4495/AB XXIV. GP
Eingelangt am 16.04.2010
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
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An die
Präsidentin des Nationalrats
Mag.a Barbara PRAMMER
Parlament
1017 W i e n
Wien, am . April 2010
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Maier, Kolleginnen und Kollegen haben am 18. Februar 2010 unter der Nr. 4524/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Können Sie und Ihre Aufsichtsräte vor der schwersten Unternehmenskrise der ÖBB noch die Notbremse ziehen?“ gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1, 2 und 30:
Ø Wie stellt sich der Umsetzungsstand der für die ÖBB relevanten Inhalte des Regierungsprogramms, für welche das BMVIT verantwortlich ist, generell dar?
Ø Wie stellt sich der Umsetzungsstand der für die ÖBB relevanten Inhalte des Regierungsprogramms, für welche das BMVIT verantwortlich ist dar, insbesondere bei
a) Zusammenlegung der beiden Infrastrukturgesellschaften?
b) Verschubreform in der ÖBB-Produktion GmbH?
c) Optimierung der Baudienstleistungen?
Ø Wann wird betreffend Verschub der klare Auftrag des neuen Bundesbahngesetzes, die Verschubleistung wettbewerbsneutral von der Infrastruktur in die Traktion zu überstellen, erfüllt werden?
Die ÖBB-relevanten Inhalte des Regierungsübereinkommens haben in der Novelle des Bundesbahngesetzes 2009 (BBG) Niederschlag gefunden. Die zentralen, inhaltlichen Elemente waren dabei die Zusammenlegung der beiden Infrastrukturgesellschaften bei gleichzeitiger Schaffung eines zentralen Anlagenmanagements und die Zusammenfassung der Baudienst-leistungen mit einem klaren Auftrag zur Restrukturierung.
Im Hinblick auf den Umsetzungsstand der für die ÖBB relevanten Inhalte des Regierungs-programms ist zu sagen, dass die Zusammenlegung der beiden Infrastrukturgesellschaften ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG und ÖBB-Infrastruktur Bau AG zur ÖBB-Infrastruktur AG bereits erfolgt ist. Die Verschmelzung der ÖBB-Infrastruktur Bau AG mit der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG und der Brenner Eisenbahn GmbH (vgl. §29a und §34 BBG 2009 i.d.g.F.) fand plangemäß Anfang Oktober 2009 statt.
Die Reform des Verschubs sowie die Optimierung der Baudienstleistungen wurden in Arbeits-pakete strukturiert und werden im Unternehmen sukzessive abgearbeitet. Die letzte Entscheidung und Verantwortung für Optimierung der internen Unternehmensstruktur liegt gemäß Bundesbahngesetz bei den Organen des Unternehmens.
Zu Frage 3:
Ø Wann werden die Einsparungen gemäß Frage 2a) in welcher Höhe realisiert?
Von Seiten der ÖBB wurde mitgeteilt, dass die angekündigten Synergieeffekte aus der Zusammenlegung der beiden Infrastrukturgesellschaften durch verschiedene Maßnahmen wie Life Cycle Cost Optimierungen sowie weitere Rationalisierungsmaßnahmen im Jahr 2010 umgesetzt werden.
Zu Frage 4:
Ø Wann werden die Einsparungen gemäß Frage 2b) in welcher Höhe realisiert?
Laut ÖBB wurden bereits bisher Optimierungsschritte zur Herstellung der Multifunktionalität gesetzt und damit Teile der genannten Einsparungspotentiale gehoben. Insbesondere wurden im Jahr 2009 maßgebliche und nachhaltige Potentiale lukriert, die eine Teilumsetzung der genannten Potentiale darstellen. Die weitere Maßnahmenumsetzung und damit Hebung der entsprechenden Potentiale wird fortgesetzt.
Zu Frage 5:
Ø Wann werden die Einsparungen gemäß Frage 2c) in welcher Höhe realisiert?
Die Optimierung der Baudienstleistungen im Zusammenhang mit der Verschmelzung wird laut Auskunft der ÖBB ab dem Jahr 2010 sukzessive durchgeführt. Begleitend dazu läuft derzeit in der ÖBB ein Projekt „AS Strategie“ für die strategische Ausrichtung des Geschäftsbereiches Anlagen Services. Darauf aufbauend werden weitere Einsparungspotentiale konkretisiert und laufend bis zum Jahr 2015 realisiert; bis dahin sollen die geplanten Einsparungen erreicht werden.
Zu den Fragen 6 und 7:
Ø Welche Einsparungspotentiale im ÖBB-Dienstrecht werden von Ihnen in Angriff genommen?
Ø Wird ein konzernexterner Einsatz von ÖBB-Mitarbeitern in anderen Bereichen (auch außerhalb des Konzerns, wie zB auch bei Postbediensteten, die bei der Polizei arbeiten) angedacht?
