5084/AB XXIV. GP
Eingelangt am 23.06.2010
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0118-Pr 1/2010
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 5134/J-NR/2010
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Helene Jarmer, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Aufsichtspflicht in Einrichtungen der Behindertenhilfe“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Diese Fragen betreffen nicht den Zuständigkeitsbereich der Bundesministerin für Justiz. Ich ersuche daher um Verständnis, wenn ich von einer Beantwortung absehen muss.
Zu 4:
Den Bewohnervertretern obliegt nach § 8 Abs. 1 und 2 HeimAufG lediglich die Vertretung des Bewohners – nach § 2 Abs. 1 und 2 leg. cit durchaus auch des Bewohners einer Behinderteneinrichtung, sei sie stationär oder nicht – bei Wahrnehmung seines Rechts auf persönliche Freiheit. Dies hat kompetenzrechtliche Gründe:
Die Regelung der Errichtung, der Erhaltung und des Betriebes von Heimen und ähnlichen Einrichtungen für Personen, die wohl ständiger Pflege, aber bloß fallweiser ärztlicher Betreuung bedürfen, fällt nämlich gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit der Länder (VfGH 16.10.1992, K-II – 2/91; VfSlg 13.237/1992 = JBl 1993, 382). Das Erkenntnis des VfGH erging zu einem Entwurf für ein „Pflegeheimgesetz“ des Bundes, der eine Reihe von verwaltungsrechtlichen Regelungen über die Bewilligung, den Betrieb und die Ausstattung von Pflegeheimen enthielt.
Von der Kompetenz zur Regelung der Errichtung, der Erhaltung und des Betriebes von Heimen sind jedoch – wie der VfGH in seinem Erkenntnis vom 28.6.2003, G 208/02 (= RdM 2003/81), ausdrücklich festgestellt hat – freiheitsbeschränkende Maßnahmen in Heimen ausgenommen.
In diesem Verfahren hatte der VfGH die Verfassungsmäßigkeit der §§ 12, 13 sowie der betreffenden Wortfolgen in §§ 17 und 18 des Vorarlberger Pflegeheimgesetzes, LGBl Nr 2002/16, welche die Voraussetzungen und die Zulässigkeit von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen regelten sowie ein Verfahren vor dem UVS zum Schutz vor derartigen Maßnahmen vorsahen, zu beurteilen. Er hob die erwähnten Bestimmungen mit der Begründung als verfassungswidrig auf, dass es sich bei diesen um, von Gesichtspunkten des Heimbetriebs vollkommen losgelöste, dem Unterbringungsgesetz offenkundig nachgebildete Regelungen freiheitsbeschränkender Maßnahmen gegenüber psychisch erkrankten Personen handle. § 12 des Pflegeheimgesetzes betreffe also nicht etwa nur die Abwehr von Gefahren, die sich aus dem Betrieb eines Pflegeheimes ergeben würden, sondern lasse eine „zwangsbewehrte Abwehr spezifisch krankheitsbedingter Gefahren“ zu.
Die Anfrage behandelt die Frage von Missständen in Behinderteneinrichtungen. Es sind aber nur Regelungen zur Abwehr von Gefahren, die nicht nur in Behinderteneinrichtungen (oder Heimen und vergleichbaren Einrichtungen), sondern ganz allgemein auftreten könnten, unter Einschluss der Zulässigkeit freiheitsbeschränkender Maßnahmen, kompetenzrechtlich dem „Gesundheitswesen“ iSd Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG zuzuordnen und daher in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache (VfGH 28.6.2003, G 208/02).
. Juni 2010
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)