6148/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.09.2010
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

GZ. BMVIT-10.000/0046-I/PR3/2010    

DVR:0000175

 
 


An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 


Wien, am     . September 2010

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Kunasek und weitere Abgeordnete haben am 12. Juli 2010 unter der Nr. 6235/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend das Zugsunglück von Braz und seine Folgen gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Die Fragen 1, 3, 5 bis 14, 19 bis 27, 30 bis 37 und 42:

Ø  Wie hoch ist der durch das Zugsunglück von Braz entstandene Schaden?

Ø  Wer kommt für den entstandenen finanziellen Schaden auf?

Ø  Ist der Unglückslokführer wieder im Dienst?

Ø  Wie viele Züge fahren pro Tag im Schnitt über eine Grenze nach Österreich?

Ø  Wie viele dieser Züge werden an der Grenze auf ihre Sicherheit überprüft?

Ø  Wer führt diese Kontrollen durch und wie oft und aus welchen Gründen werden Züge beanstandet?

Ø  Wie oft werden Züge aufgrund ihres mangelnden technischen Zustandes und fehlender Einhaltung von Sicherheitsvorschriften an den Grenzen an der Weiterfahrt gehindert?

Ø  Wie viele dieser Züge werden als „Vertrauenszüge" behandelt, wodurch man sich die Überprüfung und Kontrolle der Züge auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften erspart?

Ø  Wie viele „Vertrauenszüge" fahren pro Tag durch Österreich?

Ø  Wie oft gab es jeweils in den letzten 5 Jahren Unfälle bzw. andere Vorfälle mit/durch Vertrauenszüge?

Ø  Wird derselbe Wagentyp wie beim Zugsunglück in Braz derzeit in Österreich eingesetzt und wenn ja, warum und auf welchen Strecken?

Ø  Können Sie derzeit und ohne die genauen Ursachen und vollständigen Gründe für das Unglück von Braz zu kennen weitere Unfälle u.a. bedingt durch die Verwendung dieses Wagentyps ausschließen?

Ø  Existiert für das unfallursächliche Halteseil des tiefhängenden Bremsschlauches eine UIC- oder EU-Zertifizierung?

Ø  In welchen regelmäßigen Abständen und von wem muss dieses Halteseil kontrolliert werden, damit es durch dessen Riss nicht zum Aufschlagen des Bremsschlauches und zum „Durchgehen" eines Güterzuges in der Steilstrecke kommt?

Ø  Aus welchen Gründen ist es möglich, dass - wie beim Unglückszug - Züge mit nur 3 Motoren bei Steilstrecken eingesetzt werden?

Ø  Existiert bereits eine Dienstanweisung, mindermotorige Lokomotiven nicht in Steilstrecken einzusetzen?

Ø  Wenn nein, warum nicht?

Ø  Wie viele dreimotorige Loks sind derzeit in Österreich im Einsatz?

Ø  Warum sind die Loks mindertauglich?

Ø  Warum werden die Loks über Monate hindurch nicht repariert?

Ø  Werden die vor Abfahrt eines Zuges notwendigen Bremsproben immer von qualifizierten, verlässlichen und gut geschulten Mitarbeitern durchgeführt?

Ø  Wie unterscheiden sich Züge mit 3 bzw. 4 Motoren vor allem in Bezug auf

                   a.. die Sicherheit in Steilstrecken

                   b. die Bremsleistung im Allgemeinen

                   c. die Bremsleistung in Steilstrecken?

Ø  Hatte der Lokführer des Unglückszuges auf der Lok 1116.173 bei der Talfahrt eine taugliche E-Bremse zur Verfügung oder nicht?

Ø  Wenn ja: Hätte der Lokführer des Unglückszuges aus technischer Sicht die Möglichkeit gehabt, nach der festgestellten schwachen Bremswirkung des Wagenzuges über das Bildschirmmenü wenigstens die „erhöhte E-Bremsleistung" umzuschalten, um im Notfall die Entgleisung verhindern, schlechtestenfalls die Auswirkungen des Unglückes mindern zu können?

Ø  Wie viele Wagenmeister zur Überprüfung von Zügen sind derzeit an welchen Standorten in Österreich im Einsatz?

Ø  Wie hoch war die Zahl der Wagenmeister jeweils in den letzten 5 Jahren?

Ø  Wie viele Züge werden derzeit pro Tag von Wagenmeistern begutachtet?

Ø  Wie viele Züge werden derzeit im Schnitt pro Tag von Wagenmeistern beanstandet und welche Folgen haben diese Beanstandungen?

Ø  Ist es aus Ihrer Sicht wichtiger, den Schwerpunkt im Personen- und Güterverkehr auf eine erhöhte Transportleistung oder auf mehr Sicherheit zu legen?

Ø  Inwieweit wurde die Eisenbahnergewerkschaft, die sich zum Unfall Braz auffallend still verhalten hat, obwohl ÖBB-Bedienstete fahrlässig gefährdet wurden in die Aufarbeitung des Unfalles und in das Ergreifen von Maßnahmen, damit derartige Unfälle künftig nicht mehr passieren, einbezogen?

 

Die selbstständige Tätigkeit ausgegliederter Einrichtungen in privatrechtlicher Form ist keine Verwaltungstätigkeit, die der politischen Kontrolle iSd. Art. 52 Abs. 1 B-VG unterliegt. Daran ändert auch die Regelung des Art. 52 Abs. 2 B-VG nichts, die nur klarstellen wollte, dass das Interpellationsrecht in Bezug auf ausgegliederte Einrichtungen nur insoweit besteht, als der Bundesminister auf die Tätigkeit der ausgegliederten Einrichtungen eine Ingerenzmöglichkeit besitzt (vgl. Kahl in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, RZ 28f. zu Art. 52 B-VG).

 

Die vorliegenden Fragen betreffen daher keine in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie fallenden Gegenstände der Vollziehung, insbesondere auch keine Angelegenheiten der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten und sind somit von dem in § 90 Geschäftsordnungsgesetz 1975 idgF. determinierten Fragerecht nicht erfasst.

 

Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass mir die Sicherheit im nationalen und internationalen Bahnverkehr sehr wichtig ist und die Einhaltung sämtlicher rechtlicher Rahmenbedingungen an oberster Stelle zu stehen hat.

 

 

Zu Frage 2:

Ø  Wer ist für dieses Zugsunglück verantwortlich?


Die Untersuchung des Unfalles von Braz durch die Unabhängige Unfalluntersuchungsstelle des Bundes ist noch nicht abgeschlossen. Wenn dies der Fall ist, so ist der entsprechende Abschlussbericht auf der Homepage der Unfalluntersuchungsstelle abrufbar.

 

Die Klärung von Schuld- und Haftungsfragen fällt in die Zuständigkeit der Gerichte.

 

 

Zu Frage 4:

Ø  Wie viele Personen wurden bei diesem Zugsunglück verletzt?

 

Laut unabhängiger Unfalluntersuchungsstelle des Bundes wurde bei dem Unfall eine Person leicht verletzt.

 

 

Zu den Fragen 15 bis 18:

Ø  Bei welchen Zulassungsbehörden erhalten die in Österreich eingesetzten Züge ihre Zulassung?

Ø  Entsprechen die Zulassungsvoraussetzungen in anderen Staaten den österreichischen Standards?

Ø  Wenn nein, worin liegen die Unterschiede?

Ø  Wenn nein, inwieweit kann Österreich Zügen trotz vorhandener (ausländischer) Zulassung die Ein- bzw. Durchfahrt aufgrund zu niedriger Sicherheitsstandards verbieten?

