Verhaltens ein, wird jedoch unterbrochen, wenn in diesen 5 Jahren neuerlich ein steuerlicher Straftatbestand gesetzt wird. Hier tritt die Verjährung aller Delikte erst mit Ablauf der 5-Jahresfrist für das zeitlich zuletzt gesetzte Delikt ein, jedoch greift auch im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren eine absolute Frist von 10 Jahren ab Deliktsvollendung.

 

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die österreichische Finanzverwaltung Mitte des Jahres 2008 Informationen über Personen erhalten hat, bei welchen unter Umständen Abgabenachforderungen aufgrund der Veranlagung von Geldern in Liechtenstein gegeben waren und diese Daten aus dem Jahr 2001 stammen, kann zusammenfassend angegeben werden, dass in fast allen Fällen teilweise eine Abgabenfestsetzungsverjährung eingetreten ist. Wie bereits oben erwähnt, ergibt sich – vereinfacht gesagt – eine Abgabenfestsetzungs-verjährung für alle vor dem Jahr 2000 entstandenen Abgabenansprüche.

 

Konkret gab es zwei Fälle, bei welchen es aufgrund eingetretener Verjährung zu keinen ertragssteuerlichen Festsetzungen gekommen ist (Abgabenansprüche waren letztmalig 1999 entstanden). In 27 Fällen von – unter schenkungssteuerrechtliche Vorschriften fallenden – so genannten intransparenten Stiftungen ist Verjährung hinsichtlich des Schenkungssteuer-tatbestandes eingetreten, was eine spätere ertragssteuerliche Besteuerung von Zuflüssen aus der Stiftung aber nicht ausschließt.

 

Zu 12.:

Da für Zeiträume, die unter die Festsetzungsverjährung fallen, generell keine Abgaben-berechnung vorgenommen wird, kann diese Frage nicht beantwortet werden. Derartige Berechnungen wären auch nicht im Sinne der Verwaltungsökonomie.

 

Zu 13.:

Laut den Daten aus der Faxmitteilung Liechtenstein (Beträge in Millionen gerundet):

 

ATS:   340,9 Mio.

ESP:    42,6 Mio.

USD:   3,9 Mio.

DM:    21,0 Mio.

CHF:   43,4 Mio.

 

Zu 14.:

Eine seriöse Schätzung kann nicht vorgenommen werden, da jeder Einzelfall gesondert daraufhin zu beurteilen ist, ob er unter einen steuerlich relevanten Tatbestand subsumiert werden kann. Greifen beispielsweise im Fall von so genannten intransparenten Stiftungen schenkungssteuerrechtliche Tatbestände, ist von einer Steuerbelastung bis zu 60% auszugehen, abhängig von der jeweiligen Betragshöhe der Zuwendung. Ist die Stiftung als transparent anzusehen, greift als steuerlicher Tatbestand die Einkommensbesteuerung, deren Höhe von den insgesamt erzielten Gewinnen aus allen Einkunftsarten abhängt und somit wiederum nur rein einzelfallbezogen beurteilt werden kann.

 

Zu 15.:

Die bis zum Stichtag 5. März 2010 geleisteten Steuernachzahlungen betragen € 17.201.336,39.

 

Zu 16.:

Die bis zum Stichtag 5. März 2010 ausgesprochenen Geldstrafen betragen € 249.700,--.

 

Zu 17.:

Hierzu darf auf die Ausführungen zu den Fragen 4., 15. und 16. verwiesen werden. Schätzungen zum Gesamtschaden wären spekulativ; sie können infolge der unterschiedlichen abgabenrechtlichen Tatbestände nicht vorgenommen werden.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Josef Pröll eh.