6081/AB XXIV. GP
Eingelangt am
09.09.2010
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0191-Pr 1/2010
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 6100/J-NR/2010
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Funktionsausschreibungen im Strafvollzug“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1, 2 und 5:
Anstaltsleitern kommen neben exekutivdienstlichen Funktionen allgemeine Management- und Leitungsfunktionen zu, die in jeder Anstalt gleich sind. Spezifische fachliche Aufgaben sind in erster Linie von entsprechend qualifizierten Mitarbeitern abzudecken. Im Hinblick darauf kommt in Verfahren zur Nachbesetzung von vakanten Anstaltsleiterfunktionen seit Beginn dieses Jahres derselbe Ausschreibungstext zur Anwendung, um den Kreis potentieller Bewerber offen zu halten. Mit dieser Vorgangsweise wird ermöglicht, dass sich auch Personen mit Aussicht auf Erfolg bewerben können, die zwar noch keine langjährige praktische Erfahrung, wohl aber umso bessere theoretische Kenntnisse über den leitenden Dienst einer Justizanstalt haben. Im Hinblick auf die geringe Anzahl potentieller Bewerber für Leitungsaufgaben im Strafvollzug muss danach getrachtet werden, einen möglichst großen Personenkreis anzusprechen, um auch aus einer Vielzahl (und Vielfalt) von Bewerbern auswählen zu können. Es sollen damit ganz bewusst fähige und engagierte junge Bedienstete nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Selbstverständlich wäre es aber ideal, wenn der künftige Leiter/die künftige Leiterin neben ausgezeichneten theoretischen Kenntnissen auch reiche praktische Erfahrung im „Leiten einer Justizanstalt“ mitbrächte.
Zu 3 und 4:
Im Ausschreibungstext für Leitungsfunktionen in der Vollzugsdirektion wird neben spezifischen Fachkenntnissen auch eine reiche praktische Erfahrung im Bereich der ausgeschriebenen Funktion gefordert. Schon aus Akzeptanzgründen sollte der Leiter/die Leiterin einer Fachabteilung in einer Aufsichtsbehörde neben ausgezeichneten theoretischen Kenntnissen im Aufgabenbereich seiner/ihrer Abteilung auch reiche praktische Erfahrung und Problemlösungskompetenz mitbringen. Die Anforderungen für eine universell ausgerichtete Anstaltsleitung sind inhaltlich anders als für Leitungsfunktionen in der Vollzugsdirektion, denen ein spezielles Fachgebiet zugeordnet ist. Über ein unterschiedliches Niveau dieser Anforderungen ist damit noch nichts gesagt.
Zu 6 und 7:
Mir sind keine Interventionen bekannt. Dass Dritte versuchen, Auswahl- bzw. Entscheidungsprozesse dadurch zu beeinflussen, dass sie sich mit ihren Argumenten an einzelne der am Entscheidungsprozess beteiligten Entscheidungsträger wenden, kommt in der österreichischen Verwaltung gelegentlich vor. Es ist Aufgabe der jeweiligen Entscheidungsträger, davon unbeeinflusst für eine objektive, nach bestem Wissen und Gewissen getroffene Entscheidung zu sorgen und die bestgeeigneten Bewerber zum Zuge kommen zu lassen. Durch die Breite der Entscheidungsgrundlagen, die Mehrzahl der beteiligten Entscheidungsträger, deren persönliche Qualifikation und Integrität sowie die Mehrstufigkeit und die aktenmäßige Dokumentation des Auswahlverfahrens einschließlich der ausführlichen Begründung der Vorschläge ist vom Verfahrensablauf dafür Sorge getragen, dass das Ergebnis objektiv und unbeeinflusst von Dritten zu Stande kommt.
Zu 8 bis 12:
Ich hatte vor meiner Entscheidung ein Gutachten einer Begutachtungskommission im Einzelfall einzuholen. Die Mitglieder der Begutachtungskommission sind in der Ausübung dieses Amtes selbständig und unabhängig (§ 7 Abs. 6 AusG). Sie haben die Bewerbungsgesuche zu prüfen und sich einen Eindruck von den Fähigkeiten und Kenntnissen der Bewerberinnen und Bewerber zu verschaffen. Dazu kann sich die Begutachtungskommission verschiedener Instrumente bedienen, unter anderem auch Auskünfte und Stellungnahmen der Vorgesetzten einholen (§ 9 Abs. 3 AusG).
In Übereinstimmung mit dem Gutachten der Begutachtungskommission und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Vollzugsdirektion habe ich mich gegen einen fachlich zweifellos qualifizierten Bewerber entschieden, der früher bereits längere Zeit in leitender Funktion in der Justizanstalt Innsbruck tätig, in dieser Funktion jedoch in einer Weise in Konflikte innerhalb der Anstalt verwickelt war, die befürchten ließen, dass diese Konflikte mit einer Rückkehr wieder aufflammen könnten. Stattdessen habe ich mich für einen von außerhalb der Anstalt kommenden Bewerber entschieden, der zwar noch nicht über eine reiche praktische Erfahrung im leitenden Vollzugsdienst in einer Anstalt, dafür aber über ausgezeichnete theoretische Kenntnisse verfügt, die in Verbindung mit seiner Gesamtpersönlichkeit die qualifizierte Erwartung rechtfertigen, er werde diese Kenntnisse auch in der Praxis erfolgreich umsetzen können.
Er wurde vom Bundespräsidenten mit Wirkung vom 1. August 2010 auf die Planstelle ernannt.
. August 2010
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)