6589/AB XXIV. GP
Eingelangt am 20.12.2010
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung
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Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara PRAMMER
Parlament 1017 Wien |
Wien, am 16. Dezember 2010
Geschäftszahl:
BMWFJ-10.101/0346-IK/1a/2010
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 6748/J betreffend „Strompreisanstieg“, welche die Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen am 22. Oktober 2010 an mich richteten, stelle ich fest:
Antwort zu den Punkten 1 bis 3 der Anfrage:
Vorauszuschicken ist, dass im liberalisierten Elektrizitätsmarkt nur mehr der Bereich der Netze einer strengen Regulierung durch die Energie-Control GmbH und amtlicher Festsetzung der Netztarife durch die Energie-Control Kommission unterworfen ist. Entscheidungen über zukünftige geplante oder beabsichtigte Maßnahmen von Elektrizitätsunternehmen, die privatwirtschaftlich agieren, sind Angelegenheiten der Vorstände der jeweiligen Unternehmen und liegen damit im unternehmerischen Gestaltungsbereich. Annahmen und Prognosen stellen darüber hinaus keinen Gegenstand der Vollziehung dar.
Unbeschadet dessen habe ich die in der Anfrage thematisch mit angesprochene Energie-Control GmbH ersucht, einschlägige Informationen zur Verfügung zu stellen, auf deren Grundlage Folgendes festgehalten werden kann:
Die Studie "Die Energiewirtschaft nach der Krise" wurde von AT Kearney im September/Oktober 2010 mit der Zielsetzung durchgeführt, einen Beitrag zur sachlichen Diskussion über die Konsequenzen der Wirtschaftskrise für die europäischen Energiemärkte zu leisten. Ziel war es insbesondere zu klären, welche kurzfristigen und langfristigen Folgen die Krise für die Energiemärkte und die Unternehmen hat.
Eine Prognose von Großhandelspreisen über längere Zeiträume hängt von zahlreichen Faktoren (u.a. Wirtschaftswachstum, Ölpreisentwicklung, Ausbau der Erneuerbaren Energieträger) ab, die langfristig nicht unmittelbar vorhersehbaren Änderungen unterworfen sind.
Kernaussage der AT Kearney-Studie ist eine Prognose der nominellen, also einschließlich Inflationserwartung berechneten Großhandelspreise von etwa € 100/MWh im Jahr 2020. Diese Annahme führt (inkl. Retailmarge) zu prognostizierten Endkundenpreisen einschließlich Energie, Netz und Steuern von € 222/MWh. Im Jahr 2009 entsprach diesem Wert ein Preis von € 181/MWh. Damit würden die Preise um 23% steigen.
Begründet wird dieses erhöhte Preisniveau vor allem durch den sich verringernden Anteil an kostengünstiger Kohleverstromung und durch erhöhte Kapitalkosten.
Daneben existieren auch andere, international renommierte Studien, welche die Strom-Großhandelspreise längerfristig auf einem gemäßigteren Niveau sehen. So prognostizieren die Cambridge Research Associates (CERA IHS) in den nächsten Jahren ein eher stabiles Preisniveau bei nominell rund 60 €/MWh im Jahr 2015, sodass die Haushaltspreise etwa konstant bleiben könnten. Zu diesem Zeitpunkt geht die Prognose von AT Kearney bereits von etwa 75 €/MWh aus.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Energiepreise der lokalen Lieferanten abzüglich aller Rabatte in Cent/kWh für den Zeitraum Jänner 2004 bis November 2010.
|
Lieferanten |
Jänner 2004 |
November 2010 |
Steigerung in % |
|
BEWAG |
4,36 |
6,91 |
+58% |
|
Energie AG |
4,19 |
7,69 |
+83% |
|
EVN |
4,27 |
8,22 |
+93% |
|
Energie Graz GmbH |
4,39 |
7,24 |
+65% |
|
Innsbrucker KB |
4,07 |
6,54 |
+61% |
|
KELAG |
3,87 |
5,85 |
+51% |
|
Linz AG |
4,47 |
7,62 |
+71% |
|
Salzburg AG |
3,91 |
6,16 |
+58% |
|
Steweag-Steg |
3,88 |
7,69 |
+98% |
|
Tiwag |
4,00 |
6,08 |
+52% |
|
VKW |
3,54 |
6,42 |
+81% |
|
Wienstrom |
4,14 |
8,58 |
+108% |
|
Energie Klagenfurt |
4,01 |
6,44 |
+61% |
Quelle: E-Control
Tendenziell ähnlich zeigt sich die Entwicklung des Verbraucherpreisindex (VPI) für Strom, der nach Einführung diverser Zuschläge zur Förderung der Ökoenergie sowie marktbedingten Verläufen über die Jahre hinweg angestiegen ist.
Die von der E-Control gegen diesen Trend festgelegten, sinkenden Netztarife werden in vielen Fällen durch diese Entwicklung der Erzeugerpreise aufgehoben.
Auch die in der Finanzkrise aufgrund einer verringerten Produktionsnachfrage sinkenden Großhandelspreise für Energie befinden sich seit Mitte 2009 wieder im Anstieg.

Antwort zu den Punkten 5 und 6 der Anfrage:
Es ist nicht Aufgabe des zuständigen Ressorts, "den Strompreis zu regeln". Netztarife werden von der Energie-Control Kommission festgesetzt. Mein Ressort arbeitet vielmehr seit Jahren intensiv und aktiv an der Entwicklung eines europäischen Energiemarktes mit. Hierbei geht es darum, durch den forcierten Ausbau und die Integration von Leitungsverbindungen die Abhängigkeit von einer bestimmten Produktions-/Lieferregion zu reduzieren. So wird schon derzeit ein nicht unerheblicher Anteil des auch zur Stromerzeugung benötigten Gases aus günstigen Lieferländern Nordeuropas bezogen, was einen nachhaltig positiven Einfluss auf den Strompreis nehmen kann.
Neben der Etablierung eines grenzüberschreitenden Marktes ist auch ein gut funktionierender Wettbewerb am Endkundenmarkt erforderlich.
Die im Zuge der Vollliberalisierung mit 2001 eingerichtete Regulierungsbehörde E-Control überwacht seither den Wettbewerb in Österreich. Eine ihrer wesentlichen Aufgaben ist die Marktaufsicht.
Das dritte Energiepaket der EU sieht darüber hinaus weitere Maßnahmen zur Stärkung nationaler Regulierungsbehörden vor, um einen europaweit und national funktionierenden Wettbewerb auch langfristig sicherzustellen.