4492/AB XXIV. GP

Eingelangt am 16.04.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0043-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4522/J-NR/2010

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Testamentfälschungen beim Bezirksgericht Dornbirn“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 und 2:

Nach dem derzeitigen Verfahrensstand werden gegen 13 Personen Ermittlungen geführt. Bei fünf der Beschuldigten handelt es sich um Justizangehörige, darunter eine Richterin. Einer der Tatverdächtigen befindet sich seit mehreren Jahren nicht mehr im aktiven Dienststand.


Zu 3 bis 6:

Aus Anlass der in der Anfrage relevierten Vorfälle wurde das Bezirksgericht Dornbirn einer umfassenden Sonderrevision unterzogen. Dem Revisionsbericht ist zu entnehmen, dass erste Hinweise auf mögliche Unstimmigkeiten im Jahr 2001 beim Bezirksgericht Dornbirn und der Staatsanwaltschaft Feldkirch einlangten. Ein Ermittlungsverfahren konnte jedoch nicht mehr eingeleitet werden, weil der Angezeigte bereits verstorben war. Aufgrund von weiteren Hinweisen kam es zu Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Feldkirch. Das Verfahren musste aber eingestellt werden, weil – zum damaligen Zeitpunkt die Ermittlungen keinen – Tatnachweis erbrachten. In einigen Fällen wurden Hinweise von dritter Seite vom Bezirksgericht Dornbirn – beruhend auf der damaligen Einschätzung der Sachlage – nicht an die Staatsanwaltschaft Feldkirch weitergeleitet.

Zu 7:

In dieser Causa wird bislang gegen eine Richterin, zwei aktive und einen pensionierten Beamten sowie einen ehemaligen Vertragsbediensteten des Bezirksgerichtes Dornbirn ermittelt. Gegen die Richterin wurde am 25. Februar 2010 mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Disziplinargericht eine Disziplinaruntersuchung gemäß § 123 RStDG eingeleitet und ihre Suspendierung gemäß § 146 Abs. 1 RStDG verfügt. Gegen die im aktiven Dienststand befindlichen Beamten wurden gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 Disziplinarverfahren eingeleitet; sie wurden mit Bescheiden der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz vom 18. und 19. Jänner 2010 gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 vom Dienst suspendiert. Gegen den pensionierten Beamten wurde am 11. Februar 2010 Disziplinaranzeige erstattet. Das Dienstverhältnis des involvierten Vertragsbediensteten wurde gemäß § 34 Abs. 2 lit. b und c Vertragsbedienstetengesetz 1948 mit Ablauf des 28. Dezember 2009 vorzeitig aufgelöst.

Zu 8:

Da der Tatzeitraum vor dem 1. Jänner 2009 liegt, besteht keine Zuständigkeit der Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Zu 9 und 10:

Die Staatsanwaltschaft Feldkirch geht mit Ermittlungsstand 31. März 2010 davon aus, dass neben Urkundenfälschungen, Urkundenunterdrückungen und Amtsmissbräuchen im Zusammenhang mit falschen Registereintragungen zumindest 16 Verlassenschaften und vier Liegenschaftsschenkungen auf betrügerische Weise manipuliert worden sind. Da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, ist es mir derzeit nicht möglich, den Schadensumfang zu beziffern.

Zu 11:

Bei allen Bezirksgerichten werden in regelmäßigen Abständen und in gleichförmiger Weise sogenannte Regelrevisionen durchgeführt. Diese Regelrevisionen sind durch ein weitgehend feststehendes Prüfprogramm und einen standardisierten Revisionsbericht gekennzeichnet, der eine Vergleichbarkeit der jeweiligen Revisionsergebnisse gewährleistet. Bei den Regelrevisionen wird neben den aufbauorganisatorischen Strukturen und ablauforganisatorischen Gegebenheiten auch das Funktionieren des internen Kontrollsystems geprüft. Außerdem werden für jedes Jahr besondere Prüfungsschwerpunkte festgelegt. Daneben gibt es – meist aus aktuellen Anlässen – noch  Sonderrevisionen zu bestimmten Themenkomplexen- bzw. Aufgabenbereichen.

Die Regelrevisionen finden in einem zeitlichen Abstand von vier bis sieben Jahren statt. Insbesondere dann, wenn Hinweise auf relevante Einschränkungen bei der Aufgabenerfüllung vorliegen, wird die jeweilige Folgerevision zeitlich vorgezogen. Solche Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten im Bereich des Verlassenschaftsverfahrens hat es aber bei den beim Bezirksgericht Dornbirn durchgeführten Regelrevisionen bis zu den nunmehr aufgekommenen Testamentsfälschungen nicht gegeben.

Zu 12 bis 14:

Seit Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für die Gerichtsrevision (BGBl. Nr. 507/1994) wurden beim Bezirksgericht Dornbirn insgesamt vier Revisionen durchgeführt, und zwar drei Regelrevisionen in den Jahren 1997, 2002 und 2007 sowie die nunmehrige anlassbezogene Sonderrevision im Jahr 2009, die maßgeblich zur Aufklärung des Sachverhalts beiträgt.

Aus Anlass der Ergebnisse der Sonderrevision wird nun an einem Maßnahmenpaket gearbeitet, das von Verbesserungen im Bereich des internen Kontrollsystems, insbesondere einer Intensivierung der Dienstaufsicht, bis zu strengeren Dokumentationspflichten im Zusammenhang mit der Verwahrung von Testamenten und Urkunden reicht. Außerdem ist in Ergänzung zu den bestehenden Prüffeldern der Regelrevisionen eine genauere bzw. vertiefte Prüfung der Verlassenschaftsverfahren vorgesehen.


Überdies wurden in das Programm für die Regelrevisionen des Jahres 2010 zwei weitere Prüfungsschwerpunkte aufgenommen, nämlich die ordnungsgemäße Meldung der bei Gericht verwahrten letztwilligen Anordnungen an das Österreichische Zentrale Testamentsregister sowie die sichere Aufbewahrung und Dokumentation der bei Gericht hinterlegten Testamente und Urkunden.

. April 2010

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)