5844/AB XXIV. GP

Eingelangt am 27.08.2010
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger diplô

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0232-II/A/9/2010

Wien, am 26. August 2010

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 5977/J der Abgeordneten Kunasek und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Zu dieser Frage führt der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Folgendes aus:

„§ 4 Abs. 1 Z 3 der Richtlinien für die Befreiung von der Rezeptgebühr gemäß § 31 Abs. 5 Z 16 ASVG (RRZ 2008; www.avsv.at Nr. 5/2008) sieht für Versicherte (bzw. Angehörige, für die ein Leistungsanspruch besteht), die an Krankheiten oder Gebrechen leiden, durch die ihnen erfahrungsgemäß besondere Aufwendungen entstehen vor, dass diese dann von der Rezeptgebühr zu befreien sind, wenn das Einkommen des Versicherten 115 % des maßgeblichen Richtsatzes nicht übersteigt.

Nach § 5 RRZ 2008 ist eine Befreiung von der Rezeptgebühr zu bewilligen, wenn sich nach Prüfung der Umstände im Einzelfall herausstellt, dass eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine länger dauernde medikamentöse Behandlung notwendig ist, die im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten eine nicht zumutbare Belastung mit Rezeptgebühren zur Folge hätte.

Die Aussage, dass nur Einkommensdaten für eine Befreiung maßgeblich sind, ist daher nicht richtig.

Diese Regelungen haben sich in der Praxis bewährt. Eine Änderung der Kriterien für die Rezeptgebührenbefreiung von chronisch Kranken ist seitens des Hauptverbandes derzeit nicht geplant.“

 

Frage 2:

Die zu Frage 1 geäußerte Auffassung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger wird geteilt. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass mit der Einführung der Rezeptgebührenobergrenze eine wirksame Maßnahme zur finanziellen Entlastung chronisch Kranker mit niedrigen Einkünften gesetzt worden ist.

 

Frage 3:

Nach dem Grundverständnis der sozialen Krankenversicherung in Österreich kommt der zur Beitragszahlung gesetzlich verpflichtete Versicherte auch für vorgesehene Kostenbeteiligungen (wie z.B. die Rezeptgebühr, Verpflegungskostenbeitrag) für die bei ihm mitversicherten anspruchsberechtigen Angehörigen auf. Dementsprechend ist es bei einem finanziell schlecht gestellten und somit von der Rezeptgebühr befreiten Versicherten selbstverständlich, dass die Befreiung nicht nur für ihn selbst, sondern auch für seine Angehörigen gilt. Eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen ist daher nicht geplant.

 

Frage 4:

Zu dieser Frage nimmt der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger wie folgt Stellung:

„Grundsätzlich ist anzumerken, dass die Frage sehr unpräzise ist, weil die Begriffe „Ausländer“ und „Krankenversicherungstourismus“ nicht hinreichend definiert sind.

Ein Grundprinzip der österreichischen Sozialversicherung ist, dass der Versicherungsschutz bei Vorliegen der gesetzlich normierten Voraussetzungen (z.B. Aufnahme einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit, Pensionsbezug etc.) automatisch („ex lege“) eintritt und jedem Versicherten sofort und unbedingt Schutz (keine Wartezeit, keine Risikoprüfung bzw. medizinische Untersuchung) geboten wird.

Sollte der in der Anfrage angesprochene „Krankenversicherungstourismus“ auf die Mitversicherung von Angehörigen abzielen, ist auszuführen, dass in § 123 Abs. 1 Z 1 ASVG als grundsätzliche Voraussetzung einer Anspruchsberechtigung für Angehörige das Vorliegen des gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland vorgesehen ist. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes von Ausländer/inne/n erfolgt von der zuständigen inländischen Behörde. Es ist daher davon auszugehen, dass die Angehörigeneigenschaft von Ausländer/inne/n nicht missbräuchlich in Anspruch genommen wird. Die diesbezüglichen Andeutungen in der Anfrage sind aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar.

 

Zum Vorschlag einer unterschiedlichen Behandlung von In- und Ausländer/inne/n - im konkreten Fall eine Ausländerdiskriminierung - ist Folgendes anzumerken:

Auf Ebene der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (sowie der Staaten des EWR und der Schweiz) gelten unter anderem die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der

Systeme der sozialen Sicherheit, die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf

Arbeitnehmer/innen und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern sowie die Verordnung (EG) Nr. 859/2003 des Rates vom 14. Mai 2003 zur Ausdehnung der Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Bestimmungen fallen.

Diese Verordnungen folgen dem Grundsatz, dass Personen, die in den persönlichen Geltungsbereich dieser Regelungen fallen (im Wesentlichen Staatsangehörige eines Mitgliedstaates sowie bestimmte Drittstaatsangehörige), nicht diskriminiert werden dürfen. Das heißt, es gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz.

 

Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz liegt grundsätzlich auch den von der Republik Österreich mit anderen Staaten abgeschlossenen bilateralen Abkommen über soziale Sicherheit zugrunde.

Staatsangehörige anderer Staaten werden in Österreich nur wie Privatpatient/inn/en behandelt, sodass sich hier die Frage einer Wartefrist erübrigt.

 

Es lässt sich daher feststellen, dass die Einführung einer Wartefrist für Personen, die in den persönlichen Geltungsbereich der einschlägigen EU-Regelungen (das sind auch EWR-Mitgliedstaaten und die Schweiz) fallen oder von bilateralen Abkommen über soziale Sicherheit erfasst sind, rechtswidrig wäre. Für Personen anderer Staaten stellt sich das Problem nicht.“