6528/AB XXIV. GP
Eingelangt am 14.12.2010
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

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Frau Präsidentin des Nationalrates Maga. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien |
Alois Stöger diplômé Bundesminister
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GZ: BMG-11001/0334-II/A/9/2010
Wien, am 14. Dezember 2010
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 6635/J des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Der Vorschlag der Kommission für eine Änderung der Richtlinie 2001/18/EG zur Sicherstellung der „Selbstbestimmung“ von Mitgliedstaaten für den GVO-Anbau wurde auf politischer Ebene zuletzt am Umweltrat am 14. Oktober 2010 zur Diskussion gestellt. Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten äußerte sich dabei positiv zu dem Vorschlag. Von vielen Mitgliedstaaten wurde dabei aber insbesondere die Verträglichkeit von nationalen Maßnahmen für Verbote des GVO-Anbaus mit dem Binnenmarkt und den Verpflichtungen der WTO zur Diskussion gestellt. Negativ zu dem Vorschlag äußerten sich bisher Frankreich, Spanien und Deutschland.
Österreich (das heißt mein Ressort und das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) sowie die Niederlande, auf deren Initiative der Vorschlag für Selbstbestimmungsrecht beim GVO-Anbau zurück geht, setzen sich nach wie vor nachdrücklich für den Kommissionsvorschlag ein, da der Vorschlag aus unserer Sicht auch einen Schritt in die richtige Richtung bedeutet.
Offene Rechtsfragen sollten aber vor der Beschlussfassung geklärt werden.
Frage 2:
Gemeint sind wohl die Schlussfolgerungen des Umweltrates vom 4. Dezember 2008. Gemäß diesen Schlussfolgerungen wurde die Europäische Behörde für Ernährungssicherheit (EFSA) insbesondere ersucht, eine Überprüfung und Verbesserung der Leitlinien für die Bewertung der Umweltrisiken vorzunehmen. Ebenso wurden die EFSA und die Mitgliedstaaten aufgefordert, gemeinsam ein Netzwerk Europäischer Wissenschaftler aufzubauen, in dem insbesondere ökologische Fragen beim Anbau von GVO aber auch Sicherheitsfragen bei ihrer Verwendung für die Ernährung von Mensch und Tier ihre Berücksichtigung finden.
Österreich ist in diesem Netzwerk durch Experten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit und des Umweltbundesamtes vertreten. Durch deren Mitarbeit wurden bereits erhebliche Beiträge zu Verbesserung der aktuellen Richtlinien der EFSA für die Risikobewertung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln und Futtermitteln und der derzeit in Ausarbeitung befindlichen Richtlinien für die Umweltrisikobewertung geleistet.
Bezüglich Risikomanagement und Überwachung (Monitoring) ist mein Ressort, auch durch Experten des Umweltbundesamtes, an den diesbezüglichen Arbeiten des Komitees der zuständigen Behörden zur Durchführung der Richtlinie 2001/18/EG beteiligt und hat zuletzt an der Erstellung eines umfassenden Formblattes für die regelmäßigen Überwachungsberichte der Zulassungsinhaber konstruktiv mitgewirkt.
Frage 3:
Mein Ressort hat das Umweltbundesamt in einem derzeit noch nicht abgeschlossenen Forschungsauftrag unter anderem ersucht, Möglichkeiten der Begründung eines GVO-Anbauverbots gemäß dem Verordnungsvorschlag der Kommission zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG zu explorieren.
Das Gutachten, das von meinem Ressort noch nicht abgenommen wurde, geht auf verschiedene nach dem GATT-Abkommen gegebene Möglichkeiten ein, für die es aber noch keine befriedigende Judikatur der entsprechenden WTO–Panels gibt. Das Gutachten empfiehlt jedenfalls auch mögliche Risiken für die Umwelt als Begründung heranzuziehen.
Frage 4:
Bezüglich eines Schwellenwertes für das Vorhandensein von GVO in konventionellem Saatgut gibt es derzeit keine neuen Entwicklungen in der EU. Die Europäische Kommission hat unlängst dazu erklärt, ihre Überlegungen zu diesem sensiblen Gebiet weiter fortzusetzen.
Frage 5:
Grundsätzlich darf ich zu dieser Frage auf die federführende Zuständigkeit des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Futtermittelbereich hinweisen.
Bei einer Sitzung des ständigen Ausschusses für die Lebens- und Futtermittelkette (SCFCAH) am 15. November 2010 hat die Kommission einen Entwurf für eine Durchführungsverordnung zur allgemeinen Kontrollverordnung für Lebens- und Futtermittel betreffend die Probenahme- und Analysemethoden für die Kontrolle von Futtermitteln im Hinblick auf das Vorhandensein von genetisch verändertem Material zu einer ersten Diskussion vorgelegt. Dieser Vorschlag sieht keinen Grenzwert für die Toleranz von GVO-Verunreinigungen vor, sondern einen aus Kommissionssicht praktikablen Vorschlag zur Handhabung der Nulltoleranz, die in rechtlicher Sicht aufrechterhalten werden soll. Vorgeschlagen wird ein „Minimum Required Performance Limit“ (MRPL) von 0,1 % als niedrigster Wert, bei dem Analyseergebnisse von den offiziellen Laboratorien noch ausreichend reproduzierbar sind.
Zu diesem Vorschlag äußerten sich vorerst fast alle Mitgliedstaaten (einschließlich Österreich) grundsätzlich positiv, da die Kommission eindeutig klarstellte, dass mit diesem Vorschlag keine Akzeptanz von nicht zugelassenen GVOs mit 0,1% intendiert ist und am Grundsatz der „Nulltoleranz“ nicht gerüttelt werden soll . Nur zwei Mitgliedstaaten hatten Vorbehalte. Zwei Mitgliedstaaten befürworten sogar einen (echten) Grenzwert, der höher als 0,1 % liegt.
Frage 6:
Ein Gütezeichengesetz (bzw. Gütesiegelgesetz) ist im Regierungsprogramm vereinbart. Ich bemühe mich darum, das Regierungsprogramm zu erfüllen und habe auch einen Vorschlag für ein derartiges Gesetz vorgelegt, der aus der Sicht des Koalitionspartners noch nicht beschlussreif ist. Es wird daher weitere Gespräche geben.
Frage 7:
Die Empfehlungen der Europäischen Kommission betreffend Koexistenz betreffen in erster Linie die Zuständigkeit der Länder, die in ihren „Gentechnikvorsorgegesetzen“ bereits entsprechende Regelungen auf Basis der alten Koexistenzempfehlung aus dem Jahr 2003 getroffen haben. Auf Bundesebene ist für Fragen der Koexistenz federführend das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zuständig.
Aus Sicht meines Ressorts bietet die neue Koexistenzempfehlung nun einen größeren Spielraum für die Etablierung von GVO-freien Regionen, da der in der alten Koexistenzempfehlung als Richtwert angegebene Grenzwert von 0,9 % für GVO-Material in Lebensmitteln und Futtermitteln nicht mehr vorgesehen ist. Das bedeutet, dass Beschränkungsmaßnahmen für den GVO-Anbau, die von einem erheblich niedrigeren Grenzwert ausgehen, der vom Markt im Sinne einer „Gentechnikfreiheit“ verlangt wird, auch zulässig sein können, um wirtschaftliche Nachteile für Biobauern und traditionell arbeitende Landwirte, die „gentechnikfreie“ Lebens- und Futtermittel produzieren wollen, zu vermeiden.