6573/AB XXIV. GP
Eingelangt am 20.12.2010
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
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An die
Präsidentin des Nationalrats
Mag.a Barbara PRAMMER
Parlament
A-1017 W i e n
Wien, am . Dezember 2010
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Der Abgeordnete zum Nationalrat Vilimsky und weitere Abgeordnete haben am 20. Oktober 2010 unter der Nr. 6683/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Gemeinwirtschaftliche Leistungen des Bundes im Personenverkehr – Bericht des Rechnungshofes III-172 dB, XXIV. GP gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zum Motivteil der Anfrage möchte ich festhalten, dass der Prüfungszeitraum des zitierten Rechnungshofberichts die Jahre 2005 bis September 2009 umfasste. Bereits während der Prüfung des Rechnungshofes wurden Verhandlungen für eine Nachfolgeregelung geführt. Bei der Neugestaltung der Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen wurde den seitens des Rechnungshofes angeführten Empfehlungen bereits entsprochen.
Zu den Fragen 1 und 2:
Ø Wann und in welcher Form wird es zur vom Rechnungshof geforderten Konkretisierung der verkehrspolitischen Zielsetzungen des Bundes sowie zur Operationalisierung und Ausarbeitung von Erfolgsindikatoren kommen, mit denen die Zielerreichung messbar wird?
Ø Wann und in welcher Form wird es zu der vom Rechnungshof geforderten klaren Definition der Ziele und Aufgaben des Bundes im Bereich der Finanzierung des Personenverkehrs auf der Bahn (Grundangebot) kommen?
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die in den Regierungsprogrammen festgelegten verkehrspolitischen Grundsätze und Ziele über die Organisation und Finanzierung weitgehend umgesetzt wurden. Eine klare Kompetenzabgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Bund, Länder und Gemeinden wurden bereits im Rahmen des ÖPNRV-G 1999 festgelegt.
Die Forderung nach einer Sicherstellung des Grundangebotes war aus Sicht des bmvit auch bisher erfüllt. Im ÖPNRV-G 1999 wurde das Grundangebot festgelegt, wobei die Basis die Summe der zu diesem Zeitpunkt aufgewendeten Bundesmittel darstellte.
Aufbauend auf den bisherigen Tätigkeiten und im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofs wird im Zuge der Neugestaltung der Verkehrsdiensteverträge mit den Schienenbahnen eine weitere EU-konforme, transparente und leistungsorientierte Abgeltung der Schienenverkehrsleistungen sichergestellt. Im Zuge der Umstellung von einer überwiegenden Tarifbestellung auf eine Leistungsbestellung erfolgte auch eine Evaluierung des im ÖPNRV-G 1999 festgelegten Grundangebotes. Im Rahmen der neuen Verkehrsdiensteverträge werden definierte Verkehrsleistungen auf einzelnen Strecken auf Zugebene bestellt, die zumindest das Grundangebot gemäß ÖPNRV-G 1999 abdecken.
Bezüglich der Ausarbeitung der Erfolgsindikatoren ist anzumerken, dass Vorgaben für Fahrgastzahlen und Qualitätsziele bereits im bisherigen Gemeinwirtschaftlichen Leistungsvertrag enthalten sind.
Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass bereits im Jahr 2007 eine Studie zur Einrichtung eines ÖPNRV-Monitorings erstellt wurde und die Erarbeitung steuerrelevanter Kennzahlen erfolgte. Diese Ergebnisse wurden als Grundlage für die Neugestaltung der Verkehrsdiensteverträge mit den Schienenbahnen herangezogen, wo diese Erfolgsindikatoren im Rahmen umfassender Qualitätskriterien und einer Qualitätskontrolle berücksichtigt sind. Zusätzlich ist ein umfangreiches Qualitätscontrolling mit Bonus-/Malussystem vorgesehen.
Zu Frage 3:
Ø Wann und in welcher Form wird es zu der vom Rechnungshof geforderten Prüfung kommen, welche Bahnstrecken - zumindest mittelfristig - für eine Vergabe im Wettbewerb in Frage kommen könnten?
Im Rahmen der Neugestaltung der Verkehrsdiensteverträge mit den Schienenbahnen wurde die Frage von möglichen Anbietern und einer Vergabe der Gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Wettbewerb analysiert.
In einem ersten Schritt ist seitens des Bundes – als eine Möglichkeit, die die VO (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 vorsieht – eine Beauftragung in Form einer Direktvergabe an die Schienenbahnen zur Aufrechterhaltung der Schienenverkehrsdienste in Österreich vorgesehen. Mit den neuen Verkehrsdiensteverträgen soll das bisherige Bestellsystem auf ein System unmittelbar leistungsbezogener Abrechnung umgestellt werden, sodass künftig die Leistungen im Schienenpersonenverkehr in reguliertem Wettbewerb im Wege wettbewerblicher Verfahren beauftragt werden können. Durch die im Verkehrsdienstevertrag vorgesehene Möglichkeit der Kündigung von Teilleistungen soll eine schrittweise Marktöffnung herbeigeführt werden.
