5884/AB XXIV. GP
Eingelangt am 30.08.2010
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
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(5-fach) |
RUDOLF HUNDSTORFER Bundesminister
Stubenring 1, 1010 Wien Tel: +43 1 711 00 - 0 Fax: +43 1 711 00 - 2156 rudolf.hundstorfer@bmask.gv.at www.bmask.gv.at DVR: 001 7001 |
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Frau Präsidentin des Nationalrates Parlament 1010 Wien |
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GZ: BMASK-10001/0309-I/A/4/2010 |
Wien, |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6163/J des Abgeordneten Werner Neubauer und weiterer Abgeordneter wie folgt:
Zur 1. angesprochenen Passage:
Frage a:
Bei der Initiative Nr. 14 handelt es sich um eine strategische Initiative aus dem Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission. Die strategischen Initiativen werden von der Europäischen Kommission vorbereitet und gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten unter Berücksichtigung der jeweiligen Kompetenzlage umgesetzt, um die Kernziele der EU- 2020 Strategie zu erreichen.
Die fünf EU - Kernziele sind:
1. 75 % der Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahre sollten in Arbeit stehen.
2. 3% des Bruttoinlandproduktes der EU sollten für Forschung und Entwicklung aufgewendet werden.
3. Die 20-20-20-Klimaschutz-/Energieziele sollten erreicht werden (einschließlich einer Erhöhung des Emissionsreduktionszieles auf 30%, falls die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind).
4. Der Anteil der Schulabbrecher sollte auf unter 10% abgesenkt werden, und mindestens 40% der jüngeren Generation sollten einen Hochschulabschluss haben.
5. Die Zahl der armutsgefährdeten Personen sollte um 20 Millionen sinken.
Frage b:
Österreich ist wie alle anderen Mitgliedsstaaten der EU in diese Agenda - im Rahmen der entsprechenden Gremien - eingebunden.
Frage c:
Die Modernisierung der Arbeitsmärkte erfolgt im Gleichklang mit jenen Maßnahmen, mit welchen die Beschäftigungsziele 2020 erreicht werden sollen. Dabei geht es insbesondere um Maßnahmen zur Gegensteuerung der Geschlechterdisparitäten am Arbeitsmarkt sowie Maßnahmen zur Integration bzw. gegen soziale Ausgrenzung –also Bekämpfung der Armut durch Beschäftigungsförderung - und wo notwendig um soziale Absicherung (Mindestsicherung). Dieses Bündel an Maßnahmen soll zu einer Anhebung der Beschäftigungsquoten führen.
Frage d:
Diese Maßnahmen werden traditionell mit den Sozialpartnern abgestimmt und entsprechend den Erfordernissen umgesetzt.
Zur 2. angesprochenen Passage:
Fragen a bis c:
Zur Umsetzung der Europäischen Plattform zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung kann derzeit noch keine Aussage gemacht werden, da diese Initiative erst im Herbst 2010 vorgestellt werden wird.
Durch die Einigung der Staats- und Regierungschefs auf ein Kernziel im Bereich der sozialen Eingliederung/Verminderung der Armut sollen in den kommenden Jahren in der EU mindestens 20 Mio. Menschen aus der Armut gebracht werden. Österreich wird daher im Herbst 2010 seine nationalen Zielsetzungen zur Erreichung dieses Ziels definieren. Der Realisierung der bedarfsorientierten Mindestsicherung ab September 2010 kommt in diesem Zusammenhang große Bedeutung zu.
Zur 3. angesprochenen Passage:
Fragen a bis c:
Auch bei dieser Passage betreffend die Überarbeitung der Arbeitszeitrichtlinie handelt es sich um eine strategische Initiative aus dem Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission.
Die Kommission führt derzeit die erste Phase der Anhörung der Sozialpartner auf europäischer Ebene gem. Art. 154 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) durch (KOM (2010) 106 endgültig). Derzeit ist Österreich als Mitgliedsstaat nicht in diesen Prozess eingebunden.
Die Europäische Kommission hat angekündigt, frühestens im 4. Quartal 2010 einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vorzulegen. In diesem Vorschlag werden auch die Stellungnahmen der Europäischen Sozialpartner, die sie im Rahmen des Anhörungsverfahrens gemäß Art. 154 AEUV abgegeben haben, berücksichtigt werden. Sobald der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der Richtlinie vorliegt, wird er gemäß Art. 153 AEUV dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren unterzogen. Das bedeutet nach dem in Art. 294 AEUV festgelegtem Verfahren, dass eine Änderung der Richtlinie durch gemeinsame Annahme durch das Europäische Parlament und den Rat zustande kommt. Österreich ist in allen damit befassten Gremien des Rates (Ratsarbeitsgruppe „Sozialfragen“, Ausschuss der ständigen Vertreter, Rat der Arbeits- und Sozialminister) und des Europäischen Parlaments (Beschäftigungsausschuss, Plenum) vertreten.
Zur 4. angesprochenen Passage:
Fragen a bis c:
Die Erstellung des Grünbuchs zu den Pensionen erfolgte wie immer durch die Europäische Kommission ohne Einbeziehung der Mitgliedsstaaten und dient als Grundlage für einen Diskussionsprozess auf europäischer Ebene.
Das „Grünbuch-Pensionen“ liefert wertvolle Anregungen in Bezug auf die künftigen Erfordernisse zur langfristigen Finanzierbarkeit des Pensionssystems sowie zur Sicherstellung von angemessenen Pensionshöhen, von denen die Menschen auch im Alter leben können.
Hinsichtlich der im Grünbuch angesprochenen Fragen hat die Bundesregierung in ihrem Programm sowohl die nachhaltige Finanzierung als auch die Reform des Invaliditätsrechtes und der Schwerarbeitspension als wichtige Vorhaben festgelegt.
Zurzeit läuft bis zum 15.11.2010 eine Konsultation der Europäischen Kommission. Österreich erarbeitet derzeit eine Stellungnahme, die im Rahmen der Konsultation eingebracht werden soll. Die Inhalte des Grünbuchs werden im Rahmen von Tagungen des Rates der Beschäftigungs- und SozialministerInnen voraussichtlich im Oktober und Dezember diskutiert. Im Rahmen dieser Debatten wird Österreich seine Positionen ebenfalls vertreten.
Zur 5. angesprochenen Passage:
Frage a:
In Bezug auf die demografische Entwicklung findet ein intensiver Dialog sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene statt, bei dem die zentralen Fragen einer alternden Gesellschaft sowie die Erfordernisse bzw. die Voraussetzungen für eine sinnvolle Migrationspolitik behandelt werden.
Für Österreich ist dabei wichtig, in Anbetracht der alternden Bevölkerung nachhaltige und angemessene Maßnahmen zur Sicherung der Altersversorgung zu entwickeln, zumal Zuwanderung weder die einzige noch die beste Maßnahme ist, um den demografischen Druck abzufangen. Hier bedarf es vor allem neuer Ansätze in der Integrationspolitik. Im Nationalen Aktionsplan für Integration wurden in Zusammenarbeit aller relevanten Ministerien eine Reihe allgemeiner integrationspolitischer Leitlinien entwickelt. In erster Linie gilt es, das im Inland verfügbare Potenzial, insbesondere unter den bereits Zugewanderten, so zu aktivieren und für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren, dass eine allenfalls demographisch bedingte Lücke im Angebot an Arbeitskräften gar nicht erst entsteht oder zumindest bestmöglich geschlossen werden kann. Dabei wurde aber auch festgehalten, dass eine moderate, streng nach arbeitsmarktpolitischen Kriterien geleitete Zuwanderung von Drittstaatsangehörigen in die EU zur Stärkung des europäischen und österreichischen Wirtschaftstandortes notwendig ist.
Frage b:
Österreich ist durch nationale und ständige Vertreter in der EU in allen relevanten Gremien zur Gestaltung der europäischen Integrationspolitik eingebunden, arbeitet aktiv an Richtlinien, Aktionsplänen und EU-Maßnahmen mit und bringt sich kritisch zu konkreten Vorschlägen ein.
Fragen c und d:
Die Europäische Union geht davon aus, dass ab 2013 die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter abnehmen wird und gleichzeitig auch weniger Personen eine Schulausbildung bzw. ein Studium abschließen werden.
Eine gemeinsame Integrationspolitik der EU muss sich diesen demografischen Herausforderungen stellen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und weiter zu stärken. Auch gemeinschaftsrechtliche Regeln für die Arbeitsmigration sind diesen Anforderungen anzupassen.
Dabei soll insbesondere die Mobilität innerhalb der Europäischen Union gefördert werden. Erst wenn dieser EU-interne Arbeitsmarkt nicht ausreicht, um den im Sinne des Wirtschaftswachstums gelegenen Bedarf an zusätzlich benötigten, gut ausgebildeten und fachlich qualifizierten Arbeitskräften zu decken, soll unter klaren Regeln eine Einwanderung aus Drittstaaten ermöglicht werden. Selbst vor dem Hintergrund der ungünstigen demographischen Entwicklung wird mit Nachdruck der Grundsatz verfolgt, dass eine Zuwanderung nur dann und in dem Ausmaß in Betracht kommt, wie der Arbeitsmarkt zusätzliche Arbeitskräfte braucht und auch unmittelbar aufnehmen kann. Mit der Einführung der „Blauen-Karte-EU“ wurde bereits ein erster Schritt gesetzt und der Zugang zum Arbeitsmarkt für Hochqualifizierte erleichtert, sofern das entsprechende Stellenangebot aus dem im Inland verfügbaren Potenzial nicht besetzt werden kann.
Mit freundlichen Grüßen