4575/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.04.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0069-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4708/J-NR/2010

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Helene Jarmer, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 4 sowie 8 und 9:

Adaptierung von Gerichtsgebäuden

Gemäß § 8 Abs. 2 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz ist der Bund verpflichtet, einen Plan zum Abbau baulicher Barrieren für die von ihm genutzten Gebäude zu erstellen und die etappenweise Umsetzung vorzusehen (Etappenplan Bundesbauten).

Das Bundesministerium für Justiz wird in den Gerichtsgebäuden nach Möglichkeit sukzessive Servicecenter und zumindest je einen Verhandlungssaal einrichten, die vollkommen barrierefrei erreichbar und erschlossen sind und in denen „Front-Office“-Leistungen der Justiz angeboten werden können (Beglaubigungen; allgemeine Auskünfte sowie solche aus dem Grundbuch, dem Firmenbuch und den Registern; Einzahlungen; bei Bedarf auch Akteneinsicht und Amtstag). Zugleich wird die barrierefreie Erreichbarkeit und Erschließung aller Gerichtsgebäude überprüft und je nach Dringlichkeit der Adaptierungsmaßnahmen ein detaillierter Etappenplan samt Umsetzungsplan bis 2015 ausgearbeitet.

Die in den letzten Jahren neu errichteten oder generalsanierten Gerichtsgebäude sind bereits barrierefrei gestaltet.

Das Bundesministerium für Justiz war schon bisher bemüht, den Bürgerinnen und Bürgern freien Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen und ist auch weiterhin bestrebt, dass alle Menschen möglichst ohne Hilfe anderer die Leistungen der Justiz in Anspruch nehmen können.

Als positives Beispiel möchte ich die Einrichtungen der Servicecenter in der Justiz hervorheben. Diese dienen nicht nur der (Erst)Information, sondern bieten auf verschiedensten Gebieten ein umfassendes Service. Es war und ist mir ein Anliegen, auch in diesen Einrichtungen die Barrierefreiheit umfassend zu gewährleisten.

Der Grundsatz der physischen Barrierefreiheit ist bei allen Servicecentern zur Gänze umgesetzt, sowohl bei jenem des Landes- und Bezirksgerichtes Linz als auch bei jenem des Justizzentrums Leoben und des Bezirksgerichtes Hall in Tirol.

Alle Servicecenter sind in der Nähe des Eingangs der angeführten Gerichte angesiedelt und ohne Überwindung von Stufen, Schwellen oder sonstigen Niveauunterschieden erreichbar. Sie sind somit für Menschen mit Körperbehinderungen sowie für Personen mit Kinderwagen und Personen in Rollstühlen frei zugänglich.

Barrierefreier Auftritt im Internet

Auch die Barrierefreiheit im Internet wurde weiter forciert. Bei dem im Jahr 2009 vorgenommenen Relaunch der Website www.justiz.gv.at wurde Wert auf eine klare Struktur und eine übersichtliche Gestaltung des Angebotes gelegt. Besonderes Augenmerk galt der Sicherstellung eines barrierefreien Zugangs zu den Informations- und Serviceangeboten der Justiz. Das Bundesministerium für Justiz hat sich dabei an den Richtlinien WCAG 2.0 des WAI / W3C orientiert.


Personalbewirtschaftung

Die Bemühungen des Justizressorts zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung finden auch im Bereich der laufenden Personalbewirtschaftung ihren Niederschlag, wie die folgenden Informationen aus dem Bereich des Personalcontrollings der Justiz zeigen:

Zum Stichtag 1. März 2010 waren im gesamten Justizressort 12.115 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt (davon 214 im Bereich der Zentralleitung).

Die Pflichtzahl der zu besetzenden Dienstposten durch behinderte Dienstnehmer betrug zum Stichtag 1. März 2010 für das gesamte Justizressort 470 bzw. 8 im Bereich der Zentralleitung.

Zum 1. März 2010 waren im gesamten Justizressort 342 nach dem Behinderteneinstellungsgesetz begünstigte Behinderte beschäftigt (davon 13 im Bereich der Zentralleitung). Davon waren 109 Bedienstete (hievon sechs im Bereich der Zentralleitung) gemäß § 5 Abs. 2 BEinstG doppelt anrechenbar. Zum Stichtag 1. März 2010 waren im gesamten Justizressort daher 19 Pflichtstellen nicht besetzt; im Bereich der Zentralleitung waren elf Behinderte mehr beschäftigt als Pflichtstellen vorgesehen sind (siehe die folgende Tabelle):

 

 

Justizressort

Zentralleitung

 

 

 

 

Personalstand

 

12.115

214

   beschäftigte begünstigte Behinderte

 

342

13

 

 

 

 

Differenz

 

11.773

201

 

 

 

 

Ermittelte Pflichtzahl

 

470

8

abzüglich

 

 

 

   beschäftigte begünstigte Behinderte

 

342

13

   hievon doppelt anrechenbar

 

109

6

 

 

 

 

ERFÜLLUNG DER BESCHÄFTIGUNGSPFLICHT

 

-19

+11

 

Das Bundesministerium für Justiz hat bereits bei ähnlichen Anfragen in den vergangenen Jahren darauf hingewiesen, dass die Aufgabenstellung und die betrieblichen Gegebenheiten in manchen Bereichen des Justizressorts, insbesondere im Bereich der Justizanstalten, aber etwa auch bei Gerichtsvollziehern, nur in sehr eingeschränktem Umfang die Beschäftigung begünstigter Behinderter zulassen. Daran hat sich auch in den letzten Jahren nichts geändert.


