5911/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.09.2010
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0237-III/4a/2010

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 1. September 2010

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6037/J-NR/2010 betreffend Aktivitäten des Künstlersozialversicherungsfonds, die die Abg. Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen am 8. Juli 2010 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Vorweg wird bemerkt, dass der Künstler-Sozialversicherungsfonds durch das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG), BGBl. I Nr. 131/2000, geschaffen wurde. Gemäß § 3 Abs. 2 K-SVFG besitzt der Fonds eigene Rechtspersönlichkeit.

Die Bescheide des Fonds in Zuschussangelegenheiten sind keine Angelegenheiten der Vollziehung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur. Sie unterliegen ausschließlich der Überprüfung durch den Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtshof, ein Rechtszug an das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur findet nicht statt.

Es handelt sich somit um eine von der Bundesverwaltung unabhängige Organisationseinheit, die jedoch der Aufsicht der Bundesministerin unterliegt.

Nach Befassung des Künstler-Sozialversicherungsfonds ist zu bemerken, dass im Zusammenhang mit dem umfangreichen Detaillierungsgrad der überwiegenden Anzahl der Fragestellungen eine händische Durchsicht der rund 7.500 Unterlagen des Fonds zur exakten Beauskunftung erforderlich wäre. Es darf daher aufgrund des damit verbundenen ungebührlich hohen Personalaufwandes um Verständnis ersucht werden, dass sich die nachstehenden Ausführungen aufgrund einer umfassenden Auskunft des Künstler-Sozialversicherungsfonds auf relevante Punkte, soweit eine elektronische Datenauswertung möglich gewesen ist, konzentriert haben.


Zu Fragen 1 bis 38:

Der Künstler-Sozialversicherungsfonds hat seit seinem Bestehen an insgesamt 7.900 Personen Zuschüsse (für ein oder mehrere Jahre) zuerkannt. Hiefür wurden seitens des Fonds bisher insgesamt EUR 41,359 Mio., davon EUR 5,363 Mio. im Kalenderjahr 2009, aufgewendet.

 

Die Zahl der Anträge auf Zuschüsse zu den Sozialversicherungsbeiträgen in den einzelnen Kalenderjahren stellt sich für die Jahre 2007 bis 2009 wie folgt dar:

 

Kalenderjahr 2007

547

Kalenderjahr 2008

554

Kalenderjahr 2009

599

 

Die Verteilung sämtlicher Antragstellungen auf die einzelnen Kunstgattungen ergibt folgendes Bild: Die bildenden Künstlerinnen und Künstler stellen mit 56,45% die größte Gruppe dar, gefolgt von den Komponistinnen/Komponisten und Musikerinnen/Musikern mit 22,8% sowie den darstellenden Künstlerinnen und Künstlern mit 9,82%. 2,56% der Zuschussempfängerinnen und -empfänger sind der Kurie für Literatur, 0,26% der Filmkurie und 4,23% der allgemeinen Kurie für zeitgenössische Ausformungen der Bereiche der Kunst zuzuordnen. 3,88% fielen in den Zuständigkeitsbereich mehrerer Kurien. Zum angegebenen Prozentsatz für die Filmkurie ist anzumerken, dass diese Kurie erst durch die Novelle 2008 geschaffen worden ist. Vor diesem Zeitpunkt wurden die entsprechenden Anträge von der allgemeinen Kurie behandelt.

 

Von den Antragstellern und Antragstellerinnen waren im letzten Kalenderjahr 61% männlich und 39% weiblich.

 

297 Personen erhalten gemäß § 21 Abs. 5 K-SVFG auf Grund fünfmaliger Unterschreitung der Einkommensuntergrenze bzw. fünfmaliger Überschreitung der Einkommensobergrenze den Zuschuss nunmehr im Nachhinein.

 

Hinsichtlich der Zuschusserhöhungen ist zu bemerken, dass es durch die sorgfältige finanzielle Gebarung des Fonds, auch und insbesondere in Zeiten mancherorts eingetretener Kapitalverluste durch die Wirtschaftskrise, möglich war, die Zuschüsse mehrmals zu erhöhen. Der Zuschuss betrug zunächst EUR 872, wurde mit 1. Jänner 2005 auf EUR 1.026, mit 1. Jänner 2009 auf EUR 1.230 und mit 1. Jänner 2010 auf EUR 1.350 erhöht. Das bedeutet, dass die Zuschussleistungen seit Gründung des Fonds um 54,8% erhöht worden sind.

