456/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.02.2009
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Lunacek und Pilz, Freundinnen und Freunde haben am 11. Dezember 2008 unter der Zahl 422/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Vermisstenfall Aeryn Gillern“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Die Erhebungen im vorliegenden Fall sind nach wie vor anhängig.

 

Zu Frage 2:

Auf Grund der Aktenlage stellt sich der Hergang folgendermaßen dar:

Herr GILLERN geriet am 29.10.2007 zwischen 19.00 und 19.30 Uhr mit einem anderen Saunagast in Streit. Grund dafür war die Frage des Gastes nach dem Befinden des Herrn GILLERN. Danach lief dieser plötzlich und ohne ersichtlichen Grund unbekleidet aus der Sauna ins Freie. Es konnten in weiterer Folge zwei Augenzeugen eruiert werden, die sahen, dass ein nackter, kahlköpfiger Mann (offenbar GILLERN) durch den 1. Bezirk in Richtung Donaukanal lief. Kurz darauf machte ein Fischer am Donaukanal in 1030 Wien, Hermannpark, die Wahrnehmung, dass dort ein kahlköpfiger Mann im Wasser trieb, um Hilfe rief und dann im Wasser versank. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der im Wasser treibende Mann GILLERN war.

 

Die durchgeführten Erhebungen brachten keine Erklärung dafür, warum GILLERN die Sauna in unbekleideten Zustand verließ. Ebenso wenig gibt es eine Erklärung dafür, wie GILLERN in den Donaukanal gelangt ist. Laut Aktenlage und den durchgeführten Erhebungen gibt es keine Hinweise auf ein Fremdverschulden.

 

Zu Frage 3:

Ja.

 

Zu Frage 4:

Laut Aktenlage wurden 7 Personen zur Sache niederschriftlich einvernommen; von weiteren 10 Personen wurden fernmündlich Informationen eingeholt.

 

Zu Frage 5:

Aus dem Akt ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Ermittler einen allfälligen positiven HIV-Test als Grund für einen Selbstmord des Herrn GILLERN in Erwägung gezogen hätten.

 

Zu Frage 6:

Der angenommene Zeitpunkt des  Streites in der Sauna sowie des Verlassens der Sauna ergibt sich auf Grund der Aussagen anlässlich mehrerer Einvernahmen. Da die Abgängigkeitsanzeige am 01.11.2007, also erst 3 Tage nach dem Vorfall in der Sauna erstattet wurde und erst mit diesem Zeitpunkt eine namentliche Verbindung zwischen dem unbekannten Mann im Donaukanal und Herrn GILLERN hergestellt werden konnte, konnte der Zeitpunkt des Verlassens der Sauna nicht mehr exakt festgestellt werden, da die Zeugenaussagen divergieren. Beim Zeitpunkt 19.00 Uhr (angeblicher Zeitpunkt des Verlassens der Sauna) handelt es sich daher um den gemäß den Zeugenaussagen frühestmöglichen Zeitpunkt. Ein Zeuge gibt in seiner Einvernahme  als möglichen Zeitpunkt 19.30 Uhr an. Augenzeugen berichten, einen nackten Mann gegen 20.00 Uhr in Richtung Donaukanal laufend wahrgenommen zu haben (siehe auch Antwort zu Frage 36). Der Anruf des Zeugen, der einen Mann im Donaukanal treibend und um Hilfe schreiend wahrgenommen hat (siehe dazu auch Antwort zu Frage 8), erfolgte exakt um 20.21 Uhr.

 

Zu Frage 7:

Da der Zeitpunkt des Verlassens der Sauna nicht exakt festgestellt werden konnte, ergibt sich kein Widerspruch mit dem Zeitpunkt der Telefonate des Herrn GILLERN.

 

Zu Frage 8:

Um 20.21 Uhr.

 

Zu Frage 9:

Ein Augenzeuge, der den Mann im Donaukanal treiben sah.

 

Zu Frage 10:

„Ein Mann treibt im Wasser des Donaukanals/Höhe Urania – „Hermann’s Strandbar“ und schreit um Hilfe.“

 

Zu Frage 11:

Entsendung von mehreren Streifenkraftfahrzeugen – „Anton 1“, „Anton 2“, „Anton 650“, „Theodor 94“, Verständigung der Feuerwehr und des Tauchzugs sowie des Rettungsdienstes.

 

Zu den Fragen 12 bis 14:

Nein – laut Auskunft der Feuerwehr war ein Taucheinsatz nicht möglich bzw. erschien dieser wegen starker Strömung nicht sinnvoll.

 

Zu Frage 15:

Konkret von 20.21 Uhr bis 21.21 Uhr, weitere Fahndungsmaßnahmen blieben danach aufrecht.

