5960/AB XXIV. GP

Eingelangt am 07.09.2010
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0176-Pr 1/2010

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 5957/J-NR/2010

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Heinz-Christian Strache und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Telefonbetrug“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Die Problematik des „Cold Calling“ an sich sowie die in der Anfrage angeführten Sachverhalte sind im Bundesministerium für Justiz bekannt.

Zu 2:

Der Schutz der Verbraucher vor unerbetenen Werbeanrufen war schon bisher auf mehreren Ebenen geregelt: Zum einen erklärt § 107 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG) Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers für unzulässig. Verstöße dagegen sind mit einer Verwaltungsstrafe bis zu 37.000 Euro sanktioniert. Zudem stellen unerbetene Werbeanrufe nach der Judikatur unlautere bzw. aggressive Geschäftspraktiken im Sinne der §§ 1 und 1a des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) dar, sodass (auch durch Verbandsklage zu verfolgende) Unterlassungs- sowie Schadenersatzansprüche in Betracht kommen. Auf Verträge, die im Rahmen eines unerbetenen Werbeanrufs abgeschlossen werden, sind darüber hinaus in aller Regel die Bestimmungen über Vertragsabschlüsse im Fernabsatz (§§ 5a bis 5i Konsumentenschutzgesetz; KSchG) anzuwenden, nach denen nicht nur bestimmte Informationspflichten vom Unternehmer zu erfüllen sind, sondern grundsätzlich auch ein Rücktrittsrecht des Verbrauchers (§ 5e KSchG) besteht. Allerdings ist das Rücktrittsrecht gemäß § 5f KSchG bei bestimmten Verträgen – so etwa bei Verträgen über Wett- und Lotteriedienstleistungen, aber auch schlechthin bei Verträgen über Dienstleistungen, mit deren Ausführung dem Verbraucher gegenüber vereinbarungsgemäß innerhalb von sieben Werktagen ab Vertragsschluss begonnen wird – ausgeschlossen.

Um diese von mehreren Seiten als ungenügend empfundene Rechtslage zu verbessern, hat das Bundesministerium für Justiz einen Entwurf eines Konsumentenschutzrechts-Änderungsgesetzes 2010 (KSchÄG 2010) erstellt und zur allgemeinen Begutachtung versendet. Dieser Entwurf sieht für Verträge, die während eines unerwünschten Telefonanrufs geschlossen worden sind, ein besonderes, an die Regelung des § 107 Abs. 1 TKG anknüpfendes Rücktrittsrecht vor. Die Rücktrittsfrist beträgt wie beim bestehenden Fernabsatz-Rücktrittsrecht sieben Werktage. Für den Beginn der Frist wurde jedoch – durch das Abstellen auf den Erhalt bestimmter Informationen, insbesondere auch jener über das Rücktrittsrecht, in Schriftform – eine spezielle Regelung gewählt, die verhindern soll, dass der Unternehmer den Verbraucher durch bewusste Nichtinformation um die Möglichkeit des Rücktritts bringt. Zudem sollen die in § 5f Abs. 1 Z 1, 5 und 6 KSchG genannten Ausnahmen nicht gelten.

Zu 3 und 4:

Die Beurteilung der Abbuchungspraxis von Bankinstituten und die Einleitung einer allfälligen Änderung der Rechtslage obliegen nicht dem Bundesministerium für Justiz, sondern dem Herrn Bundesminister für Finanzen.

Zu 5 und 6:

Diese Fragen beziehen sich auf eine Strafsache, die sich im Stadium offener Ermittlungen befindet. Ich ersuche um Verständnis, dass mir die Beantwortung von Fragen im Hinblick auf die Nichtöffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens (§ 12 StPO) derzeit nicht möglich ist, weil dadurch Rechte der Verfahrensbeteiligten verletzt und der Erfolg der Ermittlungstätigkeit gefährdet werden könnten.

Konkrete Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens wurden bereits von der Staatsanwaltschaft Wien gesetzt.

. September 2010

 

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)