6021/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.09.2010
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                 Wien, am 8. September 2010

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0172-I/4/2010

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6065/J vom 8. Juli 2010 der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. bis 5., 7. und 9.:

Auf die einschlägigen Rechtsvorschriften in den Materiengesetzen, in den das Zivilprozessverfahren regelnden Gesetzen und in den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Verfahrensnormen, insbesondere auf die Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, das Bundesgesetz betreffend ergänzende Regelungen zur Durchführung des Zollrechts der Europäischen Gemeinschaften (Zollrechts-Durchführungsgesetz), BGBl. Nr. 659/1994, die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. EG Nr. L 302 vom 19.10.1992, S. 1., sowie das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, jeweils in der geltenden Fassung, wird verwiesen.


Zu 6., 8., 10. und 11.:

Es wurden in 21 Fällen schriftliche Verwarnungen gemäß § 35 Abs. 4 TabMG erteilt. Die zugrunde liegenden Vertragsverletzungen betrafen unerlaubte Nebenartikel, die unerlaubte Zustellung von Tabakerzeugnissen, Jugendschutz und verbotene Werbung.

 

Es wurde in 2 Fällen von der Vertragskündigung abgesehen und eine Geldbuße verhängt. Die zugrunde liegenden Vertragsverletzungen betrafen im Wesentlichen den Bereich der Einhaltung des Jugendschutzes.

 

Erlöschungen von Bestellungsverträgen mit Trafikanten im Sinne des § 35 Abs. 1 TabMG werden nicht „ausgesprochen“, sondern treten ipso iure mit dem Vorliegen bestimmter rechtlich relevanter Tatsachen ein. Die Monopolverwaltung GmbH hat lediglich festzustellen, dass bestimmte Umstände, beispielsweise der Tod des Trafikanten, eingetreten sind. Insgesamt sind im 1. Halbjahr 2010 25 Erlöschungen eingetreten, vorwiegend Todesfälle beziehungsweise erloschene Gewerbeberechtigungen.

 

Im 1. Halbjahr 2010 wurden 9 Bestellungsverträge aufgrund des § 35 Abs. 2 Z. 2 und 3 TabMG 1996 gekündigt, in erster Linie wegen nicht erlaubter Zustellung.

 

Zu 12. bis 15.:

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das TabMG 1996 mit breiter Mehrheit vom Nationalrat beschlossen wurde. Es ging dieser Beschlussfassung eine umfassende Diskussion aller Beteiligten sowie eine umfassende Prüfung im Rahmen der parlamentarischen Behandlung sowie durch die EU im Rahmen des Beitrittsverfahrens Österreichs voraus.

 

Der Gesetzgeber hat die Rechtsbeziehungen im Bereich des Monopolwesens privatrechtlich ausgestaltet. Dies ist verfassungsrechtlich zulässig. Die Monopolverwaltung GmbH wurde als unabhängige Stelle eingerichtet. Die frühere Tabakverschleißbefugnis wurde abgeschafft, und die Berechtigung des Trafikanten gründet sich ausschließlich auf einen zivilrechtlichen Bestellungsvertrag. Diese Rechtsverhältnisse unterliegen der gerichtlichen Kontrolle, welche einen Instanzenzug aufweist.


Die in der vorliegenden schriftlichen parlamentarischen Anfrage angeführten Beispiele eines vermeintlichen „Quasi-Instanzenzuges“ im TabMG 1996 betreffen ausschließlich Verfahren zur Begründung von neuen Bestellungsverträgen, nämlich im wesentlichen die Fragen, ob eine neue Trafik errichtet werden kann und welcher von mehreren Bewerbern in Beachtung der Auswahlkriterien des TabMG zum Zug kommen soll.

 

Der Gesetzgeber hat aber ausdrücklich Fragen bestehender Rechtsverhältnisse durch ein abgestuftes System von Maßnahmen geregelt, welche im Streitfall zivilrechtlich bzw. zivilgerichtlich zu überprüfen sind. Eine monopolrechtliche Parteistellung anderer Trafikanten in einzelnen Besetzungsverfahren besteht nicht.

 

Ein Instanzenzug in der Gestalt eines Rechtsmittel- bzw. Rechtsbehelfsverfahrens ist grundsätzlich nur gegen behördliche bzw. gerichtliche Entscheidungen vorgesehen. Die Angelegenheiten des Kleinhandels mit Tabakerzeugnissen sind hingegen gemäß § 14 TabMG 1996 von der Monopolverwaltung GmbH zu besorgen. Diese hat insbesondere Tabaktrafikanten mit zivilrechtlichem Vertrag zu bestellen, Trafikanten bzw. Bewerber um Trafiken zu beraten und auf die Einhaltung der für den Kleinhandel geltenden Rechtsvorschriften und Bestellungsverträge zu achten. Da die Monopolverwaltung GmbH mit Instrumenten des Zivilrechts tätig wird, ist auch bei allfälligen Rechtsstreitigkeiten der zivilprozessuale Weg zu beschreiten.

