4808/AB XXIV. GP

Eingelangt am 18.05.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0088-I/5/2010

Wien, am         17. Mai 2010

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 4913/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Auch ich halte es für selbstverständlich, dass wirkungslose oder gar gefährdende Leistungen von der sozialen Krankenversicherung nicht akzeptiert werden können. Dies unabhängig davon, dass solche Leistungen nicht aus Versicherungsgeldern finanziert werden, sondern im Bewusstsein, dass Folgeschäden oder die durch eine Behandlungsverzögerung gravierender werdenden Krankheitserscheinungen später erst recht die Versicherung belasten.


Fragen 2 und 3:

Die Krankenkassen können in diesem Bereich keine einseitigen Normen setzen, sondern nur im Rahmen der Vertragsbeziehungen agieren. Bei entsprechender Einigung mit den Vertragspartnern, wie sie im Falle der OÖGKK erfolgt ist, ist die Vorgangsweise der Krankenversicherungsträger somit rechtlich zulässig und jedenfalls wirtschaftlich und medizinisch sinnvoll.

 

Frage 4:

Gemäß § 10 Abs. 4 des Oberösterreichischen Ärzte-Gesamtvertrages dürfen Leistungen, von denen die OÖGKK und die Ärztekammer für Oberösterreich gemeinsam der Auffassung sind, dass sie wirkungslos sind oder Patient/inn/en gefährden, von Vertragsärzt/inn/en nicht erbracht werden. In der Beilage zu § 10

Abs. 4 des Oberösterreichischen Ärzte-Gesamtvertrages sind diesbezüglich derzeit folgende 20 Leistungen aufgelistet:

 

Aromatherapie

Aura-Heilung

Bach-Blütentherapie

Baunscheidtieren

Biologische Terrain-Analyse

Bioresonanztherapie

Colonhydrotherapie

Edelsteinmedizin

Eigen-Urintherapie

Haarmineralanalyse

Honigtherapie

Irisdiagnostik

Klangmassage

Magische Heilmethoden

Magnettherapie (außer der Magnetfeldtherapie)

Pendeln

Reiki

Schamanismus

Wünschelrute

Zelltherapie

 

Die in der parlamentarischen Anfrage angeführten Leistungen Engelessenzen, Kirlianfotografie, Aura Soma und Raindrop Energetic fehlen in der Beilage zu § 10 Abs. 4 des Oberösterreichischen Ärzte-Gesamtvertrages, sind jedoch ebenfalls Leistungen deren Wirkung nicht bewiesen ist.

 

Nach Mitteilung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger sind in den Gesamtverträgen der übrigen Gebietskrankenkassen keine derartigen Verbotslisten enthalten.


Frage 5:

Ein kürzlich im Ressort neu gegründeter Arbeitskreis befasst sich mit der Bewertung komplementärmedizinischer Methoden und der Erstellung einer etwaigen Negativ- aber auch Positivliste. Eine derartige Liste kann aber nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben, da die Anzahl der Methoden rasch zunimmt (ich darf dazu auch auf meine Ausführungen zu Frage 9 verweisen).

 

Für die meisten komplementärmedizinischen Verfahren wurden wissenschaftliche (nicht nur naturwissenschaftliche im engeren Sinn) Wirksamkeitsnachweise bisher nicht erbracht. Ein Grund dafür ist, dass eine universitäre Institutionalisierung der Komplementärmedizin in Österreich, wie in anderen europäischen Ländern, bisher noch nicht stattgefunden hat und es daher für viele Verfahren keine Forschung gibt.

 

Frage 6:

Der OSR  wird im Auftrag oder auf Anfrage des Bundesministers für Gesundheit tätig und behandelt nur Anträge, die eingereicht werden.

 

Der Oberste Sanitätsrat ist in seinen bisherigen Sitzungen zu den Themen

·        Bachblütentherapie

·        Bioresonanztherapie und

·         Zelltherapie

zu der Erkenntnis gelangt, dass diese nicht als medizinisch wissenschaftliche Methoden eingestuft werden können.

