6852/AB XXIV. GP
Eingelangt am 18.01.2011
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
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An die
Präsidentin des Nationalrats
Mag.a Barbara PRAMMER
Parlament
1017 W i e n
Wien, am . Jänner 2011
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Der Abgeordnete zum Nationalrat DDr. Königshofer und weitere Abgeordnete haben am 18. November 2010 unter der Nr. 6931/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Zukunft des Brenner-Basis-Tunnel gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Ø Weshalb wurde der Baubeginn des Brenner-Basis-Tunnels auf das Jahr 2016 verschoben?
Von der Projektträgergesellschaft BBT SE wurde ein optimierter Bauablaufplan ausgearbeitet, der mit den Eigentümern der BBT SE abgestimmt ist. Dieser Bauablaufplan sieht eine Unterteilung der Bauarbeiten in Bauvorbereitung und vertiefte Erkundung sowie Hauptbaulose vor.
Entsprechend dem von der Brenner Basistunnel Gesellschaft BBT SE vorgeschlagenen Bauzeitplan ist vorgesehen, die Bauarbeiten zur Bauvorbereitung und vertieften Erkundung 2011 zu starten. Mit der Errichtung der Hauptbaulose könnte 2016 begonnen werden.
Der dargestellte Zeitablauf ist jedoch abhängig von den laufenden Genehmigungsverfahren (siehe Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs zum BBT vom 30. September 2010).
Zu Frage 2:
Ø Welche Garantien für eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene liegen bisher vor und wie lauten diese?
Wie im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode festgehalten ist, stellen aus österreichischer Sicht vor allem die das Projekt Brenner Basistunnel (BBT) begleitenden verkehrspolitischen Rahmenbedingungen eine wesentliche Grundlage für die Erreichung der durch die Realisierung dieses Projektes verfolgten Zielsetzungen dar. Denn maßgebliches Ziel und prioritärer Grund für die Errichtung des BBT ist aus österreichischer Sicht eine effektive Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene, sodass durch einen verbesserten Modal Split die negativen Auswirkungen des Straßengüterverkehrs auf Bevölkerung und Umwelt eingeschränkt werden können.
Derartige kurz-, mittel- und langfristige Rahmenbedingungen müssen im Sinne einer verkehrs- und infrastrukturpolitischen Gesamtstrategie gemeinsam mit den am Projekt beteiligten Staaten und der Europäischen Kommission verfolgt werden und bereits bis zur Inbetriebnahme des BBT Wirkungen entfalten, damit eine Verbesserung der Wettbewerbssituation der Bahn gegenüber der Straße und die angestrebten Verlagerungseffekte eintreten können.
In einer gemeinsamen Absichtserklärung der am Projekt beteiligten Partner wurde in diesem Sinne auf Initiative des mittlerweile verstorbenen Europäischen Koordinators für das TEN-Vorhaben Nr. 1, Prof. Karel Van Miert, am 18. Mai 2009 in Rom von den Staaten Österreich, Deutschland und Italien und den Ländern/Regionen Bayern, Tirol, Südtirol, Trento und Verona eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet, die die Notwendigkeit derartiger Rahmenbedingungen unterstreicht. Diese Absichtserklärung hat insofern einen besonderen Stellenwert, als erstmals sowohl die Verkehrs- und Infrastrukturminister/innen der drei an diesem Projekt beteiligten Staaten, als auch die Landeshauptleute der betroffenen fünf Provinzen und die Eisenbahnunternehmen ein gemeinsames Dokument unterzeichnet haben, das in Bezug auf die der Weiterentwicklung dieser Schienenachse dienenden infrastrukturellen, verkehrspolitischen und technischen Maßnahmen über die in früheren Erklärungen getroffenen Aussagen hinausgeht.
Aus österreichischer Sicht sehr wichtige Maßnahmen und Forderungen werden hier erstmals festgeschrieben: so bekennen sich etwa Deutschland und Italien klar zum Ausbau der nördlichen und südlichen Zulaufstrecken und hält Italien die Einführung der Querfinanzierung im Abschnitt Verona-Brenner fest. Darüber hinaus unterzeichneten auch der damals für Verkehr zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission Tajani, sowie EU-Koordinator van Miert eine Unterstützungserklärung, in der auf diese gemeinsame Absichtserklärung und den Aktionsplan Brenner 2009 ausdrücklich Bezug genommen und auch auf den hohen Finanzbedarf des Ausbaus der Schieneninfrastruktur auf der Brennerachse sowie dessen Bedeutung für eine nachhaltige Verkehrsabwicklung hingewiesen wird.
