6065/AB XXIV. GP

Eingelangt am 09.09.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

 

 
NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0123-I 3/2010

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 8. SEP. 2010

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Dietmar Keck, Kolleginnen und

Kollegen vom 9 Juli 2010, Nr. 6071/J, betreffend aktuellen Eierbetrug

in der Steiermark durch eine bäuerliche Genossenschaft – Ursachen,

Umfang, Konsequenzen und Lösungsvorschläge

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen vom 9. Juli 2010, Nr. 6071/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zur Präambel:

 

Die Kontrollstelle im Rahmen des AMA-Gütesiegelprogrammes „Frischeier“ bei der Packstelle Goldmund sowie bei den meisten anderen Packstellen ist die KaN (Kontrollstelle für artgemäße Nutztierhaltung). Diese hat 2009 dreimal am Betrieb kontrolliert. Die letzte Kontrolle fand im relevanten Zeitraum statt, jedoch konnte die Einfuhr von ausländischen, ungeprinteten Eiern von dieser „Kontrollstelle“ nicht aufgezeigt werden. Die Aussage, dass sich die Produzenten selbst kontrollieren, ist unzutreffend.


Konsumentenschützer/-innen sind bereits derzeit bei der Richtlinienentwicklung eingebunden. In diversen Gremien der AMA sind alle Sozialpartner - unter anderem auch die AK –

 vertreten. In der Vergangenheit wurden bereits viele Maßnahmen im Sinne der Konsumentinnen/-en umgesetzt, z.B. Stempelung der Eier am Legehennenbetrieb, Verbot des Schnabelstutzens, ausschließlicher Einsatz zertifizierter Futtermittel.

 

Die AMA hat in den letzten Jahren mehrere Unregelmäßigkeiten in diesem Sektor aufgedeckt und viele qualitäts- und herkunftssichernde Maßnahmen gesetzt. So wurden z.B. eine verpflichtende Stempelung der Eier am Legehennenbetrieb und standardisierte Warenbegleitdokumente eingeführt, damit die Herkunft besser abgesichert werden kann.

 

Hingewiesen wird, dass für den Schutz vor Irreführung und Täuschung letztendlich das Bundesministerium für Gesundheit zuständig ist. Die nach den Bestimmungen des LMSVG bei Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Regelungen (einschließlich Schutz der Verbraucherinteressen) vorgesehenen Maßnahmen sind auch für Eier und sonstige dem Vermarktungsnormengesetz unterliegende Waren (Lebensmittel) anwendbar.

 

Zu Frage 1:

 

Mit § 13 Vermarktungsnormengesetze (VNG) wurden die Befugnisse und Möglichkeiten für Kontrollorgane im Bereich der (Inlands-)kontrolle erheblich erweitert. So ist es dem Kontrollorgan nach § 13 Abs. 2 VNG – im Gegensatz zum früheren Qualitätsklassengesetz – nun möglich, bei der Kontrolle von Transportmitteln sowie bei dringendem Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach dem VNG die Einhaltung der verschiedenen Vermarktungsnormen auch außerhalb der üblichen Betriebszeiten eines Unternehmens zu überprüfen. Zudem haben nun Organe der Bundespolizei nach § 13 Abs. 9 VNG auf Ersuchen Unterstützung bei der Kontrolle zu leisten.

 

Die Verordnung über Vermarktungsnormen für Eier, BGBl II Nr. 365/2009, ermöglicht die Vergabe einer Stallnummer, die an den bisherigen Erzeugercode von Legehennenbetrieben angefügt wird. Dadurch ist in Fällen von Stallnummern eine Rückverfolgung des Eies bis zum Stall des einzelnen Erzeugerbetriebes gegeben.

 

Zu den Fragen 2, 3, 6, 15 und 18:

 

Es darf auf die für die Öffentlichkeit zugängliche Transparenzdatenbank (www.transparenz­datenbank.at) verwiesen werden.


Zu den Fragen 4 und 5:

 

In den Jahren 2002 bis 2005 gab es im Rahmen des AMA-Gütesiegelprogramms jährlich Kontrollen der Eipackstelle Schlögl, wobei nur geringgradige Abweichungen festgestellt wurden. Von 2003 bis 2005 hat der Betrieb das AMA-Gütesiegel nicht auf den Packungen verwendet. Bei den Kontrollen am 23.11.2006 (Kontrollstelle KaN und AMA Marketing) wurde die Falschkennzeichnung aufgedeckt.

