4900/AB XXIV. GP
Eingelangt am 25.05.2010
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer Wien, am Mai 2010
Parlament
1017 Wien GZ: BMF-310205/0080-I/4/2010
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4984/J vom 25. März 2010 der Abgeordneten Josef Bucher Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Aufgrund der oftmals missverständlichen Medienberichte und den Aussagen in der Einleitung der Anfrage ist zur Klarstellung einleitend Folgendes festzuhalten:
Unter dem Schlagwort „CSI-Hypo“ sind die umfassenden Bemühungen des nunmehrigen Alleineigentümers der Hypo Group Alpe Adria (HGAA), der Republik Österreich, für eine bestmögliche und effiziente Aufarbeitung der Ursachen für den Vermögensverfall bei der HGAA zusammen zu fassen.
Bekanntlich waren die Eigentümer der Hypo-Alpe-Adria International Bank AG zum Jahresende 2009 nach Bekanntwerden eines exorbitant hohen Abschreibungs- bzw. Wertberichtigungsbedarfes nicht bereit gewesen, der Bank das notwendige Kapital zuzuführen. Damit war die Republik Österreich insbesondere auf Grund der im Falle einer Insolvenz der Bank drohenden Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität wie auch auf mögliche Ansprüche gegen das Land Kärnten gezwungen gewesen, Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz (FinStaG), BGBl I Nr. 138/2008, zu setzen und 100% der Aktien an der Bank zu erwerben.
Vor und während der Übernahme konnte auf Grund der zeitlichen, aber insbesondere auf Grund der besonderen Struktur des Verkaufsprozesses, eine Due Diligence, die üblicherweise vor einem solchen Kauf erfolgt, durch die Republik Österreich nicht durchgeführt werden. Diese Due Diligence soll nun mit Hilfe der „CSI Hypo“ nachgeholt werden, um alle den neuen Eigentümer treffenden Risiken und die Zusicherungen der Verkäufer zu überprüfen und nachvollziehbar zu machen.
Unabhängig von den Tätigkeiten dieser Untersuchungsgruppe hat die Staatsanwaltschaft mit Unterstützung der „SoKo-Hypo“ von amtswegen strafbare Tatbestände zu ermitteln und anzuklagen.
Die Koordination der „CSI Hypo“ erfolgt durch die Finanzprokuratur als gesetzlicher Rechtsvertreter der Republik Österreich, die auch den Erwerbsvorgang im Dezember 2009 rechtlich begleitet hat.
Nun zu den konkreten Fragen:
Zu 1.:
Die im Rahmen der Aufarbeitung der Vergangenheit der HGAA eingesetzten Experten haben dem Anforderungsprofil, das sich aus den oben beschriebenen Zielsetzungen ergibt, zu genügen.
Zu 2.:
Die Aufarbeitung der Vergangenheit der HGAA erfolgt in erster Linie durch die Bank selbst unter Beiziehung von externen Experten und wird durch den gesetzlichen Rechtsvertreter des Bundes, der Finanzprokuratur, koordiniert. Bei den in den Medien kolportierten 100 Personen handelt es sich unter Einschluss aller mit der Aufgabe Beschäftigten (also inklusive Hilfspersonal wie Sekretariat etc.) um eine Richtgröße, jedoch nicht ausschließlich um Ermittler.
Zu 3.:
Von der Prüfungstätigkeit sind alle für eine Due Diligence üblichen Bereiche umfasst wie beispielsweise:
Die „organisational Due Diligence“ beschäftigt sich mit den Organisationsstrukturen der Gesellschaft sowie deren Corporate Governance.
Dieser Teil der Due Diligence soll umfassende Kenntnis der rechtlichen Verhältnisse der Bank verschaffen sowie rechtliche Schwachpunkte und Haftungsrisiken aufdecken.
Commercial/Financial Due Diligence:
Mit dem Ergebnis einer „Commercial Due Diligence“ soll die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells untersucht werden; die „Financial Due Diligence“ überprüft die Vermögens- und Ertragslage, den Cashflow sowie die Liquidität- und Eigenkapitalstruktur etc. der Bank.
Die „Tax Due Diligence“ soll klären, ob den steuerlichen Vorschriften entsprochen wurde.
Die „Technical Due Diligence“ hat sich mit den technischen Strukturen, die für den Bankbetrieb erforderlich sind, zu befassen.
Human Resources Due Diligence:
Die Prüfung in diesem Bereich umfasst das gesamte Personalwesen der Bank.
Hier werden jene Bereiche zusammengefasst, in denen systematisch kriminelle Handlungen identifiziert bzw. nach Analyse ausgeschlossen werden. Im Rahmen der Due Diligence wird im Hinblick auf die besonderen Interessen der Auftraggeber auf die forensische Aufarbeitung geachtet. Ergebnisse bzw. Verdachtsmomente in diesem Bereich werden umgehend den Strafbehörden angezeigt.
