6649/AB XXIV. GP
Eingelangt am 21.12.2010
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BM für Wissenschaft und Forschung
Anfragebeantwortung

BMWF-10.000/0310-III/4a/2010
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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien
Wien, 21. Dezember 2010
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6688/J-NR/2010 betreffend massive Mängel in der Wahrnehmung der
Rechtsaufsicht über die Medizinische Universität Innsbruck (MUI)
& weiterhin unhaltbare Zustände in der Führung dieser Universität,
die die Abgeordneten
Voranzustellen sind allgemeine Bemerkungen zur personalrechtlichen
Stellung von
Ao. Univ.-Prof. Dr. Scholtz steht in einem öffentlich-rechtlichen Bundesdienstverhältnis als Universitätsdozent und unterliegt somit dem Dienstrecht (einschließlich Disziplinarrecht) des Bundes. Dienstbehörde erster Instanz ist die Medizinische Universität Innsbruck unter der Leitung des Rektors, oberste Dienstbehörde ist das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung.
Streitigkeiten im Zusammenhang mit den Dienstpflichten sind nicht im Rahmen eines aufsichtsbehördlichen Verfahrens, sondern im Rahmen eines Dienstrechtsverfahrens zu klären. Hinsichtlich der Entbindung von ao. Univ.-Prof. Dr. Scholtz von der Mitwirkung an der Krankenversorgung wurde daher mit Bescheid des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung abgesprochen. Mit dieser Entscheidung wurde die gegenüber Prof. Scholtz ausgesprochene Anordnung aus formalrechtlichen Gründen als rechtswidrig festgestellt. Das von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst eingeholte Gutachten von Prof. Brusis war in diesem Zusammenhang nicht relevant.
Univ.-Prof. Dr. Riechelmann steht dagegen in keinem (öffentlich-rechtlichen) Bundesdienst-verhältnis. Der Rektor ist ihm gegenüber als Vertreter des Arbeitgebers Universität zur Setzung von personalrechtlichen Maßnahmen berechtigt. Dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung kommt diesbezüglich kein Weisungsrecht zu.
Die gegen ihn erhobenen, allenfalls strafrechtlich relevanten Vorwürfe werden bereits von den Justizbehörden geprüft. Solange diese Ermittlungen andauern, besteht diesbezüglich kein vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung zu überprüfender aufsichts-behördlicher Überhang. Im Übrigen wird auf die auch für Univ.-Prof. Dr. Riechelmann geltende Unschuldsvermutung hingewiesen.
Zu Frage 1: Über diese Meinungsunterschiede wurde das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung mittels Aufsichtsbeschwerde vom Juni 2009 informiert.
Zu Frage 2: Es wurde das aufsichtsbehördliche Verfahren eingeleitet. Hinsichtlich der Vorwürfe gegen Univ.-Prof. Dr. Riechelmann waren gegenüber der Medizinischen Universität Innsbruck keine Veranlassungen zu treffen, da die Justizbehörden bereits eingeschaltet waren. Bezüglich der dienstrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Entbindung von der Krankenversorgung lag die Zuständigkeit zunächst bei der Universität als erstinstanzliche Dienstbehörde.
Zu Frage 3: Laut Schreiben des Rechtsvertreters von ao. Univ.-Prof. Dr. Scholtz vom Juni 2009 ist der Medizinischen Universität Innsbruck seit Mai 2009 bekannt, dass es im Zuge von Operationen, an denen Univ.-Prof. Dr. Riechelmann beteiligt war, zu auffallenden Komplikationen gekommen sei. Diese Komplikationen seien Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Innsbruck.
Der Beantwortung der Frau Bundesministerin für Justiz zu der schriftlichen parlamentarischen Anfrage 4468/J-NR/2010 (4403/AB) und den dortigen Fragen 1 und 2 sowie 4 und 9 war zu entnehmen, dass „gegen Univ.-Prof. Dr. R. wegen des Verdachtes der fahrlässigen Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen, der fahrlässigen Tötung und der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen im Zusammenhang mit behaupteten ärztlichen Fehlbehandlungen“ ermittelt wird. „Erst nach Vorliegen der noch ausständigen Ermittlungsergebnisse kann die Staatsanwaltschaft eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes vornehmen. Von dieser Beurteilung hängt auch das weitere Vorgehen ab.“
Zu Frage 4: Seitens des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung waren gegenüber der Medizinischen Universität Innsbruck keine Maßnahmen zu treffen, da die Zuständigkeit für allfällige Personalmaßnahmen beim angestellten Universitätspersonal beim Rektor liegt.
Um auf nach dem Abschluss des Arbeitsvertrags eintretende Minder- oder Fehlleistungen zu reagieren, ist dem Arbeitgeber Universität das allgemeine arbeitsrechtliche Instrumentarium in die Hand gegeben.
Zu Fragen 5 und 6: Dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung sind keine diesbezüglichen Maßnahmen der Medizinischen Universität Innsbruck gegen Univ.-Prof. Dr. Riechelmann bekannt.
Bezüglich der Vereinbarung gemäß § 29 Abs. 5 UG ist zu bemerken, dass sich die Dienst-pflichten des beamteten Universitätspersonals einschließlich dessen Verpflichtung zur Mitwirkung an den Aufgaben der Universitätseinrichtungen im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens unmittelbar aus den einschlägigen dienstrechtlichen Vorschriften des Bundes ergeben.
Zu Frage 7: Im Zuge des aufsichtsbehördlichen Verfahrens hat sich kein Anhaltspunkt dafür ergeben, dass durch die Entfernung des Beschleunigungsschlittens durch Universitätsorgane Gesetze und Verordnungen verletzt worden sind. Es bestand daher kein Anknüpfungspunkt für aufsichtsbehördliche Maßnahmen.
Die Korruptionsstaatsanwaltschaft, die ebenfalls mit der Angelegenheit Beschleunigungs-schlitten befasst worden war, beurteilte dessen Entfernung rechtlich als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung, sodass tatbestandsmäßiges Verhalten nach dem § 302 Abs. 1 StGB schon im Ansatz ausscheidet.
Zu Fragen 8 und 9: Dieser Vorwurf wurde dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung mit Schreiben vom September 2010 mitgeteilt. Daraufhin wurde ein aufsichtsbehördliches Verfahren eingeleitet, welches noch nicht abgeschlossen ist.
Zu Frage 10: Die Stellungnahme der Medizinischen Universität Innsbruck zu Frage 4 der Anfrage 4469/1-NR/2010 (4390/AB) lautete damals: „Wie dargestellt, erfolgte gegen Prof. Scholtz zum
damaligen Zeitpunkt keinerlei Disziplinierung durch den Dienstgeber. Er wurde
vom Krankenhausträger von der Krankenversorgung abgezogen, da er seiner
Informationspflicht gegenüber dem Ärztlichen Direktor des
Krankenhausträgers trotz Aufforderung nicht nachkam. Gegen Dozent Dr.
Neher wurden seitens der Medizinischen Universität ebenfalls keine
Disziplinarmaßnahmen durchgeführt; die Medizinische
Universität war auch gar nicht mehr Dienstherr des Herrn
Da nicht konkretisiert wird, in welcher Hinsicht die Stellungnahme der Medizinischen Universität Innsbruck nicht den Tatsachen entsprechen soll, stellt sich die Frage nach etwaigen Konsequenzen für universitäre Organe nicht.
Zu Frage 11: Laut Beantwortung der Frage 6 der Anfrage Nr. 4469/1-NR/2010 (4390/AB) war seitens der Medizinischen Universität Innsbruck „wegen Herabsetzung der Medizinischen Universität Innsbruck in den öffentlichen Medien durch unwahre Behauptungen in mehreren Fällen die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Herrn Prof. Dr. Scholtz beabsichtigt“.
Eine Umsetzung dieser Absichtserklärung und damit Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung ist bislang nicht erfolgt.
Zu Frage 12: Laut Schreiben des Rechtsvertreters von ao. Univ.-Prof. Dr. Scholtz vom Juni 2009 liegt der Medizinischen Universität Innsbruck seit Mai 2009 eine Liste mit mehr als 20 Komplikationen, beinhaltend auch zwei Todesfälle, vor.
Zu Frage 13: Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung hat keine nähere Kenntnis der Umstände im Zusammenhang mit der Berufung von Univ.-Prof. Dr. Riechelmann an die Medizinische Universität Innsbruck und es ist auch keine Überprüfung dieser Umstände vorgesehen, da die Einhaltung der Formalvorschriften in diesem (abgekürzten) Berufungsverfahren bislang von keiner Seite in Zweifel gezogen wurde.
Zu Fragen 14 und 15: Dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung ist die Höhe eines allfälligen Verdienstentgangs nicht bekannt. Es liegt an ao. Univ.-Prof. Dr. Scholtz, einen solchen zu konkretisieren und bei dem seiner Ansicht nach verantwortlichen Rechtsträger geltend zu machen.
Zu Frage 16: An der Medizinischen Universität Innsbruck können – wie auch an den anderen Universitäten – seit dem 1. Jänner 2004 keine „Bundesstellen“ mehr eingerichtet werden. Das Bundes-ministerium für Wissenschaft und Forschung hat keine Ingerenz hinsichtlich des an den vollrechtsfähigen Universitäten neu aufgenommenen Personals.
Dr. Beatrix Karl e.h. |
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