 

Was die angesprochene Rückforderung von Beitragszuschüssen anbelangt, ist festzuhalten, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung bei Wegfall der Voraussetzungen vom Gesetzgeber nicht aufgehoben worden ist. Durch die Novelle 2008 wurden jedoch die Möglichkeiten des Fonds, auf die Rückforderung zu verzichten, in drei Punkten ganz erheblich erweitert:

 

-     So können im Rückforderungsfall wegen Nichterreichens der Einkommensuntergrenze nunmehr nicht nur wirtschaftliche, sondern verstärkt auch soziale Komponenten berücksichtigt werden, d.h. es kann auch auf die konkreten Lebensverhältnisse in jenem Jahr, in dem die Einkommensuntergrenze nicht erreicht wurde, Rücksicht genommen werden (z.B. längere Krankheit, Schwangerschaft).


-     Bei einer Rückforderung der Beitragszuschüsse wegen Unterschreitung der Einkommensuntergrenze (Einkommen ist hierbei die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben) ist – also als Rechtsanspruch der Künstlerin bzw. des Künstlers – vom KSVF dann auf die Rückforderung zu verzichten, wenn zumindest mit den Einnahmen (also vor Abzug der Betriebsausgaben) der Betrag der Untergrenze erreicht worden ist.

 

-     Schließlich müssen Künstlerinnen und Künstler, die die Einkommensobergrenze überschritten bzw. die Einkommensuntergrenze unterschritten haben, – sofern nicht ohnehin auf die Rückzahlung verzichtet wird – nur mehr jenen Betrag zurückzahlen, um den die Einkommensgrenzen über- bzw. unterschritten wurden. Hat der Zuschuss z.B. EUR 1.000 betragen und es wurde die Einkommensobergrenze um EUR 300 überschritten, so müssen – abgesehen von den oben dargestellten Verzichtsregelungen – jedenfalls nicht mehr als EUR 300 zurück gezahlt werden. Nach der ursprünglichen Rechtslage hätte bei einer Überschreitung auch von nur einem Euro der gesamte Zuschuss zurückgezahlt werden müssen.

 

Was die Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen der Zuschussempfängerinnen und -empfänger durch den Fonds sowie etwaiger Rückzahlungsverpflichtungen betrifft, wurden vom Fonds im Hinblick auf die seit dem Kalenderjahr 2007 laufenden Bestrebungen zur Novellierung des K-SVFG, insbesondere hinsichtlich Erweiterung der Verzichtsmöglichkeiten, die Rückforderungsverfahren wegen Unterschreitung der Mindesteinkommensgrenze bis zur Beschlussfassung über diese Novelle ausgesetzt.

Seit Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 55/2008 wurden vom Fonds diese Überprüfungsverfahren für die vergangenen Kalenderjahre wieder aufgenommen.

Natürlich kommt es im Rahmen dieser Verfahren – entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen – auch zu Rückzahlungen von unberechtigt bezogenen Zuschüssen. Dies betrifft aber jene Künstlerinnen und Künstler, die im jeweiligen Jahr die Einkommensobergrenze überschritten haben bzw. die sich bei Unterschreitung der Einkommensuntergrenze in der Vergangenheit nunmehr in gesicherten finanziellen Verhältnissen befinden.

 

Die neuen Bestimmungen haben allerdings bewirkt, dass der Fonds in einer Vielzahl von Fällen einen Verzicht auf Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Leistungen aussprechen konnte. Dies wird durch folgende Zahlen eindrucksvoll belegt:

Der Künstler-Sozialversicherungsfonds hat bis dato gegenüber 946 Personen auf insgesamt EUR 1,8 Mio. an Rückzahlungen verzichtet. Schon aus diesen Zahlen ist ersichtlich, dass der rechtspolitische Zweck dieser Novelle voll erfüllt worden ist. Damit ist nochmals klar festzustellen, dass die Verschärfung sozialer Härtefälle durch Rückforderungen des Fonds seither der Vergangenheit angehört.

 

Obzwar es sich bei den Verzichtsmöglichkeiten um einen der Hauptpunkte der Novelle handelt, konnten mit dieser Novelle aber auch noch weitere bedeutende Verbesserungen für die Künstlerinnen und Künstler erreicht werden:

 

-     Zuschüsse auch zu Krankenversicherung und Unfallversicherung:

Vor der Novelle konnte der Künstler-Sozialversicherungsfonds nur Zuschüsse zur Pensionsversicherung der selbständigen Künstlerinnen und Künstler leisten. Seither ist eine Erweiterung auch auf Zuschüsse zur Kranken- und Unfallversicherung erfolgt. Dies hat


bewirkt, dass Künstlerinnen/Künstler mit geringerem Einkommen ebenfalls den vollen Zuschussbetrag ausschöpfen können.

 

-     Erleichterungen für das Erreichen der Mindesteinkommensgrenze:

Bei der Berechnung der erforderlichen jährlichen Mindesteinkommens werden jetzt auch Stipendien und Preise (soweit Einkommensersatz) sowie Einkünfte aus Dienstverhältnissen, die die entsprechende künstlerische Tätigkeit zum Inhalt haben, wenn es sich um eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes handelt, berücksichtigt.

 

-     Aliquotierung der Einkommensuntergrenze bei unterjähriger Tätigkeit:

Bei der Einkommensuntergrenze ist nunmehr eine entsprechende Reduktion vorgesehen, wenn die künstlerische Tätigkeit und damit die Pflichtversicherung nicht das gesamte Kalenderjahr vorliegt. Wenn eine Künstlerin oder ein Künstler etwa nur drei Monate in einem Jahr arbeitet, muss er oder sie nur ein Viertel der notwendigen Mindesteinkünfte erzielen.

 

-     Jährliche Valorisierung der Einkommensobergrenze:

Die Einkommensobergrenze wird seit der Novelle jährlich erhöht. Sie beträgt nunmehr das 60-fache der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze nach dem Allgemeinen Sozial­versicherungsgesetz.

 

-     Erhöhung der Einkommensobergrenze ab dem Kalenderjahr 2008 bei Sorgepflichten für Kinder:

Zusätzlich wurde die jährliche Einkommensobergrenze – gestaffelt nach Sorgepflichten für Kinder – entsprechend angehoben. Das bedeutet, sie wird pro Kind, für das Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, um das 6-fache der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, somit um derzeit EUR 2.197,98 pro Kind und Jahr, erhöht.

Für das Kalenderjahr 2010 beträgt die Höchstgrenze bei einem Kind daher EUR 24.177,78, bei zwei Kindern EUR 26.375,76, bei drei Kindern EUR 28.573,74, usw.

 

-     Neue Kurienzuordnung samt verbessertem Rechtsschutz:

Neben einer praxisgerechteren Zuordnung der einzelnen künstlerischen Fachrichtungen zu den bestehenden Kurien, insbesondere der zeitgenössischen Ausformungen zur jeweiligen Grundkurie, wurde auch eine eigene Kurie für Film und Multimediakunst geschaffen.

Zur Verbesserung des Rechtsschutzes wurde weiters zu jeder Kurie eine eigene, aus Expertinnen und Experten derselben Fachrichtung bestehende Berufungskurie eingerichtet.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Künstler-Sozialversicherungsfonds eine wichtige Errungenschaft zur Verbesserung der sozialen Situation der Künstlerinnen und Künstler darstellt. Durch die Schaffung des Fonds konnten für die Kunstförderung neue finanzielle Mittel in bedeutendem Ausmaß lukriert werden. Seit der Gründung des Fonds wurde ein Betrag von EUR 41,3 Mio. an Zuschüssen für Künstlerinnen und Künstler ausbezahlt.


Die Novelle des Künstler-Sozialversicherungsgesetzes aus dem Jahr 2008 hat – entsprechend den bisherigen Erfahrungen in der Vollziehung und gemäß meinen sozial- und kulturpolitischen Überzeugungen – wesentliche Verbesserungen für die betroffenen Künstlerinnen und Künstler gebracht. Damit wurde die wirtschaftliche Situation gerade von einkommensschwächeren Künstlerinnen und Künstlern nicht unerheblich verbessert.

 

Unabhängig von den bereits erreichten wesentlichen Zielsetzungen ist es mir ein persönliches Anliegen, auch zukünftig noch weitere Verbesserungen in diesen Bereichen umzusetzen.

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.