 

Auf Grund der im Rahmen der AMA-Gütesiegel Vor-Ort-Kontrolle festgestellten Abweichungen wurde auf Basis des Lizenzvertrages die Sanktionsstufe 4 ausgesprochen. Die höchstmögliche Konventionalstrafe (€ 37.500,--) wurde in Rechnung gestellt und der sofortige Entzug des Zeichenverwendungsrechts (=Vermarktungsverbot im Rahmen des AMA-Gütesiegels, Sperre am 30.11.2006) für die Dauer von zwei Wochen wurde ausgesprochen.

Die Behörden wurden am 30.11.2006 verständigt (BMLFUW und das Amt der Burgenländischen Landesregierung). Umfangreiche Korrekturmaßnahmen wurden verhängt (permanente Überwachung durch die KaN, Verbesserung der innerbetrieblichen Warenflüsse, tägliche Meldung der Ein- und Ausgänge aller Haltungsformen inkl. Industrieware).

 

Zu Frage 7:

 

Über den Gang des Strafverfahrens liegen keine Informationen vor. Aus diesem Grunde ist eine nähere Bewertung nicht möglich.

 

Letzte Umfrageergebnisse vom Juni 2010 zeigen, dass das AMA-Gütesiegel mit einem Bekanntheitsgrad gleichbleibend bei 95% auf höchstem Niveau angesiedelt ist. Die Glaubwürdigkeit in das AMA Gütesiegel wird von 62% der Befragten als „sehr glaubwürdig“ und von 26% als „eher glaubwürdig“ eingestuft. Diese Werte sind seit 2009 konstant. Diese hohe Kundenzufriedenheit gilt es weiter zu steigern. Eine strafrechtliche Verurteilung des Anton Schlögl hätte das Image des AMA-Gütesiegels wahrscheinlich nicht verbessern können, weil kein direkter Zusammenhang besteht.

 

Jeder Betrugsfall wirkt sich nachteilig auf das Vertrauen in das AMA Gütesiegel aus. Daher wird vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) darauf geachtet, dass unabhängige und risikobasierte Kontrollsysteme, Sicherheit für dieses Gütesiegel gewährleisten.


Es wird bereits an der Einführung einer zentralen Eierdatenbank gearbeitet, damit die Warenstromanalysen noch transparenter werden. Alle Gütesiegelbetriebe müssen in Zukunft die Mengenströme von Zukauf, Verkauf usw. darin eintragen. Die Datenbank soll unabhängig arbeiten.

 

Zu den Fragen 8 und 9:

 

Die Frage der Anwendbarkeit des § 5 LMSVG im gegenständlichen Fall wäre rechtlich zu prüfen. Diese Prüfung obliegt jedoch nicht dem BMLFUW.

 

§ 21 Abs. 1 VNG sieht bei Verstößen z.B. gegen Kennzeichnung, Einstufung oder Verpackung Geldstrafen bis zu 10.900 €, im Wiederholungsfall bis zu 21.800 € vor (sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt).

 

Bei wiederholter Übertretung ist gemäß § 22 VNG auch der Verfall der Ware möglich.

 

Zu den Fragen 10 und 11:

 

In den Jahren 2005 – 2009 wurden insgesamt 5.140 Kontrollen durchgeführt. Daber gab es 465 Beanstandungen und 9 Anzeigen.  Da es im Eierbereich eine überschaubare Anzahl an Betrieben gibt, wird keine bundesländerspezifische und nach Jahren aufgelistete Auswertung dargestellt, da diese Rückschlüsse auf den kontrollierten Betrieb zulassen würde.

 

Zu Frage 12:

 

Eine „Verländerung“ einer bisherigen Bundeskompetenz in Zusammenhang mit der Inlandskontrolle von Vermarktungsnormen ist nicht erfolgt. Ebenso wie das frühere Qualitätsklassengesetz 1967 wird auch das VNG im gegenständlichen Bereich in mittelbarer Bundesverwaltung, also durch Landesbehörden, vollzogen. Wie bisher sind daneben einzelne besondere Bundesorgane, die für die Kontrolle von größeren Konsumzentren oder von Gebieten mit größerem Anfall von für den Markt bestimmten Erzeugnissen bestellt wurden, tätig.


