5840/AB XXIV. GP
Eingelangt am 27.08.2010
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0175-Pr 1/2010
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 5908/J-NR/2010
Der Abgeordnete zum Nationalrat Mario Kunasek und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Rolle der Justiz im Manipulationsskandal FH Joanneum Graz“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Bei parlamentarischen Anfragen, die sich auf ein laufendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren beziehen, ist mir – wie auch in diesem Fall – eine Beantwortung regelmäßig nur sehr eingeschränkt möglich. Diese Einschränkungen rühren daher, dass dieses Verfahrensstadium nicht öffentlich ist (§ 12 StPO), weil eine Auskunftserteilung im Regelfall Rechte von Verfahrensbeteiligten verletzen und der Erfolg der Ermittlungen gefährdet werden könnte.
Zu 1:
Es entspricht nicht den Tatsachen, dass die Staatsanwaltschaft „bisher so gut wie nicht tätig“ geworden ist.
Zu 2:
Ich ersuche um Verständnis, dass mir eine Beantwortung dieser Frage aus den einleitend dargestellten Gründen derzeit nicht möglich ist.
Zu 3:
Ich gehe davon aus, dass mit dieser Frage die in der Anfrageeinleitung erwähnte Abweisung des Antrages auf Akteneinsicht gemeint ist. Diese Entscheidung stützt sich auf eine eindeutige Rechtslage, weil die Opfereigenschaft der Anzeiger bislang mangels Preisgabe ihrer Identität nicht überprüft werden konnte.
Zu 4:
Eine Auskunftssperre gegenüber den Medien wurde nicht verhängt. Nachdem sich allerdings Personen gegenüber der Medienstelle als Journalisten ausgaben, um an Informationen zu gelangen, wurde darauf hingewiesen, dass Anfragen unbekannter Personen ein journalistisches Interesse zugrunde liegen müsse.
Zu 5:
Für ein solches Verhalten liegen mir keinerlei Hinweise vor. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Justiz, bei der Bearbeitung von Fällen „Gehorsam“ zu zeigen, es sei denn, gegenüber den Gesetzen.
Zu 6 und 7:
Der Revisionsbericht liegt der Staatsanwaltschaft Graz vor.
Zu 8 bis 11:
Die Natur des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gebietet – wie einleitend dargestellt – Einschränkungen in der Auskunftserteilung. Nach den mir vorliegenden Informationen über den Stand und den Gang des Ermittlungsverfahrens liegt eine Untätigkeit der Staatsanwaltschaft nicht vor.
Zu 12:
Die Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und den Justizbehörden wird durch die Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF), ABl. L 136, 1999, geregelt. Gemäß Artikel 6 Abs. 6 dieser Verordnung tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass ihre zuständigen Behörden gemäß den einzelstaatlichen Bestimmungen den Bediensteten von OLAF bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die erforderliche Unterstützung zukommen lassen. Gemäß Artikel 7 dieser Verordnung übermitteln die Mitgliedstaaten auf Ersuchen von OLAF oder von sich aus alle in ihrem Besitz befindlichen Dokumente und Informationen über Untersuchungen. Hervorzuheben ist, dass sich Artikel 6 und Artikel 7 an alle Behörden der Mitgliedstaaten richten und daher einen über den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Justiz weit hinausgehenden Anwendungsbereich haben. OLAF seinerseits hat den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 9 den Abschlussbericht über seine Untersuchungen und gemäß Artikel 10 Abs. 2 dieser Verordnung den Justizbehörden alle Informationen über strafrechtlich relevante Zusammenhänge zu übermitteln.
Mit diesen unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Gemeinschaftsrechts ist die Zusammenarbeit zwischen OLAF und den österreichischen Behörden sichergestellt. Probleme in der Zusammenarbeit zwischen OLAF und den österreichischen Behörden sind bisher nicht an das Bundesministerium für Justiz herangetragen worden und können auch den jährlichen Tätigkeitsberichten von OLAF (für das Jahr 2009 siehe http://ec.europa.eu/anti_fraud/reports/olaf/2009/en.pdf) nicht entnommen werden.
Ich sehe daher derzeit keine Notwendigkeit für (weitere) Maßnahmen.
. August 2010
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)