6459/AB XXIV. GP
Eingelangt am 03.12.2010
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
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GZ: BMASK-20001/0053-II/A/4/2010 Wien,
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Betreff: |
Parlament/Parlamentarische Anfrage Nr. 6545/J des Abgeordneten Herbert Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend die Beantwortung der Anfrage 6060/J XXIV.GP |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6545/J der Abgeordneten Herbert Kickl und weiterer Abgeordneter wie folgt:
Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass im Rahmen der Regierungsvorlage eines Budgetbegleitgesetzes 2011-2014 von der Bundesregierung vorgeschlagen wird, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) dahingehend zu ändern, dass ein Zuzug nach Österreich unter gleichzeitiger Beantragung einer Ausgleichszulage – zum Nachweis der notwendigen finanziellen Mittel - nicht mehr möglich sein soll. Diese Bestimmung
verfolgt das Ziel des europäischen Aufenthaltsrechtes, eine übermäßige Belastung des Budgets des jeweiligen Aufenthaltsstaates zu vermeiden, unabhängig von der nationalen Systematik sämtlicher sozialer Hilfeleistungen. Wegen der vergleichbaren sozialpolitischen Ausrichtung kann daher die Ausgleichszulage für das Aufenthaltsrecht der Sozialhilfe gleichgestellt werden. Dadurch wird ausgeschlossen, dass Personen, die nur über eine ganz kleine Pension bzw. ganz kleine Pensionen verfügen, durch die dazu zu gewährende Ausgleichszulage einen Aufenthaltstitel erhalten.
Zur Beantwortung der gegenständlichen Anfrage wurde eine Stellungnahme der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) eingeholt.
Zu den Fragen 1 und 2:
Ich verweise auf die beiliegende Tabelle (Beilage 1). Als Messgröße wurde der AZ-Einzelrichtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a bb Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) herangezogen, der sich im Kalenderjahr 2010 auf mtl. EUR 783,99 beläuft. Seitens der PVA wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nur in jenen Fällen, in denen ein AZ-Bezug vorliegt bzw. bei jenen Staaten, mit denen die PVA einen Datenaustausch pflegt (zB Deutschland, Schweiz), die Pensionshöhen als aktuell zu betrachten sind.
Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass jene Statistik keine Aussage über die Staatsbürgerschaft der Empfänger der Bezüge trifft, sondern nur aufzeigt, in welches Land der Bezug an den Bezugsberechtigten überwiesen ist. Ein Großteil der Empfänger der Bezüge sind Österreichische Staatsbürger.
Zu den Fragen 3 und 4:
Ich verweise auf die Beilage 2 mit dem Hinweis, dass sich die Auswertungen zur Frage 4 auf die Basisdaten der Frage 3 beziehen.
Zur Frage 5:
Zu a) und b):
§ 292 Abs. 1 ASVG stellt für den Anspruch auf Ausgleichszulage unter anderem darauf ab, dass der Pensionsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat. Für die Definition des gewöhnlichen Aufenthalts ist zu unterscheiden zwischen Fällen, in denen ausschließlich das österreichische Recht maßgeblich ist, und Fällen, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen.
1. Die Definition nach österreichischem Recht:
Für die Definition des gewöhnlichen Aufenthalts im österreichischen Recht ist § 66 Abs. 2 Jurisdiktionsnorm (JN) maßgeblich. Der Aufenthalt einer Person bestimmt sich demnach ausschließlich nach tatsächlichen Umständen. Bei der Beurteilung, ob ein Aufenthalt als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen ist, sind seine Dauer und seine Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Der Anspruch hängt daher zunächst nur von der tatsächlichen physischen Anwesenheit im Bundesgebiet ab. Auf rechtliche Aspekte, insbesondere die Erlaubtheit des Aufenthaltes (etwa nach fremdenpolizeilichen Vorschriften), kommt es daher ebenso wenig an wie auf die allfällige Motivation für den Aufenthalt in Österreich. Der faktische Aufenthalt allein genügt freilich nicht. Die örtliche Nahebeziehung des Anspruchswerbers muss vielmehr eine höhere Intensität erreichen. Für die Qualifizierung des Aufenthaltes als "gewöhnlich" sind seine Dauer und Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Auf ein bloß voluntatives Element ("Verbleibeabsicht") kommt es - im Gegensatz zum ordentlichen Wohnsitz bzw. zum Hauptwohnsitz - nicht an. Nur vorübergehende bzw. kurzfristige Auslandsaufenthalte können daher den Anspruch nicht beeinträchtigen (OGH, Urteil vom 2.12.1997, 10ObS401/97m). Davon zu unterscheiden ist der Hauptwohnsitz nach melderechtlichen Bestimmungen, der im Ausgleichszulagenrecht nicht maßgeblich ist.