Zu Frage 13:

 

Der gegenständliche Eierskandal wurde offensichtlich in betrügerischer Absicht des mutmaßlich Beschuldigten verursacht und von diesem gut verschleiert, so dass dies bei den Kontrollen nicht aufgedeckt werden konnte. Die Kontrollen erfolgen in der Regel anhand von Stichproben sowie auf Grundlage einer Risikoanalyse des Betriebes.

 

Eine totale Kontrolle eines Betriebes unter Einschluss von Warenstromanalysen über einen größeren Zeitraum kann aus Kosten- und Zeitgründen nicht bei jeder Kontrolle, sondern nur bei entsprechenden Verdachtsmomenten durchgeführt werden.

 

Zu Frage 14:

 

Schon derzeit werden - abhängig von der Schwere des Deliktes – die Verstöße unterschiedlich geahndet. Das VNG enthält Strafbestimmungen bei minderschweren Verstößen, indem es Verwaltungsstraftatbestände festlegt. Gröbere Verstöße werden hingegen durch Kriminalstraftatbestände (z.B. StGB, LMSVG) abgedeckt und sind vor den ordentlichen Gerichten abzuhandeln.

 

Zu den Fragen 19 bis 21:

 

Am 13. Juni 2010 erstatteten Mitarbeiter der Firma Goldmund aus Feldbach Anzeige bei der Polizei. Daraufhin informierte die Polizei per Telefon den Technischen Prüfdienst (TPD) der AMA in Graz.

Am 14. Juni 2010 wurde die AMA Marketing vom TPD telefonisch in Kenntnis gesetzt. Es bestehe der Verdacht, dass ungestempelte ausländische Eier importiert, mit heimischen Erzeugercodes versehen und als österreichische Eier vermarktet wurden.

Das BMLFUW wurde am 28. Juni 2010 per Fax seitens der AMA Marketing über Unregelmäßigkeiten im Betrieb Goldmund Eierhandel Reg. GenmbH, die im Zuge von Kontrollen  gemäß der AMA – Gütesiegel Richtlinie „Frischeier“ und dem Kennzeichnungs- und Registrierungssystem „Ovum“ festgestellt wurden, informiert.


Zu Frage 22:

 

Maßnahmen ab 28. Juni 2010 (Montag):

      Betrieb wird für die Vermarktung im Rahmen AMA-Gütesiegel gesperrt (Vermarktungs­verbot) und die beim AMA-Gütesiegel teilnehmenden Handelsketten wurden davon in Kenntnis gesetzt.

      Behörden werden verständigt (BMLFUW und Amt der Stmk LR).

      höchste Konventionalstrafe durch die AMA Marketing wird verhängt (Konventionalstrafe von 37.500,--€).

      umfangreiche Korrekturmaßnahmen wurden verhängt: z.B.:

·       Seit 29. Juni permanente Überwachung der Packstellentätigkeiten,

·       Betrieb darf nur mehr gestempelte Eier zukaufen (auch außerhalb des AMA-Gütesiegels),

·       Ein- und Abgänge müssen täglich gemeldet werden.

 

Maßnahme am 22. Juli 2010:

      Lizenzverträge „ovum“ und „AMA-Gütesiegel“ werden gekündigt und die beim AMA-Gütesiegel teilnehmenden Handelsketten wurden davon in Kenntnis gesetzt.

 

Zu Frage 23:

 

Derzeit werden die Ermittlungen im Rahmen des zu führenden Strafverfahrens von den zuständigen Stellen geführt. Nach Abschluss dieser Erhebungen ist von den Strafgerichten über die weiteren Maßnahmen zu entscheiden.

 

Zu Frage 24:

 

Der vorliegende Fall wurde zum Anlass genommen, dass im Rahmen des AMA-Gütesiegel verstärkte Kontrollen durchgeführt werden und (wie zu Fragen 7 bereits ausgeführt) eine Eierdatenbank eingerichtet wird, in der die Mengenflüsse der Eier zeitnah und lückenlos dokumentiert werden.

 

Der Bundesminister: