4621/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.04.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

                                                                                                                 Alois Stöger diplô

                                                                                                                 Bundesminister

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

GZ: BMG-11001/0057-I/5/2010

Wien, am  23. April 2010

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 4673/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Dipl.Ing. Deimek und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1 und 2:

Die Meldepflicht für Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle an Listeriose wurde im Jahr 2004 per Verordnung eingeführt. Somit können ab dem Jahr 2005 Erkrankungs- und Sterbedaten für Listeriose genannt werden.

 

2005*

2006*

2007*

2008*

2009**

E

T

E

T

E

T

E

T

E

T

9

0

6

1

17

1

21

1

46

12

Datenquellen:

* Jahresausweise 2005-2008 über angezeigte übertragbare Krankheiten (BMG)

** 2009 - noch nicht im Newsletter des BMG veröffentlichter Jahresbericht 2009 der nationalen Referenzzentrale für Listeriose


Der Anstieg an Erkrankungen entspricht dem internationalen Trend bzw. lässt sich bis zu einem gewissen Grad auch durch das zunehmende Inbetrachtziehen einer diagnostischen Abklärung aufgrund verstärkter Aufmerksamkeit durch die Einführung der Meldeverpflichtung und der damit zirkulierenden Informationen über Listeriose-Erkrankungen erklären. Generell ist die Letalität von Listeriose-Erkrankungen leider im Vergleich mit anderen lebensmittelbedingten Erkrankungen hoch.

 

Frage 3:

Aus dem Jahr 2009 sind insgesamt 46 kulturell verifizierte invasive humane Listeriosefälle evident (Datenquelle: noch nicht im Newsletter des BMG veröffentlichter Jahresbericht 2009 der nationalen Referenzzentrale für Listeriose)

 

Monat

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Fälle

3

3

2

0

1

5

3

4

3

7

5

10

 

Die Zuordnung zu den Monaten entspricht dem Datum der Bestätigung der Erkrankung durch einen Laborbefund (Listerien in Blut/Serum nachgewiesen, meist durch Labor eines Krankenhauses). Zu diesem Zeitpunkt ist der jeweilige spezielle Listerien-Subtyp nicht bekannt und damit auch unklar, ob zeitnah auftretende Listerien-Erkrankungen durch dasselbe auslösende Agens (z.B. ein bestimmtes Lebensmittel) verursacht worden sein könnten.

 

Frage 4:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 in Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 Epidemiegesetz sind Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle bakterieller und viraler Lebensmittelvergiftungen (und somit auch Infektionen mit Listerien) der Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt), in deren Gebiet sich der/die Kranke oder Krankheitsverdächtige aufhält oder der Tod eingetreten ist, unter Angabe des Namens, des Alters und der Wohnung und, soweit tunlich, unter Bezeichnung der Krankheit binnen 24 Stunden anzuzeigen. Zudem unterliegen Erkrankungs- und Todesfälle an invasiven bakteriellen Erkrankungen (Meningitiden und Sepsis  - und  damit durch Listerien bedingte) der Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Z 2 Epidemiegesetz).

 

Gemäß §  3 Abs. 1 und 1a Epidemiegesetz sind zur Erstattung der Anzeige der zugezogene Arzt / die zugezogene Ärztin, in Kranken-, Gebär- und sonstigen Humanitätsanstalten der Leiter / die Leiterin der Anstalt oder der durch besondere Vorschriften hierzu verpflichtete Vorstand einer Abteilung sowie jedes Labor, das den Erreger einer meldepflichtigen Krankheit diagnostiziert, verpflichtet.

 

Die in der Antwort zu Frage 3 wiedergegebenen Zahlen, zugeordnet zu Monaten sind daher als zeitnah zur Bestätigung einer Listeriose-Erkrankung aufgrund eines Laborbefundes anzusehen.


Die Bezirksverwaltungsbehörden geben die gemeldeten Daten ins EMS ein (Epidemiologisches Meldesystem). Die Bezirksverwaltungsbehörden, die Landessantitätsdirektionen und die fachlich zuständige Abteilung meines Hauses haben – jeweils im Rahmen der definierten behördlichen Zuständigkeit und auf Basis des Epidemiegesetzes – Einsicht in dieses Register.

