6504/AB XXIV. GP
Eingelangt am 07.12.2010
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

Alois Stöger
Bundesminister
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMG-11001/0320-II/A/9/2010
Wien, am 6. Dezember 2010
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 6582/J der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Einleitend ist festzuhalten, dass zu Beginn eines Behandlungsfalles nicht immer klar ist, ob ein Unfall als Arbeitsunfall oder Freizeitunfall zu werten ist (insbesondere bei Wegunfällen), sodass es zu Verschiebungen zwischen den zuständigen Kostenträgern und damit auch zu einer Änderung der zurechenbaren stationären Tage kommen kann, die erst mit gewisser zeitlicher Verzögerung endgültig feststellbar ist.
Frage 1:
Im Zuge der ab dem Jahr 1997 erfolgten Systemumstellung der Krankenanstaltenfinanzierung (Einführung der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung – LKF) wurde die Finanzierung der Anstaltspflege für die in der gesetzlichen Krankenversicherung anspruchsberechtigten Personen durch die Träger der Sozialversicherung auf ein Pauschalsystem umgestellt. Nach diesem leisten die Träger der Sozialversicherung für alle (stationären wie auch ambulanten) Leistungen von bettenführenden Krankenanstalten, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der diesbezüglichen Vereinbarung gemäß Art. 15 B‑VG zwischen dem Bund und den Ländern in die Finanzierung nach dem damaligen KRAZAF einbezogen waren, einen jährlich zu valorisierenden Pauschalbetrag, der auf die Bundesländer bzw. deren neu geschaffenen Landesfonds nach einem bestimmten Schlüssel aufgeteilt wird und von den Trägern der Sozialversicherung nach einem ebenfalls festgelegten Schlüssel aufzubringen ist.
Die Unfallkrankenhäuser (UKHs) der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) waren in dieses Finanzierungssystem damals nicht eingebunden (und sind es bis heute nicht), sodass im § 149 Abs. 4 ASVG normiert wurde, dass die Höhe der Verpflegskosten und die Zahlungsbedingungen für die von der AUVA betriebenen UKHs durch einen Vertrag zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der AUVA festzulegen sind.
Auf dieser Rechtsgrundlage wird zur Abgeltung der Aufwendungen für Freizeitverunfallte, welche in den UKHs der AUVA behandelt werden, ein Pauschalbetrag festgesetzt. Eine Aufteilung nach Bundesländern ist nicht zweckmäßig, da die Inanspruchnahme stark davon abhängig ist, ob in dem betreffenden Bundesland ein UKH zur Verfügung steht oder nicht. Stattdessen wird der Pauschalbetrag gemäß § 149 ASVG durch die Gesamtsumme der damit abgegoltenen stationären Tage dividiert und so ein einheitlicher fiktiver Tagsatz für alle Krankenversicherungsträger errechnet.
Für die Jahre 2006 bis 2009 wurden folgende Ersätze von den betroffenen Krankenversicherungsträgern (Gebietskrankenkassen und Betriebskrankenkassen sowie die bundesweiten Versicherungsträger Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Sozialversicherungsanstalt der Bauern und Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft jeweils in ihrer Eigenschaft als Träger der Krankenversicherung) geleistet:
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Höhe des Pauschalbetrages gemäß § 149 ASVG für die Jahre 2006 bis 2009 in €: |
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2009 |
41.466.410 |
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2008 |
39.522.518 |
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2007 |
37.738.221 |
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2006 |
35.789.125 |
Aufgrund der Inanspruchnahmedaten (entspricht der Anzahl der stationären Tage je leistungszuständigem Versicherungsträger) ist es der AUVA möglich, fiktive Kostenersätze je stationärem Tag zu errechnen. So sind etwa im Jahr 2007 (für das die Datenlage auf Grund der eingangs erwähnten Problematik hinreichend stabil und
aktuell ist) rund 251.000 stationäre Tage für die oben angeführten Krankenversicherungsträger angefallen; das entspricht einer fiktiven Abgeltung der angefallenen Kosten von rund 150 € je stationärem Tag.
Frage 2:
Die Leistungszuständigkeit der AUVA ist auf Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten beschränkt, sodass angenommen wird, dass an Stelle des in der Anfrage verwendeten Begriffs „Freizeitunfall“ der Begriff „Arbeitsunfall“ gemeint ist.
Gemäß § 315 ASVG hat der Träger der Unfallversicherung dem Träger der Krankenversicherung die Aufwendungen, die dieser für die Krankenbehandlung des Versehrten und die wiederkehrenden Geldleistungen aus der Krankenversicherung bei der durch einen Arbeitsunfall verursachten Krankheit oder bei einer Berufskrankheit ab dem ersten Tag der fünften Woche nach dem Arbeitsunfall bzw. nach dem Beginn der Berufskrankheit gemacht hat, nach Maßgabe der §§ 317 und 318 ASVG zu ersetzen.
Diese grundsätzliche Bestimmung wird hinsichtlich der Ersatzansprüche zwischen den Gebiets- und Betriebskrankenkassen sowie der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau zur Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt durch § 319a ASVG außer Kraft gesetzt, wonach die in Rede stehenden Ersatzansprüche durch einen besonderen Pauschbetrag abgegolten sind. § 319a ASVG wurde mit BGBl. Nr. 293/1958 eingeführt und mehrfach novelliert. In der geltenden Fassung ist der besondere Pauschbetrag gemäß § 319a ASVG für das Jahr 1975 mit 255,1 Millionen Schilling festgesetzt und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die Aufgabe übertragen, diesen Pauschbetrag jährlich unter Berücksichtigung der Veränderungen der Aufwendungen der betroffenen Krankenversicherungsträger für die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit und aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit sowie einiger weiterer Umstände neu festzusetzen und im Internet zu verlautbaren.