 

Im Falle  der Magnetfeldtherapie ist der OSR zu der Erkenntnis gelangt, dass diese ausschließlich auf Grund von ärztlicher Verordnung durchgeführt werden darf, da positive Befunde bei der Therapie der verzögerten Knochenbruchheilung vorliegen, jedoch die Wirkungsweisen wissenschaftlich nach wie vor nicht nachgewiesen werden kann.

Zu den übrigen in der Anfrage angeführten Therapien wurden noch keine Anfragen an den Obersten Sanitätsrat gestellt.

 

 Frage 7:

Soweit mir bekannt ist, haben die Versicherungsträger bis dato keine allgemeinen Aktivitäten gesetzt.

 

Ansprechpartner/innen der Patient/inn/en für medizinische Behandlungen sind in erster Linie die Ärztinnen und Ärzte. Wie Erfahrungen zeigen, reicht dies auch ohne parallele Aktionen der Krankenversicherungsträger aus, um die meisten medizinisch wertlosen Behandlungen (die ja relativ oft durch „medizinferne“ Veröffentlichungen propagiert werden) zu vermeiden. In den Artikeln von Kundenzeitungen der einzelnen Versicherungsträger (z.B. „Forum Gesundheit“) wird immer wieder kritisch über komplementärmedizinische Methoden berichtet.


Frage 8:

Es wurde ein Auftrag für ein Projekt zur „Erhebung traditioneller und komplementärer Heilmethoden in Österreich“ sowie zur Evaluierung der in der Studie erhobenen Methoden vergeben, die Evaluierung ist noch nicht abgeschlossen.

 

Frage 9:

Unter dem Begriff Komplementärmedizin wird eine Vielzahl unterschiedlicher Theorieansätze und Methoden zusammengefasst, deren gemeinsames Merkmal ist,

dass sie nicht zur Schulmedizin oder konventionellen, wissenschaftlich etablierten Medizin gerechnet werden. Zur Komplementärmedizin zählen komplette Therapiesysteme wie z.B. TCM oder Naturheilverfahren oder diverse Einzelverfahren. Die Anzahl der Methoden nimmt rasch zu, da auf Grund individueller Erfahrungen einzelne Elemente aus Therapiesystemen und Methoden herausgegriffen und zu neuen komplementärmedizinischen Methoden verschmolzen werden, eine Aufzählung mit dem Anspruch auf Vollständigkeit ist daher nicht möglich.

 

Frage 10:

Im Zuständigkeitsbereich der Krankenversicherungsträger können nur die Mechanismen des Vertragspartnerrechtes zur Anwendung gebracht werden. Die Geltendmachung berufsrechtlicher Folgen fällt in die Zuständigkeit der Ärztekammern.

 

Im Einzelfall könnte auch bei einer Vertragsärztin/einem Vertragsarzt wegen Verstoßes gegen das Gebot nach § 49 Ärztegesetz 1998, wonach eine gewissenhafte und dem Stand der Wissenschaft entsprechende Behandlung geschuldet wird, ein Verwaltungsstrafverfahren ebenso drohen, wie ein Disziplinarverfahren nach § 136 Ärztegesetz 1998 etwa wegen Beeinträchtigung des Standesansehens der Ärztinnen/Ärzte.

 

Frage 11:

Die Kostenübernahme für Leistungen, die nicht im Leistungskatalog der Krankenversicherungsträger vorhanden sind, bedarf einer vorherigen Bewilligungspflicht. Damit verbunden ist eine medizinische Einzelfallentscheidung. Insofern besteht eine, wenn auch auf den Bereich der Leistungserbringung durch die soziale Krankenversicherung beschränkte, Kontrolle.

