6733/AB XXIV. GP
Eingelangt am 05.01.2011
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möglich.
BM für Unterricht, Kunst und Kultur
Anfragebeantwortung
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Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien
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Geschäftszahl: |
BMUKK-10.000/0325-III/4a/2010 |
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Wien, 5. Jänner 2011
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 6829/J-NR/2010 betreffend Sparpläne bei der Umsetzung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes, die die Abg. Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen am 9. November 2010 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Zu Fragen 1 bis 4:
Ein Teil der durch die Bundesregierung beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen bis 2014 betreffen bauliche Maßnahmen im Bereich der Bundesschulen in Zusammenhang mit dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz.
Dies ändert nichts an der geplanten notwendigen barrierefreien Erschließung von Bundesschulgebäuden sowie an dem für den Bereich der Bundesschulen im Jahr 2006 gemeinsam mit den Landesschulräten/dem Stadtschulrat für Wien für die etwa 500 Bundesschulen (insgesamt mehr als 900 Gebäude) einschließlich der Amtsgebäude der Landesschulräte selbst erstellten Etappenplan. Da eine umfangreiche Erhebung der Einzelmaßnahmen bei einer derart großen Zahl von Objekten nicht innerhalb eines Jahres bundesweit durchgeführt werden konnte, wurden in diesem zunächst pro Objekt drei Termine vermerkt (Termin für die Erhebung, für den Planungsbeginn und den Umsetzungsbeginn). In der Zwischenzeit konnten die Erhebungen der erforderlichen Maßnahmen bis auf vereinzelte Ausnahmen durchgeführt und an 83 Bundesschulgebäuden bereits die erforderlichen Maßnahmen umgesetzt werden. Darüber hinaus wurde bereits an 350 weiteren Bundesschulgebäuden mit der oft in mehreren Etappen erfolgenden Schaffung der Barrierefreiheit begonnen.
Da seitens der Behindertenverbände der Schwerpunkt zunächst auf eine barrierefreie Erschließung der Gebäude für Menschen mit Gehbehinderungen liegt, werden in der Regel vorrangig die dafür erforderlichen Maßnahmen (Errichtung von barrierefreien Liften, Rampen, Behinderten-WCs) bearbeitet. Für Menschen mit Sinnesbehinderungen ist die Schaffung von Info-Points vorgesehen, zu denen sie ohne fremde Hilfe gut gelangen können (klare Eingangssituationen, Beschilderungen, taktile Wegeführung).
Aufgrund verlängerter Fristen im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz entsprechend beschlossenem Budgetbegleitgesetz werden die umzusetzenden Maßnahmen lediglich auf den Gesamtzeitraum unter Beibehaltung des Projektumfanges erstreckt. Die nachgeordneten Dienststellen sind angewiesen, im Bedarfsfall sofort zu reagieren und entsprechende Maßnahmen umgehend zu setzen.
Dies ist in der Vergangenheit bei einigen bereits umgesetzten Projekten übliche Vorgangsweise gewesen, wie etwa beispielsweise angeführt:
- BRG Wien 23, Anton Krieger-Gasse:
Aufgrund eines akuten Anlassfalles wurde die Errichtung eines barrierefreien Aufzuges, die Vergrößerung des barrierefreien WCs usw. als Sofortmaßnahmen vorgezogen.
- Akademisches Gymnasium Wien 1, Beethovenplatz:
Sofortiger Planungsbeginn für die Umsetzung erforderlicher Maßnahmen bereits ab Frühjahr 2011 aufgrund eines akuten Anlassfalles.
- BHAK Linz, Rudigierstraße:
Nach Anmeldung einer Schülerin mit körperlicher Beeinträchtigung (Rollstuhl) für das Schuljahr 2010/11 wurde umgehend die Errichtung eines barrierefreien Zugangs und barrierefreien WCs vorgezogen und mit dem Einbau eines Aufzugs begonnen.
Dadurch konnte schon bisher sicher gestellt werden, dass die Bildungschancen für Menschen mit Behinderungen gewährleistet sind. Für den Bundesschulbereich (einschließlich LSR/SSR-Amtsgebäude) wird auch weiterhin angestrebt, die bestmögliche Barrierefreiheit fristgerecht umzusetzen.
Neben den vorstehenden, die Beseitigung physischer Barrieren betreffenden Ausführungen ist die angesprochene Thematik von Menschen mit Behinderungen und der für sie wesentlichen Positionierung in der Gesellschaft eine Querschnittsmaterie, die von den vielfältigsten Akteurinnen und Akteuren auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene getragen wird. Wie anlässlich der Ratifizierung der UN-Konvention in den erläuternden parlamentarischen Materialen festgestellt wurde, sieht Österreich die wesentlichen Inhalte der Konvention durch die Rechtswirklichkeit für erfüllt an. In diesem Zusammenhang wird auf die Inhalte des Berichtes der Bundesregierung über die Lage von Menschen mit Behinderungen in Österreich 2008, der dem Nationalrat unter III-23 dB. XXIV. GP vorgelegt wurde, hingewiesen, in welchem die einschlägigen Maßnahmen der Jahre 2003 bis 2008 für alle Lebensbereiche dargestellt sind. Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur weist darüber hinaus auf Folgendes hin:
Infolge der hohen Akzeptanz und Selbstverständlichkeit, die der gemeinsame Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderungen in der Volksschule und in den Schulen der Sekundarstufe erreicht hat, werden bereits seit einigen Jahren mehr als fünfzig Prozent aller Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf integrativ unterrichtet. Dies bedeutet, dass gegenwärtig mehr als die Hälfte aller Volksschulen und Dreiviertel aller Hauptschulen Standorte mit Integrationsklassen sind. Um eine kontinuierliche Betreuung von Schülerinnen und Schülern mit Körper- oder Sinnesbehinderungen auch in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen und den allgemein bildenden höheren Schulen (Oberstufe) zu gewährleisten, wurden besondere gesetzliche Regelungen geschaffen, die entsprechende Abweichungen vom Lehrplan sowie einen erweiterten Förderunterricht ermöglichen.
Die Ausstattung von sehgeschädigten Schülerinnen und Schülern an Bundesschulen mit entsprechend adaptierten Schulbüchern und elektronischen Hilfsmitteln (PCs mit Braillezeile und/oder Sprachausgabe, Lesegeräte etc.) erfolgt durch die Lehrmittelzentrale am Bundes-Blindenerziehungsinstitut. Die Bereitstellung von hörbehindertenspezifischen Unterrichtmaterialien erfolgt durch eine bei der Organisationseinheit Sonderpädagogik des Ministeriums eingerichtete Expertinnen- und Expertengruppe von hörenden und gehörlosen Praktikerinnen bzw. Praktikern.
Angemerkt wird ferner, dass bei der Überarbeitung der Lehrpläne der Sonderschule für gehörlose Kinder und der Sonderschule für blinde Kinder (seit September 2008 in Kraft) gehörlose bzw. blinde Expertinnen und Experten in die diesbezügliche Arbeitsgruppe miteinbezogen wurden.
Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur unterstützt ferner den Aufbau einer elektronischen Gebärdensprachdatenbank (Gebärdenlexikon) für den schulischen Bereich am Institut für Gebärdensprache und Hörbehindertenkommunikation der Universität Klagenfurt.
Seit 2005 wird das Projekt „Ill and Isolated Children Connected –IICC“ im Wege der Bereitstellung von IKT im Rahmen des Heilstättenunterrichts für Kinder und Jugendlichen im Krankenhaus betrieben. Über ip-basierte Videokonferenzen können die Schülerinnen und Schüler mit Klassenkolleginnen und -kollegen sowie Lehrkräften kommunizieren und auch am Klassenunterricht teilnehmen. Zugleich haben sie Zugang zu Bildungsmedien.
Im Rahmen der berufsbegleitenden Weiterbildung werden von Pädagogischen Hochschulen Hochschullehrgänge für Lehrerinnen und Lehrer, die sehbehinderte/blinde bzw. hörbehinderte/gehörlose Schülerinnen und Schüler unterrichten, angeboten.
