608/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.03.2009
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BM für Wissenschaft und Forschung

Anfragebeantwortung

 

 

 

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                BMWF-10.000/0004-Pers./Org.e/2008

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Wien, 6. März 2009

 

 

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 546/J-NR/2009 betreffend fragwürdiger Interessenverflechtungen von Angehörigen Medizinischer Universitäten mit Pharmafirmen, die die Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen am 12. Jänner 2009 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Zu den allgemeinen Aussagen in der Präambel zur Anfrage ist seitens des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung zu bestätigen, dass den Ethikkommissionen an allen drei Medizinischen Universitäten eine wichtige Aufgabe zukommt, die verantwortungsvoll wahrgenommen wird.

 

Die in der Publikation von Dr. Hans Weiss enthaltenen Informationen wurden durch die „Kompilierung“ von Publikationen einzelner Ärzt/innen generiert, die sich an die internationale Verein-barung der Offenlegung von möglichen Interessenkonflikten im Rahmen von Publikationen gehalten haben. Die Expertise von Klinikärzt/innen für Pharmafirmen und deren Teilnahme an Boards ist im Sinne des Wissenstransfers und der in den § 1 und 3 Universitätsgesetz 2002 genannten Ziele und Aufgaben der Universität in deren Interesse und für den Fortschritt in der Medizin unentbehrlich.

 

Zur Aussage, dass der Medizinjournalist Dr. Hans Weiss „neun renommierte österreichische  Klinikärzt/innen“ aufzählt, die mit Pharmafirmen kooperieren, ist festzuhalten, dass von den im Anhang der Publikation angeführten neun österreichischen Ärzt/innen, von denen eine Zusammenarbeit mit einzelnen Pharmafirmen behauptet wird, lediglich sechs Angehörige von Medizinischen Universitäten sind.

 

Zu Fragen 1 bis 3:

Dienst- und Disziplinarbehörde (für Beamte) sowie Arbeitgeber (für Angestellte) der Angehörigen der Medizinischen Universitäten ist das Amt der jeweiligen Universität als Dienstbehörde erster Instanz, geleitet vom Rektor.

 

Zu dem in der Anfrage angeführten Verfahren im Zusammenhang mit einer Zelltherapie an der Universitätsklinik für Urologie der Medizinischen Universität Innsbruck ist auf die laufenden zivil- und strafrechtlichen Verfahren hinzuweisen. Das Amt der Medizinischen Universität Innsbruck hat die Entscheidung getroffen, eine vorläufige Suspendierung des Hauptbetroffenen auszusprechen, um das Ansehen der Universität und das Vertrauen der Bevölkerung in den Standard der Patientenversorgung am Standort zu sichern. Damit ist die Zuständigkeit in diesem Fall an die zuständige Disziplinarkommission übergegangen. Vor dem rechtskräftigen Abschluss dieser Verfahren und den sich daraus ergebenden Feststellungen der maßgeblichen Sachverhalte können keine Aussagen über das Erfordernis allfälliger dienst- und disziplinarrechtlicher
Maßnahmen getroffen werden.

 

Zur Vermeidung derartiger Fälle haben die einzelnen Medizinischen Universitäten wesentliche Maßnahmen gesetzt:

 

Die Medizinische Universität Wien hat bereits vor längerer Zeit klare Richtlinien zur „Good    Scientific Practice“, Regelungen für Nebenbeschäftigungen und Antikorruptionsrichtlinien
erlassen, die von allen Mitarbeiter/innen der Medizinischen Universität Wien einzuhalten und auf der Homepage publiziert sind. Unmittelbar nach Erscheinen des Buches hat die Medizinische Universität Wien zum Thema „Antikorruption in der Medizin“ eine umfassende Stellungnahme abgegeben und ebenfalls auf der Homepage der Universität publiziert.

 

Die Medizinische Universität Graz hat bereits im Jahr 2005 das für alle Forscherinnen und     Forscher verbindliche Regelwerk „Standards of Good Scientific Practice and Ombuds           Committee at the Medical University of Graz“ erstellt und eine Ombudsstelle für wissenschaft­liche Qualitätssicherung eingerichtet.

 

Die Medizinische Universität Innsbruck hat ein „Scientific Integrity Board“, besetzt mit externen unabhängigen Expert/innen, eingerichtet.

 

Alle drei Medizinischen Universitäten sind der mit November 2008 errichteten österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität beigetreten.

 

An allen drei Medizinischen Universitäten leistet die Ethikkommission ständige Aufklärungs- und Informationsarbeit.

