5468/AB XXIV. GP

Eingelangt am 21.07.2010
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

        

 

 

Frau                                                                                              Geschäftszahl:   BMUKK-10.000/0136-III/4a/2010

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

                                                                                                                                       

                                                                                                     

Wien, 16. Juli 2010

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5514/J-NR/2010 betreffend Einbeziehung der Erhaltung von Klein- und Kleinstschulen in die Gesamtstrategie zur Weiterentwicklung des Schulwesens, die die Abg. Anna Franz, Kolleginnen und Kollegen am 28. Mai 2010 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 und 2:

Grundsätzlich darf darauf hingewiesen werden, dass in Entsprechung der bundesverfassungs­rechtlichen Kompetenzverteilung bei den Angelegenheiten der äußeren Organisation von öffentlichen Pflichtschulen, darunter Regelungen betreffend die Errichtung, Erhaltung und Auflassung von Volksschulen, dem Bund ausschließlich die Grundsatzgesetzgebung zukommt. Die aufgrund dieser Kompetenzgrundlage erlassenen Grundsatzgesetze (im gegenständlichen Fall: Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz) bedürfen zur Realisierung der Ausführungs­gesetze, die von den Ländern zu erlassen und zu vollziehen sind.

 

Hinsichtlich der in der Fragestellung angesprochenen Anfahrtswege legt das Pflichtschul­erhaltungs-Grundsatzgesetz in § 2 den Rahmen für Anzahl und Orte des Bestandes von Volks­schulen auch unter Bedachtnahme hinsichtlich eines „zumutbaren Schulweg[es]“ als Verpflichtung an den Landesausführungsgesetzgeber für den Schulbesuch schulpflichtiger Kinder fest, wobei im Zusammenhang mit § 8 eine diesbezügliche Konkretisierung hinsichtlich der jeweiligen Volksschulstandorte ebenfalls in die Verantwortung der Landesausführungs­gesetzgebung und -vollziehung fällt. Ausgehend davon stehen dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur keine Informationen über die durchschnittlichen Schulanfahrtswege zu Volksschulstandorten zur Verfügung.

 

Was die im Zusammenhang mit Schulanfahrtswegen zu sehenden Regelungen der §§ 30a ff des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 betreffend Schulfahrtbeihilfe und Schülerfreifahrten anbelangt, so fällt dies nicht in den Vollzugsbereich des Ressorts. Daher liegen auch aus diesem Titel keine statistischen Erhebungen zu Schulanfahrtswegen vor. Vergleichbares ist hinsichtlich der Ausgaben für Schülerfreifahrten zu bemerken.

 

Eine Befassung der für die Bildungsausgabenstatistik zuständigen Bundesanstalt Statistik Österreich hat ergeben, dass die Ausgaben für die Schülerfreifahrt in der Datenmeldung betreffend Bildungsausgaben im Rahmen der „UOE-Datenerhebung zur internationalen Bildungsstatistik“ (woraus die OECD Daten zur Erstellung der Bildungsindikatoren-Studie „Bildung auf einen Blick“ verwendet) enthalten sind. Laut Bundesanstalt liegen die Ausgaben für die Schülerfreifahrt nur als Gesamtsumme vor.

 

Zu Fragen 3 und 4:

Individualisieren, Differenzieren und Fördern zählen zu den „Allgemeinen didaktischen Grundsätzen für die Grundschule“ im Lehrplan der Volksschule und gelten für alle Grundschulen. Zum Themenfeld des Unterrichts an Kleinschulen gab es ab dem Jahr 2000 eine Kooperation mit dem Thüringer Kultusministerium und dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch bei Fachtagungen in Thüringen und Österreich. Im Zuge dieses Kooperationsprojekts wurde für die Lehrkräftefortbildung zum altersgemischten Lernen eine DVD erstellt mit dem Titel „Es geht auch anders …“. Die DVD wurde sowohl in Thüringen als auch in Österreich als Impuls bei Lehrerfortbildungen eingesetzt und ist über die Homepage des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur im Publikationenshop erhältlich.

 

Bezüglich Studien und Beiträgen zum Unterricht an Kleinschulen wird etwa auf die Bibliographie zum Thema „Lehren und Lernen in der Kleinschule“ der ARGE Kleinschulen in Vorarlberg, diverse Projektarbeiten zu diesem Thema an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich, die Studie von Johann Pehofer, Kleinschulen im Burgenland (Initiative und Evaluation), 2000 sowie auf die Publikation „Räumliche Disparitäten im österreichischen Schulsystem“ (Strukturen, Trends und politische Implikationen) von Heinz Fassmann, Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien, 2002, verwiesen.

 

Weiters ist die Individualisierung eine der drei wichtigen Aufgaben von Bildungsstandards (vgl. § 17 Abs. 1a Schulunterrichtsgesetz sowie § 3 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 der Standard-Verordnung).

 

Zu Frage 5:

Dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur sind im Gegenstand keine Forschungsprojekte an Pädagogischen Hochschulen evident.

 


Zu Frage 6:

Grundsätzlich sind alle Angebote der Lehrkräftefort- und -weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer aller Schulen offen und können je nach Bedarf aus der Sicht der einzelnen Lehrkraft oder aus der Sicht der Schulen (gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen) einzeln inskribiert werden. Somit können auch die Bedürfnisse und Interessen von Kleinschulen hier abgedeckt werden.

 

Besonders in den („Flächen-„)Bundesländern werden Fortbildungsangebote sehr regionalisiert erstellt und angeboten, um den Bedürfnissen der Regionen entgegenzukommen und um die Reisebewegungen möglichst kostengünstig und zeitsparend zu gestalten. Hier werden neben Angeboten für einzelne Lehrerinnen und Lehrer vor allem schulstandortübergreifende Organisationsformen (SCHÜLF), aber auch SCHILF (schulstandortbezogene Organisationsformen) gewählt, um dem Bedarf bestmöglich entgegenzukommen. Kleinschulen können, ebenso wie alle anderen Schulen, auch direkt mit den Pädagogischen Hochschulen in Kontakt treten, um bei besonderen Anliegen für den eigenen Standort, SCHILF-Angebote als Bedarf anzumelden. Dies trifft insbesondere auf den Bereich Schul- und Unterrichtsentwicklung zu. Weiters werden diese Angebotserstellungen in den Bundesländern in enger Kooperation und Absprache mit den Landesschulräten im Sinne der Bedarfsorientierung getroffen.

 

Schulleitungen von Kleinschulen sind in die laufenden Angebote zur Leiterqualifizierung (Schulmanagementausbildung und ergänzende Fortbildung eingebunden, ebenso steht ihnen das Angebot der bundesweiten Leadership-Akademie zur Verfügung. Explizite Zahlen von speziell ausgewiesenen „Kleinschul-Spezial-Angeboten“ liegen nicht vor.

 

Zu Fragen 7 und 8:

Grundsätzlich ist auch hier festzuhalten, dass sich Fragen der Errichtung, Erhaltung und Auflassung von öffentlichen Pflichtschulen grundsätzlich nach Maßgabe jeweiliger landesrechtlicher Vorschriften richten, im Wesentlichen von den landesausführungsgesetzlich definierten Schülerinnen- und Schülerzahlen abhängen, und in die Vollzugszuständigkeit des jeweiligen Bundeslandes fallen. Auf die diesbezügliche Kompetenz der Länder im Hinblick auf die (künftige) Entscheidung zur Auflassung von Schulstandorten im Pflichtschulbereich darf daher verwiesen werden. Eine Auswertung aus der zentralen Schulendatenbank (auf Basis der Mitteilungen der einzelnen Bundesländer) zeigt, dass in den Schuljahren 2006/07 bis 2008/09 jeweils pro Schuljahr zwischen vier und sieben Kleinschulen (Volksschulen mit weniger als vier Klassen) geschlossen wurden.

 

Ein „Einblick in die Entwicklung der Standortstruktur“ aus der Genehmigung der Stellenpläne der Länder lässt sich nicht erschließen, da die Stellenpläne eine Zuteilung von Planstellen (nach den gemäß FAG geltenden Parametern) für eine bestimmte Schülerinnen- bzw. Schüleranzahl je Bundesland ergibt. Wie diese seitens des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur nach Bundesländern zugeteilten Ressourcen am Standort umgesetzt/verteilt werden, geht nicht aus den Stellenplanaufzeichnungen hervor.

 


Zu Frage 9:

Im aktuellen Finanzausgleichsgesetz 2008 ist unter dem Titel „Abgeltung des Mehraufwandes aus Strukturproblemen“ eine Verdoppelung der Mittel für Strukturprobleme, die den Ländern auf Grund sinkender Schülerinnen- und Schülerzahlen erwachsen, und im Bereich des Unterrichts für Kinder mit besonderen Förderungsbedürfnissen von EUR 12 Mio. jährlich auf EUR 24 Mio. (ab 2011 auf EUR 25 Mio.) zusätzlich zu den Planstellen auf Grund der Maßzahlen laut Stellenplanrichtlinien festgeschrieben (§ 4 Abs. 8 leg. cit.).

 

Zu Frage 10:

Auf Grund der Kompetenzlage sind Gespräche in Fragen der Errichtung, Erhaltung und Auflassung von Pflichtschulstandorten als Angelegenheit der Landesvollziehung mit den jeweiligen Pflichtschulerhaltern nicht vorgesehen. Hinsichtlich der Unterstützungsleistungen zur Erhaltung bestehender Schulstrukturen wird auf die zusätzliche Dotierung gemäß § 4 Abs. 8 FAG in Beantwortung der Frage 9 verwiesen.

 

Zu Fragen 11 und 12:

Hier darf auf die Novelle zum Schulorganisationsgesetz BGBl. I Nr. 116/2008 verwiesen werden, durch welche die Einrichtung von Exposituren und angeschlossene Klassen im gesamten allgemein bildenden Pflichtschulbereich (ausgenommen Exposituren von Sonderschulen) eröffnet wurde. Damit sind dem jeweiligen Landesausführungsgesetzgeber bzw. dem Schulerhalter weitgehende Gestaltungsfreiheiten ermöglicht. Was die Stärkung des autonomen Schulstandortes betrifft, so müssen hier die nächsten Entwicklungen in Bezug auf die Verwaltungsreform, das neue Lehrkräftedienstrecht und die damit verbundenen Neuerungen in Bezug auf den Schulstandort abgewartet werden.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.