4800/AB XXIV. GP

Eingelangt am 18.05.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0080-I/5/2010

Wien, am 18. Mai 2010

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 4841/J der Abgeordneten Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 bis 4:

Die in der Anfrage zitierte Multicenter-Studie der Radiologischen Universitätsklinik der Universität Bonn untersuchte Methoden der Brustkrebsfrüherkennung bei Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko (z.B. familiäre Vorbelastung bzw. Hochrisikogruppen mit BRCA-Genmutation). Damit ist diese Studie im Grundsatz verschieden von dem in Erarbeitung befindlichen Brustkrebs-Früherkennungsprogramm. Dieses wendet sich mittels versendeter Einladung an alle Frauen zwischen 50 und 69 Jahren in Österreich, wobei grundsätzlich die Teilnehmerinnen des Programms als „gesund“ zu betrachten sind. Erst bei unklaren oder auffälligen Mammographie-Befunden werden zusätzliche diagnostische Maßnahmen angewandt, wobei bei klarer medizinischer Indikation auch die MRT-Mammographie im Zuge der Abklärung durchgeführt wird.

 

Alle Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko bzw. Hochrisikogruppen werden im Früherkennungsprogramm mit individuellem Risikoprofil identifiziert und einer individuellen Versorgung in spezialisierten Zentren zugeführt. Dies kann auch die regelmäßige MRT-Untersuchung beinhalten, diese Versorgung ist aber von der klassischen Früherkennungs-Mammographie innerhalb eines Screening-Programms klar zu trennen.

 

Es ist festzuhalten, dass die Röntgen-Mammographie die am besten erprobte sowie für große Untersuchungsgruppen in der Brustkrebs-Früherkennung zuverlässigste,

reproduzierbarste und kostengünstig umsetzbare Suchmethode ist. Dies geht aus der wissenschaftlichen Basis der europäischen Screeningprogramme (wie auch für das österreichische Früherkennungsprogramm), den „European Guidelines for Quality Assurance in Breast Cancer Screening and Diagnosis, 4th Edition“, hervor. Die Röntgen-Mammographie hat sich in internationalen Screeningprogrammen seit Jahrzehnten etabliert und als effektiv erwiesen.

 

Die in der Studie beschriebene, im Vergleich zur MRT-Mammographie niedrige Sensitivität der Röntgen-Mammographie ist mit der Altersstruktur der untersuchten Frauen zu erklären. Diese in der überwiegenden Zahl jüngeren Frauen (in der Studie wurden Frauen ab 25 Jahren eingeschlossen) haben meist dichteres Brustdrüsengewebe und in diesen Fällen ist ein Sinken der Sensitivität der Röntgen-Mammographie zu beobachten. Im geplanten österreichischen Früherkennungsprogramm werden aber EU-Leitlinien-gemäß Frauen zwischen 50 und 69 Jahren eingeladen und untersucht. In dieser Altersgruppe beträgt die Sensitivität der Röntgen-Mammographie nachweislich etwa 90%, die Spezifität etwa 95%. Gerade hinsichtlich der Spezifität ist die Röntgen-Mammographie der MRT-Mammographie klar vorzuziehen, berichten diverse Studien doch von viel zu hohen Raten auffälliger MRT-Befunde, die sich später als harmlos herausstellen (falsch-positiv-Raten von 15 bis 20%) sowie gegenüber der Röntgen-Mammographie verdoppelte bzw. verdreifachte Biopsie-Raten in der weiteren Abklärung.

 

Die in der Studie beschriebene hohe Sensitivität der MRT-Mammographie (93 %) kann von anderen Studien (veröffentlicht in: New England Journal of Medicine, Breast Cancer Research and Treatment, Lancet, Journal of the American Medical Association und The Breast in den Jahren 2004 bis 2009) nicht bestätigt werden. Diese Studien berichten von einer weitaus geringeren Sensitivität der MRT-Mammographie von 71 bis 77%. Weiters haben die bisherigen Multicenter-Studien zum MRT-Screening eine relativ hohe Rate an falsch negativen Befunden gezeigt, überwiegend durch die eingeschränkte Sensitivität für das duktale Karzinom in situ (DCIS). Aus diesem Grund wurde bis dato Screening mit Mammographie und als zusätzliche Untersuchung MRT bei Hochrisiko-Patientinnen empfohlen.


Fragen 5 und 6:

Des Weiteren ist aus folgenden Gründen von einem flächendeckenden Einsatz der MRT-Mammographie in der Brustkrebsfrüherkennung Abstand zu nehmen:

Die adäquate und qualitätsgesicherte Durchführung von MRT-Mammographien ist nur in dafür geeigneten Zentren sinnvoll und möglich, es besteht aber ein Mangel an Expertinnen und Experten, da die MRT-Mammographie-Befundung besondere Erfahrung und Qualifikation erfordert. Inkonsistente Standards wären die Folge.

Eine durchschnittliche MRT-Mammographie dauert etwa 30 Minuten, ein Screening der betreffenden Frauen zwischen 50 und 69 Jahren wäre aus zeitlichen und logistischen Gründen nicht umsetzbar.

 

Eine MRT-Mammographie verursacht derzeit etwa die zehnfachen Kosten einer Röntgen-Mammographie und diese Kosten würden den ökonomischen Ansatz eines Screening-Programms ad absurdum führen.

