4989/AB XXIV. GP

Eingelangt am 14.06.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0110-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 5050/J-NR/2010

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Gerichtliche Strafverfahren nach § 168a Strafgesetzbuch im Jahr 2009“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

 

Staatsanwaltschaft Wien:

„network twentyone systemsupport“, „Global Pension Plan GPP“, „www.bestrendite.at“, „KB Gold“ bzw. KB Edelmetalle“ sowie „www.internetmoney.at“.


Staatsanwaltschaft Korneuburg:

„1-Euro 7-Lavel“.

Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt:

Strafverfahren wegen der „Aufforderung zur Anwerbung von Kunden zwecks Erlangung von Provisionszahlungen“ und wegen der „Aufforderung durch unbekannte Täter zur Zahlung eines Einsatzes gegen Zusage von Multiplikationen“.

Staatsanwaltschaft Graz:

Neun Anzeigen gegen insgesamt zwölf Personen wegen namentlich nicht benannter Systeme.

Staatsanwaltschaft Linz:

Eine Anzeige gegen Verantwortliche eines Unternehmens.

Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis:

Eine Anzeige wegen des Gewinnerwartungsspiels „Schenkungskreis IBU“ und eine weitere Anzeige wegen eines namentlich nicht benannten Systems.

Staatsanwaltschaft Salzburg:

Eine Anzeige betreffend einen „Münchner Schenkkreis“ im Lungau und eine weitere Anzeige hinsichtlich eines namentlich nicht benannten Systems.

Staatsanwaltschaft Wels:

Eine Anzeige gegen sechs Personen wegen eines namentlich nicht benannten Systems.

Staatsanwaltschaft Innsbruck:

Eine Anzeige gegen vier Personen im Zusammenhang mit Veranstaltungen von „Germanways“.

Zu 2:

Ich gehe davon aus, dass sich diese Frage auf bei Gerichten durch Anklageerhebung anhängig gewordene Verfahren bezieht.

Gericht

Anzahl der Verfahren im Jahr 2009

Landesgericht Korneuburg

1

Landesgericht Salzburg

1

Bezirksgericht Deutschlandsberg

1

Landesgericht für Strafsachen Wien

1

Bezirksgericht Graz-Ost

1

 

Zu 3:

Im Jahr 2009 kam es zu keinen Verurteilungen wegen des Vergehens nach § 168a StGB.

Zu 4 und 5:

Sieht eine Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer bei ihr eingelangten Anzeige ab, wird das Strafverfahren gemäß §§ 190 ff StPO eingestellt. Das Gesetz differenziert dabei nicht zwischen Zurücklegung der Anzeige und Einstellung des Verfahrens, sodass die Fragen 4. und 5. gemeinsam beantwortet werden.

Aufgrund von im Jahr 2009 erstatteten Anzeigen wurden folgende Verfahren gemäß § 190 ff StPO eingestellt:

Staatsanwaltschaft

Anzahl der Einstellungen[1]

Staatsanwaltschaft Wien

10[2]

Staatsanwaltschaft St. Pölten

1[3]

Staatsanwaltschaft Graz

6[4]

Staatsanwaltschaft Linz

1

Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis

1

Staatsanwaltschaft Wels

1

 

Zu 6:

In der nachfolgenden Aufzählung sind jene Verfahren nicht berücksichtigt, die gemäß § 197 StPO abgebrochen wurden, weil die Person des Täters oder der Aufenthalt des Beschuldigten nicht bekannt sind.

Staatsanwaltschaft

Anzahl[5]

Staatsanwaltschaft Graz

4[6]; namentlich nicht benanntes System

Staatsanwaltschaft Salzburg

1[7]; namentlich nicht benanntes System

Staatsanwaltschaft Innsbruck

1; Veranstaltungen von „Germanways“

Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis

1; namentlich nicht benanntes System

 


Zu 7:

Im Jahr 2009 führten die staatsanwaltschaftlichen Behörden keine diversionellen Maßnahmen durch.

Zu 8:

Ich gehe davon aus, dass sich diese Frage auf bei Gerichten durch Anklageerhebung anhängig gewordene Verfahren bezieht. Aufgrund von im Jahr 2009 erstatteten Anzeigen ist in Österreich derzeit lediglich beim Bezirksgericht Kufstein ein Gerichtsverfahren noch nicht beendet.

Zu 9:

Sollten Veranstalter von Gewinnerwartungssystemen mit Sitz in Deutschland in Österreich tätig geworden sein, sind die staatsanwaltschaftlichen Behörden verpflichtet, das Vorliegen eines strafbaren Sachverhalts zu prüfen und davon abhängig ein Strafverfahren einzuleiten. So ist derzeit bei der Staatsanwaltschaft Graz wegen eines in Bad Reichenhall/Deutschland veranstalteten Schenkkreises ein Strafverfahren anhängig.

Zu 10:

Naturgemäß haben die Staatsanwaltschaften auch in Ansehung von Veranstaltern, die zur Tatbegehung das Internet nutzen, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu prüfen.