Zu Frage 4:
Ø Wann und in welcher Form wird es zur vom Rechnungshof geforderten präzisen Definierung von in den Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträgen festgelegten Umfang und Qualität der zu erbringenden Leistung (insbesondere Bedienung konkreter Strecken, genaue Zeiten und Zugsfrequenzen fahrgast– und umweltrelevanten Qualitätsanforderungen), kommen?
Durch die Neugestaltung der Verkehrsdiensteverträge wird eine transparente und nachvollziehbare Bewertung der gemeinwirtschaftlichen Leistungsanteile im Sinne der EU-rechtlichen Vorgaben (streckenbezogene Kosten- und Einnahmenzuordnung der Bahnen unter Berücksichtigung von Zahlungen anderer Stellen) sichergestellt.
Eine der verkehrspolitischen Zielsetzungen betrifft die Sicherstellung des Grundangebotes durch den Bund gemäß § 7 ÖPNRV-G 1999. Im Zuge der Evaluierung des Grundangebotes und der Umstellung einer weitgehenden Tarifbestellung auf eine Leistungsbestellung werden im Rahmen der Neugestaltung der Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträge die Leistungen des Grundangebotes festgeschrieben, wobei eine Festlegung der Kilometer auf bestimmten Strecken, heruntergebrochen auf Zugebene pro Bundesland, vorgesehen ist. Das beinhaltet auch die Vorgabe von Zeiten und Zugfrequenzen bzw. die Festlegung von Halten sowie umfassende Qualitätsanforderungen.
Zu Frage 5:
Ø Wann und in welcher Form wird es zur vom Rechnungshof geforderten Sicherstellung (z.B. über Pönaleregelungen) in den Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträgen kommen, damit Abweichungen vom geforderten Leistungsumfang und den vereinbarten Qualitätsmerkmalen einen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der vom Bund geleisteten Abgeltung haben?
Zur Frage betreffend Pönalzahlungen bei Abweichungen vom geforderten Leistungsumfang ist festzuhalten, dass auch im bisherigen Gemeinwirtschaftlichen Leistungsvertrag Regelungen bei Verspätungen und mangelnde Qualitäten enthalten sind. Im Rahmen der neuen Verkehrsdiensteverträge für Schienenbahnen ist ein umfassender Katalog über Qualitätskriterien und Qualitätsmonitoring wesentlicher Bestandteil des Vertrages, wobei für die Einhaltung bzw. die Nichteinhaltung ein entsprechendes Bonus/Malussystem vorgesehen ist.
Zu den Fragen 6 und 8:
Ø Wann und in welcher Form wird es zum vom Rechnungshof geforderten Abschluss der Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträge bereits vor Beginn der jeweiligen Leistungsperiode kommen?
Ø Inwieweit wird es zu der vom Rechnungshof geforderten längerfristigen Laufzeit der neuen Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträge kommen?
Aufgrund der Komplexität und der notwendigen Vorarbeiten zur Schaffung der organisatorischen, technischen und legistischen Voraussetzungen für die Umstellung des Abgeltungssystems kann nun bei der erstmaligen Implementierung des neuen Verkehrsdienstevertrags ein unterjähriger Abschluss erforderlich sein.
Die Laufzeit der Verträge mit den einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen wird entsprechend der Empfehlung des Rechnungshofs mehrjährig sein, sodass in Hinkunft Rechtssicherheit schon vor sowie über einen mehrjährigen Leistungszeitraum besteht.
Zu Frage 7:
Ø Wann und in welcher Form wird es zur vom Rechnungshof geforderten Klarstellung der Abgeltungs–Höchstsummen je Bahn in den Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträgen, zur strikten Einhaltung der festgelegten Abgeltungs–Höchstsummen sowie zur Einholung der erforderlichen Zustimmungen des BMF kommen?
In den alten Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträgen mit der ÖBB-PV AG waren Abgeltungshöchstsummen vereinbart und wurden grundsätzlich eingehalten. Im Privatbahnbereich wurden Abgeltungshöchstsummen je Unternehmen im Personenverkehr bereits im Vertrag von 2008 erstmalig festgelegt. Diese Höchstsummen werden kontrolliert.
Zukünftig kann es aufgrund von Abweichungen des Leistungsumfangs bzw. der vereinbarten Qualitätskriterien zu Anpassungen durch ein entsprechendes Bonus/Malussystem kommen.
Die Zustimmung des BMF war bisher immer gegeben und wird auch weiterhin eingeholt werden.
Zu den Fragen 9 und 10:
Ø Wann und in welcher Form wird es zur Einführung des vom Rechnungshof geforderten Wirkungscontrolling mit aussagekräftigen Finanz– und Leistungsindikatoren kommen?
Ø Wann und in welcher Form wird es - wie vom Rechnungshof gefordert - bereits in den Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträgen klare Verpflichtungen zur Meldung von (hinsichtlich Messung bzw. Erhebung) genau definierten Finanz- und Leistungsdaten zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Monitoring kommen?
