4844/AB XXIV. GP

Eingelangt am 21.05.2010
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0044 -I 3/2010

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 18.05.2010

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Johann Maier, Kolleginnen und

Kollegen vom 24. März 2010, Nr. 4912/J, betreffend Elektroschrott

in Europa (Elektroaltgeräte) – Folgen in Entwicklungsländern

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen vom 24. März 2010, Nr. 4912/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Frage 1:

 

Die Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte (2002/96/EG) wurde in allen EU Mitgliedstaaten ganz oder zumindest teilweise umgesetzt.


Zu Frage 2:

 

Das Ziel, pro Einwohner und Jahr 4 kg Elektroaltgeräte zu sammeln, entspricht in manchen Mitgliedstaaten nicht ganz der tatsächlichen Situation, es wurde 2006 in fünf Mitgliedstaaten nicht erreicht (zwei weitere Mitgliedstaaten haben keine Angaben gemacht). Zum Vergleich: In Österreich wurden 2009 rund 9 kg pro Einwohner gesammelt.

 

2009 liefen gegen 14 Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren wegen des Verstoßes gegen die Richtlinie 2002/96/EG über Elektro- und Elektronikaltgeräte (WEEE-RL); ein Mitgliedstaat wurde wegen nicht erfolgter Berichterstattung belangt.

Quelle: Bericht der Kommission über die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts im Bereich der Abfallwirtschaft, 20.11.2009, KOM(2009) 633 endgültig.

 

Zu Frage 3:

 

Diese Studie beinhaltet eine gute Datengrundlage für die künftigen Sammelziele, die in der WEEE-RL festgelegt werden sollen. Ein pro Kopf Sammelziel erscheint auf Grund der unterschiedlichen Inverkehrsetzungsmassen in den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht mehr als geeignete Lösung.

 

Zu Frage 4:

 

Diese Studie zeigt keine für Österreich spezifischen Konsequenzen auf.

 

Zu Frage 5:

 

Hohe administrative Kosten entstehen insbesondere durch die unterschiedlichen Registrie­rungskosten in den Mitgliedstaaten. Es ist daher ein Ziel, die Registrierung zu vereinheitlichen und darüber hinaus allfällige Doppelzahlungen hintan zu halten.

 

Zu Frage 6:

 

Es wird auf die unterschiedlichen Tarife der 5 genehmigten Sammel- und Verwertungssysteme verwiesen. Jedes dieser Systeme veröffentlicht seine jeweils aktuellen Tarife auf seiner Website: www.ufh.at, www.erp-recycling.at, www.eva.co.at, www.era-gmbh.at

Vergleichbare Daten aus anderen Mitgliedstaaten liegen dem BMLFUW nicht vor.


Zu Frage 7:

 

Die vorläufig von der Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle ermittelten Daten für das Jahr 2009 weisen eine Sammelmasse an Haushaltsgeräten von insgesamt 72.000 t aus. Das entspricht einer Sammelmasse von rund 9 kg pro Kopf.

 

Zu Frage 8:

 

In Österreich erfolgt die Sammlung der Elektroaltgeräte aus Haushalten im Wege der ca. 1800 Sammelstellen der Kommunen sowie über die Rücknahme des Handels und der Hersteller. Die Sammel- und Verwertungssysteme übernehmen diese Sammelmassen und führen sie je nach Kategorie einer geeigneten Behandlung und Verwertung zu. Elektroaltgeräte aus Gewerbe und Industrie sind durch befugte Sammler und Behandler zu übernehmen.

 

Durch die Vorgaben der Abfallbehandlungspflichtenverordnung (BGBl. II Nr. 459/2004 idgF) ist ein Mindeststandard für die ordnungsgemäße Behandlung der Altgeräte festgelegt. Die Sammel- und Verwertungssysteme unterliegen gemäß § 29ff AWG 2002 der Aufsicht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Die Behandlungsbetriebe werden regelmäßig überprüft.

 

Zu Frage 9:

 

Im Jahr 2006 betrug die durchschnittliche Sammelquote an Elektro- und Elektronikaltgeräten aus privaten Haushalten in den EU 27 ca. 2,9 kg pro Kopf. In Österreich betrug die Sammelquote 2006 7,65 kg pro Kopf (2009: 9,0 kg pro Kopf).

 

Zur Situation in den Bundesländern darf auf die folgende Tabelle aus dem Tätigkeitsbericht 2008 der Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle verwiesen werden:


 

 

Zu Frage 10:

 

Die Sammelmassen und die Sammelquote pro Kopf haben sich in Österreich seit 2005 kontinuierlich erhöht. Das Sammelnetz in Österreich ist aus Sicht des BMLFUW bereits jetzt maximal ausgebaut. Um diese guten Ergebnisse zu halten bzw. zu verbessern, werden laufend Maßnahmen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit in Koordination mit den Sammelstellen und dem Handel gesetzt.

 

Der Vorschlag der Europäischen Kommission zum Recast der WEEE-RL zeigt keine Änderungen in Bezug auf die konkrete Sammlung, es ist lediglich eine Erhöhung der von den Mitgliedstaaten zu erreichenden Mindestsammelquoten vorgesehen.

