4489/AB XXIV. GP

Eingelangt am 15.04.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0041-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4514/J-NR/2010

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Jugendstrafvollzug in der JA Josefstadt“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Zum Stichtag 31. Jänner 2010 befanden sich in der Justizanstalt Wien-Josefstadt 63 männliche Jugendliche, 103 männliche junge Erwachsene, 5 weibliche Jugendliche und 18 weibliche junge Erwachsene in Haft.


Zu 2 bis 6:

Bereits im Rahmen der allgemeinen Ausbildung wird auf die besondere Problematik des Jugendvollzuges und der Strafrechtspflege gegenüber Jugendlichen eingegangen. Darüber hinaus absolvieren die in Jugendabteilungen tätigen Bediensteten der Justizwache ein besonderes Ausbildungsmodul zum Thema „Jugendvollzug“.

Den MitarbeiterInnen der Betreuungsfachdienste werden fachspezifische Fortbildungsveranstaltungen angeboten.

Bezogen auf die Einrichtung des Jugenddepartments in der Justizanstalt Wien–Josefstadt im Jahr 2003 haben alle damals erstmals im Jugendvollzug tätigen Justizwachebediensteten das Ausbildungsmodul „Jugendvollzug“ durchlaufen. Bedienstete, die von der ehemaligen Justizanstalt Wien-Erdberg übernommen wurden, hatten diese Fortbildung bereits absolviert.

Nach § 20 StVG gehört die erzieherische Beeinflussung zu den Grundaufgaben des Strafvollzuges. Für den Bereich des Jugendvollzuges hat diese gegenüber dem Erwachsenenvollzug zusätzliches Gewicht. Die erzieherische Beeinflussung gehört daher – in unterschiedlicher Gewichtung – zum Berufsbild jedes Justizwachebeamten. Solange es aus besoldungsrechtlichen Gründen noch Erzieher im Strafvollzug gegeben hat, waren diese in ihrer Tätigkeit den Justizwachebeamten grundsätzlich gleichgestellt. Im Zuge einer Verwaltungsvereinfachung wurde in den 1990er Jahren diese rein besoldungsrechtliche Unterscheidung aufgehoben. Da es sich bei der Justizwache um ein Berufsbild mit stark erzieherischem Charakter handelt, ist der Einsatz „reiner“ Erzieher nicht zweckmäßig.

Im Bereich der Jugendabteilungen der Justizanstalt Wien-Josefstadt sind überdies 11 Lehrer im Schulbetrieb des Jugenddepartments tätig.


Zu 7:

Im Jugenddepartment der Justizanstalt Wien-Josefstadt gelten folgende Einschlusszeiten:

Abteilungen männliche Jugendliche

Montag – Freitag 

18.00h – 07.00h

Samstag, Sonntag, Feiertag

15.00h – 07.00h

Abteilungen männliche junge Erwachsene 

Montag – Sonntag

15.00h – 07.00h

Abteilung weibliche Jugendliche und

weibliche junge Erwachsene

Montag – Sonntag

15.00h – 07.00h

 

Zu 8:

In der Justizanstalt Gerasdorf gelten folgende Einschlusszeiten:

Montag – Freitag

20.00h – 07.00h

Samstag, Sonntag, Feiertag

18.00h – 07.00h

 

Zu 9 bis 11 und 19:

Bei den männlichen Jugendlichen wird ein über den Regelbetrieb hinausgehender verlängerter Dienst geführt. Bei den weiblichen Jugendlichen und weiblichen jungen Erwachsenen sowie bei den männlichen jungen Erwachsenen gibt es keinen über den Regelbetrieb hinausgehenden verlängerten Dienst. Bei den weiblichen Jugendlichen und weiblichen jungen Erwachsenen werden jedoch viermal monatlich bis 18:00 Uhr Freizeitgruppen geführt.

Der verlängerte Dienst in den beiden Jugendabteilungen der männlichen Jugendlichen findet regelmäßig von Montag bis Freitag statt. Ab einem Insassenstand von über 60 männlichen Jugendlichen muss zusätzlich eine Abteilung der jungen Erwachsenen zur Hälfte mit Jugendlichen belegt werden. In diesem Fall wird der verlängerte Dienst zwischen den beiden Jugendabteilungen und der dritten Abteilung aufgeteilt, damit keine Jugendlichen benachteiligt sind.

Derzeit erfolgt eine Evaluierung des Personaleinsatzes in der Justizanstalt Wien-Josefstadt. Ziel ist es unter anderem, die Betreuung der Jugendlichen weiter zu verbessern.

Zu 12 und 13:

Naturgemäß finden die meisten Übergriffe während der Einschlusszeiten statt, weil während dieser Zeiten keine Justizwachebediensteten in den Hafträumen anwesend sind. Übergriffe können auch bei längeren Öffnungszeiten nicht verhindert werden. Ein Kausalzusammenhang ist überdies nicht nachgewiesen. Auch in der Justizanstalt Wien-Erdberg ist es bei langen Öffnungszeiten und kleineren Hafträumen zu Übergriffen gekommen.

