6658/AB XXIV. GP

Eingelangt am 22.12.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Hannes Fazekas, Genossinnen und Genossen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend organisatorische Rahmenbedingungen im Zusammenhang der Telefonüberwachung" gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Über die Verfahrensautomation Justiz wurden die Telefonüberwachungen für 2009

nach § 135 StPO nach Bundesländern ausgewertet.

Die Zeitspanne von einer Antragstellung der Polizei bis zur Anordnung durch die Staatsanwaltschaft wird in den Registern der Verfahrensautomation nicht erfasst, sodass mir dazu kein Datenmaterial vorliegt.


Zu 4:

§ 9 StPO (Beschleunigungsgebot") ordnet eine zügige und zielstrebige Führung von

Ermittlungen an. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass Reibungsverluste in Verfahrensabläufen hinangehalten werden. Dabei sind die vorhandenen Ressourcen zielgerichtet und sparsam einzusetzen. Dass es in Ausnahmefällen bei der Anordnung von Überwachungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 und 3 StPO zu Verzögerungen kommen kann, ist nicht auszuschließen. Zur steten Optimierung der Verfahrensabläufe im Zusammenhang mit der Durchführung von Überwachungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 und 3 StPO stehen die Mitarbeiter des Bundesministeriums für Justiz in engem Kontakt mit Mitarbeitern des Bundesministeriums für Inneres.

Ich gebe aber zu bedenken, dass die Bestimmungen für die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 und 3 StPO vor dem Hintergrund der gravierenden Grundrechtseingriffe auch an den grundrechtlichen und einfachgesetzlichen Schutzvorkehrungen im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMR zu messen sind. Die Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung und die Überwachung von Nachrichten nach den §§ 134 Z 2 und 3 und 135 Abs. 2 und 3 StPO sind von der Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen. Auf Grund des gravierenden Grundrechtseingriffs der Überwachungsmaßnahmen, insbesondere der Überwachung von Nachrichten (Fernmeldegeheimnis nach Art. 10a StGG, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK, Recht auf Datenschutz nach § 1 DSG 2000), ist in jedem Einzelfall von Staatsanwaltschaft und Gericht zu prüfen, ob die Maßnahme verhältnismäßig und notwendig ist (§ 5 StPO). Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund erklärt sich auch, dass der Gesetzgeber die Befugnis der Kriminalpolizei, im Falle von Gefahr in Verzug erforderlichenfalls ohne staatsanwaltschaftliche Anordnung die Maßnahme durchzuführen, auf den Fall von Überwachungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 und 3 gerade nicht ausgedehnt hat (§ 99 Abs. 3 StPO).

In der Praxis wird im Regelfall ein Antrag für eine Überwachungsmaßnahme nach § 135 Abs. 2 und 3 StPO durch den für das Ermittlungsverfahren zuständigen Staatsanwalt und auch durch den für das Ermittlungsverfahren zuständigen Richter behandelt. Außerhalb der Dienststunden ist sowohl bei den Staatsanwaltschaften als auch bei den Gerichten eine Rufbereitschaft oder ein Journaldienst eingerichtet, um


die rechtzeitige Erledigung von Anträgen und Anordnungen, die keinen Aufschub dulden, zu gewährleisten (§ 6a StAG und § 38 GOG). Dabei ist zu bedenken, dass Staatsanwalt oder Richter im Journaldienst in der Mehrzahl der Fälle nicht für das konkrete Ermittlungsverfahren zuständig sind, weshalb sie sich bei Befassung mit einem konkreten Antrag auch eingehende Verfahrenskenntnisse verschaffen müssen, um im konkreten Fall über die Zulässigkeit einer Überwachungsmaßnahme nach § 135 Abs. 2 und 3 StPO entscheiden zu können.

Die staatsanwaltschaftliche Anordnung einer Überwachungsmaßnahme nach § 135 Abs. 2 und 3 StPO ist ebenso wie die gerichtliche Bewilligung zu begründen und hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen (§ 102 Abs. 1 StPO). Bei besonderer Dringlichkeit dürfen solche Anordnungen auch mündlich (telefonisch) an die Kriminalpolizei erteilt werden, wobei diese schriftlich nachgereicht werden müssen. Ausfertigungen von Anordnungen dürfen auch elektronisch (z.B. ERV, E-Mail) übermittelt werden.

Zur Erleichterung und Straffung des Verfahrens sowie Vereinheitlichung der Ausfertigung     von                                   staatsanwaltschaftlichen                            Anordnungen          von

Überwachungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 und 3 StPO hat das Bundesministerium für Justiz unter Einbeziehung des Bundesministeriums für Inneres den Staatsanwaltschaften Formblätter zur Verfügung gestellt, die im Intranet abgerufen werden können. Darüber hinaus wurde im Erlassweg die Verwendung der Formblätter empfohlen (Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 4. April 2008, JMZ 430001L/2/II3/08, JABI. Nr. 23/2008, und Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 18. Jänner2006, JMZ 430001L/2/II3/06, JABI. Nr. 7/2006). Diese Formblätter sollen zu einer Vereinheitlichung und Vereinfachung des Verfahrensbetriebes führen, eine schnelle und korrekte Anordnung der einzelnen Maßnahmen ermöglichen und Diskussionen mit Betreibern in konkreten Strafverfahren, die zu Mehraufwand, Verzögerungen und Datenverlust führen könnten, möglichst vermeiden helfen.