 

Festzuhalten ist, dass es sich bei den Meldungen um Fallzahlen von Erkrankungen handelt, eine genaue Charakterisierung des Bakteriums bzw. Zuordnung zu bestimmten Subtypen und damit die Erkennung eines Clusters (gehäuftes Auftreten von Erkrankungen, verursacht durch denselben Subtypen) ist vorläufig nicht ersichtlich. Erst wenn Cluster identifiziert sind und aufgrund der Verteilung (zeitlich und / oder örtlich) ein Ausbruch angenommen werden kann, können Erhebungen im Hinblick auf Verzehrsgewohnheiten zur Identifizierung eines möglichen auslösenden Lebensmittels beginnen.

 

Laut § 26a Abs. 1 Epidemiegesetz haben Labors, die Zoonoseerreger im Sinne des Anhangs 1 des Zoonosengesetzes diagnostizieren – soweit Erkrankungen an diesen Erregern der Meldepflicht nach diesem Bundesgesetz unterliegen – die entsprechenden Isolate an das zuständige nationale Referenzlabor zu übermitteln. Dort werden Erregertypisierungen gemacht und dokumentiert und es wird versucht, Cluster zu finden, die auf einen Ausbruch hinweisen könnten.

 

Laut § 26a Abs. 2 Epidemiegesetz sind die nationalen Referenzlabors verpflichtet, das örtlich und zeitlich gehäufte Auftreten von Zoonoseerregern im Sinne des Abs. 1 leg. cit. in einem Bundesland oder bundesländerübergreifend den betroffenen Leitern der Landeszoonosenkommissionen, den betroffenen Bezirksverwaltungsbehörden, der Geschäftsstelle der Bundeszoonosenkommission und der AGES unverzüglich zu melden. Daraus ergibt sich, dass im Falle eines örtlich und zeitlich gehäuften Auftretens von Erkrankungen, verursacht durch einen bestimmten Erreger, die betroffenen Länder und Bezirkshauptmannschaften zeitgleich mit dem BMG informiert werden und nach Abgleich der entsprechenden Daten Maßnahmen setzen können (z.B. verstärkte Beobachtung des Infektionsgeschehens, Beauftragung der AGES zur Ausbruchsabklärung, Start von Verzehrsbefragungen etc.).

 

Frage 5:

Es wird davon ausgegangen, dass es sich hier um die im Zusammenhang mit dem aufgeklärten Ausbruch (Quargel) bekannt gewordenen Todesfälle handelt. Die AGES gab dazu am 8.3.2010 folgende Todesfalldaten bekannt (inkl. Todesfall 2010):

 

  28.10.2009

17.01.2010

17.12.2009

19.01.2010

26.12.2009

 

Es handelt sich hierbei um die tatsächlichen Sterbedaten. Die Erkenntnis, dass Todesfälle dem Ausbruch kausal zuordenbar sind, erfolgt naturgemäß zeitversetzt (Todesursachenklärung, Kausalitätsklärung). Somit kann auch die Information an das BMG und der Länder über Todesfälle, die dem Ausbruch zuordenbar sind, naturgemäß erst zeitversetzt – abhängig von der Komplexität des jeweiligen Falles binnen weniger Tage oder Wochen - nach dem tatsächlichen Sterbetag erfolgen.

 

Frage 6:

Siehe Antwort zu Frage 4

 

Frage 7:

Der Geschäftsstelle der Bundeskommission für Zoonosen (BKZoon) im BMG wurde am 27. Oktober 2009 von der AGES, die als österreichische Referenzzentrale für Listerien arbeitet, über gehäuftes, bundesländerübergreifendes Auftreten von humanen Listeriosefällen mit identem PFGE-Typ (fünf Erkrankte) berichtet (Verdacht auf einen bundesländerübergreifenden lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch). Zu diesem Zeitpunkt lag kein Hinweis auf ein ursächliches Lebensmittel vor bzw. war auch noch kein Todesfall, verursacht durch diesen PFGE-Typ, evident. Am 19. November 2009 erfolgte der erste zusammenfassende Bericht der AGES, der keinen Hinweis auf einen bereits eingetretenen Todesfall im Zusammenhang mit dem Ausbruch enthielt. Erklären lässt sich dies dadurch, dass die Zuordnung von Todesfällen zu Erkrankungsfällen naturgemäß erst zeitlich versetzt erfolgen kann (Todesursachenklärung, Kausaliätsklärung). Am 23. November 2009 wurde der erste, dem Ausbruch zuordenbare Todesfall von der Landessanitätsdirektion Niederösterreich bestätigt.

 

Frage 8:

Diese Frage ist an die dafür zuständige deutsche Gesundheitsbehörde zu richten.