Die mit dem Ziel der Bereitstellung von aktuellen und relevanten Informationen, Materialien und Links über Entwicklungen in der Sonderpädagogik/Integration/Inklusion eingerichtete Internetplattform für Sonderpädagogik unter www.cisonline.at beinhaltet unter anderem auch die Entwicklung und Verlautbarung von Qualitätsstandards für den Unterricht in Integrationsklassen (Rundschreiben Nr. 18/2008), die derzeit hinsichtlich ihrer Umsetzung evaluiert werden.
Die eLearning-Plattform www.bildung.at ist hinsichtlich eines barrierefreien Zugangs gestaltet. Vergleichbares gilt hinsichtlich der barrierefreien Website für Sonderpädagogik www.cisonline.at.
Es wurde bereits eine Strategie bzw. ein Konzept zur Weiterentwicklung des Prozesses für die UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen seitens des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (Organisationseinheit Sonderpädagogik) entwickelt. In weiterer Folge sollen Gespräche und Dialoge mit betroffenen Gruppierungen, der Schulaufsicht und weiteren Interessenten für diese Thematik statt finden.
Grundsätzlich werden in allen technischen, kaufmännischen und humanberuflichen berufsbildenden mittleren und höheren Schulen körper- und sinnesbehinderte Schülerinnen und Schüler integriert, soweit sie die lehrplanmäßigen Anforderungen in Anwendung der gesetzlich vorgesehenen Rücksichtnahmen erfüllen können. So ist z.B. das Schulzentrum, 1030 Wien, Ungargasse 69 in Wien der größte Standort für Hörbehinderte an kaufmännischen Schulen – es bestehen zahlreiche Förder- und Stützmaßnahmen.
Schülerinnen und Schüler, die eine sonderpädagogische Förderung im Bereich der Pflichtschule erhielten, werden bereits in einjährige Wirtschaftsfachschulen bzw. an Haushaltungsschulen in speziell dafür entwickelten Schulversuchen integriert. Dieser „Integrativ-kooperative Unterricht für behinderte Schülerinnen und Schüler an der einjährigen Wirtschaftsfachschule bzw. Haushaltungsschule“ beinhaltet eine Dehnung des Lehrplans auf zwei Jahre, wobei die Jugendlichen die einjährige Ausbildung in insgesamt zwei Jahren in zwei Klassenverbänden durchlaufen. Beide Jahre zusammen entsprechen der 9. Schulstufe.
In Form von Schulversuchen wird ab dem Schuljahr 2010/11 der integrativ-kooperative Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit speziellem Förderbedarf ab der 9. Schulstufe – vor allem in berufsbildenden mittleren Schulen – mit dem Ziel der Erreichung von Teilqualifikationen und der Verbesserung von Berufschancen für Jugendliche erprobt.
Darüber hinaus gibt es nach der 9. Schulstufe die Möglichkeit der integrativen Berufsausbildung, eine Form der beruflichen Erstausbildung, die dem Bedürfnis Jugendlicher mit Behinderung oder Benachteiligung nach geeigneter Ausbildung und dem Bedarf der Betriebe nach adäquat ausgebildeten Arbeitskräften entspricht. Ende Juli 2010 befanden sich 4.570 Jugendliche in der Integrativen Berufsausbildung.
Für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung, die ohne persönliche Unterstützungsleistungen eine Schule nicht besuchen können, wird vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur eine persönliche Assistenz finanziert. Darüber hinaus werden auf Antrag auch Gebärdendolmetscherinnen und Gebärdendolmetscher nach den Sätzen, die auch vom Bundessozialamt bezahlt werden, finanziert. Aufgabe der persönlichen Assistenz ist der Transport zur Schule bzw. nach Hause sowie das Leisten von Unterstützungen während des Schultages. Dazu zählen Hilfen beim Aus- und Ankleiden, beim Aufsuchen des Klassenzimmers, beim Gang auf die Toilette, bei der Einnahme des Essens, beim Bedienen des Computers etc., nicht aber das Wiederholen oder nochmalige Erklären des Lehrstoffes. Die Finanzierung bezieht sich auf mittlere und höhere Schulen, für den Pflichtschulbereich fällt Derartiges in den Aufgabenbereich der Länder.
Die Bundesministerin:
Dr. Claudia Schmied eh.