Zu 4.:
In der Projektleitung erfolgt die konkrete Bedarfsevaluierung und in der Folge die Beauftragung der für den jeweiligen Bereich bzw. das jeweilige Aufgabengebiet benötigten Personen, seien es bankeninterne Mitarbeiter für die Befüllung des Datenraums bzw. die Beschaffung von Unterlagen oder auch externe Fachexperten aus den Bereichen des Strafrechts, des Finance usw.; die Beauftragung erfolgt ausschließlich unter den Vorgaben der raschen, koordinierten und effizienten Aufarbeitung zum einen und der Schonung von finanziellen Mitteln zum anderen.
Beispielsweise wurden zahlreiche Mitarbeiter für die Befüllung des Datenraumes mit Unterlagen der Bank und ihrer Töchter ausgewählt, welche zum einen unter der Fachaufsicht eines mit Datenräumen erfahrenen Rechtsexperten (Legal) sowie eines Wirtschaftstreuhänders (Finance) stehen. Weiters ist es relevant, sämtliche strafrechtlich relevanten Sachverhalte umgehend der Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Diese Aufgabe wurde einem langjährigen erfahrenen Strafverteidiger übertragen.
Zu 5.:
Die Bank in Absprache mit der Projektleitung. Die Finanzprokuratur achtet gemeinsam mit den Vorständen der Bank auf eine effiziente Beauftragung.
Zu 6.:
Diese hängen selbstverständlich vom jeweiligen Leistungsumfang und Aufgabengebiet ab. Im Regelfall wird ein privatrechtliches Rechtsverhältnis vorliegen, wobei bei der Gestaltung der einzelnen Vertragsverhältnisse je nach Zweckmäßigkeit auch Pauschalen und Kostendeckelungen vorkommen können.
Zu 7.:
Die Vergütung der beauftragten Tätigkeit von externen Experten erfolgt unter Beachtung des allgemeinen Effizienzgebots des Art. 126b B-VG und hat damit jedenfalls einem Fremdvergleich (marktkonformes Entgelt) standzuhalten. Die Beauftragung externer Experten erfolgt nur nach Bedarf und koordiniert. Für strafrechtliche Causen ist die Beiziehung eines ausgewiesenen und anerkannten Strafrechtsexperten geboten, für Finance jene eines Wirtschaftsprüfers.
Zu 8.:
Die Aufarbeitung der Vergangenheit läuft bereits auf Hochtouren. Eine Projektstruktur- bzw. Organisation ist eingerichtet und ein elektronischer Datenraum wird sukzessive mit den Unterlagen befüllt. Sichtbares Zeichen der bereits laufenden Aufarbeitung ist die kontinuierliche Übermittlung von strafrechtlich relevanten Sachverhaltsdarstellungen an die zuständige Staatsanwaltschaft durch die Bank.
Zu 9.:
Wie bereits ausgeführt, arbeitet bereits eine große Gruppe von Spezialisten an der Aufarbeitung, die zweifellos nicht nur umfangmäßig eine große Herausforderung darstellt. Neben der Finanzprokuratur sind zahlreiche Mitarbeiter der Bank, Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Finanzexperten im Einsatz.
Zu 10.:
Bereits mit Übernahme der Bank durch die Republik Österreich wurde der Aufarbeitung der Vergangenheit besondere Bedeutung zuerkannt. Mit Februar 2010 wurde das diesbezügliche Projekt organisatorisch eingerichtet.
Zu 11.:
Die Zusammenarbeit gestaltet sich positiv. Es finden laufend zwischen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt und dem für die strafrechtlichen Belange eingesetzten Experten Abstimmungsgespräche im Auftrag der Projektleitung statt, wobei von diesem strafrechtlich relevante Sachverhalte umgehend der Staatsanwaltschaft sorgfältig aufbereitet zur Kenntnis gebracht werden.
Zu 12.:
Zu dieser Frage wird auf die Antworten zu 1. – 11. verwiesen.
Zu 13.:
Diese hängen von den benötigten externen Fachexpertisen und den damit zusammenhängenden Honoraren ab, wobei naturgemäß derzeit nicht absehbar ist, in welchem Umfang durch das Hervorkommen bzw. Aufdecken neuer relevanter Sachverhalte weitere externe Experten bzw. Sachaufwendungen notwendig werden können. Weiters ist die Einrichtung eines Datenraumes mit Kosten verbunden.
Zu 14.:
Die Kosten werden im Wesentlichen von der Bank getragen.
Zu 15.:
Die Kommunalkredit Austria AG wurde von der Republik Österreich im Rahmen der Vereinbarungen zur Gewährung von Liquiditäts- und Kapitalgarantien verpflichtet, die Ursachen für den Vermögensverfall durch sachverständige Prüfung aufzuarbeiten. Das Gutachten liegt den Strafbehörden vor und ist auch Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen der Bank und den unter Entfall jeglicher Ansprüche von der Vorstandsfunktion enthobenen ehemaligen Vorständen Platzer und Fischer. Für allfällige Ausfälle aus den Geschäften, die vor der Übernahme der Anteile an der Kommunalkredit Austria AG von dieser abgeschlossen worden sind, wäre nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes in erster Linie der (ehemalige) Vorstand verantwortlich. Das Ausfallrisiko bei den angesprochenen CDS-Kontrakten hängt im Wesentlichen von der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung der Primärschuldner ab, deren Ausfallrisiko mit den Kontrakten abgedeckt wird.
Mit freundlichen Grüßen