6691/AB XXIV. GP
Eingelangt am
23.12.2010
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
NIKOLAUS BERLAKOVICH
Bundesminister
An die Zl. LE.4.2.4/0175-I 3/2010
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien Wien, am 17. DEZ. 2010
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen
und Kollegen vom 5. November 2010, Nr. 6822/J, betreffend Stand der
Umsetzung, Koordination und Evaluierung der Fauna-Flora-Habitat-
Richtlinie und Vogelschutzrichtlinie
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen vom 5. November 2010, Nr. 6822/J, teile ich Folgendes mit:
Zu Frage 1:
Nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzlage in Angelegenheiten des Naturschutzes obliegt die rechtliche und administrative Umsetzung der beiden genannten Richtlinien ausschließlich den österreichischen Bundesländern. Die Umsetzungsverpflichtungen traten mit dem Datum des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union am 1.1.1995 in Kraft.
Zu Frage 2:
Die österreichischen Bundesländer haben ihre Gesetze und Verordnungen in den Bereichen Naturschutz, Jagd und Fischerei den Vorgaben der beiden EU-Richtlinien angepasst.
Die österreichischen Gebietsmeldungen nach beiden Richtlinien (79/409 EWG, Vogelschutz-Richtlinie und 92/43/EG Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) umfassen 218 Gebiete (= ca.16 % der Staatsfläche).
Nachdem viele Flächen nach beiden Richtlinien ausgewiesen wurden, sind mit Berücksichtigung der Überschneidungen 168 Gebiete nach FFH-RL und 96 Gebiete nach Vogelschutz-RL ausgewiesen.
Nach der FFH-RL hat Österreich zurzeit in der alpinen Region 110 Gebiete nominiert, die ca. 6.300 km2 umfassen und in der kontinentalen Region 58 Gebiete mit ca. 2.700 km2.
In den einzelnen Bundesländern sind folgende Gebiete nach der FFH- und/oder der Vogelschutz-RL ausgewiesen worden:
Burgenland
Haidel bei Nickelsdorf; Zurndorfer Eichenwald und Hutweide; Parndorfer Heide; Frauenwiesen; Siegendorfer Pußta und Heide; Bernstein – Lockenhaus – Rechnitz; Hangwiesen Rohrbach – Schattendorf – Loipersbach einschließlich NSG Rohrbacher Kogel; Neusiedlersee-Seewinkel; Südburgenländisches Hügel- und Terrassenland; Naturwaldreservat Lange Leiten Neckenmarkt; Auwiesen Zickenbachtal; Lafnitzauen; Mattersburger Hügelland; Nordöstliches Leithagebirge; Parndorfer Platte – Heideboden.
Kärnten
Nationalpark Hohe Tauern (Kernzone I und Sonderschutzgebiete); Nationalpark Nockberge (Kernzone); Hörfeldmoor – Kärntner Anteil; Sablatnig Moor; Vellacher Kotschna; Mussen; Stappitzer See und Umgebung; Inneres Pöllatal; Wolayersee und Umgebung; Großedlinger Teich; Völkermarkter Stausee; Villacher Alpe (Dobratsch); Flachwasserbiotop Neudenstein; Obere Drau; Hochmoor bei St. Lorenzen; Görtschacher Moos-Obermoos im Gailtal; Turner See; Gail im Lesachtal; Gut Walterskirchen; Schütt – Graschelitzen; Höfleinmoor; Ratschitschacher Moor; Möserner Moor; Untere Lavant; Reifnitzbach; Tiebelmündung; Fronwiesen; Kalk-Tuffquellen Völkermarkter Stausee; Nationalpark Hohe Tauern (Kernzone II und Sonderschutzgebiete); Lendspitz-Maiernigg; Hainsche-Moor; Guntschacher Au.
Niederösterreich
Waldviertler Teich-, Heide- und Moorlandschaft; March-Thaya-Auen; Ötscher – Dürrenstein; Donau-Auen östlich von Wien; Wachau – Jauerling; Weinviertler Klippenzone; Kamp- und Kremstal; Thayatal bei Hardegg; Westliches Weinviertel; Steinfeld; Wienerwald – Thermenregion; Nordöstliche Randalpen; Pannonische Sanddünen; Sandboden und Praterterrasse; Hundsheimer Berge; Bisamberg; Tullnerfelder Donau-Auen; Strudengau - Nibelungengau; Machland Süd; Niederösterr. Alpenvorlandflüsse; Pielachtal; Feuchte Ebene – Leithaauen; Truppenübungsplatz Allentsteig.
Oberösterreich
Dachstein; Frankinger Moos; Pfeifer Anger; Radinger Moorwiesen; Unterer Inn; Reinthaler Moos; Tanner Moor; Tal der Kleinen Gusen; Unteres Trauntal; Ettenau; Nationalpark Kalkalpen, 1. Verordnungsabschnitt; Oberes Donautal; Untere Traun; Traun-Donau-Auen; Maltsch; Kalksteinmauer und Orchideenwiese Laussa; Mond- und Attersee; Salzachauen; Auwälder am Unteren Inn; Waldaist und Naarn; Böhmerwald und Mühltäler; Oberes Donau- und Aschachtal; Wiesengebiete und Seen im Alpenvorland; Wiesengebiete im Freiwald.
Salzburg
Wallersee-Wengermoor; Oichtenriede; Winklmoos; Sieben-Möser/Gerlosplatte; Obertauern-Hundsfeldmoor; Bluntautal; Seetaler See; Schwarzbergklamm; Salzachauen, Salzburg; Hohe Tauern, Salzburg; Kalkhochalpen, Salzburg; Tauglgries; Gerzkopf; Rotmoos-Käfertal; Klemmerich; Dürrnbachhorn; Martinsbichl; Hochgimpling; Gernfilzen-Bannwald; Kematen; Joching; Moore am Überling; Salzachauen, Salzburg; Entrische Kirche; Weidmoos; Zinkenbach-Karlgraben; Untersberg-Vorland; Bürmooser Moor; Nordmoor am Mattsee.
Steiermark
Steirisches Dachsteinplateau;
Pürgschachen-Moos und ennsnahe Bereiche zwischen Selzthal und dem Gesäuseeingang;
Ödensee; NSG Hörfeld; Lafnitztal - Neudauer Teiche; Niedere Tauern;
Steilhangmoor im Untertal; Patzenkar; Hochlagen der südöstlichen
Schladminger Tauern; Hochlagen der östlichen Wölzer Tauern und
Seckauer Alpen; Ennstaler Alpen / Gesäuse; Hartberger – Gmoos; NSG
Wörschacher Moos und ennsnahe Bereiche;
Steirische Grenzmur mit Gamlitzbach und Gnasbach; Deutschlandsberger Klause;
Teile der Eisenerzer Alpen; Kirchkogel bei Pernegg; Peggauer Wand;
Feistritzklamm/Herberstein; Teile des steirischen Nockgebietes; Zirbitzkogel;
Gamperlacke; Pölshof bei Pöls; Zlaimöser-Moore /
Weißenbachalm; Demmerkogel-Südhänge, Wöllinggraben mit
Sulm, Saggau und Laßnitzabschnitten und Pößnitzbach; Furtner
Teich – Dürnberger-Moor; Schluchtwald der Gulling; Ramsauer Torf;
Teile des Steirischen Jogl- und Wechsellandes; Oberlauf der Pinka; Teile des
südoststeirischen Hügellandes inklusive Höll und
Grabenlandbäche; Raabklamm; Ober- und Mittellauf der Mur mit Puxer Auwald,
Puxer Wand und Gulsen; Gersdorfer Altarm; Ennsarme bei Niederstuttern; Schwarze
und Weiße Sulm; Totes Gebirge mit Altausseer See; Flaumeichenwälder
im Grazer Bergland.
Tirol
Hohe Tauern, Tirol; Vilsalpsee; Valsertal; Karwendel; Ötztaler Alpen; Afrigal; Egelsee; Schwemm; Lechtal; Arzler Pitzeklamm; Engelswand; Ortolanvorkommen Silz-Haiming-Stams; Fliesser Sonnenhänge.
Vorarlberg
Naturschutzgebiet Rohrach; Rheindelta; Mehrerauer Seeufer – Mündung der Bregenzerach; Lauteracher Ried; Bregenzerachschlucht; Witmoos; Fohramoos; Bangs – Matschels; Ludescher Berg; Gadental; Bergwälder Klostertal; Verwall; Wiegensee; Leiblach; Alpenmannstreu Gamperdonatal; Spirkenwälder Saminatal; Spirkenwälder Brandnertal; Spirkenwald Oberer Tritt; Spirkenwälder Innergamp; Unter-Überlutt; Gsieg – Obere Mähder; Schuttfluren Tafamunt; Soren, Gleggen-Köblern, Schweizer Ried und Birken – Schwarzes Zeug.
