4920/AB XXIV. GP
Eingelangt am 25.05.2010
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0127-Pr 1/2010
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 5205/J-NR/2010
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Personalangelegenheiten im Strafvollzug“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Der Anstaltsleiter ist Vollzugsbehörde erster Instanz im Sinne des § 11 Abs.1 StVG sowie Dienststellenleiter in Personalangelegenheiten und nach den Bundeshaushaltsvorschriften. Er ist Vorgesetzter nach § 45 BDG 1979 und § 5 VBG 1948 gegenüber Strafvollzugsbediensteten in Dienstnehmerfunktion und führt damit gegenüber diesen Bediensteten die Fach- und Dienstaufsicht. Als Vollzugsbehörde erster Instanz steht dem Anstaltsleiter die Aufsicht über den Strafvollzug in der ihm unterstellten Anstalt sowie die Entscheidung über Beschwerden gegen Strafvollzugsbedienstete oder deren Anordnung zu. Die im Strafvollzugsgesetz (StVG) und in den Bestimmungen des Beamtendienstrechtsgesetzes (BDG) und Vertragsbedienstetengesetzes (VBG) verankerten Aufgaben eines Anstaltsleiters definieren sich gleichermaßen für die Leitung einer Strafvollzugsanstalt (Sonderanstalt) wie für ein gerichtliches Gefangenenhaus. Dem Anstaltsleiter kommen daher in erster Linie Management- und Leitungsfunktionen zu, die in jeder Anstalt gleich sind. Spezifische fachliche Aufgaben sind primär von entsprechend qualifizierten Mitarbeitern abzudecken. Im Hinblick darauf, kommt in Verfahren zur Nachbesetzung von vakanten Anstaltsleiterfunktionen derselbe Ausschreibungstext zur Anwendung, um nicht von vornherein den Kreis der Bewerber in unzulässiger und unsachlicher Weise einzuschränken. Mit dieser Vorgangsweise wird daher gerade nicht verhindert, dass sich (auch) Personen bewerben, die neben den hohen allgemeinen Voraussetzungen für die Leitung einer Anstalt auch fachliche Qualifikationen für eine bestimmte Anstalt besitzen. Überdies ist es im Interesse der Vollzugsverwaltung, Spitzenpositionen mit Personen zu besetzen, die einen Überblick über den gesamten Strafvollzug haben.
Es ist daher durchaus zweckmäßig, wenn der/die künftige LeiterIn der Justizanstalt Wien-Favoriten praktische bzw. theoretische Kenntnisse auf dem Gebiet der Drogen- und Suchtbehandlung aufweisen kann; es ist aber für die Leitung dieser Justizanstalt nicht zwingend notwendig. Im Übrigen kann im Hinblick auf die weite Verbreitung von Suchtproblemen bei straffälligen Personen davon ausgegangen werden, dass jeder leitende Vollzugsbedienstete aus seiner Ausbildung und seiner bisherigen Tätigkeit Kenntnisse auf dem Gebiet der Drogen- und Suchtbehandlung mitbringt.
Zu 4 und 5:
Mir sind keine Interventionen bekannt. Dass außenstehende Dritte versuchen, Entscheidungsprozesse dadurch zu beeinflussen, dass sie sich mit ihren Argumenten an einzelne der am Entscheidungsprozess beteiligten Entscheidungsträger wenden, kommt allerdings in jeder Organisationsform vereinzelt vor. Durch die Breite der Entscheidungsgrundlagen, die Mehrzahl der beteiligten Entscheidungsträger, deren persönliche Qualifikation und Integrität sowie die Mehrstufigkeit und die aktenmäßige Dokumentation des Auswahlverfahrens einschließlich der ausführlichen Begründung der Vorschläge ist jedoch dafür Sorge getragen, dass der Ausgang des Auswahlverfahrens dadurch nicht beeinflusst wird.