 

Zu Frage 4:

Die Frage nach „gesetzlichen und strukturellen Schwachstellen“ der Korruptionsvermeidung im Arzneimittelwesen fällt in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Gesundheit und der Bundesministerin für Justiz.

 

Zu Frage 5:

Die Medizinische Universität Wien hat – wie bereits oben ausgeführt – zum Thema „Antikorruption in der Medizin“ eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben, die auf der Homepage http://www.meduniwien.ac.at/homepage/  veröffentlicht wurde.

 

Die Medizinische Universität Graz unterstützt und fördert grundsätzlich die Einwerbung von Drittmitteln für die Übernahme und Durchführung von Vorhaben in universitärer Forschung und

Lehre und hat in der Richtlinie des Rektorates betreffend die „Regelung von Drittmittelaktivitäten
an der Medizinischen Universität Graz“ vom Juli 2007, veröffentlicht im Mitteilungsblatt 7. Stück, RN 33 vom 19. Dezember 2007, verbindliche Vorschriften für die Universitätsverwaltung,
Antragsteller/innen und Drittmittelpersonal zur Einwerbung und Verwendung von Drittmittel festgelegt. Genehmigte Drittmittelprojekte werden kaufmännisch, rechtlich, organisatorisch und
finanziell betreut. Bei den Vertragsprüfungen wird streng darauf geachtet, dass Drittmittel-Verträge ohne Bezug oder Verpflichtung zu Umsatzgeschäften zwischen der Universität und dem Industriepartner geschlossen werden.

 

Mit Jahresbeginn 2009 hat eine 17-köpfige universitätsinterne „Arbeitsgruppe für Anti-Korruption“ ihre Tätigkeit aufgenommen. Diese Arbeitsgruppe besteht aus Vertreter/innen des Rektorates, des Senates, des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen sowie der Betriebs­räte für das wissenschaftliche und das nicht-wissenschaftliche Personal. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, zeitnah Vorarbeiten für eine Richtlinie des Rektorates zur Vermeidung von Rechtsverstößen durch Geschenkannahme durchzuführen. Die künftige Anti-Korruptions-Richtlinie soll als Handlungsanleitung dienen und Hilfestellung bieten, um einrichtungs- und fachspezifisch die notwendigen Maßnahmen zur Korruptionsprävention/-bekämpfung treffen zu können, um sowohl die Organisation als auch einzelne Universitätsangehörige vor den Folgen einer Rechtsverletzung schützen zu können.

 

Die Medizinische Universität Innsbruck hat gemeinsam mit der TILAK am 3. April 2006 ein
Informationsschreiben über die Annahme von Spenden / Sponsorgeldern von Firmen, welche Lieferanten oder Auftragnehmer der TILAK und/oder der I-MED sind, an alle Klinikvorstände und Leiter/innen klinischer Abteilungen übermittelt. In diesem Schreiben wurden sieben bei solchen Geschäften zu beachtende Grundprinzipien aufgestellt sowie ein Procedere zur Abwicklung von vorgenannten Geldern über ein eigens geschaffenes Sonderkonto „Spenden / Sponsorgelder von TILAK-Vertragspartnern bzw. von I-MED-Vertragspartnern“ eingerichtet.

 

Zu Fragen 6 und 7:

An der Medizinischen Universität Wien wurde in der Vergangenheit ein Interessenkonflikt bekannt, der durch inneruniversitäre Anweisungen und Disziplinarmaßnahmen bereinigt wurde.

 

An der Medizinischen Universität Graz sind derartige Interessenverflechtungen auf Grund des dort geltenden detaillierten Regelwerks unter zentraler Verwaltung aller Drittmittelaktivitäten nicht bekannt.

 

Zur Medizinischen Universität Innsbruck ist Folgendes festzuhalten:

Im Frühjahr 2006 hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck einen Fall einer Interessenverflechtung überprüft (siehe http://oesterreich.orf.at/tirol/stories/89925/). Das Verfahren wurde ohne
Anklageerhebung eingestellt.

 

Zu Frage 8:

Auf Anregung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung erfolgte im Herbst 2008 die Schaffung der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität, an der alle Medizinischen Universitäten und weitere Universitäten bzw. Institutionen beteiligt sind.

 

Der Agentur kommt die Aufgabe zu, Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in Österreich auf professionelle Weise nachzugehen und auf Grundlage der von ihr angestellten Unter-suchung zu bewerten. Diese Aufgabe wird durch ein unabhängiges, mit hochkarätigen Wissenschafter/innen aus dem Ausland besetztes Gremium wahrgenommen werden. Dieses Gremium ist die „Kommission für wissenschaftliche Integrität“.

 

Zu Frage 9:

Die mit ihrer Geschäftsstelle im Bundeskanzleramt angesiedelte und in Ausübung ihrer Be-ratungstätigkeit unabhängige Bioethikkommission gibt in ihrer Beratungstätigkeit für den Bundeskanzler Empfehlungen für die Praxis, arbeitet Vorschläge über notwendige legistische Maßnahmen aus und erstellt Gutachten zu besonderen Fragen. Die Kommission wird beim Bedarf vom Bundeskanzler oder von der/dem Vorsitzenden einberufen, mindestens jedoch vierteljährlich. Seit dem Oktober 2007 hat Dr. Christiane Druml (vormals Ethikkommission der Medizinischen Universität Wien) den Vorsitz der Bioethikkommission inne.

 

Die Bioethikkommission befasst sich ständig mit aktuellen Fragen aus dem Bereich der klinischen Forschung. Aktuelle Gutachten, Beschlüsse und Empfehlungen werden von der Bioethikkommission veröffentlicht und von den in der klinischen Forschung tätigen Funktionsträgern berücksichtigt. So ist beispielsweise auf den letzten Beschluss der Bioethikkommission vom
15. November 2008, der „Empfehlungen mit Genderbezug für Ethikkommissionen und klinische Studien“ enthält, zu verweisen.

 

Allerdings ist aus der Fragestellung nicht erkennbar, welches konkrete Thema ein Gutachten der Bioethikkommission als Entscheidungshilfe für das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung umfassen sollte.

 

Zu Frage 10:

Zunächst ist auf die in der Deklaration von Helsinki statuierte Unabhängigkeit der Ethikkommissionen sowie auf die Bestimmung des § 30 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002 hinzuweisen,
wonach die Mitglieder der Ethikkommission in dieser Funktion weder Weisungen der Organe der Krankenanstalt noch Weisungen der Organe der Universität unterliegen.

 

Die Medizinische Universität Wien hat sowohl personell als auch infrastrukturell optimale Bedingungen für das Arbeiten der Ethikkommission geschaffen. Die internationalen Standards werden eingehalten, was auch bei einer Inspektion seitens einer internationalen und nationalen (AGES) Auditierung festgestellt wurde. Festzuhalten ist, dass insbesondere für Arzneimittel­prüfungen ein europäischer Standard existiert (RL 2001/20/EG), der im österreichischen Arznei­mittelgesetz verankert ist. Dort sind die Pflichten der Ethikkommission detailliert festgelegt. Die Ethikkommission der Medizinischen Universität Wien hat 2008 ein europaweites Projekt des 7. Rahmenprogrammes „ICREL“ (Impact on Clinical Research of European Legislation), das die Anforderungen für Ethikkommissionsmitglieder und die Qualitätskriterien für Ethikkommissionen zum Thema hat, mitorganisiert. Der Endbericht ist derzeit in Ausarbeitung.

 

Die Medizinische Universität Graz unterstützt die Fortbildung der Ethikkommissionsmitglieder. Das Forum Österreichischer Ethikkommissionen, an dem Mitglieder der Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz maßgeblich beteiligt sind, bietet Fortbildungsveranstaltungen an. Die Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz veranstaltet selbst laufend Fort­bildungsreferate für ihre Mitglieder.

 

Die Medizinische Universität Innsbruck verhandelt derzeit mit dem Krankenanstaltenträger über eine Adaptierung des Vertrages über die Ausstattung der Ethikkommission und ihrer Geschäftsstelle betreffend eine Verbesserung der personellen und räumlichen Ausstattung. Auch an der Medizinischen Universität Innsbruck werden laufend Fortbildungsveranstaltungen angeboten  (z.B. zuletzt erster pädiatrischer Prüfarztkurs, Beginn: Februar 2009).

 

Zu Frage 11:

Medizinische Universität Wien:

An der MUW wurden von 743 eingereichten Studien im Jahre 2007 87% bewilligt, davon der größere Teil nach Korrektur, 13 % wurden abgelehnt bzw. vom Antragsteller nach Kenntnisnahme des Mängelberichts wieder zurückgezogen. Diese Zahlen des Jahres 2007 sind repräsentativ für die Situation nach Inkrafttreten des neuen Arzneimittelgesetzes im Jahre 2004, also für die Jahre 2004 bis 2007. Die Zahlen des Jahres 2008 sind noch nicht vollständig ausgewertet. Die MUW plant im Sinne der Transparenz ein öffentliches Register der an der Medizinischen Universität Wien durchgeführten Studien.