Mit ihren Unterschriften bekundeten die Projektpartner daher im Sinne eines konsensualen Verständnisses die Bedeutung und die Umsetzung von infrastrukturellen, verkehrspolitischen und technischen Maßnahmen auf der Brennerachse und setzten damit ein klares Signal für die Weiterentwicklung einer nachhaltigen Verkehrspolitik und die Fortsetzung des gemeinsamen, eng akkordierten Abstimmungsprozesses in diesem Korridor.
Auch der neue Koordinator für das vorrangige Vorhaben Nr. 1, Pat Cox, hat sich mittlerweile mehrfach dazu bekannt, die Initiative von Karel van Miert fortzusetzen und insbesondere auch die Tätigkeiten im Rahmen der Brenner Korridor Plattform weiter zu führen, jenes Gremiums, das den genannten „Aktionsplan Brenner 2009“ erarbeitet hat, der Maßnahmen etwa betreffend Infrastrukturausbau, Betrieb (Zugtrassen), Terminals, Interoperabilitätsfragen, Logistik, Ausbau der Zulaufstrecken und auch verkehrspolitische Maßnahmen, die für eine effektive Nutzung des BBT als erforderlich erachtet werden, enthält.
Zu Frage 3:
Ø Wie sehen die Finanzierungszusagen für den Brenner-Basis-Tunnel von Seiten der EU, Italiens, Deutschlands, Österreichs und Tirols aus?
Der österreichische Anteil wird im Rahmenplan abgebildet. Der Zuschussvertrag gemäß § 42 Abs. 2 Bundesbahngesetz wird auch die erforderlichen Zuschüsse für den BBT enthalten.
Auf italienischer Seite wird die Finanzierung durch Beschlüsse des interministeriellen Ausschusses für Wirtschaftsplanung (CIPE) festgelegt. Zuletzt wurde von Italien am 18.11.2010 ein CIPE-Beschluss gefasst.
Von Seiten der EU wurden bereits für den Zeitraum zwischen 2007 und 2013 Zuschüsse für Pilotstollen und Haupttunnel über einen Gesamtbetrag von rd. € 786 Mio (für Österreich und Italien) zugesichert. Weitere verbindliche finanzielle Zusagen für den Zeitraum ab 2014 können von der Europäischen Kommission erst gemacht werden wenn der EU-Finanzrahmen für den Zeitraum ab 2014 vorliegt. Von österreichischer Seite wird von einer Finanzierung über die gesamte Projektdauer durch die EU ausgegangen.
Die Beteiligungen des Landes Tirol befinden sich in Verhandlungen.
Zu den Fragen 4 bis 6:
Ø Welche Maßnahmen werden Sie unabhängig von Bau bzw. Baubeginn des Brenner-Basis-Tunnels setzen, um den LKW-Verkehr auf Tirols Straßen zu reduzieren?
Ø Welche Maßnahmen werden Sie unabhängig von Bau bzw. Baubeginn des Brenner-Basis-Tunnels setzen, um den LKW- und PKW-Transit auf Tirols Straßen zu reduzieren?
Ø Welche Maßnahmen werden Sie unabhängig von Bau bzw. Baubeginn des Brenner-Basis-Tunnels setzen, um die verkehrsbedingte Belastung der Tiroler Bevölkerung insbesondere mit Lärm und Abgasen zu reduzieren?
Wie schon bei der Beantwortung von Frage 2 erwähnt, stellen die Entwicklung und konsequente Umsetzung von nachhaltigen Lösungen, die insbesondere auch sozialen und ökologischen Gesichtspunkten auf Dauer Rechnung tragen, ein unabdingbares Element einer modernen Verkehrspolitik dar. Es gilt, Bevölkerung und Umwelt vor den negativen Auswirkungen insbesondere des Straßengüterverkehrs, wie Schadstoffen, Lärm, Staus, Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit etc. zu schützen.
