5078/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.06.2010
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Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

 

An die

Präsidentin des Nationalrats

MagBarbara PRAMMER

Parlament

1017     W i e n

 

GZ: BKA-353.110/0074-I/4/2010

Wien, am 21. Juni 2010

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Themessl, Kolleginnen und Kollegen haben am 23. April 2010 unter der Nr. 5144/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Auslegung und Anwendung des Stellenbesetzungsgesetzes gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 und 2 sowie 9 und 10:

Ø  Ist es zulässig, dass bei unveränderten Aufgabenstellungen eines Unternehmens mit eigener Rechtspersönlichkeit, das der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegt, die Ausschreibungsbedingungen für Mitglieder eines Leitungsorgans abgeändert werden?

Ø  Wenn ja, wie ist diese Abänderung der Ausschreibungsbegründungen bei unver­änderten Aufgabenstellungen des Unternehmens zu begründen?

Ø  Ist es zulässig, dass bei unveränderter Aufgabenstellung eines Unternehmens mit eigener Rechtspersönlichkeit, das der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegt, internationale Erfahrungen für die betreffende Stelle zu verlangen, die sich nicht auf die Aufgabenstellung des Unternehmens beziehen?

Ø  Wenn ja, wie ist dies zu begründen?

 

Zunächst halte ich fest, dass die Organe der Unternehmungen, die unter das Stellen­besetzungsgesetz fallen, das Stellenbesetzungsgesetz anzuwenden (siehe § 2 Abs. 1, 2. Satz, Stellenbesetzungsgesetz) und damit so wie jeder Rechtsanwender selbst zu interpretieren haben. Welches Organ die Stelle von Unternehmungen zu besetzen hat, ergibt sich aus den Gesetzen, auf Grund derer das Unternehmen gegründet ist (z.B. sind bei einer GmbH die Geschäftsführer gemäß § 15 Abs. 1 GmbHG durch Beschluss der Gesellschafter zu bestellen).

 

Auch wenn die in der Satzung des Unternehmens festgelegte Aufgabenstellung seit der letzten Ausschreibung der Leitungsfunktion unverändert geblieben ist, kann es für die Entwicklung eines Unternehmens notwendig sein (etwa aufgrund der geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen), die Anforderungen an das Leitungsorgan den zukünftigen zu erwartenden Erfordernissen anzupassen und somit im Vergleich zu vorherigen Ausschreibungen abzuändern.

 

Zu den Fragen 3 und 4:

Ø  Ist es zulässig, dass bei unveränderten Aufgabenstellungen eines Unternehmens mit eigener Rechtspersönlichkeit, das der Kontrolle des Rechnungshofs unter­liegt, wesentliche Aufgaben des Inhabers der ausgeschriebenen Stelle nicht auf­zulisten?

Ø  Wenn ja, wie ist diese Nichtauflistung wesentlicher Aufgaben des Inhabers der ausgeschriebenen Stelle zu begründen?

 

Nach § 2 Abs. 3, letzter Satz, des Stellenbesetzungsgesetzes sind die wesentlichen Aufgaben der ausgeschriebenen Leitungsfunktion in der Ausschreibung anzuführen.

 

Zu den Fragen 5 bis 8:

Ø  Ist es zulässig, dass bei unveränderter Aufgabenstellung eines Unternehmens mit eigener Rechtspersönlichkeit, das der Kontrolle des Rechnungshofs unter­liegt, die ausgeschriebene Stelle nicht ausschließlich auf Grund der Eignung der Bewerber (eines Bewerbers/einer Bewerberin) besetzt wird?

Ø  Wenn ja, wie ist diese Nichtbeachtung der Eignung der Bewerber (eines Bewer­bers/einer Bewerberin) zu begründen?

Ø  Ist es zulässig, dass bei unveränderter Aufgabenstellung eines Unternehmens mit eigener Rechtspersönlichkeit, das der Kontrolle des Rechnungshofs unter­liegt, die ausgeschriebene Stelle nicht ausschließlich auf Grund fachlicher Vor­bildung und bisheriger Berufserfahrung der Bewerber, ihrer Fähigkeit zur Men­schenführung, ihrer organisatorischen Fähigkeiten und ihrer persönlichen Zuver­lässigkeit besetzt wird?

Ø  Wenn ja, wie ist diese Nichtbeachtung der fachlichen Vorbildung und bisheriger Berufserfahrung, der Fähigkeit zur Menschenführung, der organisatorischen Fä­higkeiten und der persönlichen Zuverlässigkeit der Bewerber (eines Bewerbers/ einer Bewerberin) zu begründen?

 

§ 4 Abs. 1 des Stellenbesetzungsgesetzes legt fest, dass das für die Besetzung zu­ständige Organ die Stelle ausschließlich auf Grund der Eignung der Bewerber zu be­setzen hat.

 

Ob ein Bewerber/eine Bewerberin für die ausgeschriebene Leitungsfunktion geeignet ist, kann nur das für die Besetzung dieser Stelle zuständige Organ des Unterneh­mens beurteilen, da dieses über die Unterlegen aller Bewerber/innen verfügt. Eine Bewertung der Eignung eines Bewerbers/einer Bewerberin ohne Kenntnis der Detail­unterlagen kann seriöser Weise nicht erfolgen. Eine allfällige Nichtbeachtung eines Bewerbers bzw. einer Bewerberin kann daher nur das für die Besetzung der ausge­schriebenen Leitungsfunktion zuständige Organ begründen.

 

Zu Frage 11:

Ø  Welche Rechtsmittel stehen Bewerbern (einem Bewerber/Bewerberin) zu, die auf Grund der Nichtbeachtung bzw. Verletzung des Stellenbesetzungsgesetzes als Mitglied eines Leitungsorgans eines Unternehmens mit eigener Rechtspersön­lichkeit, das der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegt, nicht bestellt worden sind?

 

Bewerber um eine Leitungsfunktion, die nicht bestellt worden sind, können im Zi­vilrechtswege gegen die Nichtbeachtung der Bewerbung vorgehen. In diesem Zu­sammenhang wird auf das Erkenntnis des OGH vom 30.09.2009, 7Ob 119/09i, ver­wiesen.

 

Zu den Fragen 12 und 13:

Ø  Wie viele Verfahren im Zusammenhang mit der Nichtbeantwortung bzw. Verlet­zung des Stellenbesetzungsgesetzes bei der Bestellung von Mitgliedern eines Leitungsorgans eines Unternehmens mit eigener Rechtspersönlichkeit, das der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegt, wurden seit Inkrafttreten des Stellenbe­setzungsgesetzes gegen die Republik Österreich (Bund) geführt?

Ø  Welchen Ausgang nahmen diese Verfahren?

 

Bei Unternehmungen, die derzeit in den Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzler­amtes fallen, waren und sind keine Verfahren nach dem Stellenbesetzungsgesetz im Zusammenhang mit der Besetzung von Leitungsfunktionen anhängig. Über Unter­nehmungen, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Ressorts fallen, kann ich keine Auskunft geben.

 

Mit freundlichen Grüßen