 

Zu Frage 11:

 

Durch die Erweiterung der EU ist die Festlegung einer Sammelquote im Verhältnis zur in Verkehr gesetzten Masse bzw. zur gesamten angefallenen Masse an Elektroaltgeräten sinnvoll. Die Höhe von 65% ist jedenfalls ambitioniert. Aus österreichischer Sicht sollte sich der zu wählende Prozentsatz an der gesamt angefallenen Masse an Elektroaltgeräten orientieren.

 


Zu Frage 12:

 

Dem BMLFUW obliegt in Verbindung mit den Bestimmungen des nationalen und des europäischen Abfallrechts (EG-Abfallverbringungsverordnung Nr. 1013/2006) die Genehmigung der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen und deren Kontrolle. Gemäß AWG haben auch Exekutivorgane eine Zuständigkeit bei der Kontrolle dieser Abfälle.

 

In Zusammenarbeit mit der Umweltbundesamt GmbH (UBA) erfolgt die Koordinierung und Steuerung von Kontrollen in enger Kooperation mit folgenden Organisationen:

·         Bundesministerium für Inneres (Interpol, Umweltgruppen der Kriminalabteilungen; Verkehrsabteilungen)

 

·         Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

 

 

 

Neben anlassbezogenen Betriebskontrollen werden auf der Straße, der Schiene und am Wasser Transportkontrollen mit den Organen der öffentlichen Sicherheit und des Zolls bundesweit in Form von Schwerpunktkontrollen abgehalten. Die in erster Linie zur Kontrolle von Abfallverbringungen berufenen Zollorgane und Organe der öffentlichen Sicherheit führen darüber hinaus laufend Abfalltransportkontrollen durch.

 

Aufgrund von Hinweisen, Erkenntnissen von Transportkontrollen bzw. Verdachtsmomenten werden seitens des BMLFUW unangekündigte Firmenkontrollen durchgeführt. Weiters kann das BMLFUW in begründeten Anlassfällen Kontrollen gemäß § 75 AWG 2002 idgF. durch den Landeshauptmann veranlassen.

 

Es werden zusätzlich zu den regelmäßigen Kontrollen durch die Organe der Exekutive jährlich ca. 20 bis 30 Betriebskontrollen (auch Sammler von Elektroaltgeräten) und Transportkontrollen (mindestens 2 Großkontrollen von jeweils 4 bis 5 Tagen), 5 bis 10 kürzere Transportkontrollen zum Teil auch gemeinsam mit Vertretern der zuständigen ausländischen Behörden durchgeführt.

 

Weiters werden Schulungsmaßnahmen für Polizei und Zollorgane abgehalten.


Zu Frage 13:

 

Elektroaltgeräte, die nicht funktionstüchtig bzw. nicht reparaturwürdig sind, stellen Abfall bzw. bei Vorliegen gefährlicher Bestandteile gefährlichen Abfall dar. Sofern es sich um gefährlichen Abfall handelt, besteht gemäß den Vorgaben der EG-AbfallverbringungsVO Nr. 1013/2006 europaweit ein Exportverbot in alle Nicht-OECD-Staaten.

 

Zu Frage 14:

 

Aufgrund des Exportverbotes gefährlicher Abfälle in Nicht-OECD-Staaten dürfen Elektro­altgeräte, die gefährliche Stoffe beinhalten, nicht in Drittstaaten exportiert werden.

 

Im Falle nicht funktionstüchtiger Geräte, die keinen gefährlichen Abfall darstellen, da sie keine gefährlichen Inhaltsstoffe enthalten (z.B. Radios, Haushalts- und Küchenkleingeräte, Elektro­herde, Waschmaschinen), die für eine Reparatur oder Verwertung von Bauteilen bestimmt sind, ist eine grenzüberschreitende Verbringung in bestimmte Drittstaaten auch ohne Notifikation möglich (= Grüne Abfallliste, Annex III der EG-AbfallverbringungsVO Nr. 1013/2006, Einträge GC010 und GC020). Die Drittstaaten und deren gewünschtes Kontrollverfahren sind in den EG-Kommissionsverordnungen Nr. 1418/2007 sowie deren Änderungen Nr. 740/2008 und Nr. 967/2009 bzw. „Staatenliste“ angeführt:

www.umweltdaten.de/abfallwirtschaft/gav/Staatenliste.pdf

 

Bei derartigen Verbringungen ist ein Formular gemäß Anhang VII der EG-Abfallverbringungs­VO mitzuführen, weiters muss auch ein schriftlicher Verwertungsvertrag mit dem Empfänger abgeschlossen worden sein.

 

Es ist darauf hinzuweisen, dass viele afrikanische Staaten (wie z.B. Ghana, Äthiopien, Niger, Nigeria, Liberia, Tschad, Sudan, Somalia, Gambia, Kongo) bzw. asiatische Staaten wie z.B. China und Indien auch für nicht gefährliche Elektroaltgeräte (Codes: GC010, GC020) ein schriftliches Genehmigungsverfahren bzw. zum Teil sogar ein Importverbot (z.B. Kenia,  Mali) festgelegt haben.