Um Fälle ungerechtfertigten Bezugs von Ausgleichszulage zu verhindern, habe ich – wie bereits eingangs erwähnt - in der Regierungsvorlage eines Budgetbegleitgesetzes 2011-2014 vorgeschlagen, § 292 Abs. 1 ASVG dahingehend zu ändern, dass für den Anspruch auf Ausgleichszulage künftig auf den rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland abgestellt wird.
2. Die Definition nach Unionsrecht:
In Fällen, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen (zB bei Beziehern nur einer Pension aus einem anderen EWR-Staat), kommt der hier maßgebliche europarechtliche Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts zur Anwendung. Artikel 1 Buchstabe j) der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit definiert den gewöhnlichen Aufenthalt einer Person als deren Wohnort. Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit enthält Kriterien zur Bestimmung des Wohnorts
bzw. gewöhnlichen Aufenthalts: Demnach bestimmt sich der gewöhnliche Aufenthalt einer Person nach dem Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen. Dieser ist aufgrund einer Gesamtbewertung aller vorliegenden Fakten zu ermitteln, zu denen insbesondere die Dauer und Kontinuität des Aufenthalts im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats gehören.
Darüber hinaus können folgende Umstände in der persönlichen Situation der Person für die Ermittlung des Lebensmittelpunkts maßgeblich sein: die Art und spezifischen Merkmale jeglicher ausgeübten Tätigkeit, insbesondere des Ortes, an dem eine solche Tätigkeit in der Regel ausgeübt wird; die Dauerhaftigkeit der Tätigkeit und die Dauer jedes Arbeitsvertrags; die familiären Verhältnisse und familiären Bindungen; die Ausübung einer nicht bezahlten Tätigkeit; im Falle von Studierenden ihre Einkommensquelle; die Wohnsituation, insbesondere deren dauerhafter Charakter; sowie der Mitgliedstaat, der als der steuerliche Wohnsitz der Person gilt.
Kann aufgrund dieser Faktoren der Lebensmittelpunkt nicht eindeutig bestimmt werden, so sind der Wille der Person, wie er sich aus diesen Fakten und Umständen erkennen lässt, unter Einbeziehung insbesondere der Gründe, die die Person zu einem Wohnortwechsel veranlasst haben, bei der Bestimmung des tatsächlichen Wohnortes ausschlaggebend. Man kann also zusammenfassend davon ausgehen, dass sich der national verwendete „gewöhnliche Aufenthalt“ und der europarechtliche Begriff weitestgehend decken, jedoch Abweichungen in Einzelfällen nicht auszuschließen sind.
Nach Artikel 7 der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten ist ein nichterwerbstätiger Unionsbürger (wie zB ein Pensionist) unter anderem nur dann zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten berechtigt, wenn er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen. Die Ausgleichszulage gilt nach derzeit geltender österreichischer Rechtslage (NAG) nicht als Sozialhilfe im Sinne aufenthaltsrechtlicher Vorschriften, weshalb die erforderlichen ausreichenden Existenzmittel über den Bezug von Ausgleichszulage nachgewiesen werden können.
Zu c):
Ich verweise auf meine Beantwortung der Frage 3) der parlamentarischen Anfrage Nr. 6060/J.
Zu den Fragen 6 und 7:
Valide Daten über die durchschnittliche Pension in den Herkunftsländern der Bezieher von Ausgleichszulage sowie in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten liegen nicht vor. Darüber hinaus fällt diese Frage nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.
Mit freundlichen Grüße
Rudolf Hundstorfer