5175/AB XXIV. GP

Eingelangt am 05.07.2010
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/108-III/4a/2010

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 30. Juni 2010

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5261/J-NR/2010 betreffend Grundlagen für die Einführung muttersprachlichen Unterrichts, die die Abg. Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen am 5. Mai 2010 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 bis 6 und 13:

Dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ist keine (bundesweite) Erhebung bekannt, die der Frage nachgeht, inwieweit sich Personen zur eigenen Muttersprache (Erstsprache) bekennen oder nicht.

 

Im Rahmen der alljährlichen Erhebung gemäß Bildungsdokumentationsgesetz ist jedoch von den Schulleitungen der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ zu melden, welche Sprachen von den einzelnen Schülerinnen und Schülern ihrer Schule im Alltag gebraucht werden (dabei können pro Schülerin bzw. Schüler bis zu drei Sprachen angegeben werden). Insofern wird erkennbar, wie viele Schülerinnen und Schüler sich jeweils zu den verschiedenen Muttersprachen bekennen. In der von der Bundesanstalt alljährlich publizierten Tabelle „Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Umgangssprache“ werden all jene Schülerinnen und Schüler gezählt, für die in obiger Erhebung eine andere Sprache als Deutsch an erster Stelle genannt wurde. Die an zweiter oder dritter Stelle angegebenen Sprachen werden in dieser Auswertung nicht berücksichtigt. Auf dem gleichen Zahlenmaterial beruht die Publikation des Referats für Migration und Schule „Informationsblätter Nr. 2 – SchülerInnen mit anderer Erstsprache als Deutsch“ des Ressorts, wobei in dieser Publikation explizit auf die Terminologie in der gegenständlichen Datenerhebung („im Alltag gebrauchte Sprache(n)“) hingewiesen wird.


Zu Fragen 7 und 8 sowie 16:

Einleitend wird auf die allgemeine Zugänglichkeit von öffentlichen Schulen hingewiesen (Art. 14 Abs. 6 B-VG, § 4 Schulorganisationsgesetz). Teilnahmeberechtigt am muttersprachlichen Unterricht sind alle Schülerinnen und Schüler mit anderen Erstsprachen als Deutsch sowie Schülerinnen und Schüler, die im Familienverband zweisprachig aufwachsen, und zwar ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft, ihrer Aufenthalts- und/oder Schulbesuchsdauer in Österreich, ihrer Kompetenz in der Unterrichtssprache Deutsch.

 

Es ist davon auszugehen, dass Schulanfängerinnen und -anfänger mit anderen Erstsprachen als Deutsch und vor allem auch Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger die Unterrichtssprache noch nicht zielsprachenadäquat beherrschen (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Institut der schulischen Sprachförderkurse nach § 8e Schulorganisationsgesetz). Es wäre nicht sinnvoll, eine hohe Kompetenz in der deutschen Sprache als Voraussetzung für die Teilnahme am muttersprachlichen Unterricht festzulegen.

 

Zu Frage 9:

Laut jeweiliger Lehrplanverordnungen kann muttersprachlicher Unterricht in der Vorschulstufe im Rahmen der verbindlichen Übung „Sprachen und Sprechen, Vorbereitung auf Lesen und Schreiben“, in der Volksschule und in der Unterstufe der Sonderschulen als unverbindliche Übung (freiwillige Teilnahme, keine Beurteilung), in der Hauptschule, der Polytechnischen Schule, der Oberstufe der Sonderschulen sowie in allgemein bildenden höheren Schulen entweder als unverbindliche Übung oder als Freigegenstand (freiwillige Teilnahme, keine bzw. mit Beurteilung) angeboten werden.

 

Für die Bildung einer Gruppe gelten die Eröffnungs- und Teilungszahlen für Freigegenstände bzw. unverbindliche Übungen, wobei für Pflichtschulen die entsprechenden Landesausführungsgesetze und für Schulen in Bundesträgerschaft die bundesweit einheitliche Eröffnungs- und Teilungszahlenverordnung anzuwenden sind.

 

Zu Frage 10:

Beim muttersprachlichen Unterricht handelt es sich um ein schulisches Angebot.

 

Zu Fragen 11 und 12:

Ausgehend von der Kompetenzverteilung erfolgt die Finanzierung des muttersprachlichen Unterrichts derzeit, und auch in Zukunft, aus den Budgetansätzen der jeweiligen Schultypen. Das sind bei den höheren Schulen die Personalausgabenansätze und bei den allgemein bildenden Pflichtschulen der Ansatz zur Refundierung der Personalkosten für Landeslehrkräfte gemäß § 4 FAG.

 

Die Refundierung der Personalkosten für Landeslehrerinnen und Landeslehrer, gemäß § 4 FAG, erfolgt seitens des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur an die Länder nach Maßgabe der genehmigten Stellenpläne für Lehrkräfte an allgemein bildenden Pflichtschulen. Die Lehrpersonen für den muttersprachlichen Unterricht sind aus diesem Kontingent zu bedecken. Der quantitative Einsatz obliegt den Ländern in ihrer Funktion als Dienstgeber. Die Besoldungskosten für die Landeslehrkräfte werden unter 1/30757 (für APS) refundiert – es gibt daher keine eigene Budgetposition für Personalressourcen im Bereich des muttersprachlichen Unterrichts.