 

Medizinische Universität Graz:

Im Durchschnitt der letzten 4 Jahre (2003 bis 2007) wurden von der Ethikkommission der MUG 276 Studien pro Jahr behandelt (Tendenz steigend). Davon wurden 30 % ohne Auflagen akzeptiert, wovon allerdings knapp zwei Drittel Beurteilungen von Arzneimittelstudien als lokal zuständige Kommission waren, also nur die Eignung der Prüfer/innen und der Einrichtung zum
Gegenstand hatten. 59 % der Studien wurden mit Auflagen/Abänderungen akzeptiert, 11 % ent­weder wegen gravierendem Änderungsbedarf vertagt oder abgelehnt, wobei die direkte Ab­lehnungsrate bei 2 % lag. Daraus ist zu erkennen, dass es das primäre Anliegen der Ethikkommission der MUG ist, Studien zu verbessern und Wege zu finden, wie oftmals grundsätzlich gute und wichtige Studien im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und mit ethischen Grundsätzen durchgeführt werden können.


Medizinische Universität Innsbruck:

Es wurden im Jahr 2007 335 bzw. im Jahr 2008 352 Studien begutachtet. Zur Sicherung der Qualität der Begutachtungen hat die Ethikkommission in ihrer 271. EK-Sitzung vom
20. November 2008 beschlossen, pro Sitzung maximal 40 Projekte zu behandeln. Weitere
Angaben können dem Tätigkeitsbericht des Forums auf der Forum-Webseite unter http://ethikkommissionen.at entnommen werden.

 

Zu Frage 12:

Über den konkreten Zeitaufwand bei Beurteilungen, der stark von der Qualität des Antrages abhängt und von 15 bis 20 Minuten pro Person (problemloses Projekt, perfekter Antrag) bis zu insgesamt mehreren Stunden reichen kann, bestehen zurzeit keinerlei statistischen Auswertungen und können auf Grund des Umfanges der angefragten Daten auch zurzeit nicht erstellt werden. Insbesondere ist auf den Zeitaufwand für die Vorbeurteilungen durch den Kommissionsvorsitzenden, die/den zuständige/n Fachärzt/in sowie durch die Statistiker/innen, die ihre Erkennt-nisse in der Sitzung referieren, sowie allenfalls auch die Einholung externer Gutachten umfasst, hinzuweisen. Ferner entsteht wesentlicher Zeitaufwand durch die administrative Behandlung (Erfassung in der Datenbank, Schriftverkehr, etc.). Daher gibt die Medizinische Universität Wien z.B. 5,5 bis 26,5 Arbeitsstunden pro Projekt an. Sie weist darauf hin, dass der Durchschnittswert bei 12 Stunden liegt, jedoch stark divergiert, da die Studienarten und –inhalte sehr unterschiedlich sind.

 

Zu Fragen 13 und 14:

Infolge der immer höher steigenden Anforderungen haben die Ethikkommissionen in den 90er Jahren mangels anderer Ressourcen begonnen, für die Bearbeitung industriell gesponserter Studien Bearbeitungsbeiträge einzuheben, die später im Forum Österreichischer Ethikkommissionen harmonisiert wurden. Damit konnte und kann der Verwaltungsaufwand auch für die nicht industriell gesponserten Studien abgedeckt werden. Eine Rechtsgrundlage wurde durch die
Novelle zum Arzneimittelgesetz und zum Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten im Jahr 2004 geschaffen.

 

Im Falle der Ethikkommission der Medizinischen Universität Wien hebt die Ethikkommission die Gebühren nicht selbst ein, dies erfolgt durch die Finanzabteilung der Universität. Die Universität ihrerseits stellt der Ethikkommission die nötigen Mittel für die Infrastruktur und die Aufrechter­haltung des Betriebes zur Verfügung.

 

Die Abdeckung entstehender Kosten durch den Sponsor ist beispielsweise im Tiroler Krankenanstaltengesetz (§ 12a) detailliert geregelt.

 

Direkte Zahlungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind nicht vorgesehen.

 

Zu Frage 15:

Die Mehrkosten sind sehr unterschiedlich und hängen naturgemäß von den studienspezifisch zusätzlich zur Routinevorsorge zu setzenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen ab.

