5086/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.06.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0120-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 5148/J-NR/2010

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Christian Lausch und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Therapien geistig abnormer Rechtsbrecher in österreichischen Justizanstalten“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1, 2 und 3:

Mit Stichtag 1. April 2010 wurde in den Justizanstalten die folgende Anzahl von Personen untergebracht bzw. angehalten:


 

Untergebrachte gemäß

Untergebrachte gemäß

Anhaltung nach

Justizanstalt

§ 21 Abs. 1 StGB

§ 21 Abs. 2 StGB

§ 429 Abs. 4 StPO

Göllersdorf

124

6

1

Wien-Josefstadt

6

0

7

Wels

4

1

3

Linz

28

1

 

Wien-Mittersteig

 

132

 

Stein

 

97

 

Graz-Karlau

 

85

 

Garsten

 

64

 

Schwarzau

 

10

 

Gerasdorf

 

9

 

Innsbruck

 

2

 

Leoben

 

2

 

Graz-Jakomini

 

1

 

 

Mit 1. April 2010 wurden in der Justizanstalt Göllersdorf ein, in der Justizanstalt Wels drei und in der Justizanstalt Wien-Josefstadt sieben Untersuchungshäftlinge im Sinne des § 429 Abs. 4 StPO behandelt. Es wurden zum Stichtag 1. April 2010 keine Untersuchungshäftlinge gemäß § 438 StPO angehalten.

Zu 4:

In den österreichischen Justizanstalten können entsprechend des § 69 StVG notwendige Zwangsbehandlungen nach Einholung der Genehmigung des Bundesministeriums für Justiz durchgeführt werden.

Zu 5:

Als Sonderkrankenanstalten im Sinne des Krankenanstaltengesetzes werden die Krankenabteilungen der Justizanstalt Wien-Josefstadt und der Justizanstalt Stein geführt.

Zu 6:

Die Abteilung Z6 der Justizanstalt Wien-Josefstadt als Abteilung für die vorläufige Anhaltung gemäß § 429 Abs. 4 StPO ist Teil der Sonderkrankenanstalt der Justizanstalt Wien-Josefstadt und war ursprünglich (im Rahmen der Bauplanung Anfang der 1980er Jahre) als Mutter-Kind-Abteilung geplant. Im Zuge der Organisationsanpassung wurde die Abteilung Z6 nach vorheriger Abklärung mit der Magistratsabteilung MA 15 im Jahr 1996 ihrer nunmehrigen Verwendung zugeführt. Die behördliche Bewilligung zum Betrieb der Sonderkrankenanstalt erfolgte 1993 mit Bescheid der Wiener Landesregierung.


Zu 7, 8 und 9:

Der gegenständliche Erlass ist bis auf die Etablierung der fünf Plätze für weibliche Patientinnen in der Außenstelle Wilhelmshöhe der Justizanstalt Wien-Josefstadt vollinhaltlich zur Umsetzung gekommen. Dem Vorhaben zur Schaffung dieser Haftplätze wurde aufgrund der Entwicklung der Zahlen im Bereich weiblicher Untergebrachter nicht näher getreten.

Zu 10 bis 13:

Seit 1. Jänner 2008 wird eine Abteilung der Justizanstalt Wels als Sonderabteilung für Anhaltungen gemäß § 429 Abs. 4 StPO geführt. Die Insassen kommen nach der ersten Akut-Versorgung im Öffentlichen Krankenhaus (Landesnervenklinik Wagner-Jauregg Linz) bereits weitestgehend stabilisiert sowie mit ausrechender Compliance in die Sonderabteilung. Die Abteilung ist vom übrigen Anstaltsbereich innerhalb der Justizanstalt Wels abgeschlossen organisiert und wird von Mitarbeitern der OÖ Krankenanstalten GmbH (GESPAG) unter fachärztlicher Leitung einer erfahrenen forensischen Psychiaterin betreut. Der Pflege liegt das Pflegemodell nach „Roper und Orem“ zugrunde. Die Patienten sind während des Nachtdienstes in den Hafträumen der Abteilung eingeschlossen. Alle Hafträume können vom Dienstzimmer und der Zentrale aus eingesehen werden, die Räumlichkeiten sind videoüberwacht. Bei Bedarf der Öffnung eines Haftraumes in der Nacht wird im Vorfeld die Justizwache verständigt.

Zu 14:

In der Justizanstalt Wien-Josefstadt findet die allgemeinpsychiatrische Behandlung unter Beachtung der gegenwärtigen wissenschaftlichen und medizinischen Standards, sowie in Anlehnung an die jeweiligen Erkenntnisse und Erfahrungen der Universitätsklinik für Psychiatrie Wien, statt.

Zu 15:

Es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Patienten der Abteilung Z6 der Justizanstalt Wien-Josefstadt nicht in die Gewahrsame von potentiell gefährlichen Werkzeugen kommen können; so werden auch aus Gründen der Sicherheit nur Plastikbesteck und Plastikgeschirr ausgefolgt. Die therapeutischen Behandlungen finden ausschließlich in Anwesenheit von Justizwachebediensteten statt.

Weiters wird festgehalten, dass auch in psychiatrischen Krankenhäusern die Arztvisite im Haftraum stattfindet und alle Formen der Therapie, wie Einzel- oder Gruppengespräche oder die ergotherapeutische Betreuung, in den dafür vorgesehenen Behandlungsräumen unter Anwesenheit eines Justizwachebeamten stattfinden.

Unmittelbar nach den tragischen Ereignissen vom 19. Februar 2010 auf der Abteilung Z6 erfolgte eine umfassende Aufarbeitung mit den betroffenen Mitarbeitern. Dabei wurden umfangreiche organisatorische und bauliche Maßnahmen zur Erhöhung der persönlichen Sicherheit der Mitarbeiter getroffen.

Abschließend sei darauf verwiesen, dass beinahe alle Gegenstände des täglichen Bedarfs bei zweckwidriger Verwendung als Waffe dienen können.

. Juni 2010

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)