Zu 6 und 7:
Es ist richtig, dass sich neben zahlreichen anderen Bewerbern auch der Kommandant der Polizeiinspektion St. Johann i.T. um die vakante Leitungsfunktion der Justizanstalt Innsbruck beworben hat. Ich bitte jedoch um Verständnis, dass ich zu weiteren Details eines noch nicht abgeschlossenen Besetzungsverfahrens keine Auskünfte erteilen kann.
Zu 8 bis 10:
Es ist richtig, dass sich ein Mitglied meines Kabinetts für eine der vakanten Leitungsstellen in der Vollzugsdirektion beworben hat. Die Eignung dieser Mitarbeiterin wird die Begutachtungskommission – wie in allen anderen Fällen auch – auf Grund der bisherigen Berufserfahrung und der einschlägigen Verwendung, ihrer Fähigkeit zur Menschenführung, ihrer organisatorischen Fähigkeiten und auf Grund der bisher erbrachten Leistungen zu beurteilen haben. Gerade weil es sich bei der Bewerberin um eine Mitarbeiterin meines Kabinetts handelt, werde ich meine Entscheidung sehr transparent und nachvollziehbar treffen.
Zu 11 bis 14:
Die Bedeutung der Personalentwicklung für ein Unternehmen ist unbestritten und bedarf keiner näheren Erörterung. Personalentwicklung im Vollzug ist die Summe aller Maßnahmen, die der beruflichen Entwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dienen und ihnen – unter Beachtung ihrer Fähigkeiten – die zur optimalen Wahrnehmung ihrer jetzigen und künftigen Aufgaben erforderliche Qualifikationen vermitteln. Ziel der Personalentwicklung ist die bestmögliche Übereinstimmung zwischen den vorhandenen Anlagen und Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und den Erwartungen der Organisation.
Um diese Erwartungen der Organisation bestmöglich, rasch und kostengünstig umsetzen zu können, habe ich die Vollzugsdirektion veranlasst, Überlegungen dahingehend anzustellen, die jetzige Strafvollzugsakademie als künftige „Kaderschmiede“ in die Vollzugsdirektion zu integrieren und damit von der Bedeutung her aufzuwerten. Diesen Überlegungen folgend, sollte der Schwerpunkt der Ausbildung künftig in der Justizwachschule (Grund- und Fachausbildung), die der berufsbegleitenden Fortbildung in der in der Vollzugsdirektion eingerichteten Strafvollzugsakademie konzentriert sein. Durch die unmittelbare Anbindung der Strafvollzugsakademie an die Dienstbehörde käme es zum Einen zu einer konsequenten Abstimmung der strategischen Vorgaben der Zentralstelle mit den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Dienstbehörde und der Justizanstalten und zum Anderen zu einer flächendeckenden Verbesserung im Personalentwicklungssystem.
Der Hintergrund für diesen Auftrag ist darin zu sehen, dass die bisherige Organisation (Aus- und Fortbildung in einer nachgeordneten Dienststelle) aus einer Zeit stammt, in der die dienstbehördlichen Agenden auf vier Oberlandesgerichtspräsidenten aufgesplittet waren und eine zusammenfassende Behandlung der Bildungsangelegenheiten daher erst wieder auf Ebene einer Dienststelle möglich waren. Gerade für den Bereich der Fortbildung, der besonders rasch auf sich kurzfristig ergebende Bedürfnisse reagieren muss, birgt die bestehende Organisationsstruktur einen nicht unerheblichen Koordinierungsaufwand zwischen Bundesministerium für Justiz, Vollzugsdirektion und Strafvollzugsakademie. Dieser könnte durch die Hereinnahme der Fortbildungsagenden in die Dienstbehörde wesentlich vermindert werden, wodurch den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung besser Rechnung getragen werden könnte.
Die interne Meinungsbildung zu dieser Frage ist noch nicht endgültig abgeschlossen.
. Mai 2010
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)