Unter Hinweis auf die Beantwortung der Frage 9 kann muttersprachlicher Unterricht als Freigegenstand oder als unverbindliche Übung an der AHS-Unterstufe und -Oberstufe abgehalten werden. In den Daten der Lehrfächerverteilungen der mittleren und höheren Schulen ist der „Gegenstand“ das wesentliche Anknüpfungsmerkmal, woraus jedoch der Hintergrund für das Führen des konkreten Unterrichtsangebots nicht abgeleitet werden kann. Das betrifft insbesondere die freiwilligen Angebote wie Freigegenstände und unverbindliche Übungen. So kann beispielsweise nicht eruiert werden, ob ein Freigegenstand „Russisch“ für Schülerinnen und Schüler der Erstsprache Russisch als muttersprachlicher Unterricht angeboten wird oder als Angebot für alle Schülerinnen und Schüler zur Erlernung der Sprache dient. Ausgehend davon können keine explizit dem muttersprachlichen Unterricht zuordenbaren Aussagen zu den Personalressourcen getroffen werden. Die Personalausgabenansätze der AHS werden unter 1/30070 veranschlagt.

 

Zu Fragen 14 und 15:

Muttersprachlicher Unterricht wird etwa in der Grundschule sowohl an den im Geltungsbereich der jeweiligen Minderheitenschulgesetze liegenden Schulen als auch außerhalb bei Bedarf als unverbindliche Übung angeboten. Ziel dieses Unterrichts „ist der Erwerb der Muttersprache zur Herstellung von Kontinuität und Stützung der Persönlichkeitsentwicklung, ausgehend von der Zugehörigkeit zum Sprach- und Kulturkreis der Eltern. Gefördert werden soll eine positive Einstellung zur Muttersprache und zum bikulturellen Prozess (…) Die Erreichung der Zweisprachigkeit ist Ziel des muttersprachlichen Unterrichts, die Gleichwertigkeit von Muttersprache und Deutsch ist anzustreben.“ (Zit. nach Lehrplan der Volksschule, HG Wolf, W., Leykam 2009, S. 301). Prinzipiell ist also kein Unterschied, der Unterschied besteht lediglich im sprachlichen Hintergrund der Kinder. Der „Muttersprachliche Unterricht“ wird in der Stundentafel der Grundschule als unverbindliche Übung angeboten, dh. der Besuch erfolgt freiwillig und es gibt keine Beurteilung. Vom muttersprachlichen Unterricht sind die jeweiligen Pflichtgegenstände wie „Deutsch, Slowenisch, Lesen, Schreiben“ zu unterscheiden, aber offensichtlich nicht Gegenstand der vorliegenden Fragestellungen. Überdies ist zu beachten, dass im Geltungsbereich des Minderheiten-Schulgesetzes für das Burgenland das Abmeldeprinzip und für Kärnten das Anmeldeprinzip gilt, was gegebenenfalls eine unterschiedliche Vorgangsweise erforderlich macht (vgl. die obigen Ausführungen zum sprachlichen Hintergrund der Kinder).

 

Zu Fragen 17 und 18:

Es kann mitgeteilt werden, dass abgesehen von Deutsch zuletzt 78 weitere Sprachen bzw. Sprachengruppen angegeben wurden, die von den Schülerinnen und Schülern der österreichischen Schulen im Alltag gebraucht werden. Eine Liste der einzelnen gemeldeten Sprachen (bzw. Sprachengruppen) findet sich in der angeschlossenen Beilage.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.

 

 

 

 

 

 

Beilage


Beilage

 

von SchülerInnen im Alltag gebrauchte Sprachen, Schuljahr 2008/09

Afrikaans

Albanisch

Amerikanische Sprachen

Amharisch

Arabisch

Aramäisch

Armenisch

Bantusprachen

Bengalisch

BKS (Bosnisch/Kroatisch/Serbisch)

Bosnisch

Bulgarisch

Burgenland-Kroatisch

Chinesisch (ohne nähere Differenzierung)

Chinesisch (Putonghua - Mandarin)

Chinesisch (Yue - Kantonesisch)

Dänisch

Dari

Deutsch

Englisch

Estnisch

Finnisch

Französisch

Georgisch

Griechisch

Hebräisch

Hindi

Indonesisch

Irisch

Isländisch

Italienisch

Japanisch

Kambodschanisch

Koreanisch

Kroatisch

Kurdisch

Lettisch

Litauisch

Makedonisch

Malayalam

Malayisch

Mongolisch

Niederländisch/Flämisch

Norwegisch

Pashto

Persisch (Farsi)

Polnisch

Portugiesisch

Punjabi

Rätoromanisch/Rumantsch

Romanes

Rumänisch

Russisch

Schwedisch

Serbisch

Serbokroatisch

Singalesisch

Slowakisch

Slowenisch

Sonstige afrikanische Sprachen

Sonstige asiatische Sprachen

Sonstige europäische Sprachen

Sonstige Sprache(n)

Spanisch

Suaheli

Syrisch

Tagalog

Tamilisch

Thailändisch

Tschechisch

Tschetschenisch

Türkisch

Ukrainisch

Ungarisch

Urdu

Vietnamesisch

Weißrussisch

Windisch

Yoruba