 

Frage 9:

Am 20. Jänner 2010 wurde der vorläufige Endbericht der AGES zum bundesländerübergreifenden, lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch dem BMG vorgelegt. Darin wurde als impliziertes Lebensmittel Quargel-Käse der in Rede stehenden Firma bestätigt (aufgrund von Befragungs- und Einkaufszettel-Auswertungen sowie molekularbiologischer Zuordnung einer im Rahmen der Ausbruchabklärung durch die AGES-Experten im Dezember im Betrieb gezogenen Probe; Anmerkung: auch in einem anderen Betrieb wurden von den AGES-Experten, die zur Ausbruchsabklärung beauftrag wurden, Proben gezogen, der Verdacht hat sich nicht erhärtet).

 

Der vorläufige Endbericht wurde von der AGES am 20. Jänner 2010 kurz nach 17:00 Uhr auch ins sogenannte DOC-man-System gestellt, zu welchem alle Mitglieder der BKZoon Zugang haben. Eine automatische Benachrichtigung über neue Dokumente im DOC-man-System kann von allen Mitgliedern der BKZoon selbst eingestellt werden und ist erfahrungsgemäß auch aktiviert. Ab diesen Zeitpunkt kann somit davon ausgegangen werden, dass diese Information auch den Ländern bzw. den von den Ländern benannten Vertretern in der BKZoon grundsätzlich bekannt war.

 

Frage 10:

Das endgültige Ergebnis der ersten auf Basis des Lebensmittelgesetzes gezogenen Proben (gezogen von der steirischen Lebensmittelaufsicht im Unternehmen am 13. und 18. Jänner 2010) lag am 21. Jänner 2010 vor. Die Lebensmittelaufsicht des Landes Steiermark wurde umgehend informiert und hat am 22. Jänner 2010 durch mündliche Maßnahmensetzung das In-Verkehr-Bringen der Produkte, in denen Listerien nachgewiesen wurden untersagt. Der entsprechende schriftliche Bescheid der Lebensmittelaufsicht Steiermark ist am 25. Jänner 2010 erlassen worden. Das Unternehmen hat bereits am 19. Jänner (nach der zweiten Probenziehung durch die Lebensmittelaufsicht Steiermark) die Produktion und die Auslieferung von Quargel eingestellt.

 

Fragen 11, 12, 14 und 15:

Es handelte sich um 30 Unternehmen innerhalb Österreichs, außerhalb Österreichs wurden Lebensmittelunternehmen in Deutschland, Slowakei und Tschechien beliefert. Entsprechend den rechtlichen Vorgaben des Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 wurde – neben der Information der Öffentlichkeit - die Ware am 23. Jänner 2010 vom Lebensmittelunternehmer vom Markt zurückgerufen. Die Behörde wurde vom Lebensmittelunternehmer darüber informiert; die Einhaltung der Maßnahmen wurde von der Behörde überprüft.

 

Am 22. Jänner 2010 wurde die erste österreichische RASFF-Meldung über Maßnahmen der Behörde im Zusammenhang mit den Produkten der Fa. Prolactal abgegeben (Rapid-Alert-System for Food and Feed – EU-weites Schnellwarnsystem über behördliche Maßnahmen im Zusammenhang mit Lebens- oder Futtermitteln). Mit dieser Meldung wurden die belieferten Länder bereits vorinformiert. Die Informationen des RASFF-Systems erreichen die zuständigen Behörden aller Mitgliedsstaaten, damit auch diese – falls betroffen - entsprechende Maßnahmen setzen können. In der Regel werden auch die betroffenen Firmen von den jeweils zuständigen Behörden informiert.

Parallel ist im EU-Lebensmittelrecht auch vorgesehen, dass das Unternehmen selbst alle Abnehmer eines von behördlichen Maßnahmen betroffenen Produkts informiert, welche diese Information wiederum an ihre Abnehmer weitergeben müssen bzw. andernfalls selbst für Schäden haften (Prinzip der Stufenverantwortung).

 

Frage 13:

Produktion und Auslieferung der inkriminierten Produkte ist vom Herstellerbetrieb noch immer eingestellt. Die Einstellung der Produktion und Auslieferung erfolgte – vorerst freiwillig – durch das Unternehmen am 19. Jänner 2010.


Das In-Verkehr-Bringen der inkriminierten Produkte wurde durch mündliche Maßnahmensetzung (22. Jänner 2010) und in Folge auch mit schriftlichem Bescheid (25. Jänner 2010) der steirischen Lebensmittelaufsichtsbehörde untersagt.