 

Die OÖGKK geht jedem Verdacht, der sich aufgrund von Mitteilungen der Versicherten, Vertragsärzt/inn/en oder sonstiger Dritter ergibt, unverzüglich nach. Sofern die OÖGKK Honorarnoten über derartige Leistungen erhält, würde – sofern diese von einem Vertragsarzt/einer Vertragsärztin ausgestellt wurden – mit diesem/dieser Kontakt aufgenommen und unter Umständen die Vertragskündigung ausgesprochen. Derartiges war aber bislang nicht erforderlich.


Wurde die Honorarnote hingegen von einem/einer Nichtvertragsarzt/-ärztin (Wahlarzt/-ärztin) ausgestellt, wird von Seiten der OÖGKK der Sachverhalt an die Ärztekammer für Oberösterreich zur berufsrechtlichen Verfolgung der Angelegenheit weitergeleitet.

 

Fragen 12 und 13:

Zur Frage, wer komplementärmedizinische Leistungen außerhalb des medizinischen Bereiches durchführen darf, verweise ich auf die aktuelle Information des

Bundesministeriums für Gesundheit über die wesentlichen derzeit aktuellen Rechtsgrundlagen des Arztvorbehalts und damit der Unzulässigkeit in der Ausübung heilpraktischer Tätigkeiten in Österreich, die der Anfragebeantwortung angeschlossen ist (diese Information soll auch auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden).

Für Angehörige anderer Gesundheitsberufe kann auf nachstehende Bestimmungen verwiesen werden:

 

·        Anlage 1 der Gesundheits- und Krankenpflege-Ausbildungsverordnung, BGBl. II Nr. 179/1999, sieht im Unterrichtsfach „Gesundheits- und Krankenpflege“ den Lehrinhalt „Komplementäre Pflegemethoden“ vor.

 

·        Anlage 1 der Gesundheits- und Krankenpflege-Weiterbildungsverordnung, BGBl. II Nr. 453/2006, führt idZ u.a. folgende Weiterbildungen für Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege an:

– „Komplementäre Pflege – Aromapflege“

– „Komplementäre Pflege – Ayurveda“

– „Komplementäre Pflege – Kindertuina“

– „Komplementäre Pflege – Therapeutic Touch“

 

·        Anlage 2 der Medizinischer Masseur- und Heilmasseur-Ausbildungsverordnung, BGBl. II Nr. 250/2003,  sieht idZ im Modul B, Unterrichtsfach „Massagetechniken zu Heilzwecken“ u.a. folgende Lehrinhalte vor:

– Reflextherapeutische Massagetechniken: Meridianlehre, Lehre der 5 Elemente, Energielehre, Energiekreislauf, Regellehre, Pulslehre

– Chinesische Massagetechniken, wie Akupunktmassage und Tuina

 

·        Andere eigenverantwortlich tätige Gesundheitsberufe dürfen komplementäre Maßnahmen innerhalb ihres Berufsbildes bzw. Tätigkeitsbereiches nach entsprechender Fortbildung bzw. Zusatzausbildung durchführen.

Als Beispiel ist hier die „Hippo-Therapie“ anzuführen, die durch den OSR „als physiotherapeutische Behandlung“ anerkannt wurde.

 

Für „Tuina“ und „Ayurveda“ wurden von meinem Ressort Abgrenzungen zwischen dem medizinischen und dem gewerblichen Bereich (Wohlfühl-Anwendungen) vorgenommen.


Frage 14:

Auch wenn sich diese Frage primär an das dafür zuständige Bundesministerium für Justiz im Hinblick auf die Führung eines einschlägigen Entscheidungsregisters zu

richten hätte, werden Erkenntnisse des OGH selbstverständlich auch im Bundesministerium für Gesundheit als wesentliche Entscheidungshilfe für allfällige Interpretationen wahrgenommen. Allerdings gibt es keinen abschließenden und generellen Überblick, in welcher Organisationseinheit etc. welches Judikat als bekannt vorausgesetzt werden kann. Eine gute Übersicht über einschlägige Judikatur findet sich in der Monografie zum „Berufs- und Tätigkeitsschutz der österreichischen Gesundheitsberufe“, NWV, Band 35, 2006, S. 134 ff., verfasst von Frau Dr. Sandra Wenda, Juristin des Ressorts.