Dennoch ist das Justizressort bemüht, die Behinderteneinstellungszahl kontinuierlich an die Pflichtzahl heranzuführen. Durch gezielte Information der zuständigen Mitarbeiter meines Ressorts – insbesondere der personalführenden Stellen – hat sich das Bewusstsein verfestigt, dass die Eingliederung behinderter Menschen in den Arbeitsprozess ein sozialpolitisch äußerst wichtiges Anliegen ist. Ich werde diese Problematik weiterhin im Auge behalten und auch in Hinkunft – soweit es die umrissenen ressortspezifischen Besonderheiten erlauben – verstärkt für die Einstellung von behinderten Menschen im Justizressort eintreten.

Aus- und Fortbildung

Bewusstseinsbildende und der Sensibilisierung dienende Maßnahmen im Aus- und Fortbildungsbereich von RichterInnen und StaatanwältInnen werden in Bezug auf die Diskriminierungsproblematik im Allgemeinen, die auch Menschen mit Behinderung im Besonderen einschließt, regelmäßig angeboten.

So bilden Schulungen zur Vermeidung jeglicher Form von Diskriminierung bereits einen Schwerpunkt der Ausbildung von RichteramtsanwärterInnen. Im Jahr 2007 wurde unter Mitwirkung der Lehre (unter anderem Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte in Wien) und der Standesvertretungen ein Grundrechtsmodul entwickelt. Diese dreitägige Veranstaltung ist seit dem Jahr 2008 für alle angehenden österreichischen RichterInnen und StaatsanwältInnen verpflichtend und befasst sich mit Grundrechten im gerichtlichen Berufsalltag, darunter auch mit Entscheidungen des EGMR zum Themenbereich Diskriminierung.

Ebenfalls seit dem Jahr 2008 ist das Antidiskriminierungsrecht Prüfungsstoff für die Richteramtsprüfung (§ 16 Abs. 4 Z 4 RStDG).

Im Bereich der Fortbildung der RichterInnen und StaatsanwältInnen organisiert die Justiz eine Vielzahl von Veranstaltungen, die sich mit dem Thema Antidiskriminierung beschäftigen und zur Sensibilisierung der TeilnehmerInnen beitragen. Behandelt wurde insbesondere auch das Gleichbehandlungsrecht in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit.

Zudem wird interessierten RichterInnen und StaatsanwältInnen immer wieder die Möglichkeit eröffnet, auch an externen nationalen und internationalen Veranstaltungen zu diesem Themenbereich teilzunehmen. In diesem Zusammenhang darf auf die von der Gleichbehandlungsanwaltschaft veranstaltete Fachtagung „30 Jahre gesetzliche Gleichbehandlung für Frauen und Männer“ und „5 Jahre gesetzliche Gleichbehandlung aus anderen Gründen“ verwiesen werden, die am 2. Dezember 2009 im Bundesministerium für Justiz abgehalten wurde. Auf internationaler Ebene sind  die Seminarreihen der Europäischen Rechtsakademie (ERA) zu den EG-Antidiskriminierungsvorschriften im Jahr 2009 hervorzuheben. Auch im Jahr 2010 wurden bzw. werden nationale und internationale Veranstaltungen (z.B. wiederum Seminar der ERA „Antidiskriminierungsrichtlinien 2000/43 und 2000/78 in der Praxis“ im April 2010) entsprechend angekündigt, die sich auch mit der Problematik der Diskriminierung aufgrund einer Behinderung befassen.

Darüberhinaus, insbesondere zum Umsetzungsstand der anfragerelevanten UN-Konvention, darf ich auf die Anfragebeantwortung des führend zuständigen Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz verweisen.

Zu 5 bis 7 sowie 12 und 14:

Ich verweise auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zur Zl. 4704/J durch den Herrn Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.

Zu 10:

Ich verweise auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage zur Zl. 4701/J durch den Herrn Bundeskanzler.

Zu 11:

Nach einer Beschwerde des Monitoringausschusses, dass er nicht mit gebührenrechtlichen Maßnahmen im Entwurf für ein Budgetbegleitgesetz 2009 befasst worden sei, hat das Bundesministerium für Justiz das Gespräch mit diesem Gremium gesucht und die künftige Kooperation mit ihm abgestimmt.

Zu 13:

Das Justizressort wird bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften die von der Republik Österreich eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen beachten.

 

. April 2010

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)