 

Die Information der Öffentlichkeit über den Rückruf und die Gesundheitsschädlichkeit bestimmter explizit aufgezählter Käseprodukte erfolgte durch das Unternehmen am 23. Jänner 2010. Diese Information wurde noch am selben Tag auch auf der AGES-Homepage veröffentlicht und in den Medien z.B. am selben Tag im ZIB-News-Flash wiedergegeben.

 

Gemäß § 42 LMSVG wurden von der Lebensmittelaufsichtsbehörde der Steiermark (als zuständige Lebensmittelaufsicht) am 25. Jänner sämtliche Bundesländer informiert, um sicherzustellen, dass österreichweit Nachschau gehalten wird, dass sich keines der betroffenen Produkte mehr am Markt befindet. Im LMSVG ist derzeit festgelegt, dass das betroffene Bundesland andere betroffene Bundesländer informieren muss (Einer Verlagerung dieser Aufgabe / Verantwortung auf das BMG oder die AGES haben die Länder bisher nicht zugestimmt, ist nun aber in einer aktuellen Novelle des LMSVG vorgesehen. Ein diesbezüglicher Abänderungsantrag der entsprechenden Regierungsvorlage wurde mit Stimmenmehrheit von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen im Gesundheitsausschuss vom 14. April 2010 angenommen. Die LMSVG-Novelle wurde vom Nationalrat am 21.4.2010 in dritter Lesung einstimmig angenommen. Die Neuregelung hinsichtlich der Information der Länder bedarf zum Inkraftreten auch der Zustimmung der Länder.

 

Nach Hinweisen von Konsument/inn/en, die dem BMG am 19. Februar zugingen, dass angeblich vom Rückruf betroffener Käse noch im Verkehr wäre, wurden vom BMG am 19. Februar alle Länder unmittelbar informiert und angewiesen, umgehend Nachschau zu halten. Laut den Berichten der Bundesländer wurde kein Käse der betroffenen Firma am Markt vorgefunden.

 

Fragen 16 und 17:

Eine gesonderte Information des BMG an Herrn Landesrates Kaiser ist nicht erfolgt. Der vorläufiger Endbericht der AGES, in welchem als impliziertes Lebensmittel Quargel-Käse der Fa. Prolactal bestätigt wurde, war ab 20. Jänner ca. 17:00 im DOC-man-System verfügbar, somit auch den jeweils Zuständigen in der Kärntner Landesverwaltung ab diesem Zeitpunkt zugänglich. Wann die jeweils Zuständigen den Herrn Landesrat Kaiser informiert haben, ist dem BMG nicht bekannt.

 

Am 23. Jänner 2010 erfolgte eine öffentliche Information der Fa. Prolactal über gesundheitsschädliche Milchprodukte aus eigenem Betrieb unter Nennung der Produkte via Medien. Dieser Rückruf wurde u.a. im ORF-ZIB-News-Flash am selben Tag wiedergegeben und war ab 23. Jänner 2010 auf der AGES-Homepage online.

 

Dem BMG wurde von der Lebensmittelaufsicht Steiermark mitgeteilt, dass diese (als dafür zuständige Lebensmittelaufsicht) gemäß § 42 LMSVG am 25. Jänner sämtliche Bundesländer von den durch die Lebensmittelaufsicht Steiermark getroffenen Maßnahmen und den Gründen für diese Maßnahmen informiert hat. Die entsprechenden amtlichen Gutachten der AGES über eine „Gesundheitsschädlichkeit“ der Produkte wurden dabei mitgeschickt.

 

Die derzeitige Regelung der Information der Länder sieht vor, dass das betroffene Bundesland die anderen betroffenen Bundesländer informieren muss. Genaueres dazu ist derzeit nicht geregelt. Die Novelle zum LMSVG, die am 21.4.2010 vom Nationalrat in dritter Lesung einstimmig beschlossenen wurde, sieht künftig vor, dass die Information aller Länder durch die AGES erfolgt, welche aufgrund der ihr zukommenden Aufgabe des Absetzens der RASFF-Meldung ohnedies über die relevanten Informationen verfügt. Dies ist auch als Erleichterung für die betroffene Lebensmittelaufsicht zu sehen, die sich dadurch auf die entsprechende Maßnahmensetzung und Überwachung der Einhaltung der gesetzten Maßnahmen konzentrieren kann. Diese Neuregelung braucht aber auch die Zustimmung der Länder, um in Kraft zu treten.

 

Frage 18:

Gemäß den Bestimmungen des Epidemiegesetzes (§ 1 Abs. 1 Z 1 Epidemiegesetz in Zusammenhalt mit § 2 Abs. 1 leg. cit.) sind Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle bakterieller und viraler Lebensmittelvergiftungen der Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) zu melden. Sofern eine Listerien-Erkrankung als lebensmittelbedingt angesehen wird, haben laut § 5 Abs. 1 Epidemiegesetz über jede Anzeige sowie über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit die zuständigen Behörden (= Bezirksverwaltungsbehörde) durch die ihnen zur Verfügung stehenden Ärztinnen / Ärzte unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit und der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Zum Zwecke der Feststellung von Krankheitskeimen sind hierbei nach Möglichkeit fachliche Untersuchungsanstalten (= nationale Referenzzentrale Listerien - situiert bei der AGES) in Anspruch zu nehmen.

 

Frage 19:

Darüber werden in Österreich keine Statistiken geführt. Auf Grund der langen Inkubationszeit (bis zu 70 Tagen) ist es leider bei vielen vermuteten lebensmittelbedingten Listerien-Infektionen nicht möglich, das ursächliche Lebensmittel zu eruieren, weil sich die erkrankte Person nicht mehr erinnern kann, was wann gegessen wurde. Die „Zeitrechnung“ d.h. die Feststellung, wie lange die Aufklärung (Zurückführung auf ein bestimmtes Lebensmittel) eines Ausbruchs dauert, kann grundsätzlich erst ab der Feststellung eines Ausbruchs (zeitlich und / oder geographisch gehäuftes Auftreten eines bestimmten Erregers) beginnen. Der internationale Durchschnitt einer Aufklärung von regionenübergreifenden lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen wird auf ca. 6 Monate geschätzt. Der Quargel-Ausbruch wurde in weniger als drei Monaten nach Feststellung, dass ein Ausbruch vorliegt, aufgeklärt.


Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass die Aufklärungsrate bedingt durch die lange Inkubationszeit (beispielsweise im Unterschied zu Salmonellosen, wo die Erkrankung in der Regel binnen 3 Tagen nach Verzehr auftritt, meist binnen 24 Stunden) leider grundsätzlich gering ist.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass die in Österreich geltende Meldepflicht von Listerien-Erkrankungen (im Unterschied zu z.B. Deutschland) eine Aufklärung begünstigt. Auch die Tatsache, dass in Österreich alle Labors, die Zoonoseerreger im Sinne des Anhang I des Zoonosengesetzes diagnostizieren, die entsprechenden Isolate an das zuständige nationale Referenzlabor zur weiteren Untersuchung übermitteln müssen (soweit Erkrankungen an diesen Erregern der Meldepflicht nach dem Zoonosengesetz unterliegen), begünstigt Aufklärungen.

 

Zudem sollen in Zukunft durch eine entsprechende Änderung im LMSVG (Regierungsvorlage wurde dem Nationalrat bereits zugeleitet und am 21.4.2010 vom Nationalrat in dritter Lesung einstimmig beschlossen) auch Lebensmittellabors, die für Unternehmen im Rahmen von Eigenkontrollen Untersuchungen von Lebensmitteln durchführen, verpflichtet werden, im Falle des Feststellens von Erregern, die Krankheiten auslösen, die der Meldepflicht unterliegen, entsprechende Isolate an das jeweils zuständige nationale Referenzlabor zu übermitteln. Derzeit gilt diese Bestimmung nur für die Unternehmen selbst. Auch das kann dazu beitragen, dass Ausbrüche aufgeklärt bzw. schneller aufgeklärt werden.

 

Frage 20:

Nachforschungen zur Abklärung lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche erfolgten und erfolgen in jedem Fall unverzüglich. Dennoch hat die Analyse der Vorgänge rund um den Listerien-Ausbruch verursacht durch den Quargel Verbesserungspotentiale aufgezeigt. Innerbehördliche Kommunikationswege (BMG-AGES-Länder) werden optimiert. Zudem wurden die Landessanitätsdirektoren mittels Schreiben ersucht, im Zusammenhang mit einem Verdacht auf eine Listeriose in einer Krankenanstalt eine Probenahme zur mikrobiologischen Untersuchung und eine Auswertung vorzunehmen und unmittelbar eine initiale Befragung zum Lebensmittelkonsum zu veranlassen (anhand eines vorgeschlagenen Fragebogens, der ebenfalls übermittelt wurde als Hilfestellung für die Ärztinnen und Ärzte bzw. die Hygieneteams in Krankenanstalten sowie für Amtsärztinnen und Amtsärtze). Die Listerienisolate bzw. Ergebnisse der Befragung sollen unverzüglich dem nationalen Referenzlabor für Listerien (situiert bei der AGES) übermittelt werden. Ein entsprechendes Merkblatt für Krankenanstalten wurde ebenfalls erarbeitet und bereits verschickt.

 

Die am 21.4.2010 vom Nationalrat beschlossene Novelle des LMSVG sieht vor, dass Maßnahmensetzungen aufgrund des LMSVG (Betriebssperren, Verbot des In-Verkehr-Bringens etc.) bereits bei der Vorlage eines Berichtes gemäß § 7 Abs. 2 des Zoonosengesetzes erfolgen (Hinreichender epidemiologischer Verdacht, dass ein bestimmtes Lebensmittel der Auslöser eines lebensmittelbedingten Krankheitsausbruchs ist). Derzeit sind Maßnahmen aufgrund des LMSVG nur nach Vorlage eines amtlichen Gutachtens, das die „Gesundheitsschädlichkeit“ eines Produktes darlegt, zulässig. Zudem werden Labors, die für Lebensmittelunternehmen arbeiten (im Rahmen der verpflichtenden Eigenkontrollen), verpflichtet, im Falle des Feststellens von Erregern von lebensmittelbedingten Krankheiten, entsprechende Isolate an das jeweils zuständige nationale Referenzlabor zu übermitteln. Auch eine beschleunigte Informationsweitergabe zwischen den Lebensmittelaufsichten der Länder ist in dieser Novelle vorgesehen, indem die AGES, die ohnedies aufgrund des Absetzens der entsprechenden RASFF-Meldungen über die nötigen Informationen verfügt, die Verteilung der Informationen an alle Bundesländer übernimmt. Derzeit trifft die Verpflichtung der Information der anderen betroffenen Bundesländer das Land, in dessen Zuständigkeit sich der betroffene Betrieb befindet. Dies ist auch als Arbeitserleichterung für die Lebensmittelaufsicht des Bundeslandes, in dem sich der betroffene Betrieb befindet, zu sehen, die zum Zeitpunkt des Feststellens eines Problems in einem Betrieb, der entsprechenden Maßnahmensetzung und Überwachung ohnedies hinreichend gefordert ist.

 

Frage 21:

Die am 21.4.2010 von Nationalrat beschlossene Novelle des LMSVG sieht vor, dass der Bundesminister für Gesundheit eine Information der Öffentlichkeit zu veranlassen hat, wenn aufgrund eines Berichtes gemäß § 7 Abs. 2 des Zoonosengesetzes (lebensmittelbedingter Krankheitsausbruch) der begründete Verdacht besteht, dass ein oder mehrere konkrete Lebensmittel weitere Menschen gefährden. Diese Information hat auch zusätzlich zu einer Information durch das Unternehmen zu erfolgen. Die Unternehmerverantwortung bleibt grundsätzlich aufrecht, d.h. das Unternehmen hat jedenfalls auch selbst zu informieren. Zudem ist eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Gesundheit vorgesehen, in der festgelegt werden soll, wie Unternehmen entlang der Verantwortungskette ihre jeweiligen Kundinnen und Kunden zu informieren haben. Weiters ist vorgesehen, dass entsprechende Maßnahmensetzungen der Behörde („Aus dem Verkehr ziehen“) aufgrund des o.g. Berichtes erfolgen können, wenn das Unternehmen nicht sofort reagiert. Das Vorliegen eines Gutachtens über eine amtlich gezogene Probe, welches diese Probe als „gesundheitsschädlich“ ausweist, ist in solchen Fällen nicht mehr zwingend erforderlich. Diese Bestimmungen gelten im Übrigen nicht nur im Zusammenhang mit Listerien, sondern für alle Erreger von meldepflichtigen lebensmittelbedingten Erkrankungen.

 

Frage 22:

Die Inzidenz der Listeriose lag im Jahr 2009 bei rund 0,56/100.000 Einwohner. Die Häufigkeit ist vergleichbar mit der anderer westeuropäischer Staaten (0,1 bis 0,9 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr). Die Gefahr, an einer Listerieninfektion zu erkranken, ist somit grundsätzlich als gering zu beurteilen.