 

Zu Frage 16:

Einsatzort: Wien 1, Uraniastraße Nr. 1 beginnend – in weiterer Folge stromabwärts, Suche an beiden Donaukanalufern (Einsatzort Zusammenfluss des Wienflusses mit dem Donaukanal).

 

Zu Frage 17:

Die weitere Suche wurde aufgrund der am Einsatzort herrschenden starken Strömung als aussichtslos eingestuft und daher abgebrochen.

 

Zu Frage 18:

Primär der Leiter des Feuerwehrkommandos Leopoldstadt (Dienstnummer 9017).

 

Zu den Fragen 19 und 20:

Nein, da keine Voraussetzungen für einen Diensthundeeinsatz vorlagen. Ein möglicher Bezug zur abgängigen Person wurde erst nach Erstattung der Abgängigkeitsanzeige am 01.11.2007 hergestellt.

 


Zu den Fragen 21 bis 24:

Außer der Suchaktion am 29.10.2007 haben keine weiteren gezielten bzw. akkordierten „Suchaktionen“ stattgefunden. Ungeachtet dessen wurde aber von der Akt führenden Dienststelle (nunmehr Landeskriminalamt Wien Außenstelle Ost) via Landesleitzentrale eine Sensibilisierung der Regeldienstkräfte (Stadtpolizeikommanden 1, 3, 11 und 20 und Abteilung für Sondereinheiten) veranlasst. Unberührt davon blieb aber die Ermittlungstätigkeit des Landeskriminalamts -  Wien Außenstelle Ost, die aber leider keine konkreten Hinweise bzw. Ansatzpunkte für eine weitere geplante Suchaktion brachte.

 

Zu Frage 25:

Die Ausschreibung laut Fahndungs- und Informationsvorschrift (EKIS – SIS) erfolgte. Im Zuge der Fahndungsmaßnahmen wurde auch eine spezielle Verständigung der Donauanrainerstaaten via Kriminaldirektion 1 veranlasst. Vom Bundeskriminalamt wurde eine weltweite Interpolfahndung wegen Abgängigkeit des GILLERN inklusive seines DNA-Profils veranlasst.

 

Zu den Fragen 26 und 27:

Eine derartige Leiche wurde laut Aktenlage nicht gefunden.

 

Zu den Fragen 28 und 29:

Laut Sachverhaltsdarstellung des Sachbearbeiters vom 05.03.2008 erfolgte mangels Rechtsgrundlage (Amtshandlung nach dem Sicherheitspolizeigesetz) keine Aushändigung einer Aktenkopie an die Mutter.

 

Zu den Fragen 30 bis 32:

Gemäß der Mitteilung des zuständigen Landespolizeikommandos Wien wird von den ermittelnden Beamten ein solches Verhalten in Abrede gestellt. Die diesbezüglichen Überprüfungen der Vorwürfe sind noch nicht abgeschlossen, bislang sieht das Landespolizeikommando Wien keine Veranlassung für dienstrechtliche oder disziplinäre Maßnahmen.

Hinsichtlich einer allfälligen strafrechtlichen Relevanz vorliegender Vorwürfe wird mitgeteilt, dass am 24.11.2008 beim Büro für besondere Ermittlungen (BBE) der Bundespolizeidirektion Wien der gegenständliche Beschwerdeakt „Gillern“ eingelangt ist. Aufgrund dieser Aktenübermittlung hat dieses Büro mit der Vornahme entsprechender Ermittlungen begonnen (Beibringung des Originalaktes, Kontaktaufnahme mit den für die Untersuchung des gegenständlichen Vermisstenfalles zuständigen Beamten, etc.). Diese Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Der Staatsanwaltschaft Wien wird jedenfalls ein diesbezüglicher Abschlussbericht übermittelt.

 

Zu Frage 33:

Nein.

 

Zu den Fragen 34 bis 36:

Nein. Es wird weiterhin alle maßgeblichen Umstände zu erheben, die zu einer Klärung des Falls beitragen könnten.

 

Zu den Fragen 37 und 38:

Gemäß  den eingelangten Berichten ist aufgrund der Aktenlage derzeit davon auszugehen, dass die Vorgangsweise sowohl hinsichtlich des Einsatzes am 29.10.2007 als auch hinsichtlich der Bearbeitung des Abgängigkeitsaktes korrekt erfolgt ist. Ansonsten wird auf die Beantwortung der Frage 30 hingewiesen. Darüber hinaus sind Meinungen und Ansichten sind nicht Gegenstand des parlamentarischen Interpellationsrechts gem. Art. 52 B-VG.

 

Zu Frage 39:

Ungeachtet des konkreten Falles darf darauf hingewiesen werden, dass das Bundeskriminalamt einen einschlägigen Projektauftrag erhalten hat, welcher sich auch auf den Umgang mit Betroffenen im Zusammenhang mit Abgängigkeitsfällen bezieht. Damit zusammenhängend sollen auch entsprechende Schulungsinhalte erarbeitet werden.