 

 

Beilage



 

 

 

 

 

 

Information zur Frage

der Ausübung heilpraktischer Tätigkeiten in Österreich

 

 

Diese Information soll – vorbehaltlich der Judikatur der ordentlichen Gerichte – einem grundsätzlichen Überblick über die wesentlichen derzeit aktuellen Rechtsgrundlagen des Arztvorbehalts und damit einer Orientierung hinsichtlich der Unzulässigkeit der Ausübung heilpraktischer Tätigkeiten in Österreich dienen.

 

1. Rechtsgrundlagen

 

1.1. Ärztegesetz 1998

 

„Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen“. Mit diesem Satz wird die Berufsumschreibung des ärztlichen Berufes in § 2 Abs 1 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169, gewissermaßen programmatisch eingeleitet.

 

§ 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998 setzt die ärztliche Berufsumschreibung mit der Aussage fort, dass der ärztliche Beruf „jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit“ umfasst, die unmittelbar oder mittelbar am Menschen ausgeübt wird, und fügt dieser die demonstrative Aufzählung „insbesondere die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Missbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind (Z 1); die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel (Z 2); die Behandlung solcher Zustände gemäß Z 1 (Z 3); die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion von Blut (Z 4); die Vorbeugung von Erkrankungen (Z 5); die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der medizinischen Fortpflanzungshilfe (Z 6); die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch diagnostischen Hilfsmitteln (Z 7) sowie die Vornahme von Leichenöffnungen (Z 8)“ an.


Schließlich vervollständigt § 2 Abs. 3 ÄrzteG 1998 das ärztliche Berufsbild durch die Feststellung, dass jeder zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt befugt ist, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 erster Satz ÄrzteG 1998 ist die selbstständige Ausübung des ärztlichen Berufes ausschließlich Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten vorbehalten.

Dieser so genannte Arztvorbehalt, der vor dem maßgeblichen Hintergrund des Schutzgedankens für die Patientinnen und Patienten insbesondere als Qualitätssicherungsmaßnahme zu begründen ist, bedeutet einen Ausschließlichkeitsanspruch für Ärzte auf die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 ÄrzteG 1998 besteht die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes in der eigenverantwortlichen Ausführung der im § 2 Abs.  2 und 3 ÄrzteG 1998 umschriebenen Tätigkeiten, gleichgültig, ob solche Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt werden.

 

Gemäß § 3 Abs. 3 erster Satz ÄrzteG 1998 sind die in Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt befindlichen Ärzte (Turnusärzte) lediglich zur unselbstständigen Ausübung ärztlicher Tätigkeiten in Ausbildungsstätten berechtigt.

 

§ 3 Abs. 4 ÄrzteG 1998 enthält schließlich als Verbotsnorm die Feststellung, dass „anderen als den in § 3 Abs. 1 und 3 ÄrzteG 1998 genannten Personen“ jede Ausübung des ärztlichen Berufes verboten ist. Ein Verstoß gegen diesen Arztvorbehalt stellt gemäß § 199 ÄrzteG 1998 eine Verwaltungsübertretung dar, für die eine Geldstrafe in unterschiedlichem Ausmaß zu verhängen wäre.

 

Der Vollständigkeit halber ist weiters auf § 42 ÄrzteG 1998 hinzuweisen.