Weiters besteht ein generelles Exportverbot (mit Ausnahme der EFTA-Staaten) für alle Arten von Abfällen, die für eine Beseitigung (z.B. Deponierung) bestimmt sind.

 

Elektroaltgeräte sind nur dann vom Abfallkontrollregime ausgenommen, wenn u. a. eine Erklärung eines befugten und befähigten technischen Experten vorliegt, dass diese Geräte entweder funktionstüchtig sind oder mit geringfügiger Reparatur („MINOR REPAIR“) repariert werden können (Details siehe: www.bundesabfallwirtschaftsplan.at) oder, sofern es


sich um Garantiefälle handelt, die ausschließlich an das Herstellerwerk bzw. nachweislich an autorisierte Instandsetzungszentren zur Reparatur retourniert werden.

 

Elektro- und Elektronikgeräte aus Sperrmüllsammlungen, die keiner Prüfung der Funktions-fähigkeit (Vorlage der Prüfbescheinigung – Nachweis der Funktionsfähigkeit) unterzogen wurden, stellen a priori jedenfalls Abfall oder gefährlichen Abfall dar.

 

Zu Frage 15:

 

Für gefährliche Elektroaltgeräte besteht ein Exportverbot in Drittstaaten, die nicht der OECD angehören. Exportbewilligungen für nicht gefährliche Elektroaltgeräte in asiatische oder afrikanische Staaten, die ein Kontrollverfahren wünschen, wurden bis dato nicht erteilt, sodass keine Daten vorliegen.

 

Daten über allfällige illegale Exportmengen von Elektroaltgeräten aus Österreich in Dritt-staaten sind dem BMLFUW nicht bekannt.

 

Zu Frage 16:

 

Illegale Verbringungen können nie gänzlich ausgeschlossen werden.

 

Zu Frage 17:

 

Diese Regelung (insbesondere Nachweis der Funktionsfähigkeit durch einen befugten und befähigten technischen Experten mit Benennung defekter Teile und des Defekts sowie Bestätigung, dass dieser Defekt durch geringfügige Reparatur behoben werden kann oder Bestätigung der nach allgemeiner Verkehrsauffassung uneingeschränkten Funktionsfähigkeit) besteht in Österreich bereits im Rahmen des Bundesabfallwirtschaftsplans.

 

Europaweit existiert seit Juni 2007 ein diesbezüglicher, nicht verbindlicher EU-Leitfaden

(EU-Correspondents Guidelines Nr. 1):

ec.europa.eu/environment/waste/shipments/pdf/ correspondents_guidelines_de.pdf

 

Eine (partielle) Integration dieser EU-Correspondents Guidelines Nr. 1 in die Novelle der WEEE-RL ist geplant, womit diesem Leitfaden europaweit jedenfalls ein verbindlicher Stellenwert zukommen wird.


Zu den Fragen 18 und 19:

 

Dem BMLFUW sind keine derartigen Projekte bekannt. Eine Verwertung bzw. Behandlung sollte auch so weit wie möglich im Inland erfolgen, um die Wertschöpfung bzw. die Rohstoffe für Österreich nutzen zu können. Ein besonders wichtiges Ziel ist es, die Wiederverwendung in Österreich zu forcieren. Das BMLFUW hat das Projekt Reuse-Plattform initiiert. Die Ergebnisse der Arbeiten sind in einem umfassenden Reuse-Leitfaden dokumentiert, welcher  Mindeststandards für die Qualitätssicherung in der gesamten Prozesskette von der Sammlung und Behandlung über die Prüfung und Instandsetzung bis hin zur Vermarktung von Elektroaltgeräten festlegt (www.umweltnet.at). Einer Verwertung in einem anderen Land könnte nur zugestimmt werden, wenn ein vergleichbarer Stand der Technik besteht.

 

Zu den Fragen 20 und 21:

 

Nein. In Österreich besteht hinsichtlich der Sammlung eine geteilte finanzielle Verantwortung zwischen den Herstellern und den kommunalen Sammeleinrichtungen, die einen Teil der Infrastrukturkosten abgegolten bekommen. Diese Aufteilung hat sich bewährt und sollte durch eine Neuregelung nicht unmöglich gemacht werden.

 

Eine alleinige Verantwortung der Hersteller für die Sammlung würde einen massiven Rückbau der Sammelinfrastruktur und der damit in engem Zusammenhang stehenden Sammelmassen befürchten lassen. Diese Änderung ist daher abzulehnen.

 

Eine gesamthafte Herstellerverantwortung ist in jenen Mitgliedstaaten sinnvoll, in denen der Hersteller auch tatsächlicher Produzent der Geräte ist, nicht aber in einem Importland wie Österreich, wo die Importquote ca. 95% beträgt.

 

Zu Frage 22:

 

Das ist aus heutiger Sicht nicht absehbar.

 

 

Der Bundesminister: