641/AB XXIV. GP

Eingelangt am 11.03.2009
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

                                                                                                     Geschäftszahl:                               BMUKK-10.000/0023-III/4a/2009

 

Wien, 10. März 2009

 

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 680/J-NR/2009 betreffend Begrenzung des Anteils nicht deutschsprachiger Schülerinnen und Schüler an den Wiener Pflichtschulen auf 30 %, die die Abg. Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen am 21. Jänner 2009 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 und 2:

Ja, die gegenständliche Entschließung betr. Prüfung von Maßnahmen zur Gewährleistung einer optimalen Zuordnung der Kinder, die die Unterrichtsprache Deutsch nicht ausreichend beherrschen, in die jeweilige Jahrgangsklasse ist bekannt. Festzuhalten ist, dass Klassenbildungen – im Pflichtschulbereich auch in Abhängigkeit von den bestehenden Sprengeln – den Schulleitungen unter Beachtung der Bestimmungen über die Schulorganisation obliegen. Ungeachtet des Umstandes, dass eine gleichmäßige Verteilung mit zunehmendem Anteil von Kindern, welche die Unterrichtssprache nicht ausreichend beherrschen, an die Grenzen der Durchführbarkeit auch im Hinblick auf die zur Klassenbildung erforderliche Schülerzahl stößt, wird hinsichtlich der Förderung von Schülerinnen und Schülern mit anderen Erstsprachen als Deutsch auf die Beantwortung der nachfolgenden Fragen hingewiesen.


 

 

Zu Fragen 3 bis 5:

Es ist eine wichtige Aufgabe der Bildungspolitik, für alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft, die Chance auf eine bestmögliche Bildung und Ausbildung sicherzustellen. Alle Kinder und Jugendlichen sollen optimal gefördert werden, um ihre Potentiale zu stärken und auszubauen, Benachteiligungen sollen ausgeglichen und Chanchengerechtigkeit hergestellt werden. Mit der frühen sprachlichen Förderung, den Sprachförderkursen nunmehr auch an Hauptschulen und Polytechnischen Schulen, der von den einzelnen Schulstandorten bei Bedarf individuell genützt werden kann, sowie der Neuen Mittelschule und auch den Impulsen zur Weiterentwicklung der Individualisierung, Differenzierung und Förderdidaktik („Initiative „25plus – individuell Lernen und Lehren“: Individualisierung des Unterrichts, Persönlichkeit und Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt stellen“) sind wichtige Maßnahmen gesetzt worden. Jugendliche müssen optimal auf ihrem Bildungsweg begleitet und beraten werden, daher nimmt die Bildungs- und Berufsberatung eine zentrale Rolle ein. Spezielle Projekte und Initiativen unterstützen Jugendliche in ihren Bildungs- und Berufsentscheidungen: Für benachteiligte Zielgruppen gibt es besondere Angebote. Gemäß Regierungsprogramm wird mit dem Ausbau und der Weiterentwicklung der Berufsorientierung und der Bildungsberatung auf der 7., 8. und 9. Schulstufe ein Schwerpunkt gesetzt.

 

Zu Frage 6:

Studien wie PIRLS und PISA bestärken das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur darin, die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit anderen Erstsprachen als Deutsch betreffend, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Sowohl der Ausbau der Deutschförderung (Ausweitung der Sprachförderkurse über die Volksschulen hinaus auf die Hauptschulen und Polytechnischen Schulen) als auch jener des muttersprachlichen Unterrichts kommen dieser Gruppe von Schülerinnen und Schülern zugute. Auch gezielte Initiativen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften sollen letztendlich zur Förderung dieser Zielgruppe beitragen.

 

Zu Fragen 7 und 8:

Hinsichtlich der Entwicklung des Privatschulanteils in Wien in den letzten fünf Jahren lassen statistische Auswertungen (vgl. die angeschlossene Beilage) erkennen, dass der Anteil der Schülerinnen und Schüler an Privatschulen für die Altersgruppe der 6- bis 14-Jährigen in den letzten fünf Jahren in Wien von 14,6 % auf 17,3 % angestiegen ist. Über alle Schultypen gerechnet stieg der Privatschulanteil in Wien von 15,4 % im Schuljahr 2003/04 auf 17,7 % im Schuljahr 2007/08. Dazu ist jedoch zu bemerken, dass mit Ausnahme der Haupt- und Sonderschulen, bei denen sowohl an den öffentlichen als auch an den privaten Schulen die Zahl der Schülerinnen und Schüler zurückgeht und somit der Anteil der Schülerinnen und Schüler an Privatschulen in diesen beiden Schularten eher unverändert bleibt, in den übrigen Schularten die Schülerinnen- und Schülerzahlen an den Privatschulen noch zunehmen, während sie z. B. an den öffentlichen Volksschulen und Polytechnischen Schulen deutlich rückläufig sind. Zusätzlich nimmt die Zahl der Schülerinnen und Schüler an den allesamt privat geführten Schulen mit eigenem Organisationsstatut (Waldorfschulen, Montessori-Schulen etc.) weiter zu und leisten diese alternativen Schulformen damit einen Beitrag zu einer Diversifizierung des Bildungsangebotes.