Berichte von vereinzelten Übergriffen unter den Jugendlichen liegen vor. Übergriffe bei den männlichen jungen Erwachsenen sind selten. Da es im Jänner 2009 einige Meldungen bezüglich körperlicher Übergriffe unter den Jugendlichen besonders an Wochenenden gegeben hat, wird bereits seit Ende Februar 2009 an Samstagen, Sonn- und Feiertagen im Tagdienst zwischen 07.00h und 15.00h für Jugendliche Sport angeboten.

Zu 14:

Im Jahr 2009 wurden folgende körperliche Übergriffe dokumentiert:

Jugendliche:                          weiblich 4; männlich 53

Junge Erwachsene:              weiblich 2; männlich 13

Im Jahr 2009 wurden keine sexuellen Übergriffe aufgezeigt.

Zu 15 und 16:

Ein Vorfall um den Jahreswechsel in der Justizanstalt ist bekannt. Gesicherte Aussagen über Dunkelziffern sind naturgemäß nicht möglich. Erfahrungsgemäß bleiben einschlägige Vorfälle durch den engen Kontakt zwischen Bediensteten und Insassen jedoch selten unentdeckt.

Zu 17:

Keine der Abteilungen im Jugenddepartment verfügt über Einzelhafträume.

Zu 18:

Es ist nicht richtig, dass die Töpferei und der „Unternehmerbetrieb Mädchen“ prinzipiell geschlossen sind. Richtig ist, dass bei vorübergehender Abwesenheit des/der Betriebsleiters/Betriebsleiterin aus personellen Gründen kein geeigneter Ersatz gestellt werden kann.

Zu 20:

Es stehen 54 Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze für männliche Jugendliche zur Verfügung. 

Bäcker 2, Kfz-Mechaniker 2, Tischler 5, Schlosser 6                  gesamt 15

Hausarbeiter                                                                                                     6

Ergotherapie Töpferei                                                                                      5

Ergotherapie Kunststoff                                                                                   3

Ergotherapie Jugendtischler                                                                           3

Unternehmerbetrieb                                                                                         9

Ausbildung ECDL                                                                                             8

Ausbildung Basisbildung                                                                                 5

In den Betrieben, bei den Schnupperlehren sowie den Ausbildungsplätzen werden auch junge männliche Erwachsene beschäftigt.

Für weibliche Jugendliche und weibliche junge Erwachsene stehen im „Unternehmerbetrieb Mädchen“ insgesamt 10 Arbeitsplätze zur Verfügung.

Zu 21:

Die Problematik des Bodenbelages ist bekannt. Überlegungen zu einer Verbesserung werden angestellt.

Zu 22 und 23:

Den Jugendlichen in der Justizanstalt Josefstadt stehen Spazierhöfe mit jeweils 125m² und ein Sporthof in der Größe von 570m² zur Verfügung. Die Freifläche in der Justizanstalt Gerasdorf beträgt zirka 3,5 Hektar, allerdings zählen dazu auch Freiflächen von Betrieben wie z.B. der Gärtnerei.

Zu 24:

Der Turnsaal wird von durchschnittlich zwei Sportgruppen montags bis freitags täglich genutzt. Samstag, Sonn- und Feiertag finden täglich vier Sportgruppen statt.

Der Turnsaal wird ungefähr 18 Mal in der Woche benutzt.


Zu 25:

Den Hauptschulabschluss haben in den Schuljahren 1999/2000 bis 2002/2003 insgesamt 173 Jugendliche der Justizanstalt Wien-Erdberg nachgeholt.

Hauptschulabschlüsse in den Schuljahren

1999/2000 

48

2000/2001

48

2001/2002

33

2002/2003

44

 

Zu 26:

Den Hauptschulabschluss haben in den Schuljahren 2003/2004 bis 2008/2009 insgesamt 226 Jugendliche der Justizanstalt Wien-Josefstadt nachgeholt.

Hauptschulabschlüsse in den Schuljahren

2003/2004 

58

2004/2005

58

2007/2008

68

2008/2009

42

 

Zu 27:

Die Besuchszeit ist für Jugendliche und junge Erwachsene gleich geregelt und zwar wie folgt:

Anmeldung von             Mo – Fr: 7.15h – 13.30h und Sa: 7.15h – 8.00h;

Besuch                          Mo – Fr: 7.30h – 14.30h und Sa: 7.30h – 9.00h.

Zu 28 bis 30:

Derartige Informationen liegen mir nicht vor. Trotzdem bemühe ich mich, wie bereits ausgeführt, durch Evaluierung des Personaleinsatzes und Suche nach Verbesserungen im Vollzug um eine insgesamt erhöhte Qualität des Jugendvollzuges in Wien. Ich erwarte mir bis Sommer 2010 entsprechende Ergebnisse bzw. Vorschläge. Das Ausmaß der Verbesserung hängt freilich wesentlich von den personellen, baulichen und finanziellen Rahmenbedingungen ab.


Zu 31 und 32:

Aufgrund der Entwicklung der Budget- und Planstellensituation erscheint derzeit die Realisierung eines eigenen Jugendgerichtshofes nicht umsetzbar. Wie bereits zu den Fragepunkten 28 bis 30 erwähnt, bin ich im Rahmen der mir im Sach- und Personalaufwand zugewiesenen Mittel bestrebt, durch organisatorische Maßnahmen einen besseren Jugendvollzug zu ermöglichen.

 

. April 2010

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)