Es bedarf daher eines aufeinander abgestimmten Maßnahmenbündels aus infrastrukturellen und verkehrspolitischen Maßnahmen, um hier tatsächliche Verbesserungen zu erzielen. In diesem Sinne setzt die österreichische Verkehrspolitik – unabhängig von der Frage des Baus des BBT – effektive Maßnahmen, die darauf abzielen, umweltfreundlichere Verkehrsträger wie vor allem die Schiene und den Kombinierten Verkehr attraktiver als den Straßenverkehr zu gestalten.
Trotz Wirtschaftskrise ist es gelungen, im Kombinierten Verkehr durch konsequenten Einsatz dieser Fördermaßnahmen z. B. auf der RoLa von 2005 bis 2009 einen Zuwachs von 76% zu verzeichnen (bezogen auf Netto-Nettotonnen). Im UKV ergab sich im selben Zeitraum ein Zuwachs von 9%. Dadurch ergibt sich auch eine Verbesserung des Modal Split am Brenner von ca. 24% Schienenanteil noch 2005 auf ca. 32% Schienenanteil 2009.
Im Sinne des klaren Zieles der österreichischen Verkehrspolitik, die verkehrsbedingten Belastungen durch Schadstoffe zu reduzieren, sei weiters auf die mit 1. Jänner 2010 in Kraft getretene Maut-Ökologisierung hingewiesen, die eine Differenzierung der Tarife der fahrleistungsabhängigen Maut nach Schadstoffklassen (EURO-Emissionsklassen) vorsieht. Durch diese Ökologisierung ist der Umstieg auf die Lkws mit den besten Abgasstandards beschleunigt worden: Der Anteil der saubereren Lkws (EURO IV und bessere) an der Gesamtfahrleistung beträgt bereits rund 50%, die Fahrleistung der Lkws mit dem umweltfreundlichsten derzeit am Markt verfügbaren EEV-Standard hat sich von 0,8% im Jänner auf 4,3% im September 2010 bereits mehr als verfünffacht. Dementsprechend positiv fällt auch die Umweltbilanz dieser Maßnahme aus: 2010 gingen die Stickoxid-Emissionen im Vergleich zu 2009 um -8% sowie die Partikel-Emissionen um -10% zurück.
An dieser Stelle möchte ich auch ganz besonders darauf hinweisen, dass Österreich mittlerweile auch einen Antrag auf Einhebung eines Querfinanzierungszuschlages in der Höhe von 25% auf der A 12 Inntalautobahn bei der Kommission eingereicht hat und somit die Möglichkeiten der geltenden Wegekosten-Richtlinie in dieser Hinsicht umfassend nutzt. Mit der Einhebung dieses zweckgebundenen Zuschlags und den auf italienischer Seite beabsichtigten Maßnahmen soll nicht nur ein Finanzierungsbeitrag zum BBT sondern auch ein verkehrslenkender Effekt zugunsten der Schiene erzielt werden.
An weiteren Maßnahmen, die in Tirol von den zuständigen Stellen ergriffen wurden, um die negativen Auswirkungen des Lkw- bzw. Pkw-Verkehrs zu reduzieren sei auf die nach EURO-Klassen definierten Fahrverbote für Lkw, das Nachtfahrverbot für LKW, die immissionsgesteuerten Geschwindigkeitsbeschränkungen für PKW aber auch das sektorale Fahrverbot hingewiesen, dessen Wirkung und Ausgestaltung gegenwärtig evaluiert, analysiert und gegebenenfalls adaptiert wird. Letzteres konnte schrittweise in insgesamt vier Etappen zwischen Mai 2008 und Juli 2010 in Kraft gesetzt werden und hat – wie Österreich auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem EuGH in dieser Angelegenheit betont hat – nicht zu vernachlässigende Beiträge zur Erreichung der Zielsetzung der Verkehrsverlagerung und Emissions- bzw. Immissionsreduktion gezeitigt. So konnten etwa die auf der Brennerachse auf der RoLa beförderten Lkw von knapp 158.000 im Jahr 2007 auf über 225.000 im Jahr 2009 gesteigert werden, was auch Auswirkungen auf den modal split am Brenner hat, der zwischen 2007 und 2009 von 29% auf 32% gestiegen ist.