Wien
Nationalpark Donau-Auen (Wiener Teil); Naturschutzgebiet Lainzer Tiergarten; Landschaftsschutzgebiet Liesing (Teil A, B und C); Bisamberg (Wiener Teil).
Zu den Fragen 3 und 4:
Nach den vorliegenden Informationen haben die Bundesländer für fast alle ausgewiesenen Natura 2000 Gebiete Gebietsverordnungen erlassen und für ca. 70 % der Gebiete Managementpläne entwickelt, die nunmehr in die Praxis umgesetzt werden.
Zu Frage 5:
Die Naturschutzabteilungen der jeweiligen Landesregierungen haben auf ihren Internetseiten die Informationen zu Natura 2000 Gebieten veröffentlicht.
Zu Frage 6:
Nach den Informationen, die dem BMLFUW vorliegen, ist die Finanzierung des Managements der wichtigste Problembereich bei der Umsetzung der beiden EU-Naturschutzrichtlinien.
Zu Frage 7:
Nach den dem BMLFUW vorliegenden Informationen haben die 9 Bundesländer im November 2010 ein gesamtösterreichisches Monitoring in Auftrag gegeben, das die Vorgaben des Artikels 11 der FFH-RL erfüllt.
Zu Frage 8:
Über Projekte der einzelnen Bundesländer liegen dem BMLFUW keine Informationen vor.
Vom BMLFUW wurden, teilweise gemeinsam mit den Bundesländern, folgende Projekte, die Arten der FFH- und der Vogelschutz-RL betreffen, finanziert:
- Braunbär: LIFE-Projekt 2002 - 2005; Schutz und Management des Bären in Österreich;
2004 - 2009; Schutz des Bären in Österreich;
- Wolf: 2005 - 2009; Vorbereitung für das Wolfsauftreten;
- Luchs: 2006 - 2008; Interreg Luchs Nordwest;
- Feldhamster: 2005; Internationale Tagung Feldhamster;
- Fledermäuse: 2002 - 2007; Interreg-Projekt mit Italien und Slowenien;
- Bienenfresser: 2005 - 2006 und 2008 - 2011; Anlage künstlicher Brutwände;
- Birkhuhn: 2007; Tagung: 4th International Black Grouse Conference;
- Eulen: 2003 - 2004; Artenschutzprogramm Eulenvögel;
- Raubwürger: 2004 - 2005; Artenschutzprogramm;
- Seeadler: 2006 - 2008; Artenschutzprogramm;
2008 - 2010; Vorsicht Gift!;
- Waldrapp: 2004 - 2007; Migrationsprojekt;
- Wiesenweihe: 2005; Artenschutzprogramm;
- Greifvögel: 2008 - 2009; Aktionsplan für den Greifvogelschutz;
- Habichtskauz: 2008; Aktionsplan Habichtskauz;
- Vorsicht Gift: 2003 - 2006; Schutzprogramm Gift und Greifvögel;
- LIFE Projekt Großtrappe: 2005 - 2010; Artenschutzprojekt;
- Flussperlmuschel: 2005 - 2007;
- Flusskrebse: 2004; Wanderausstellung;
- Prachtkäfer: 2004 - 2005; Buprestis splendens am Dobratsch;
- LIFE Projekt Bodenseevergissmeinnicht: 2001 – 2005.
Im Rahmen der Kampagne „VielfaltLeben“, die 2008 - 2010 vom BMLFUW durchgeführt wird, wurden folgende Lebensraumschutzprojekte, die Lebensräume der FFH-Richtlinie betreffen, mit Mitteln des BMLFUW finanziert:
- Management und Schutz des Schilfgürtels am Neusiedlersee;
- Feuchtgebietsrenaturierung Leithaniederung;
- Teiche und Kleingewässer als Lebensräume für Vögel;
- Silikatsandrasen in den March-Thaya-Auen;
- Naturschutzkonzept Feuchte Ebene;
- Oberes Inntal.
Eine Evaluierung der genannten Projekte erfolgt jeweils bei Projektabschluss. Ein spezielles, nachfolgendes Monitoring würde eine weitere Projektfinanzierung erfordern.
Folgende Projekte zur Umsetzung der FFH-RL wurden vom BMLFUW gemeinsam mit allen Bundesländern finanziert:
- Entwicklung von Kriterien, Indikatoren und Schwellenwerten zur Beurteilung des Erhaltungszustandes der Natura 2000-Schutzgüter; 2003 und 2004.
- Ausarbeitung des österreichischen Berichtes gemäß Artikel 17 FFH-RL; 2006 und 2007.
Zu Frage 9:
Soweit bekannt, halten die VertreterInnen der Bundesländer regelmäßige Koordinierungstreffen ab. Rechtlich bindende Obergrenzen sind dem BMLFUW nicht bekannt. Die Europäische Kommission hat Leitlinien für solche Obergrenzen erarbeitet (für Ausnahmen nach Artikel 9 Abs. 1 c der Vogelschutz-RL jährlich 1 % der natürlichen Mortalitätsrate).
Zu Frage 10:
Auf Grund der bereits oben erwähnten Kompetenzlage und der sich daraus ergebenden, fehlenden Vollzugskompetenz des Bundes ist kein Koordinierungsbedarf zwischen einzelnen Bundesministerien gegeben.
Zu Frage 11:
Aufgrund des EuGH-Urteils in Rs. C-535/07 wegen unzureichender Ausweisung von Schutzgebieten und unzureichender Gebietsverordnungen arbeiten die österreichischen Bundesländer an einer neuen Gebietsabgrenzung für die Vogelschutzgebiete „Hansag“ im Burgenland und „Niedere Tauern“ in der Steiermark, sowie an der rechtlichen Novellierung einiger bereits erlassener Gebietsverordnungen.
Andere Pläne der Bundesländer für Gebietsausweisungen sind dem BMLFUW nicht bekannt.
Zu Frage 12:
Zurzeit existieren insgesamt 8 offene Verfahren im Bereich Natura 2000 gegen die Republik Österreich. Davon sind 6 Beschwerdeverfahren und 2 Vertragsverletzungsverfahren.
Beschwerdeverfahren:
1. Nr. 99/4765: Tullnerfelder Donau-Auen/Brücke bei Krems in Niederösterreich;
2. Nr. 98/4910: Gut Walterskirchen in Kärnten;
3. Nr. 00/4772: Schotteranlage im Natura 2000 Gebiet „Obere Mur und Puxer Auwald und Pleschaitz“; Steiermark;
4. Nr. 2001/4646, 2001/4650 und 2002/4287: Projekt Kärnten Arena (Kärnten);
5. Nr. 2005/4390: Tullnerfelder Donauauen / Donauuferautobahn A 22 (NÖ);
6. Nr. 2006/4111: Hundsheimer Berge (NÖ).
Stand: Österreichische Stellungnahme zum Schreiben der EK.
Vertragsverletzungsverfahren:
1. Nr. 98/4442: Kormoran- und Graureiherjagd in Salzburg und Waldvogelfang in OÖ
Stand: Österreichische Stellungnahme zum Mahnschreiben der EK.
2. Nr. 99/5005: Steinfeld in Niederösterreich
Stand: Österreichische Stellungnahme zur Begründeten Stellungnahme der EK.
Urteile des EuGH ergingen in 5 Fällen:
· Rs. C-209/02; der Erweiterung eines Golfplatzes im Wörschacher Moos, Steiermark;
· Rs. C-209/04; die unzureichende Ausweisung des Vogelschutzgebietes im Lauteracher Ried, Vorarlberg;
· Rs. C-507/04; unvollständige rechtliche Umsetzung der RL 79/409 (Vogelschutz-Richtlinie);
· Rs. C-508/04; unvollständige rechtliche Umsetzung der RL 92/43 (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie);
· Rs. C-535/07; mangelhafte Umsetzung von Art. 4 der RL 79/409 (mangelhafte Ausweisung von Vogelschutzgebieten).
Zurzeit sind beim EuGH keine offenen Verfahren anhängig.
Zu Frage 13:
In beiden Richtlinien sind Berichtspflichten verankert. Die Berichte sind von den Bundesländern an die Europäische Kommission zu übermitteln.
Zu Frage 14:
Soweit dem BMLFUW dies bekannt ist, wurde diesen Berichtspflichten nachgekommen.
Zu Frage 15:
Im Falle einer Verurteilung Österreichs durch den EuGH können sich etwaige finanzielle Sanktionen ergeben. Dafür ist ein zweistufiges Verfahren vorgesehen: Im Falle einer Verurteilung wegen Nichtumsetzung oder mangelhafter Umsetzung einer EU-Rechtsvorschrift wird darauffolgend, falls der rechtswidrige Zustand vom Mitgliedsstaat nicht beseitigt wird, ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Wird auch in diesem Verfahren eine Verurteilung ausgesprochen, treten finanzielle Sanktionen in Kraft.
Der Bundesminister: