5877/AB XXIV. GP

Eingelangt am 27.08.2010
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Genossinnen und Genossen haben am 29. Juni 2010 unter der Zahl 5900/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Kinderpornographie im Internet – Löschen oder Web-Sperren (Access Blocking)?" gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Auf EU Ebene ist derzeit der Rahmenbeschluss 2004/68/JI des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie in Kraft. Ziel dieses Rahmenbeschlusses ist die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie. Dadurch werden auf europäischer Ebene gemeinsame Vorschriften in den Bereichen Anklage, Sanktionen, erschwerende Umstände, Opferhilfe und Gerichtsbarkeit eingeführt.

 

 

Zu den Fragen 2, 3, 4 bis 6, 33 bis 36 und 42:

Die Beantwortung dieser Fragen fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres.


Zu Frage 7:

Nein.

 

Zu Frage 8:

Für den Bereich des Landeskriminalamtes Wien gibt es für die Bekämpfung von Kinderpornografie sechs  E2a Planstellen. In den restlichen Landeskriminalämtern sind keine eigenen Planstellen explizit für die Bekämpfung der Kinderpornografie vorgesehen. Dieser spezifische Deliktsbereich wird im Ermittlungsbereich „Sittlichkeitsdelikte“ bearbeitet. Seit Schaffung der Meldestelle für Kinderpornografie im Bundeskriminalamt 1998 sind für diesen Deliktsbereich vier E2a Planstellen vorgesehen. Derzeit sind dauerhaft 3 Beamte für die Bekämpfung der Kinderpornografie eingesetzt, bei Bedarf wird der Personaleinsatz verstärkt.

Den genannten Einrichtungen stehen adäquate technische Ressourcen und budgetäre Mittel zur Verfügung.

 

Zu Frage 9:

Nach ho. Kenntnis gibt es aktuell weltweit rund 800 bis 1000 Webseiten mit kinderpornografischem Material.

 

Zu Frage 10:

Die Serverstandorte wechseln sehr häufig. Derzeit ist nach ho. Erkenntnissen die USA führend vor den Niederlanden, Deutschland und Russland.

 

Zu Frage 11:

Nein.

 

Zu Frage 12:

Es werden sämtliche Bereiche des Internets zur Verbreitung von kinderpornografischem Material verwendet.

 

Zu Frage 13:

Ja.

 

Zu Frage 14:

Kinderpornographisches Material wird nicht nur über Webseiten, sondern auch über Tauschbörsen, Newsgroups, Chaträumen, Usenet oder über Email-Verteiler verbreitet und getauscht. In diesen Fällen ist der Tausch im Gegensatz zu Webseiten nicht kommerziell organisiert.


Zu Frage 15:

Sämtliche Maßnahmen, welche den Strafverfolgungsbehörden durch gesetzliche Bestimmungen eingeräumt werden, können ergriffen werden.

 

Zu Frage 16:

Bei Webseiten mit kinderpornographischem Material, die in  Österreich gehostet werden, kann der Provider aufgefordert werden, diese zu entfernen bzw. zu löschen. Die Entfernung muss vom jeweiligen Provider aufgrund der jeweiligen technischen Ausstattung erfolgen. Eine Entfernung bzw. Löschung von ausländischen Webseiten ist durch österreichische Strafverfolgungsbehörden nicht möglich. Bei Internetseiten mit Kinderpornografie auf ausländischen Servern wird vom Bundeskriminalamt via Interpol bzw. Europol das zuständige Land in Kenntnis gesetzt. Wenn sich der Server in den USA befindet, werden die in Österreich stationierten Attaches von FBI oder ICE in Kenntnis gesetzt.

 

Zu Frage 17:

Von international tätigen Expertenmeetings wird eine Vereinheitlichung der Gesetzgebung in diesem Deliktsbereich in allen Mitgliedsstaaten angestrebt.

 

Zu Frage 18:

Alle verhältnismäßigen Maßnahmen sollten ergriffen werden, um die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte zurückzudrängen und womöglich zu verhindern. Es wird vom Bundeskriminalamt laufend versucht, das kinderpornographische Material aus dem Netz entfernen bzw. löschen zu lassen. Aufgrund technischer Gegebenheiten ist dies jedoch nicht immer möglich und sollte in diesen Fällen durch eine Sperre der Website ein weiteres Verbreiten verhindert werden. So gesehen kann eine Sperre eine sinnvolle Ergänzung zu den Bemühungen um die vor allem bei auf ausländischen Servern gehosteten Internet-Seiten oft schwierige Löschung kinderpornographischer Inhalte darstellen.

 

Zu Frage 19:

Eine Umgehung kann nicht ausgeschlossen werden.

 

Zu Frage 20:

Aufgrund der weltweit unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen bei der Bekämpfung der Kinderpornografie und der Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden gibt es divergierende Arbeitsweisen der Polizeibehörden. Die Art der internationalen Zusammenarbeit wird auf den jeweiligen Fall abgestimmt. Es wird aber von allen Mitgliedsstaaten  Amtshilfe gewährt.


Zu Frage 21:

Die kriminalpolizeiliche Zusammenarbeit mit Drittstaaten wird durch zahlreiche Aktivitäten von Interpol ständig verbessert.

 

Zu Frage 22:

Jahr:                    2005    2006    2007    2008    2009

Hinweise:            4094    4151    3698    5238    5489

Die Tendenz für das Jahr 2010 zum Vergleichszeitraum 2009 ist leicht steigend.

 

Zu den Fragen 23 bis 27, 30 und 31:

Entsprechende Statistiken wurden nicht geführt.

 

Zu Frage 28:

Die Verantwortung zur Strafverfolgung trifft jenen EU-Staat, in dem der betreffende Server betrieben wird bzw. seinen physischen Standort hat (Tatortprinzip). Die zu setzenden Maßnahmen richten sich demzufolge nach der jeweils national gültigen  Rechtslage. Erlangt das Bundeskriminalamt durch eigene Ermittlungen oder Mitteilungen nach geordneter Dienststellen bzw. Privatpersonen via Meldestelle für Kinderpornographie Kenntnis über verdächtige Websites, werden diese via Interpol mit dem Ersuchen um weitere Veranlassungen an die betreffende Nation weitergeleitet. Eine Entfernung bzw. Löschung von ausländischen Websites ist durch österreichische Strafverfolgungsbehörden nicht möglich.

Sollte sich ein in Österreich etablierter Provider weigern, eindeutig inkriminiertes und im Sinne des § 207a StGB verifiziertes Material von seinen Servern zu löschen bzw. offline zu stellen, stehen in Absprache mit der zuständigen Staatsanwaltschaft sämtliche rechtliche Möglichkeiten bis hin zur Beschlagnahme der betreffenden Server offen.

 

Zu Frage 29:

Nach Bekanntwerden einer inländischen IP-Adresse müssen die österreichischen Sicherheitsbehörden aufgrund des Tatortprinzips geeignete  Ermittlungstätigkeiten, die zur Ausforschung des/der Täter/s führen, einleiten. Weiters könnten bestimmte Filtermethoden sowie die Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsdatenspeicherung Unterstützung im Kampf gegen Kinderpornographie bieten.

 

Zu Frage 32:

Aufgrund des Polizeikooperationsgesetzes ist die Amtshilfe an die zuständige Sicherheitsbehörde zu richten. Eine direkte Intervention bei einer Privatfirma im Ausland ist nicht vorgesehen.


Zu Frage 37:

Positiv.

 

Zu den Fragen 38 und 39:

Meinungen und Einschätzungen sind nicht Gegenstand des parlamentarischen Interpellationsrechtes gem. Art. 52 B-VG

 

Zu Frage 40:

Österreich ist noch nicht Mitglied der „European Financial Coalition“, arbeitet aber fallbezogen mit. Eine Mitgliedschaft ist beabsichtigt.

 

Zu Frage 41: 

Werden im Internet gebührenpflichtige Websites besucht, wird zunehmend die Verrechnung der in Anspruch genommenen Dienstleistung bzw. der gekauften Ware unter Zuhilfenahme eines „Online-Bezahlsystems“ (z.B. via Kreditkarte,  Handyrechnung - Bezahlung per SMS) durchgeführt. Zahlungsmodalitäten wie „per Nachnahme“ oder „Vorauskasse“ sind nach wie vor präsent, werden von den Online-Systemen aber bereits teilweise vom Markt verdrängt. Werden inkriminierte Dateien (kinderpornographische Bilder, Videos uvm.) im Internet zum Kauf angeboten, erfolgt der Zugang zu diesem Datenmaterial zumeist über eine kostenpflichtige Website, auf der augenscheinlich legales pornographisches Material angeboten wird. Erst über Verlinkungen auf dieser Website gelang man zum  inkriminierten Material. Bei der Registrierung bzw. Einrichtung des Online-Bezahlsystems  durch den Anbieter werden lediglich die zum Zeitpunkt der Einrichtung des Bezahlsystems angebotenen Inhalte einer Prüfung unterzogen – danach erfolgt zumeist keine weitere Prüfung. Die Überwachung von Online-Bezahlsystemen wäre demnach in Form einer erweiterten Überprüfungs- und Meldeverpflichtung, welche den Betreiber des Online-Bezahlsystems zu treffen hat, sinnvoll. Durch dieses zusätzliche Hilfsmittel könnte man etwaige Konsumenten von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten feststellen bzw. identifizieren. 

 

 

Zu Frage 43:

Entsprechende Statistiken für diesen Teilbereich des § 207a StGB werden nicht geführt.