5954/AB XXIV. GP
Eingelangt am 07.09.2010
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara PRAMMER
Parlament
1017 Wien
Wien, am 6. September 2010
Geschäftszahl:
BMWFJ-10.101/0272-IK/1a/2010
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 6237/J betreffend „der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) im Zusammenhang mit der Vermietung von Gebäuden an die österreichischen Universitäten“, welche die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen am 12. Juli 2010 an mich richteten, stelle ich fest:
Eingangs ist festzuhalten, dass der Gegenstand der Anfrage Angelegenheiten der operativen Geschäftsführung eines ausgegliederten Rechtsträgers betrifft und somit per se nicht dem parlamentarischen Interpellationsrecht unterliegt. Im Sinne bestmöglicher Transparenz habe ich jedoch die Geschäftsführung der BIG um eine Stellungnahme ersucht, auf deren Basis Folgendes mitgeteilt werden kann:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die österreichischen Universitäten gemäß § 137 Universitätsgesetz 2002 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die zum Zeitpunkt des vollen Wirksamwerdens dieses Bundesgesetzes bereits bestehenden Mietrechte des Bundes an den universitär genutzten Liegenschaften, Bauwerken und Räumlichkeiten eingetreten sind.
Bei diesen Mietrechten sind im Wesentlichen drei Vertragstypen zu unterscheiden:
· Ex-lege Mietverträge gem. § 5 BIG-Gesetz 1992 in Verbindung mit dem Fruchtgenussrahmenvertrag, abgeschlossen zwischen der Republik Österreich und der Bundesimmobiliengesellschaft vom 28.4.1993 i.d.F. vom 30.4./18.5.1997 sowie mit diversen auf die konkreten Liegenschaften jeweils Bezug habenden Einzelfruchtgenussverträgen
· "Generalmietvertrag", abgeschlossen gem. § 19 BI-Gesetz 2000 zwischen der Republik Österreich und der BIG vom 6.12.2000/2.1.2001
· Diverse Einzelmietverträge zwischen dem Bund bzw. der jeweiligen Universität und der BIG für neu begonnene Neu-, Zu- und Umbauten sowie Generalsanierungen
Die Unterschiede resultieren aus den unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen, nämlich dem BIG Gesetz 1992, BGBl. Nr. 419/ 1992 i.d.g.F. und dem BI-Gesetz 2000, BGBl. I/141/2000 i.d.g.F.
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Die Festlegung bzw. Vereinbarung der Mieten erfolgte gemäß den gesetzlichen Grundlagen, wobei entsprechend den angeführten drei Mietvertragstypen auch drei Mietenberechnungssysteme unterschieden werden können.
Für die auf Basis des BIG-Gesetzes 1992 im Wege des Fruchtgenusses übertragenen Liegenschaften erfolgte die Festlegung der "Normmieten" (exkl. Betriebskosten) für die für Zwecke des Bundes genutzten Flächen gemäß § 5 leg.cit. durch den Bundesminister für Finanzen auf Grundlage eines von Immobilienexperten erstellten Mietenrasters mit drei Lage- und fünf Baualter-, Erhaltungs- und Ausstattungskategorien unter Zugrundelegung der "Modellnutzfläche" (Nutzfläche lt. ÖNORM B1800 + 15%). Sofern diese Normmieten in Einzelfällen (insbesondere Bauträgervorhaben) nicht zur Abdeckung der von der BIG zu übernehmenden Verpflichtungen ausreichten, wurden zusätzlich zeitlich befristete "Zuschlagsmieten" vereinbart. Weitere Details sind den Erläuternden Bemerkungen zum BIG-Gesetz 1992 zu entnehmen. Wirksam wurden die derart als Pauschale je haushaltsleitetem Organ festgelegten Hauptmietzinse durch Abschluss von Fruchtgenusseinzelverträgen zwischen dem Liegenschaftseigentümer Republik Österreich, vertreten durch die liegenschaftsverwaltende Dienststelle, und der BIG. Diese Mietzinse sind – soweit nicht durch Vertragsergänzungen im Einzelfall abgeändert – wertgesichert nach wie vor gültig.
Für jene auf Basis des BI-Gesetzes 2000 der BIG neu übertragenen Liegenschaften, welche zuvor nicht im Fruchtgenussrecht der BIG standen, erfolgte die Festlegung der Hauptmietzinse durch den Abschluss eines "Generalmietvertrages" zwischen der Republik Österreich, vertreten durch das seinerzeitige Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen einerseits und der BIG andererseits. Die Höhe der Hauptmietzinse basierte hierbei auf der im Jahr 2000 vom Institut für Stadt- und Regionalforschung der TU Wien erstellten Studie "marktorientierte Bewertung von Objekten des Bundesimmobilienvermögens". Diese umfasste eine objektweise schematisierte Zuordnung marktorientierter Hauptmietzinse unter Berücksichtigung der Lagegunst, des Bauzustandes und der Nutzungskategorie für die jeweilige Bundesnutzung und unter Zugrundelegung der Nutzflächen. Diese Hauptmietzinse sind für jedes Mietobjekt und Bundesnutzer gesondert in der Anlage zum „Generalmietvertrag“ angeführt und – soweit nicht durch Vertragsergänzungen im Einzelfall abgeändert – wertgesichert nach wie vor gültig. Weitere Details und die Modellrechnung sind dem Bericht des Bautenausschusses zum BI-Gesetz 2000 zu entnehmen.
Die von der BIG mit den jeweiligen "Bundesmietern" abgeschlossenen Einzelmietverträge basieren auf einer detaillierten Mietzinskalkulation gemäß § 4 BI-Gesetz, wonach die BIG zu „marktkonformen Bedingungen“ zu agieren hat. Die dieser Mietzinskalkulation zu Grunde gelegte Berechnungsmethode wurde unter anderem durch die international renommierte Wirtschaftsprüfungskanzlei TPA Horvath überprüft und ihre Marktkonformität bestätigt. Bei diesem barwertorientierten Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung werden zur Ermittlung des Kapitalwertes alle Ein- und Auszahlungen, die während der gesamten Nutzungsdauer bei laufender ordnungsgemäßer Instandhaltung des Investitionsobjektes anfallen, in die Bewertung einbezogen. Weiters wird berücksichtigt, zu welchem Zeitpunkt diese Zahlungen stattfinden. Dazu werden die einzelnen Perioden unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit betrachtet und die Zahlungen, die zu beliebigen Zeitpunkten anfallen, durch Abzinsung auf den Zeitpunkt der ersten Zahlung vergleichbar gemacht.
Antwort zu den Punkten 2 bis 4 der Anfrage:
Die für die Gebäude der BIG erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen werden nach regelmäßigen Begehungen durch die Objektmanagementteams der BIG jährlich auf der Grundlage von beurteilten Gebäudezuständen für jedes Gebäude individuell geplant. Die „Berechnung“ von Instandhaltungskosten ergibt sich dann aus der Bezifferung der zur Umsetzung der jeweiligen Instandhaltungsplanung benötigten Mittel.
Antwort zu den Punkten 5 bis 8 der Anfrage:
Gemäß § 20 MRG ist eine Hauptmietzinsabrechnung nicht für die Gesamtheit der im Eigentum eines Vermieters stehenden Liegenschaften durchzuführen, sondern ganz individuell für jedes einzelne „Haus“, worunter nach der Diktion des MRG ein Grundbuchskörper (eine „EZ“) zu verstehen ist. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die von der BIG für ihre Liegenschaften erstellten Hauptmietzinsabrechnungen nicht immer einen positiven Wert, also eine Mietzinsreserve ergeben, sondern in vielen Fällen auch einen Abgang aufweisen, da Mittel aus Mietzinseinnahmen laufend auch für Instandhaltungsmaßnahmen verwendet werden. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Mietzinsreserve gemäß § 20 MRG eine reine Rechnungsgröße darstellt, die bestimmt, wieweit der jeweilige Vermieter Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen hat bzw. inwieweit er eine Mietzinserhöhung begehren kann. Eine Summierung der Mietzinsreserven aller Liegenschaften widerspräche nicht nur der mietrechtlichen Intention, sondern lässt auch keinerlei Schlussfolgerung auf die liquiditätsmäßige Leistungsfähigkeit der BIG zu.
Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:
Nachdem nahezu alle Mietverhältnisse in Universitätsgebäuden dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegen, treffen die BIG als Vermieterin die Erhaltungspflichten des § 3 MRG. Demgegenüber stehen die Instandhaltungspflichten, welche gem. § 8 MRG den Universitäten in ihrer Stellung als Mieter obliegen.
Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:
Der Bilanzgewinn der BIG (nach UGB) im Geschäftsjahr 2009 beträgt rund 47,7 Mio. €. Die BIG besitzt und bewirtschaftet gleichermaßen Schul-, Universitäts-, Büro- und Amtsgebäude. Zielsetzung des BI-Gesetzes 2000 war eine einheitliche Neuorganisation der Liegenschaftsbewirtschaftung des Bundes. Eine Zuordnung des Ergebnisses auf einzelne Sektoren wäre nicht nur auf Grund der Zuordnung von overhead - Kosten und der Kosten von Non-Profitliegenschaften wie Stollen, Kirchen, etc. sowie von übernommenen Finanzverbindlichkeiten nicht sachgerecht, sondern ließe auf Grund der jährlich wechselnden Ergebnisbeiträge auch keine sinnvolle Schlussfolgerung zu. Der wirtschaftliche Erfolg der BIG war nur durch die einheitliche Bewirtschaftung erreichbar; daher kann das Geschäftsergebnis stets nur als Ganzes bewertet werden.
Antwort zu den Punkten 11 bis 15 der Anfrage:
Die Entscheidung über die Gewinnverwendung und damit auch über allfällige Gewinnentnahmen obliegt im Einklang mit den einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen dem Alleingesellschafter der BIG – dies ist der Bund, vertreten durch das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend. Ab dem Geschäftsjahr 2006 wurde kein Gewinn mehr ausgeschüttet; dieser verblieb in der BIG zur Eigenmittelstärkung und Ermöglichung erheblicher Investitionen, gerade auch im Universitätsbereich. Der Gewinn aus dem Geschäftsjahr 2009 wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend zudem für Investitionen und Kostenbeiträge für thermische Verbesserungen zweckgewidmet. Hiervon profitieren auch die Universitäten. Wie bereits ausgeführt, wäre die Ableitung eines "Gewinnanteils für die Universitäten" verfehlt. Da die BIG Ende 2009 alleine Finanzverbindlichkeiten in Höhe von rund 3,2 Mrd. € hatte, müsste jede Gewinnausschüttung zusätzlich fremdfinanziert werden. Eine Eigenkapitalstärkung der BIG und damit eine Reduktion des Fremdzinsenaufwandes stellt die beste Möglichkeit dar, den Mietaufwand auch für die Universitäten bei künftigen Projekten zu reduzieren.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der dem BI-Gesetz 2000 zu Grunde gelegenen Modellrechnung eine jährliche Gewinnausschüttung von 50% des Jahresgewinnes zuzüglich Gewinnrücklagen unterlegt war.
Antwort zu den Punkten 16 bis 19 der Anfrage:
Entsprechend der vom Gesetzgeber zugeteilten Verantwortlichkeiten besteht das Kerngeschäft der BIG in der Zurverfügungstellung von Raum, während die Universitäten der wissenschaftlichen Forschung und Lehre dienen. Soweit Bauprojekte von Universitäten auf im Eigentum der BIG stehenden Liegenschaften realisiert werden sollen, versteht es sich, dass diese nur im Einvernehmen zwischen den beteiligten Partnern und im Wege des Abschlusses eines Mietvertrages umsetzbar sind. Bezüglich der Mietenkalkulation für derartige Projekte wird auf die Antwort zu Punkt 1 der Anfrage verwiesen. Die Behauptung der Behinderung der
Entwicklung von Universitäten ebenso wie der Nötigung zum Abschluss von „Knebelverträgen“ durch die BIG weise ich entschieden zurück. Jüngste Beispiele, wie der neue Campus der WU Wien oder der in Vorbereitung befindliche Campus der Med Uni Graz, beweisen genau das Gegenteil, nämlich dass die Universitäten die BIG als Partner schätzen und die Zusammenarbeit daher auch auf nicht BIG-eigenen Liegenschaften suchen.
In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass die BIG nicht der einzige Vermieter der österreichischen Universitäten ist, da es eben allen Bundesmietern - und so auch den Universitäten – grundsätzlich freigestellt ist, wo sie sich einmieten.
Antwort zu Punkt 20 der Anfrage:
Mit dem BI-Gesetz 2000 hat der Gesetzgeber die Basis für eine umfassende Reform der Immobilienbewirtschaftung des Bundes geschaffen und ist hierbei im Sinne der Effizienz von einer klaren Trennung der Aufgaben des Bundes von jenen der Raumbereitstellung für diesen ausgegangen. Die BIG hat für die ihr übertragenen Liegenschaften einen Basiskaufpreis bezahlt, der über die Mieten refinanziert werden muss. Die BIG bewirtschaftet die Liegenschaften mit großem Erfolg im Sinne der Vorgaben des Gesetzgebers nach den Grundsätzen der Privatwirtschaft. Die Bundesmieter, so auch die Universitäten, nutzen die bei der BIG angemieteten Gebäude auf Basis marktüblich gestalteter Mietverträge. Grundsätzlich ist anzumerken, dass nur bei Leasing- und Ratenkäufen eine Erwerbsoption in Betracht kommt.
Antwort zu den Punkten 21 bis 23 der Anfrage:
Eine Übertragung universitär genutzter Gebäude der BIG an die Universitäten wäre nur im Wege eines zivilrechtlichen Verkaufes möglich, was allerdings den Intentionen des geltenden BI-Gesetzes widersprechen würde. Zudem wären dadurch erhebliche Effizienz- und Wissensverluste sowie höhere Refinanzierungskonditionen zu erwarten.
Eine Mietfreistellung würde das synallagmatische Gleichgewicht im Mietverhältnis empfindlich stören und hätte zwangsläufig auch Auswirkungen auf das Rating, wodurch sich wiederum die Refinanzierungskonditionen erheblich verschlechtern würden.