 

Zu Frage 9:

Zum angeführten Vorschlag, in jeder Pflichtschule eine Klasse mit zumindest 70 % Schülerinnen und Schülern deutscher Muttersprache verpflichtend zu führen, ist zunächst anzumerken, dass die Erstsprache eines Schülers/einer Schülerin noch nichts über dessen/deren Kompetenz in der Unterrichtssprache Deutsch aussagt, sodass eine Aufteilung anhand der Erstsprachen schon allein deshalb nicht zielführend ist.

 

Abgesehen davon, dass dieser Vorschlag in einigen Wohnbezirken der städtischen Ballungs­zentren organisatorisch nicht umzusetzen wäre, würde die verpflichtende Führung zumindest einer Klasse mit 70 % Schülerinnen und Schülern mit deutscher Muttersprache an vielen Schulstandorten zur Trennung der Kinder nach Herkunftssprachen führen – wenn auch nicht innerhalb eines Schulstandorts, so doch innerhalb einer Klasse. Dass eine solche Segregation Schülerinnen und Schülern mit anderen Erstsprachen besonders schadet, belegen Studien aus der Spracherwerbsforschung.

 

Aber auch Schülerinnen und Schüler mit deutscher Erstsprache profitieren nicht wirklich davon, wenn sie ihrerseits ein Ghetto bilden – vor allem nicht in Hinblick auf den Erwerb sozialer und interkultureller Kompetenzen, die von der Wirtschaft zunehmend gefordert werden. Die Befürchtung mancher Eltern, dass die Chancen ihrer Kinder allein durch die Anwesenheit von fremdsprachigen Mitschülerinnen und Mitschülern beeinträchtigt würden, findet in der Realität keine Entsprechung. Für den schulischen Erfolg aller Schülerinnen und Schüler ist weniger die Zusammensetzung der Klasse als eine Vielzahl anderer Faktoren (kompetentes und motiviertes Lehrpersonal, angenehmes Schulklima, attraktive zusätzliche Lernangebote) ausschlaggebend.

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.

 

 

 

 

Beilage



 

Bundesland

Wien

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zahl der Schüler/innen

 

Schulerhalter

 

 

Anteil privat
in %

Schulart

Schuljahr

öffentlich

privat

zusammen

Volksschulen

2003/04

53.463

9.605

63.068

15,2%

 

2004/05

52.549

9.902

62.451

15,9%

 

2005/06

52.295

9.818

62.113

15,8%

 

2006/07

52.504

9.932

62.436

15,9%

 

2007/08

51.957

10.051

62.008

16,2%

 

 

 

 

 

 

Hauptschulen

2003/04

29.437

4.279

33.716

12,7%

 

2004/05

29.706

4.325

34.031

12,7%

 

2005/06

29.588

4.286

33.874

12,7%

 

2006/07

28.726

4.132

32.858

12,6%

 

2007/08

27.984

4.107

32.091

12,8%

 

 

 

 

 

 

Sonderschulen und Sonderschulklassen

2003/04

3.515

168

3.683

4,6%

 

2004/05

3.440

149

3.589

4,2%

 

2005/06

3.222

145

3.367

4,3%

 

2006/07

3.012

139

3.151

4,4%

 

2007/08

2.932

137

3.069

4,5%

 

 

 

 

 

 

Polytechnische Schulen

2003/04

3.414

-

3.414

0,0%

 

2004/05

3.365

37

3.402

1,1%

 

2005/06

3.378

48

3.426

1,4%

 

2006/07

3.038

86

3.124

2,8%

 

2007/08

2.941

72

3.013

2,4%

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

APS zusammen

2003/04

89.829

14.052

103.881

13,5%

 

2004/05

89.060

14.413

103.473

13,9%

 

2005/06

88.483

14.297

102.780

13,9%

 

2006/07

87.280

14.289

101.569

14,1%

 

2007/08

85.814

14.367

100.181

14,3%

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

AHS-Unterstufe

2003/04

28.649

4.820

33.469

14,4%

 

2004/05

28.772

4.947

33.719

14,7%

 

2005/06

28.814

5.100

33.914

15,0%

 

2006/07

28.655

5.287

33.942

15,6%

 

2007/08

28.773

5.494

34.267

16,0%

 

 

 

 

 

 

Sonstige allgemein bild. Schulen (Statut)

2002/03*)

-

1.322

1.322

100,0%

 

2004/05

-

1.482

1.482

100,0%

 

2005/06

-

1.477

1.477

100,0%

 

2006/07

-

3.850

3.850

100,0%

*) keine Zahlen für 2003/04 verfügbar, daher 02/03

2007/08

-

4.079

4.079

100,0%

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

zusammen

2003/04

118.478

20.194

138.672

14,6%

 

2004/05

117.832

20.842

138.674

15,0%

 

2005/06

117.297

20.874

138.171

15,1%

 

2006/07

115.935

23.426

139.361

16,8%

 

2007/08

114.587

23.940

138.527

17,3%

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alle Schulen in Wien

2003/04

179.548

32.567

212.115

15,4%

(ohne lehrerbildende Akademien und

2004/05

179.588

35.901

215.489

16,7%

ohne Schulen des Gesundheitswesens)

2005/06

180.198

35.861

216.059

16,6%

 

2006/07

182.716

38.546

221.262

17,4%

 

2007/08

182.284

39.210

221.494

17,7%