 

Demnach dürfen komplementär- oder alternativmedizinische Heilverfahren auch von Personen, die im Geltungsbereich des ÄrzteG 1998 nicht zur ärztlichen Berufsausübung berechtigt sind, zu Demonstrationszwecken in Aus- und Fortbildungsveranstaltungen von Gesundheitsberufen, die in Zusammenarbeit mit einer Landesärztekammer oder der Österreichischen Ärztekammer durchgeführt werden, vorgeführt werden. Gemäß § 42 Abs. 2 ÄrzteG 1998 darf sich diese Tätigkeit allerdings längstens über sechs Monate erstrecken.

 

1.2. Strafgesetzbuch

 

In diesem Zusammenhang ist auf das Delikt der Kurpfuscherei gemäß § 184 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, hinzuweisen, der wie folgt lautet: „Wer, ohne die zur Ausübung des ärztlichen Berufes erforderliche Ausbildung erhalten zu haben, eine Tätigkeit, die den Ärzten vorbehalten ist, in Bezug auf eine größere Zahl von Menschen gewerbsmäßig ausübt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.“


Unter der „zur Ausübung des ärztlichen Berufes erforderlichen Ausbildung“ ist nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre „das an einer in- oder ausländischen Universität ordnungsgemäß abgeschlossene Medizinstudium“ zu verstehen. Auf die im ÄrzteG 1998 geregelte postpromotionelle Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin und zum Facharzt soll es hingegen nicht ankommen.

 

Von einer größeren Zahl von Menschen kann nach der einschlägigen Lehre und Rechtsprechung etwa ab zehn gesprochen werden.

 

Nur die gewerbsmäßige unbefugte Ausübung einer den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeit ist tatbestandsmäßig. Zur Auslegung des Begriffs „gewerbsmäßige Ausübung“ ist § 70 StGB heranzuziehen: „Gewerbsmäßig begeht eine strafbare Handlung, wer sie in der Absicht vornimmt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.“ In diesem Sinne liegt gewerbsmäßige Begehung bereits dann vor, wenn sich „der Täter für einen längeren Zeitraum, der auch schon bei einer Dauer von einigen Wochen vorliegt, eine über der Bagatellgrenze liegende Einnahme verschaffen will“.

 

2. Umfang des ärztlichen Tätigkeitsvorbehalts

 

Entsprechend der ärztlichen Berufsumschreibung (vgl. unter Punkt 1.1.) bezieht sich der ärztliche Tätigkeitsvorbehalt nach Ansicht des Bundesministeriums für Gesundheit auf alle Tätigkeiten, die auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt werden.

 

Demnach ist mit dem Tatbestandsmerkmal „medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse“ im Rahmen der ärztlichen Berufsumschreibung zum einen die wissenschaftliche Begründung der angewendeten Methoden (im Sinne einer rational nachvollziehbaren und überprüfbaren Ableitung aus empirisch nachweisbaren oder offen gelegten hypothetischen Prämissen durch adäquate Methoden) und zum anderen die Zugehörigkeit zur medizinischen Wissenschaft gemeint. Die Zugehörigkeit zur medizinischen Wissenschaft ist im Kontext des ÄrzteG 1998 anhand des Fächerkanons der medizinischen Ausbildung zu erschließen. In diesem Zusammenhang ist hinsichtlich des Elements der Wissenschaftlichkeit jedenfalls ein Mindestmaß an Rationalität zu fordern.

 

Im Hinblick auf alternativ- und komplementärmedizinische Maßnahmen kann Folgendes festgehalten werden:

 

Soweit ein alternativ- oder komplementärmedizinisches Verfahren die vorgenannten Anforderungen erfüllt, ist dessen Anwendung als ärztliche Tätigkeit zu qualifizieren und infolgedessen dem ärztlichen Vorbehaltsbereich zuzurechnen. Dies trifft etwa auf die Homöopathie, die Akupunktur und andere Verfahren der Traditionellen Chinesischen Medizin zu.


Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann jedoch die Reichweite des ärztlichen Tätigkeitsvorbehalts, nicht zuletzt auch aufgrund der zum Teil uneinheitlichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung, nicht abschließend bestimmt werden, sodass der Beurteilung im Einzelfall besondere Bedeutung zukommt.