Im Hinblick auf die Pauschalierung der Ersatzaufwendungen sowie die – wie aus § 315 ASVG ersichtlich – verschiedenen Kategorien an damit abgegoltenen Aufwendungen ist eine direkte Zuordnung von Kosten pro stationärem Behandlungstag nicht möglich. Gleiches gilt für die gewünschte Aufteilung nach Bundesländern.
Frage 3:
Die Berechnung einer jährlichen Querfinanzierung zwischen Krankenkassen und AUVA bedürfte im Lichte meiner Ausführungen zu den Fragen 1 und 2 der Festlegung einiger berechnungsrelevanter Annahmen und Parameter, die jeweils einer kritischen Bewertung in Hinblick auf Validität und Intentionalität zu unterwerfen wären. Ich möchte nicht verleugnen, dass die AUVA sich aus der gegebenen Finanzierungssituation als benachteiligt erachtet. Es ist auch nicht zu übersehen, dass durch die gegebene Systemdisparität der Finanzierung von Spitalsleistungen in
landesgesundheitsfondsfinanzierten Krankenanstalten und Unfallkrankenhäusern die für die Sicherstellung einer ausreichenden Spitalsversorgung zuständigen Länder in einem gewissen – praktisch nicht quantifizierbaren – Ausmaß entlastet werden.
Frage 4:
Die Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern hat keinerlei Einfluss auf die in den Fragen 1 bis 4 thematisierten Umstände, da auch im Falle der Zusammenlegung
von einer Spartentrennung der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung aus sachlichen Gründen nicht abgegangen werden könnte.
Frage 5:
Die nicht erfolgte Einbeziehung der Unfallkrankenhäuser der AUVA in die allgemeine Krankenanstaltenplanung und –finanzierung ist das Ergebnis der zu den in der Vergangenheit zu diesem Thema geführten Verhandlungen über eine 15a-B-VG-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern und ist bis zum Auslaufen der derzeit geltenden Vereinbarung über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens bis zum Ende des Jahres 2013 paktiert. Bei den Verhandlungen über die diesbezügliche Nachfolgeregelung wird die Frage der Einbeziehung der Unfallkrankenhäuser neuerlich zu thematisieren sein.
Ich verweise in diesem Zusammenhang allerdings auf die vielfältigen Kompetenzen und Finanziers im Spitals- und Gesundheitswesen, die allfällige Systemänderungen unterstützen und mittragen müssten. Eine stärkere Vereinheitlichung des Systems der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) unter Einbeziehung der von der AUVA geführten Krankenanstalten wird vom Gesundheitsressort seit Jahren angestrebt, wurde jedoch bisher von den Ländern nicht unterstützt.
Frage 6:
Bundesländergrenzen stellen im Gesundheitswesen zweifellos mitunter unnötige Hürden für die Patientinnen und Patienten dar, daher wird in der Gesundheitsplanung – wo es notwendig und sinnvoll ist – grenzüberschreitend gearbeitet.
Unter diesem Aspekt halte ich eine überregionale Planung im Bereich des Gesundheitswesens für durchaus sinnvoll, solange diese entsprechende Spielräume für die Rücksichtnahme auf regionale Besonderheiten offen lässt. Insbesondere ist die föderale Struktur Österreichs insgesamt und besonders im Gesundheitswesen eine Tatsache, die nicht ignoriert werden kann. Solange eine Änderung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, die eines Verfassungsgesetzes bedürfte, nicht in Aussicht steht, muss auch im Gesundheits- und Krankenversicherungswesen der regionalen Sichtweise Platz eingeräumt werden.
Frage 7:
Die UKH können nicht direkt mit Standard-, Schwerpunkt- und Zentralkrankenanstalten verglichen werden. Dies liegt einerseits am spezifischen Leistungsspektrum der UKH der AUVA, andererseits an der Tatsache, dass sie Privatkrankenanstalten sind und damit ausnahmslos im Einflussbereich der Selbstverwaltungskörper der AUVA liegen.
Hinsichtlich einzelner Aspekte haben die von der AUVA geführten Krankenanstalten sicherlich Vorbildwirkung, sie sind jedoch aufgrund ihrer eingeschränkten
Patient/inn/enklientel und des ebensolchen Leistungsspektrums mit dem Großteil der anderen Akutkrankenanstalten nicht vergleichbar. Die Behandlung auch von Patientinnen und Patienten, die keine Arbeitsunfälle erlitten haben, führt zu der guten Auslastung der Unfallkrankenhäuser, deren Kapazitäten stark überdimensioniert wären, würden sie nur Arbeitsunfälle versorgen.
Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang keinesfalls unerwähnt lassen, dass nach einem Arbeitsunfall verunfallte Personen, nicht nur (in den österreichweit sieben) UKHs, sondern auch in den, dem Arbeitsunfallgeschehen nahegelegenen landesgesundheitsfondsfinanzierten Krankenanstalten behandelt werden.