6497/AB XXIV. GP

Eingelangt am 07.12.2010
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017  Wien

 

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Vilimsky und weitere Abgeordnete haben am                     7. Oktober 2010 unter der Zahl 6572/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Erpressungsversuche der USA“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 und 8 bis 20:

Es wird auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage 6571/J durch den Herrn Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten verwiesen.

 

Zu Frage 2:

In dem zwischen Österreich und den USA verhandelten Abkommen über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten wurde der gegenseitige Austausch bestimmter Datenkategorien vereinbart.

 

Zu Frage 3:

Nachstehende Datenarten sind Gegenstand des Informationsaustausches auf der Grundlage des genannten Abkommens:

-       Für Zwecke der Verhinderung und Verfolgung von Straftaten automationsunterstützt verarbeitete daktyloskopische Daten (Fingerabdrucksdaten) und mit diesen jeweils gemeinsam gespeicherte Kennungen, welche keinen direkten Personenbezug aufweisen und mit ersteren zusammen sogenannte „Fundstellendatensätze“ im Sinne von Artikel 1 Abs. 2 des Abkommens ergeben;

-       Für Zwecke der Verhinderung und Verfolgung von Straftaten automationsunterstützt verarbeitete DNA-Profile und mit diesen jeweils gemeinsam gespeicherte Kennungen, welche keinen direkten Personenbezug aufweisen und mit ersteren zusammen sogenannte „Fundstellendatensätze“ im Sinne von Artikel 1 Abs. 2 des Abkommens ergeben;

-       Daten zur Identität bestimmter Verdächtiger in direkt personenbezogener Form zur Verhinderung schwerer Straftaten mit einer transnationalen Dimension und terroristischer Straftaten im Rahmen des Artikels 10 des Abkommens.

-       Nicht personenbezogene Daten mit Bezug zu Straftaten mit einer transnationalen Dimension und terroristischer Straftaten.

 

Zu Frage 4:

Auf die erwähnten Fundstellendatensätze (daktyloskopische Daten und DNA-Profile) können die im Abkommen angesprochenen nationalen Kontaktstellen im Sinne von Artikel 6 des Abkommens selbständig, d.h. ohne Mitwirkung der jeweils dateiführenden Stelle zugreifen. Technisch geschieht dies in Form der Herstellung von wechselseitigen Online-Verbindungen zwischen den nationalen Kontaktstellen und den automatisierten daktyloskopischen Identifizierungssystemen (Fingerabdrucksystemen) bzw. den DNA-Dateien. Der Zugriff im automatisierten Verfahren im Einzelfall erfolgt in einem sog. Hit-/No-Hitverfahren. Die jeweils anfragende nationale Kontaktstelle übermittelt je nach Fall daktyloskopische Daten bzw. DNA-Profile, welche automatisiert auf eine Übereinstimmung bei der dateiführenden Stelle der angefragten Vertragspartei vorhandenen Daten abgeglichen werden. Im Falle einer Übereinstimmung („Treffer“) erhält die anfragende Kontaktstelle den bezüglichen Fundstellendatensatz übermittelt, um eine Überprüfung im Sinne der tatsächlichen Übereinstimmung vornehmen zu können (Verifikation). Dies ist vor allem bei der Anfrage mittels daktyloskopischer Daten aus Tatortspuren von Bedeutung.

Im Anschluss an die Verifikation eines Treffers hat die anfragende Stelle die Möglichkeit, Identitätsdaten und allfällige vorhandene weitere Daten von der dateiführenden Stelle anzufordern. Das hiefür maßgebliche Verfahren richtet sich nach dem innerstaatlichen Recht einschließlich der Vorschriften über die Rechtshilfe der ersuchten Vertragspartei (vgl. Art. 5 und 8 des Abkommens).

 

Die erwähnten direkt personenbezogenen Daten bestimmter Verdächtiger sowie darüber hinausgehende nicht personenbezogene Daten im Kontext des Artikels 10 des Abkommens werden entweder auf eine konkrete Anfrage hin oder auch ohne Ersuchen über in Betracht kommende Informationskanäle übermittelt. Je nach Fall kommen Amtshilfe- oder Rechtshilfe in Betracht. Das konkrete Verfahren richtet sich wiederum primär nach nationalem Recht.

 

Zu Frage 5:

Im Rahmen der automatisierten Abfragen erfolgt anhand daktyloskopischer Daten oder DNA-Profilen zunächst nur eine Rückmeldung, ob der Abgleich mit den bei der dateiführenden Stelle gespeicherten Daten einen Treffer oder keinen Treffer ergeben hat. In ersterem Falle wird der jeweilige Fundstellendatensatz übermittelt (d.h. das daktyloskopische Datum bzw. das DNA-Profil sowie die dazugehörige nicht direkt personenbezogene Kennung). Erst in einer zweiten Stufe und nur im Trefferfall bleibt Raum für den Austausch direkt personenbezogener Daten. In Bezug auf daktyloskopische Daten ist weiters zu betonen, dass Österreich nicht den Zugriff auf sämtliche bei den Sicherheitsbehörden verarbeitete Fingerabdrucksdaten gestattet. Vielmehr beschränkt sich die Reichweite des Abkommens auf jene daktyloskopische Daten, die auf der Grundlage des § 75 SPG zentral verarbeitet werden (vgl. dazu den Anhang des Abkommens). Nicht erfasst sind demzufolge daktyloskopische Daten, die für fremdenpolizeiliche Zwecke verarbeitet werden.

 

Die im Rahmen von Artikel 10 des Abkommens in direkt personenbezogener Form übermittelten Daten können, soweit vorhanden, Familienname, Vornamen, frühere Namen, andere Namen, Aliasnamen, abweichende Namensschreibweisen, Geschlecht, Geburtsdatum und Geburtsort, aktuelle und frühere Staatsangehörigkeiten, Reisepassnummer, Nummern anderer Ausweispapiere und Fingerabdruckdaten umfassen. Darüber hinaus die Darstellung jeder Verurteilung oder jeglicher Umstände, aus denen sich die Annahme eines Verdachtes der Begehung terroristischer Straftaten oder Straftaten, die mit Terrorismus oder einer terroristischen Gruppe oder Vereinigung in Zusammenhang stehen, oder des Verdachtes in Richtung einer Ausbildung zur Begehung der vorgenannten Straftaten ergibt. Analoges gilt hinsichtlich der Beteiligung an schweren Straftaten mit einer transnationalen Dimension oder an einer organisierten kriminellen Gruppe oder Vereinigung.

 

Für Zwecke des Austausches von daktyloskopischen Daten und von DNA-Profilen werden im Übrigen in Durchführungsvereinbarungen die technischen Details der Zusammenarbeit vereinbart werden. Dazu werden auch Maximalzahlen für den täglichen Abruf von Daten aus den Dateien vereinbart. In der EU wurden im Rahmen des sog. Prümer Beschlusses den anderen Mitgliedstaaten im automatisierten Abrufverfahren betreffend daktyloskopische Daten tägliche Kontingente von zwischen 10 und 100 Anfragen vorgesehen. Mit den USA werden sich die noch zu vereinbarenden Anfragezahlen in diesem Bereich bewegen.

 

Zum Datenaustausch nach Artikel 10 können keine exakten Prognosen abgegeben werden, da sich das Ausmaß dieser Form der Zusammenarbeit nach den jeweiligen Notwendigkeiten richten wird.

 

Zu Frage 6:

Das Abkommen enthält Datenschutzbestimmungen, die sich punktuell von jenen Regelungen, die andere Mitgliedstaaten der EU mit den USA vereinbart haben, durch einen höheren Schutz für die Betroffenen unterscheiden. So ist im Abkommen u.a. das Recht der Vertragsparteien festgelegt, von den Datenschutzbehörden oder einer anderen zuständigen Behörde der anderen Vertragspartei die Prüfung der Rechtmäßigkeit der aufgrund des Abkommens übermittelten personenbezogenen Daten zu verlangen. Dies ermöglicht Betroffenen ihre Rechte gegenüber den US Behörden im Wege einer österreichischen Behörde bzw. der Datenschutzkommission wahrzunehmen.

 

Zu Frage 7:

Ob eine Suchanfrage im automatisierten Verfahren durchgeführt wird liegt immer im Verantwortungsbereich der nationalen Kontaktstelle des jeweils anfragenden Staates in Übereinstimmung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen. Auch die Frage, ob im Falle eines Treffers als Ergebnis einer solchen Suchanfrage auf Basis der Kennung Identitätsdaten, also direkt personenbezogene Daten und weitere Daten im Amts- oder Rechtshilfeweg eingeholt werden, liegt im Ermessen der anfragenden Stelle.

Ob die bezüglichen Daten von der angefragten Vertragspartei auch tatsächlich bereitgestellt werden, richtet sich wieder nach den nationalen Rechtsgrundlagen und wird diese Weitergabe der Hintergrunddaten immer im angefragten Staat auf der Grundlage der in diesem Staat geltenden nationalen Rechtsordnung geprüft.

Beim Datenaustausch nach Artikel 10 entscheidet die nationale Kontaktstelle der angefragten Vertragspartei über die Zulässigkeit der Datenübermittlung.