Zu 11 und 12:

Zunächst darf ich zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Beantwortung der Frage 1 sowie auf die Anfragebeantwortung vom 6. Mai 2009, 1192/AB XXIV. GP, verweisen. Die staatsanwaltschaftlichen Behörden berichten von folgenden Veranstaltern bzw. Teilnehmern von „Schenkkreisen“:

Staatsanwaltschaft Wien:

Bei der Staatsanwaltschaft Wien ist nach wie vor im Zusammenhang mit dem „Schenkkreis Hillinger“ ein Strafverfahren gegen drei Beschuldigte anhängig. Überdies führte diese Staatsanwaltschaft wegen eines weiteren Schenkkreises gegen den unbekannten Veranstalter und eine Teilnehmerin ein Strafverfahren, wobei das Verfahren gegen den Veranstalter abgebrochen und gegen die Teilnehmerin eingestellt wurde.

Staatsanwaltschaft Graz:

Wegen eines Schenkkreises aus dem Raum Voitsberg führt die Staatsanwaltschaft Graz ein noch nicht abgeschlossenes Ermittlungsverfahren gegen 62 Beschuldigte.

Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis:

Bei der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis wurden zwei Teilnehmer eines Schenkkreises („Schenkkreis IBU“) zur Anzeige gebracht. Zufolge Einstellung des Verfahrens gemäß § 190 Z 1 StPO ist diese Strafsache nicht gerichtsanhängig geworden.

Staatsanwaltschaft Salzburg:

Die Staatsanwaltschaft Salzburg führte im Jahr 2009 wegen eines „Münchner Schenkkreises“ ein Strafverfahren gegen eine Person. Nach Anklageerhebung fällte das Landesgericht Salzburg einen Freispruch. Zu einem weiteren bei der Staatsanwaltschaft Salzburg anhängigen Verfahren wird auf die Beantwortung der Fragen 15. und 16. verwiesen.

Zu 13:

Den mir vorliegenden Berichten zufolge ist der Schweizer Schenkkreis „Spirit of Independence“ bislang nicht bekannt geworden.

Zu 14:

Da Werbeveranstaltungen für Schenkkreise in Deutschland nicht in meine Zuständigkeit fallen, ersuche ich um Verständnis, dass ich von einer Stellungnahme dazu Abstand nehme.

Zu 15 und 16:

Im Zusammenhang mit einem Schenkkreis im Lungau führt die Staatsanwaltschaft Salzburg ein Ermittlungsverfahren gegen 68 Beschuldigte (Spielsystem: „Unternehmerforum-Schenkkreis“). Pro Teilnehmer wurde allein durch die Mitspieler im Bezirk Tamsweg ein Betrag zwischen 5.000 Euro und 10.000 Euro einbezahlt.

Am 4. März 2010 langte ein umfangreicher Abschlussbericht der Polizeiinspektion Tamsweg bei der Staatsanwaltschaft ein, der derzeit vom zuständigen Referenten bearbeitet wird.

Zu 17:

Das gegen 17 Beschuldigte anhängige Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Anträgen auf Einstellung des Verfahrens und einem Einspruch wegen Rechtsverletzung gab das Gericht keine Folge.

Zu 18:

Praktische Anwendungsprobleme, die eine legistische Anpassung notwendig machen, sind derzeit nicht bekannt. Die Herausforderungen in der Praxis liegen darin, die hinter den Organisationen oder den jeweils angeführten Betreibern stehenden Personen (Verdächtige) auszumitteln, insbesondere auf Grund der raschen und weltweiten Verbreitung von Ketten- oder Pyramidenspielen über das Internet. Auch können sich Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der gesetzten Verbreitungshandlungen, der Förderung oder einer gewerbsmäßigen Verbreitung des Gewinnerwartungssystems ergeben, wobei jeweils nach den Gegebenheiten des Einzelfalles auch eine Strafbarkeit nach den Betrugstatbeständen zu prüfen ist (echte Konkurrenz).

 

. Juni 2010

 

 

 

 

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)



[1] Gezählt nach Verfahren und nicht nach Beschuldigten.

[2] In einem Fall wurde das Verfahren hinsichtlich des Erstbeschuldigten eingestellt und hinsichtlich des Zweitbeschuldigten abgebrochen.

[3] Diesem Verfahren liegt eine Anzeige aus dem Jahr 2008 zugrunde.

[4] In einem Verfahren erfolgte die Einstellung hinsichtlich des Zweitbeschuldigten im Jahr 2009 und hinsichtlich des Erstbeschuldigten im Jahr 2010. In einem weiteren Verfahren stellte die Staatsanwaltschaft Graz die Ermittlungen hinsichtlich des Zweitbeschuldigten ein und erhob gegen den Erstbeschuldigten Strafantrag.

[5] Gezählt nach Verfahren und nicht nach Beschuldigten.

[6] Von diesen Verfahren wurden drei in ein bei der Staatsanwaltschaft Graz seit 2008 anhängiges und noch nicht beendetes Ermittlungsverfahren einbezogen.

[7] In diesem Verfahren wurden die deutschen Behörden um Übernahme der Strafverfolgung ersucht.