Diese Angelegenheiten fallen in die Zuständigkeit des ÖBB-Managements und daher nicht in meine Ingerenz. Es darf in diesem Zusammenhang auf Artikel 52 B-VG und § 90 GOG des Nationalrates verwiesen werden.
Zu Frage 8 bis 11 und 33:
Ø Wann wird das Zielnetz 2025 vorgelegt?
Ø Welche Erwartungen haben Sie an das Zielnetz 2025?
Ø Sind darin Streckeneinstellungen vorgesehen?
Ø Wenn ja, welche Konzepte liegen für einen Alternativverkehr per Bus, Anrufsammeltaxi, LKW etc. vor?
Ø Welche Auswirkungen hat die Unternehmenskrise der ÖBB für das Bahnnetz, insbesondere die Nebenbahnen?
Das Zielnetz ist eine mittel- bis langfristige Investitionsstrategie der ÖBB-Infrastruktur AG und als solche Grundlage für die jährlich fortzuschreibenden Rahmenpläne, in welchen die Erweiterungsinvestitionen der ÖBB-Infrastruktur AG und deren Finanzierung festgelegt werden. Das Zielnetz gibt den Rahmen vor, auf welchen Strecken zu welchem Zeitpunkt Investitionen getätigt werden sollen, wobei naturgemäß die Verkehrsbedeutung der einzelnen Strecken einen Einfluss auf die Investitionstätigkeit besitzt. Durch die Definition des Zielnetzes soll sichergestellt werden, dass sämtliche Maßnahmen auf einen klar festgelegten Endzustand abzielen und sowohl in betrieblicher als auch in abwicklungs-technischer Hinsicht aufeinander abgestimmt durchgeführt werden. Die in diesem Zusammenhang angewendete Strategie legt den Schwerpunkt nicht auf die Einstellung von Strecken, sondern sieht vor, dass sämtliche Strecken auf ihre Schienenadäquanz hin untersucht werden und gegebenenfalls alternative Betreiber gesucht werden. Auf diese Weise kann die effiziente Erbringung des öffentlichen Verkehrs durch Kooperation mit regionalen Gebietskörperschaften als Partner erreicht werden. Ein wesentlicher Schritt ist bereits mit dem Abschluss der Grundsatzvereinbarung bezüglich Übergabe von Eisenbahnstrecken an das Land Niederösterreich sowie die Finanzierung des in Niederösterreich erbrachten Nahverkehrs erfolgt. Weitere diesbezügliche Strecken werden derzeit im Detail analysiert.
Gemäß § 42 Abs. 7 des Bundesbahngesetzes ist das von der ÖBB-Infrastruktur AG entwickelte Zielnetz mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und dem Bundesminister für Finanzen abzustimmen. Dieser Abstimmungsprozess ist derzeit im Gange und ist Teil der von mir beauftragten Evaluierung sämtlicher Infrastrukturprojekte im Zuge der Bundesbudgetkonsolidierung.
Zu den Fragen 12 bis 16:
Ø Wird die in der Begründung skizzierte Einschränkung der Varianten der Ruhestandsversetzung von Ihnen unterstützt?
Ø Wenn ja, wie weit stehen die Vorbereitungen für eine legistische Umsetzung?
Ø Wenn nein, warum nicht?
Ø Wenn nein, welche Alternativen schlagen Sie vor?
Ø Wie beurteilen Sie den Vorschlag einer gesetzlichen Änderung betreffend den Nebengebührendurchschnittsatz, der die tatsächlichen Leistungen berücksichtigt und nicht den derzeitigen fiktiven Durchschnittsatz, unterstützt?
Die angesprochenen Themen werden im Rahmen der hierfür zuständigen Gruppe zur Verwaltungsreform behandelt. Ein Ergebnis bzw. daraus resultierende Umsetzungsvorschläge bleiben abzuwarten.
Zu Frage 17:
Ø Wurde der Einsparungseffekt des in der Begründung beschriebenen neuen ÖBB-Dienstrechts realisiert?
Zur Beantwortung dieser Frage wurde ebenfalls von der ÖBB eine Stellungnahme eingeholt welcher zu entnehmen ist, dass alle zur Erreichung des Einsparungspotenzials geplanten dienstrechtlichen Maßnahmen umgesetzt wurden.
Zu Frage 18:
Ø Welche Maßnahmen setzen Sie hinsichtlich der überdurchschnittlichen finanziellen Belastungen der ÖBB im Personalbereich
a) generell?
b) insbesondere Ruhestandsversetzungen?
c) ÖBB-Pensionen?
d) Pensionsantrittsalter?
Zu den Fragen 19 bis 21:
Ø Welche Maßnahmen setzen Sie, um die ÖBB aus der bevorstehenden schwersten Unternehmenskrise zu befreien?
Ø Bis wann wird das Einsparungspotential bei den ÖBB-Personalkosten idHv € 660 Millionen jährlich, das im BBSG 2003 festgehalten ist, realisiert?
Ø Welche Maßnahmen setzen Sie in den ÖBB hinsichtlich
a) Wirtschaftskrise,
b) Cross Border Leasings und
c) Abwertung nach den internationalen Buchhaltungsvorschriften IFRS?
Zu Frage 22:
Ø Wie wird mit den unter Ihnen als Eigentümervertreterin eingetretenen Realverlusten aus den CDO-Verträgen von rd. 300 Mio. Euro umgegangen bzw. wie wirkt sich diese auf die Liquidität aus?
Zu Frage 23:
Ø Wie bewerten Sie die hohen staatlichen Zuschüsse für die ÖBB vor allem in Relation zu den Bildungsausgaben des Budgets?
Zu den Fragen 24 und 25:
Ø Welche Maßnahmen setzen Sie, um die Kostenexplosion bei den Zuschüssen in den Griff zu bekommen?
Ø Was unternehmen Sie gegen den rasant wachsenden Schuldenstand der ÖBB?
Zu Frage 26:
Ø Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem Berger-Gutachten?
Zu den Fragen 27 bis 29 sowie 34 und 37:
Ø Welche Maßnahmen setzen Sie, um den Missstand zu beseitigen, dass ÖBB-Gesellschaften auf Kosten anderer ÖBB-Gesellschaften ihr Ergebnis schönen?
Ø Werden Sie dafür Sorge tragen, dass betreffend IFRS rasch eine entsprechende Neustrukturierung des Anlagevermögens erfolgt?
Ø Wird das Zugmaterial der Traktion an Personenverkehr AG und Rail Cargo Austria übertragen werden?
Ø Wie beurteilen Sie den Inhalt des am 23.9.2009 im Falter veröffentlichten Berichts im Fall ÖBB, wonach für einen Gutachter Frühpensionierungsgutachten nicht nachvollziehbar waren (Die Justiz setzte einen Gerichtsmediziner ein. Stichprobenartig überprüfte er 45 Gutachten, die zu den Frühpensionierungen führten. Er stellte fest, dass in mehr als der Hälfte der untersuchten Fälle „von einer geringen Wahrscheinlichkeit“ und in einem Viertel der Fälle von einer „mittleren Wahrscheinlichkeit einer richtigen Beurteilung“ auszugehen sei.)?
Ø Welche Leistungen umfasst das „40 Millionen Euro Menü“ von Julius Meinl für die ÖBB?
Zu diesen Fragen darf ich anmerken, dass sie nicht in meine Zuständigkeit fallen bzw. die darin angesprochenen Themen operative Angelegenheiten des Unternehmens betreffen und daher nicht in meine Ingerenz fallen. Ich darf hierzu auf Artikel 52 B-VG und § 90 GOG des Nationalrates verweisen.
Zu Frage 31:
Ø Sollte die ÖBB angesichts dieser Probleme in der Unternehmensführung und –kultur nicht besser der ÖIAG unterstellt werden, um endlich die parteipolitische Einflussnahme abzustellen?
Zu Frage 32:
Ø Wie weit sind Sie mit der Überprüfung von eigenkapitalstärkenden Maßnahmen und strategischen Partnerschaften für ÖBB-Gesellschaften, wie im Regierungsprogramm festgeschrieben?
Zu den Fragen 35 und 36:
Ø Wie viele Gespräche zur im Regierungsprogramm vorgesehenen Weiterentwicklung des Dienstrechts haben Sie mit den Sozialpartnern bereits geführt?
Ø Wann werden Sie dieses Vorhaben zum positiven Abschluss bringen?
Hinsichtlich der angesprochenen Weiterentwicklung des Dienstrechts ist anzumerken, dass das Regierungsprogramm vorsieht, dass diese unter Einbindung der Sozialpartner zu erfolgen hat.
Die Weiterentwicklung des Dienstrechts ist primär eine Angelegenheit zwischen ÖBB-Management und Sozialpartnern und wie mir mitgeteilt wurde finden laufend Gespräche statt.
Zu Frage 38:
Ø Können Sie als zuständiges Ressortmitglied und Ihre Aufsichtsräte nach der ÖBB-Krankendatenaffäre und vor der schwersten Unternehmenskrise der ÖBB noch die Notbremse ziehen?
Zu dieser Frage darf ich festhalten, dass sich die Finanz- und Wirtschaftskrise in sämtlichen Wirtschaftsbereichen und damit selbstverständlich auch auf den gesamten Verkehrsbereich, übrigens auch auf den Straßenverkehr, ausgewirkt hat. Da eine starke Abhängigkeit des Verkehrsträgers Schiene insbesondere des Güterverkehrs von der Wirtschaftskonjunktur besteht, sind die ÖBB naturgemäß besonders betroffen. Ich habe zeitgerecht die entsprechende Initiative ergriffen und Gespräche mit dem ÖBB-Management geführt. Dabei wurden geeignete Vorgaben festgelegt und Maßnahmen eingefordert, die nun vom ÖBB-Management entsprechend umzusetzen sind.