 

Bestandsfahrzeuge (auch Wagen des freien Verkehrs, sogenannte RIV-Wagen) haben üblicherweise ihre Zulassung in jenem europäischen Land erhalten, wo sie eingestellt sind und die zugehörigen Anträge an die jeweiligen Behörden gestellt wurden. Der staatenübergreifende Fahrzeugaustausch bzw. Wagenverkehr erfolgt auf Basis zwischenstaatlicher Übereinkommen oder Anerkennungen. Infrastruktur bzw. länderspezifische zusätzliche Anforderungen oder Besonderheiten werden von den Netzzulassungsstellen der Infrastrukturbetreiber (für das Netz der ÖBB ist das die entsprechende Stelle in der ÖBB-Infrastruktur AG, aber auch jede vernetzte Privatbahn in Österreich, und sei diese auch noch so klein, muss über eine solche Stelle verfügen) überprüft und gegebenenfalls besondere Bedingungen für den Netzzugang gestellt. Unterschiedliche nationale Rechtsbestimmungen wie z.B. gesetzliche Normen sind ebenfalls abzustimmen und zu erfüllen. Damit die „gegebenenfalls besonderen Bedingungen“ nicht etwa diskriminierend angewendet werden, gibt es die Überwachung durch die Schienenregulator, dies gilt nicht nur in Österreich sondern europaweit.

 

Neuzulassungen von Fahrzeugen in der Europäischen Union (EU) erfolgen grundsätzlich aufgrund der in der EU geltenden Normen, wie beispielsweise den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI). Damit wird ein für alle Mitgliedsstaaten gültiger Mindeststandard festgelegt. Darüber hinaus sind nationale Bestimmungen ebenso einzuhalten.

 

 

Zu Frage 28:

Ø  Wäre es aus Sicht der Aufsichtsbehörde nicht sinnvoll, der ÖBB vorzuschreiben, aus Gründen der Sicherheit in Steilstrecken etwaige Vorspann- oder Nachschiebelokomotiven nicht nur bei der Bergfahrt, sondern auch bei der Talfahrt am Zug zu belassen?

 

Grundsätzlich ist der Einsatz von Vorspann und Nachschiebelokomotiven in den Betriebsvorschriften geregelt.

 

Zu Frage 29:

Ø  Ist dem BMVIT als Aufsichtsbehörde der Begriff der „erhöhten E-Bremsleistung" von bis zu 240 kN bei den Triebfahrzeugen der Baureihe 1116 bekannt und was bedeutet diese Einrichtung?


Dieser Begriff ist der Aufsichtsbehörde bekannt. Bei 150 kN ist bereits von  „erhöhter E-Bremsleistung“ bei dieser Lokomotive zu sprechen.

 

 

Zu Frage 38:

Ø  Welche Konsequenzen zieht man einerseits seitens des BMVIT andererseits seitens der ÖBB aus dem Zugsunglück von Braz?

 

Als Sofortmaßnahme und mittelfristige Maßnahme sind bereits durch die Unabhängige Unfalluntersuchungsstelle Fachbereich Schiene Sicherheitsempfehlungen an Eisenbahn-verkehrsunternehmen, Fahrzeughalter und ERA (European Rail Agency) ergangen. Über allfällige weitere Maßnahmen kann erst nach Vorliegen des Untersuchungsberichtes entschieden werden.

 

 

Zu den Fragen 39 bis 41:

Ø  Werden die Lokführer regelmäßig, wie im Flugverkehr üblich, mit Hilfe von  Simulatortrainings auf Notsituationen trainiert?

Ø  Wenn ja, wie oft ist das Simulatortraining vorgeschrieben?

Ø  Wie viele Triebfahrzeug-Simulatoren existieren in Österreich?

 

Die wesentlichen Bestimmungen über die erforderliche Qualifikation von TriebfahrzeugführerInnen werden im Eisenbahngesetz geregelt. Diese Bestimmungen erfolgten in Umsetzung der Richtlinie 2007/59/EG über die Zertifizierung von TriebfahrzeugführerInnen, die Züge und Lokomotiven im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen, und sind damit europaweit vereinheitlicht. Geregelt wird nicht nur die Ausbildung selbst, sondern auch die in regelmäßigen Zeitabständen durchzuführenden Überprüfungen der Qualifikation.