4764/AB XXIV. GP

Eingelangt am 14.05.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

                                                                                                                                    Alois Stöger diplô

                                                                                                                                    Bundesminister

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0076-I/5/2010

Wien, am        14. Mai 2010

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 4822/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein, Dipl.-Ing. Deimek und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Einleitend ist festzuhalten, dass zur vorliegenden Anfrage eine Stellungnahme der AGES (Österr. Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) eingeholt wurde.

 

Frage 1:

2009 mit 46 Fällen, 2008 mit 31 Fällen; die AGES ist erst seit 2008 als Nationale Referenzzentrale für Listeriosen benannt.


Frage 2:

2009 mit 11 Fällen, 2008 mit 6 Fällen; wie bereits ausgeführt, ist die AGES erst seit 2008 als Nationale Referenzzentrale für Listeriosen benannt.

 

Frage 3:

Die Frage ist unklar, da im Vorjahr 11 Todesfälle, nicht 4, auf Listeriosen zurückzuführen waren. Der erste Todesfall im Zusammenhang mit dem „Hartberger Quargel-Ausbruch“ gelangte der AGES auf aktive Nachfrage zwischen dem 13.11.2009 und 19.11.2009 zur Kenntnis (Sterbedatum 28.10.2009).

 

Frage 4:

Gemäß Epidemiegesetz fällt den jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörden die Aufgabe zu, über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit durch die

ihnen zur Verfügung stehenden Ärzte und Ärztinnen unverzüglich die zur Feststellung der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Bezüglich Todesfälle fallen die Untersuchungen somit nicht der AGES zu. Die AGES wurde am 13.11.2009 mit der Abklärung eines bundesländerübergreifenden Ausbruches beauftragt. Davon unabhängig wird für jeden Listeriosefall regelmäßig beim behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin der Krankheitsausgang erfragt.

 

Frage 5:

Am 15.1.2010 wurde den zuständigen Behörden von der AGES erstmals fernmündlich mitgeteilt, dass die Quelle aufgrund epidemiologischer Untersuchungen mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ gefunden wurde.

 

Frage 6:

Die Arbeiten zur epidemiologischen Aufklärung und Identifizierung eines bestimmten verursachenden Lebensmittels wurden federführend vom zuständigen Leiter des Bereiches Humanmedizin (Arzt und Epidemiologe) in Zusammenarbeit mit seinen Mitarbeiter/inne/n durchgeführt. In diese Abklärungsarbeit war auch der Bereich Lebensmitteluntersuchung der AGES eingebunden.

 

Frage 7:

Am 20.1.2010 lag ein vorläufiger Endbericht der AGES zum in Frage stehenden bundesländerübergreifenden, lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch vor, mit dem das verdächtige Lebensmittel (Quargelprodukte der Firma Prolactal) dargelegt wurde. Die klare Zuordnung von Todesfällen d.h. die Abklärung des Vorliegens eines ursächlichen Zusammenhangs mit bekannt gewordenen Todesfällen war teilweise erst nach der Identifizierung des verursachenden Lebensmittels möglich.

 

Frage 8:

Der Inhalt der Frage ist bezüglich „darüber“ im Hinblick auf die Vorfragen unklar. Alle in die Ausbruchsabklärung involvierten Personen waren laufend in Kontakt und über den jeweiligen Wissensstand informiert.


Frage 9:

Die Weitergabe von Informationen innerhalb der AGES erfolgte laufend; ich verweise auf die Beantwortung zu Frage 8.

 

Frage 10:

Die Information des fachlich zuständigen Geschäftsführers über aktuelle Angelegenheiten aus den Fachbereichen erfolgt im Rahmen von regelmäßigen Dienstbesprechungen mit den Leitern der strategischen Fachbereiche. Im gegenständlichen Fall berichtete der zuständige Bereichsleiter für den Bereich Humanmedizin im Laufe des Herbstes 2009 dem fachzuständigen Geschäftsführer über den Stand der Entwicklungen. Die Information entspricht der, die in den wöchentlichen Berichten an die Bundeszoonosenkommission weitergeleitet wurde.

 

Frage 11:

Ich darf hier auf die Beantwortung zu Frage 10 verweisen. Es wurde zum jeweiligen Zeitpunkt immer die vollständige Information an den fachzuständigen Geschäftsführer übermittelt. Aus der dynamischen Natur des epidemiologischen Geschehens (Auftreten neuer Erkrankungsfälle, Versterben von Patient/inn/en) ergibt sich, dass der Begriff "vollständig" zu verschiedenen Berichtszeitpunkten verschiedene Inhalte umfasst. Die Information über den begründeten Verdacht, dass aufgrund der Fallkontrollstudie (noch ohne mikrobiologischen Nachweis im Produkt) das Produkt "Quargel" der Fa. Prolactal in Hartberg mit großer Wahrscheinlichkeit eine Infektionsquelle darstellt, erhielt der fachlich zuständige Geschäftsführer am 15. Jänner 2010. Die Information über den positiven mikrobiologischen Nachweis erhielt der fachlich zuständige Geschäftsführer am 21. Jänner 2010.

 

Frage 12:

Es ist nicht klar, welche „entsprechende Informationen“ hier konkret gemeint sind. Es erfolgten wöchentliche Berichte über den Stand der Abklärung an die Bundeszoonosenkommission. Am 15.1.2010 wurden die zuständigen Behörden informiert, wobei zu diesem Zeitpunkt noch keine mikrobiologischen Ergebnisse als Beleg der Verunreinigung vorlagen. Am 20.1.2010 wurde der vorläufige Endbericht vorgelegt. Es wurden Mitarbeiter/innen der zuständigen Behörden in der Steiermark und des BMG informiert.

 

Fragen 13, 14 und 15:

Am 27.10.2009 erfolgte die Meldung der AGES über ein gehäuftes, bundes-länderübergreifendes Auftreten von humanen Listeriosefällen mit identem PFGETyp (fünf Erkrankte) an die Geschäftsstelle der BKZoon. Ein Verdacht auf ein verursachendes Lebensmittel lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Eine persönliche Information an mich erging zu diesem Zeitpunkt nicht. Auch eine Information des Ministerbüros erfolgte zu diesem Zeitpunkt nicht. Im Hinblick auf jährlich über 350 lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche ist eine persönliche Information des Bundesministers oder des Ministerbüros über Meldungen, die der BKZoon zugehen, routinemäßig auch nicht vorgesehen.

 

Die AGES informierte am 15. Jänner 2010 telefonisch über das derzeitige Ergebnis der epidemiologischen Erhebungen in Bezug auf den Listerienausbruch „1/2009-Listeria monocytogenes 1/2a-Wien“: Mit großer Wahrscheinlichkeit ist der Verzehr von Quargel eines steirischen Unternehmens die Ursache für den gegenständlichen Ausbruch. Es wurden Mitarbeiter/innen der zuständigen Behörden in der Steiermark und des BMG informiert. Eine mikrobiologische Bestätigung dieses Verdachts lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor.

 

Am 20.1.2010 erfolgte der vorläufiger Endbericht der AGES an die Geschäftsstelle der BKZoon zum bundesländerübergreifenden, lebensmittelbedingten Krankheitsausbruch. Dieser vorläufige Endbericht wurde von der AGES am 20. Jänner 2010 kurz nach 17:00 Uhr auch ins sogenannte DOC-man-System gestellt, zu welchem alle Mitglieder der BKZoon Zugang haben. Ab diesen Zeitpunkt kann somit davon ausgegangen werden, dass diese Information auch den Ländern bzw. den von den Ländern benannten Vertretern in der BKZoon grundsätzlich bekannt war.

Am 21.1.2010 hat mein Ressort weitere Erhebungen (Vertriebsschienen, etc.) durch die Steiermärkische Lebensmittelaufsichtsbehörde veranlasst.

Am 23.1.2010 erfolgte nach dem Rückruf des Produktes durch den Hersteller auch eine Information der Öffentlichkeit durch die AGES. Ich wurde im Zuge der Veranlassung der Information der Öffentlichkeit über den Rückruf des Produktes in Kenntnis gesetzt.

 

Frage 16:

Am 15.1.2010 wurde der Landessanitätsdirektor der Steiermark (in Personalunion auch Lebensmittelaufsichtsbehörde der Steiermark) informiert, wobei zu diesem Zeitpunkt noch keine Ergebnisse als Beleg der mikrobiologischen Verunreinigung vorlagen.

Der vorläufige Endbericht wurde von der AGES am 20. Jänner 2010 kurz nach 17:00 Uhr ins sogenannte DOC-man-System gestellt, zu welchem alle Mitglieder der BKZoon Zugang haben. Ab diesen Zeitpunkt kann somit davon ausgegangen werden, dass diese Information auch den Ländern bzw. den von den Ländern benannten Vertretern in der BKZoon grundsätzlich bekannt war.

Am 21.1.2010 hat mein Ressort weitere Erhebungen (Vertriebsschienen, etc.) durch die Steiermärkische Lebensmittelaufsichtsbehörde veranlasst.

 

Fragen 17 und 18:

Die AGES informierte am 15. 1.2010 telefonisch über das derzeitige Ergebnis der epidemiologischen Erhebungen in Bezug auf den Listerienausbruch „1/2009-Listeria monocytogenes 1/2a-Wien“: Mit großer Wahrscheinlichkeit ist der Verzehr von Quargel-Produkten eines steirischen Unternehmens die Ursache für den gegenständlichen Ausbruch. Es wurden Mitarbeiter/innen der zuständigen Behörden in der Steiermark und des BMG informiert. Eine mikrobiologische Bestätigung dieses Verdachts lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Ab 20.1.2010 lag der vorläufige Endbericht der epidemiologischen Abklärung vor und war ab ca. 17:00 Uhr für alle Mitglieder der BKZoon abrufbar – somit auch für die jeweils Zuständigen in den Bundesländern zugänglich. Eine mikrobiologische Bestätigung des Verdachts war auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegend. Am 21.1.2010 lagen erstmals mikrobiologische Untersuchungsergebnisse von amtlich gezogenen Proben vor (Keimwachstum nur nach kultureller Anreicherung).

 

Der Rückruf der betroffenen Produkte wurde am 23.1.2010 flächendeckend eingeleitet. Durch die Lebensmittelaufsicht Steiermark wurde die Rückrufaktion überwacht. Nach Auskunft der Lebensmittelaufsicht Steiermark wurden von dieser gemäß § 42 LMSVG am 25.01.2010 alle anderen Lebensmittelaufsichten der Bundesländer informiert, sodass österreichweit Nachschau gehalten werden konnte, um sicherzustellen, dass sich keine Produkte mehr auf dem Markt befinden. Dies deckt sich mit der Aussage des Kärtner Gesundheitslandesrats vom 17.2.2010.

 

Frage 19:

Die Zusammenarbeit erfolgte seit 13.11.2009 mit den Landessanitätsdirektor/inn/en der neun Bundesländer und dem zuständigen Sektionsleiter meines Ressorts (Sektion III), sowie seit 27.10.2009 mit der Bundeszoonosenkommission bzw. dadurch mit den Landeszoonosenkommissionen. Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Fachbereichen ist im Zoonosengesetz und darauf aufbauenden Erlässen geregelt. Das BMLFUW ist in der Bundeskommission für Zoonosen vertreten. Das BMASK ist in die Abklärungstätigkeiten im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen nicht eingebunden.

 

Frage 20:

Am 22.01.2010 erfolgte die Meldung über RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed) an die Europäische Kommission betreffend Quargelkäse der Fa. Prolactal GmbH., Hartberg (Hersteller). Entsprechend der zu diesem Zeitpunkt bekannten Vertriebsschienen der betroffenen Produkte, erhoben durch die zuständige Lebensmittelaufsicht Steiermark, wurden in dieser RASFF-Meldung Österreichs als betroffene Länder Österreich, Deutschland, Polen, Tschechien, Slowakei angegeben.

 

Frage 21:

Das Unternehmen wurde von der AGES erstmals am 15.1.2010 fernmündlich informiert.

 

Frage 22:

Am 23.01.2010 wurde die Öffentlichkeit durch den Herstellerbetrieb durch eine Pressemeldung informiert; zusätzlich wurde die Information unter anderem auch über folgende Medien verbreitet:

23.1.   Wiederholung des Produktrückrufes auf der Homepage der AGES

23.1.   Information im ZIB-Newsflash (22:45, TV)

24.1.   Information und Bericht auf orf.on (http://oesterreich.orf.at )

24.1.   Information und Bericht in Radio Steiermark (Journal, 17:30)

25.1.   Information und Bericht auf help.orf.at (http://help.orf.at/?story=9835)


Frage 23:

Gemäß den bisher geltenden Bestimmungen ist eine rechtliche Grundlage für eine Warnung der Öffentlichkeit gemäß § 43 des LMSVG, die auf einer epidemiologischen Abklärung basiert, nicht gegeben.

Zur Schließung dieser Lücke und zur Verbesserung dieser und anderer Maßnahmen habe ich eine Überarbeitung des LMSVG insbesondere hinsichtlich der Passagen der Information der Öffentlichkeit vorangetrieben. Eine Novelle des LMSVG war bereits Ende letzten Jahres in Begutachtung, die Regierungsvorlage zur Änderung des LMSVG wurde dem Nationalrat in der zweiten Märzhälfte zur parlamentarischen Behandlung zugeleitet. Die Novelle des LMSVG wurde vom Nationalrat am 21.4.2010 in dritter Lesung einstimmig beschlossen. Sie sieht vor, dass der Bundesminister für Gesundheit eine Information der Öffentlichkeit zu veranlassen hat, wenn aufgrund eines Berichtes gemäß § 7 Abs. 2 des Zoonosengesetzes (lebensmittelbedingter Krankheitsausbruch) der begründete Verdacht besteht, dass ein oder mehrere konkrete Lebensmittel weitere Menschen gefährden. Diese Information hat auch zusätzlich zu einer Information durch das Unternehmen zu erfolgen. Die Unternehmerverantwortung bleibt grundsätzlich aufrecht, d.h. das Unternehmen hat jedenfalls auch selbst zu informieren. Zudem ist eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Gesundheit vorgesehen, in der festgelegt werden soll, wie Unternehmen entlang der Verantwortungskette ihre jeweiligen Kundinnen und Kunden zu informieren haben. Weiters ist vorgesehen, dass entsprechende Maßnahmensetzungen der Behörde („Aus dem Verkehr ziehen“) aufgrund des o.g. Berichtes erfolgen können, wenn das Unternehmen nicht sofort reagiert. Das Vorliegen eines Gutachtens über eine amtlich gezogene Probe, welches diese Probe als „gesundheitsschädlich“ ausweist, ist in solchen Fällen nicht mehr zwingend erforderlich. Diese Bestimmungen gelten im Übrigen nicht nur im Zusammenhang mit Listerien, sondern für alle Erreger von meldepflichtigen lebensmittelbedingten Erkrankungen.

 

Frage 24:

Diese Frage wäre durch die zuständige ermittelnde Behörde (Staatsanwaltschaft) zu beantworten.