 

Bei klinischen Prüfungen von Arzneimitteln müssen alle in der Prüfung verwendeten Arzneimittel vom Sponsor zur Verfügung gestellt werden, so dass sich daraus auch ein Vorteil für den Anstaltsträger ergibt, der ja ansonsten für die entsprechende Medikation der Studienpatient/innen sorgen müsste.

 

Im Bereich der Medizinischen Universität Wien werden dem Anstaltsträger durch Klinische
Studien entstehende Mehrkosten auf Grundlage der bestehenden Vereinbarungen über den
Klinischen Mehraufwand durch diesen abgegolten.

 

In gleicher Weise nutzen die Medizinischen Universitäten Graz und Innsbruck in Übereinkunft mit dem jeweiligen Krankenanstaltenträger das Universitätsklinikum für Lehre und Forschung. Zu diesem Zweck ersetzt die jeweilige Medizinische Universität den Klinischen Mehraufwand an den Krankenanstaltenträger.

 

Zu Frage 16:

Die Frage einer gemeinsamen öffentlichen Finanzierung der Kosten für klinische Studien,
Arzneimittelsicherheit und Langzeitevaluierung von Arzneimittelnebenwirkungen aus einem nicht den Marktinteressen unterworfenen Fonds erscheint grundsätzlich als mögliche Rechtsfigur,
jedoch fällt die Ausgestaltung der rechtlichen Bestimmungen in den Kompetenzbereich des
Bundesministers für Gesundheit.

 

Zu Frage 17:

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung geht davon aus, dass für die
betroffenen Universitäten mit den Mitteln der ihnen zur Verfügung gestellten Globalbudgets auch bei kritischer und ethisch unbedenklicher Auswahl von Aufträgen für Forschung im Auftrag
Dritter Lehre und Forschung auf international hohem Niveau gewährleistet ist.

 

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung wird auch bei den im Laufe des Jahres 2009 stattfindenden Verhandlungen für die Leistungsvereinbarungsperiode 2010 bis 2012 ausdrücklich Wert darauf legen, dass die Universitäten die Grundsätze der Europäischen Charta für Forschende und den Verhaltenscodex für die Einstellung von Forschenden implementieren.

 

Zu Frage 18:

Die faktische Aufteilung der Studien auf die existierenden Ethikkommissionen, wie sie seit dem Jahr 2000 vom Forum Österreichischer Ethikkommissionen erhoben wird, spricht – unter
Berücksichtigung der Größe des jeweiligen Zuständigkeitsbereiches – dagegen, dass dies der Fall ist.

 

Außerdem ist die Möglichkeit des „Aussuchens“ einer Ethikkommission beschränkt. Bei vorgegebenen Prüfzentren kann nur im Falle einer multizentrischen Prüfung eines Arzneimittels die so genannte „Leit-Ethikkommission“ (die die Studie für alle Zentren in Österreich beurteilt) aus dem Kreis der derzeit sieben Leit-Ethikkommissionen ausgewählt werden. Dabei ist jedoch zu
beachten, dass nur eine Kommission ausgewählt werden kann, in deren Zuständigkeitsbereich mindestens ein Zentrum liegt. Eine freie Wahl existiert nur in dem sehr seltenen Fall, dass keine der sieben Kommissionen für eines der Zentren zuständig ist. Die Möglichkeit, dass Prüfzentren nach der „Problemlosigkeit“ der zuständigen Ethikkommission ausgesucht werden, ist wohl eher theoretischer Natur.

 

Weiters kann man – nicht zuletzt durch die Arbeit des Forums Österreichischer Ethik­kommissionen, das im Jahr 1997 gegründet wurde – davon ausgehen, dass die österreichischen Ethikkommissionen einen hohen und weitgehend einheitlichen Beurteilungs­standard haben, insbesondere was die oben genannten Leit-Ethikkommissionen betrifft. Das schließt allerdings nicht aus, dass in Einzelfällen Ethikkommissionen zu unterschiedlichen Beurteilungen eines Projektes kommen können, da sie ihre Tätigkeit ja unabhängig und weisungsfrei ausüben.

 

Zu Frage 19:

Der in der parlamentarischen Anfrage vorgeschlagene Prozess der Erarbeitung eines gemeinsamen und verbindlichen Verhaltenskodex von Industrie, Ärztekammer und universitärer
Forschung erscheint grundsätzlich diskussionswürdig. Allerdings ist auf die Kompetenz des
Bundesministers für Gesundheit in Fragen des Arzneimittelwesens und Medizinproduktewesens hinzuweisen.

 

Der Bundesminister:

 

 

Dr. Johannes Hahn e.h.