Kalkablagerungen im Gewebe der Brustdrüse (sogenannter Mikrokalk) können abhängig von Anzahl, Form und Anordnung Hinweise auf eine mögliche Brustkrebserkrankung geben, sind aber nur mittels Röntgen-Mammographie feststellbar.

Selbstverständlich wäre die Einführung von Qualitätssicherungskriterien unerlässlich.

 

Fragen 7 und 8:

Eine allfällige Anpassung der MRT-Gerätezahlen im Großgeräteplan obliegt der Bundesgesundheitskommission. Es ist davon auszugehen, dass eine entsprechende Anpassung der Gerätezahlen dann erfolgt, wenn entsprechender Konsens in der Bundesgesundheitskommission über deren Notwendigkeit besteht. Die Kosten für MRT sind genauso wie andere Investitionen grundsätzlich von den Gerätebetreibern zu tragen bzw. stehen in Bezug auf den Krankenanstaltenbereich Förderungsmittel auf Bundesländerebene zur Verfügung. Allfällige zusätzliche finanzielle Mittel im Rahmen des Brustkrebs-Früherkennungsprogramms wären ebenfalls von der Bundesgesundheitskommission zu beschließen.

 

Fragen 9 und 10:

Es gibt Hinweise auf eine höhere Strahlenempfindlichkeit von Frauen mit einer genetischen Veranlagung für Brustkrebs. Die betroffenen Gene sind an der Reparatur von Schädigungen des Erbmaterials beteiligt, wie sie etwa durch ionisierende Strahlung entstehen können. Ein Defekt dieser Gene und somit eine beeinträchtigte DNA-Reparatur könnten eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit zur Folge haben. Aus strahlenbiologischer Sicht erscheint dies plausibel.

 

Bislang wurde allerdings eine solche erhöhte Strahlenempfindlichkeit in vivo nicht nachgewiesen. Auch gibt es keine quantitativen Angaben über das Ausmaß einer allfälligen höheren Empfindlichkeit. Derzeit laufen einige strahlenbiologische Studien zur näheren Abklärung dieses Fragenkomplexes.


Anhand der Ergebnisse dieser Studien wird eine bessere Beurteilung des durch Mammografie-Röntgenstrahlung bewirkten Risikos für Frauen mit einer Brustkrebs-Prädisposition möglich sein. Erforderlichenfalls erfolgt dann eine Anpassung des Programms zur Brustkrebsfrüherkennung für diese Frauengruppe.

 

Grundsätzlich ist jedoch hinsichtlich der Strahlenbelastung im Zuge der Röntgen-Mammographien festzustellen, dass die Empfindlichkeit des Gewebes gegenüber einer Strahlenexposition generell mit dem Alter abnimmt und Langzeitstudien den Nutzen der Früherkennung in der Gruppe der 50- bis 69jährigen Frauen klar über das Risiko, durch die Mammographie an Brustkrebs zu erkranken, stellen. Es ist des Weiteren geplant, nur mehr digitale Mammographie-Geräte im österreichischen Früherkennungsprogramm zu verwenden, die die Strahlenexposition weiter minimieren. Die technische Qualitätssicherung der verwendeten Geräte soll nach den strengen Kriterien der europäischen Leitlinien umgesetzt werden, die das Verhältnis Bildgüte zu Strahlendosis optimieren. Die mögliche höhere Anfälligkeit für Röntgenstrahlung bei Frauen mit genetisch bedingtem erhöhtem Brustkrebsrisiko sowie bei Frauen in erwähnten Hochrisiko-Situationen wird in der bereits beschriebenen individuellen Versorgung, auch mittels MRT-Mammographie, berücksichtigt.

 

Fragen 11 bis 13:

Abschließend kann zusammengefasst werden, dass die zitierten Studienergebnisse somit keine Basis für eine Abänderung der Konzeption des geplanten österreichischen Früherkennungsprogramms bilden. Die MRT-Mammographie stellt keine Routineuntersuchung dar und eignet sich somit nicht als alleinige Untersuchungsform für ein flächendeckendes Screening-Programm, wird aber weiterhin als mögliche Untersuchungsmethode bei Frauen aller Altersgruppen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko sowie zur weiteren Abklärung auffälliger Befunde im Screening eingesetzt. Dies wird auch in einer Stellungnahme der Kooperationsgemeinschaft Mammographie Deutschland und den Leitlinien der American Cancer Society unterstrichen. Auch Ultraschall ist keine geeignete Screeningmethode für ein organisiertes populationsbezogenes Mammographiescreeningprogramm, diese Untersuchungsmethode ist nur als Ergänzung zur Mammographie von Bedeutung.

 

Vielmehr sollen im erarbeiteten Brustkrebs-Früherkennungsprogramm auf Basis der EU-Leitlinien einheitliche Qualitätsstandards geschaffen werden, die eine systematische, organisierte und qualitätsgesicherte Umsetzung gewährleisten. Schwerpunkte hierbei sind einheitliche medizinische Prozesse, Schulungen des medizinischen Personals, technische Qualitätssicherung der Geräte, Einladungsschreiben, Information und Aufklärung sowie eine standardisierte Datendokumentation und Evaluation.