 

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass einige der einleitenden Ausführungen in der vorliegenden schriftlichen parlamentarischen Anfrage nicht der geltenden Rechtslage entsprechen. So ist eine Berufung eines Trafikwerbers „nach einer abschlägigen Bewertung durch die jeweilige Besetzungskommission“ an „eine Besetzungsoberkommission als quasi 2. Instanz“ im TabMG 1996 nicht vorgesehen. Bewerber um eine Trafik, deren Anbot durch die Besetzungskommission nicht berücksichtigt wurde, können bei der Monopolverwaltung GmbH einen begründeten schriftlichen Antrag stellen, dass diese endgültig entscheiden solle, wer zum Tabaktrafikanten zu bestellen ist. Die endgültige Entscheidung liegt also gemäß § 33 TabMG bei der Monopolverwaltung GmbH, während die sog. Besetzungsoberkommission lediglich ein Gutachten abgibt.

 

Auch der in der vorliegenden Anfrage erwähnte Neuerrichtungsbeirat, der gemäß § 19 TabMG 1996 für die Neuerrichtung und Verlegung von Tabaktrafiken sowie die Neuerrichtung und Verlegung von Tabakwarenautomaten zu bilden ist, kann nicht als „2. Instanz“ angesehen werden.


Zugleich wäre daran zu erinnern, dass das TabMG 1996 sowohl in Fällen einer Neuerrichtung als auch bei der Verlegung einer Tabaktrafik auf die Interessen anderer Trafikanten Bedacht nimmt; § 24 TabMG 1996 schreibt eine Bedarfsprüfung vor, es muss also ein dringender Bedarf für eine Neuerrichtung bestehen. Darüber hinaus muss eine nicht zumutbare Schmälerung des Ertrages benachbarter Tabaktrafiken ausgeschlossen erscheinen. Ergänzend ist die Standesvertretung der Trafikanten verpflichtend in den Entscheidungsprozess einzubinden. Vor der Zulassung einer Neuerrichtung, bei einer Standortverlegung vor der entsprechenden Änderung des Bestellungsvertrages, ist von der Monopolverwaltung GmbH ein Gutachten des Landesgremiums der Tabaktrafikanten einzuholen. Spricht sich das Landesgremium gegen die Neuerrichtung oder die Standortverlegung aus, kann die Monopolverwaltung GmbH zusätzlich ein Gutachten des Neuerrichtungsbeirates einholen. Vor Abgabe des Gutachtens dieses Beirates darf dann die Neuerrichtung oder die Standortverlegung nicht vorgenommen werden.

 

Hinsichtlich der Kündigung eines Bestellungsvertrages ist darauf hinzuweisen, dass das Vorliegen der Kündigungsgründe in jedem Einzelfall sorgfältig durch die Monopolverwaltung GmbH geprüft wird und diese vor der Kündigung des Bestellungsvertrages das Landesgremium der Tabaktrafikanten anzuhören hat. Die Kündigung des Bestellungsvertrages wegen Nichteinhaltung desselben durch den Trafikanten stellt keinen „Widerruf der Rechtsstellung“, sondern die Auflösung eines zivilrechtlichen Vertrages durch einseitige Willenserklärung eines Vertragspartners dar. Der Rechtssystematik des TabMG folgend ist die Überprüfung einer Vertragskündigung durch die ordentlichen Gerichte - samt dem zivilprozessualen Instanzenzug - vorgesehen.

 

Darüber hinaus sieht das TabMG 1996 vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen die schriftliche Verwarnung durch die Monopolverwaltung GmbH als gelinderes Mittel einer Kündigung des Bestellungsvertrages voran zu gehen hat. Diese Information des Trafikanten hat keinen Sanktionscharakter, sondern soll ihn auf sein vertragswidriges Verhalten und die zivilrechtlichen Konsequenzen hinweisen und vor allem dazu führen, dass er die für ihn geltenden Bestimmungen in Zukunft einhält.


Bei bestimmten Verstößen darf anstelle einer Kündigung bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe eine Geldbuße verhängt werden. Die im § 35 Abs. 6 TabMG vorgesehenen Geldbußen haben den Charakter von Vertragsstrafen, welche bei bestimmten Vertragsverletzungen als gelinderes Mittel anstelle der Vertragskündigung verhängt werden können. Vorab ist eine Stellungnahme der Berufsvertretung des Trafikanten (Landesgremium der Tabaktrafikanten) einzuholen. Dem betroffenen Trafikanten steht – wie in allen anderen Bereichen – die zivilrechtliche Überprüfung samt dem dort vorgesehenen Instanzenzug offen.

 

Die Rechte der Trafikanten im Verhältnis zur Monopolverwaltung sind im Tabakmonopolgesetz sowie im jeweiligen Bestellungsvertrag genau geregelt und werden von der Monopolverwaltung genau beachtet. Weiters werden die Interessen der Trafikanten durch zahlreiche Mitwirkungsrechte der durch die Wirtschaftskammer wahrgenommenen Berufsvertretung vertreten. Im Ergebnis werden die Rechte der Tabaktrafikanten durch die vorstehend erwähnten Regelungen des TabMG 1996 und letztlich durch die Möglichkeit, den Zivilrechtsweg zu beschreiten, hinreichend und in bewährter Weise geschützt. Das Tabakmonopolgesetz entspricht somit vollständig allen rechtsstaatlichen Anforderungen.

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass an die Monopolverwaltung weder von Trafikantenseite noch von der Berufsvertretung Anliegen betreffend die Einführung eines „monopolrechtlichen Instanzenzuges“ herangetragen worden sind.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Josef Pröll eh.