 

In diesem Zusammenhang ist im Besonderen auf die ständige strafrechtliche Judikatur des Obersten Gerichtshofes (OGH) zur Kurpfuscherei gemäß § 184 StGB hinzuweisen:

 

In der Entscheidung 11 Os 99/83 hat der OGH (zum im Wesentlichen gleich lautenden § 1 Abs. 2 Ärztegesetz 1984) erstmals ausgesprochen, dass das Kriterium der „medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse“ entgegen dem Gesetzeswortlaut „keine Voraussetzung für die Zurechenbarkeit der ärztegesetzlich besonders bezeichneten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zur ärztlichen Berufsausübung“ sei, sondern vielmehr „bei der allgemeinen Definition ärztlicher Tätigkeit nur einem Gebot der ärztlichen Standespflicht Rechnung trage“.

 

Der OGH befand in dieser Entscheidung eine Person, die Patienten mit Gebeten, Handauflegen und rituellen Bewegungen eines Messers „behandelte“, der Verletzung des § 184 StGB für schuldig.

 

Diese Rechtsauffassung hat sich seitdem zunehmend verfestigt und ist zur ständigen strafrechtlichen Rechtsprechung geworden. Das Spektrum von tatbestandsmäßigem Verhalten reicht etwa von „Erkennen von Krankheiten mit Röntgenaugen“, „Heilung durch Energieübertragung“, „Auflegen und Massieren mit heilenden Händen“ bis hin zu „Irisdiagnostik“ und „Empfehlung homöopathischer Mittel“.

 

Anzumerken wäre noch, dass der OGH im Bereich des Wettbewerbrechts im Unterschied zur strafrechtlichen Judikatur dem Kriterium der „medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse“ bei der Entscheidung, ob eine ärztliche und infolgedessen eine ärztlich vorbehaltene Tätigkeit vorliegt, Beachtung zumisst.

 

3. Auswirkungen des Arztvorbehalts auf heilpraktische Tätigkeiten in Österreich

 

Aus dem Wortlaut der bisher vorgestellten ärzte- und strafrechtlichen Bestimmungen ergibt sich, dass die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten im Sinne eines Tätigkeitsvorbehalts umfassend geschützt wird und somit andere Personen von deren Ausübung ausgeschlossen sind, sofern nicht eine besondere Rechtsgrundlage eine spezielle gesetzliche Erlaubnis zur Ausübung einzelner ärztlicher Tätigkeiten vorsieht, wie dies beispielsweise für Angehörige bestimmter Gesundheitsberufe aufgrund gesetzlicher Regelungen der Fall ist.

 

Da der Beruf des Heilpraktikers in Österreich nicht gesetzlich geregelt und infolgedessen auch kein anerkannter Gesundheitsberuf ist, gilt der ärztliche Tätigkeitsvorbehalt mit allen Konsequenzen uneingeschränkt auch für Personen, die in einem anderen Staat eine Heilpraktikerausbildung absolviert haben und/oder den Beruf des Heilpraktikers dort rechtmäßig ausüben und eine heilpraktische Tätigkeit in Österreich grundsätzlich anstreben.


Diese österreichische Rechtslage, wonach die Ausübung der Medizin im Sinne der ärzterechtlichen Vorbehaltsbestimmungen den Ärzten vorbehalten ist und demzufolge für die Ausübung des Heilpraktikerberufes in Österreich keine rechtliche Basis existiert, steht im Übrigen auch im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht.

 

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass, soweit bekannt, zur Prüfung zum Heilpraktiker in Deutschland, nur deutsche Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland, oder Staatsbürger, die dort ansässig geworden sind, zugelassen werden (vgl. OGH vom 19. Dezember 2002, 8 Ob 174/02z; OGH vom 19. August 2003, 4 Ob 158/03v).