Ein Wirkungscontrolling mit aussagekräftigen Finanz- und Leistungsindikatoren ist in den neuen Verkehrsdiensteverträgen vorgesehen.
Die durchgeführten Vorarbeiten und die Ergebnisse aus der Monitoringstudie waren u.a. Grundlage für die Definition von Qualitätskriterien. Im Zuge der Neugestaltung der Verkehrsdiensteverträge werden die vom Rechnungshof geforderten Daten und Kennzahlen im Rahmen des Vertrages bereits definiert und vorgegeben. Diese beinhalten einen umfassenden Katalog zur Überprüfung der Leistungen in qualitativ und quantitativer Hinsicht (wie z.B. auch Fahrgasterhebungen). Die Form bzw. Vorgangsweise betreffend die laufende Meldung von Finanz- und Leistungsdaten wird in den Verträgen festgelegt. Zusätzlich werden Berichtspflichten für einzelne Bereiche aufgenommen.
Auf der Grundlage der Verkehrsdiensteverträge ist in weiterer Folge eine Ausdehnung und Festlegung der Daten und steuerungsrelevanter Kennzahlen für alle Verkehrsunternehmen geplant.
Zu den Fragen 11 und 12:
Ø Wann und in welcher Form wird es zu der vom Rechnungshof geforderten systematischen Prüfung der Endabrechnungen der Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträge sowie zur zwingenden Vorlage der vertraglich ausbedungenen Leistungsnachweise kommen?
Ø Wann wird es entsprechend den Empfehlungen des Rechnungshofes zur Kürzung bzw. Einstellung von weiteren Zahlungen bei Leistungsmängeln bzw. Nicht–Vorlage von Nachweisen kommen?
Auf Grund der Leistungserbringung der Eisenbahnverkehrsunternehmen im Verbundbereich und auf Grundlage von Verbundverträgen hängen die geforderten Nachweise nicht nur von den Eisenbahnverkehrsunternehmen, sondern auch von den Berechnungen der Verkehrsverbundunternehmen, die die Aufteilung der abgeltungswürdigen Leistungen berechnen ab. Eine Kürzung bzw. Einstellung von Zahlungen aufgrund von Verzögerungen, die die Leistungserbringer nicht zu verantworten haben, ist daher problematisch.
Grundsätzlich wurden aber sowohl bei den bisherigen Gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträgen bzw. werden auch in den neuen Verkehrsdiensteverträgen Endabrechnungen systematisch geprüft. Ebenso wurden alle vertraglich festgelegten Leistungsnachweise vorgelegt bzw. sind diese nach den neuen Verkehrsdiensteverträgen vorzulegen.
Im Zuge der neuen Verkehrsdiensteverträge werden auf Basis der vereinbarten Qualitätskriterien entsprechende Nachweise gefordert (Zählungen etc). Damit ist eine systematische Prüfung der Abrechnungen gewährleistet.
Aufgrund des vorgesehenen Bonus/Malussystems werden Abweichungen des Leistungsumfangs bzw. der vereinbarten Qualitätskriterien berücksichtigt und Anpassungen vorgenommen.
Zu den Fragen 13 und 14:
Ø Haben die aufgrund der Bahnliberalisierung künftigen „neue“ Anbieter von Bahnstrecken, wie beispielsweise die WESTbahn Management GmbH, bereits ein Ansuchen um Erhalt von Mitteln im Rahmen der Gemeinwirtschaftlichen Leistungen gestellt und wenn ja, wer, ab wann und in welcher Höhe?
Ø Wenn ja, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen wird es für diese Unternehmen grundsätzlich finanzielle Mittel geben?
Wie bereits in den Vorfragen angeführt, wird das Grundangebot gemäß § 7 ÖPNRV-G 1999 im Zuge einer Leistungsbestellung und nicht mehr wie bisher in Form einer Tarifbestellung vergeben.
Um bei allfälligen Auswirkungen aufgrund dieser Umstellung auf das gesamte österreichische Schienenbetriebssystem im Rahmen der Grundangebotssicherung weiterhin einen effizienten Schienenpersonenverkehrsbetrieb bundesweit gewährleisten zu können, wurde seitens des bmvit für die nunmehr erstmalig anfallende Art der Leistungsbestellung der Weg der Direktvergabe gemäß Art. 5 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 gewählt. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, künftig die Leistungen im Schienenpersonenverkehr in reguliertem Wettbewerb im Wege wettbewerblicher Verfahren beauftragen zu können.
Als weiterer Schritt im Zuge einer Liberalisierung des Schienenpersonenverkehrsmarktes für die Grundangebotssicherung ist künftig die Vergabe von Teilleistungen in einem wettbewerblichen Verfahren vorgesehen.
Mit der WESTbahn Management GmbH fanden mehrere Gespräche über die geplante Vorgangsweise statt. Weiters gab es eine Interessensbekundung eines deutschen Unternehmens Bezug nehmend auf die erfolgte Vorinformation gemäß Art. 7 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße zur Direktvergabe Linienbündel Bundesgebiet Österreich.