6878/AB XXIV. GP
Eingelangt am 21.01.2011
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0301-Pr 1/2010
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 6986/J-NR/2010
Der Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Walter Rosenkranz und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Interview mit Fritzl“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 6:
Nach den glaubwürdigen Angaben des betroffenen Justizwachebediensteten und der – diesen bestätigenden – schriftlichen Dokumentation des Vorgangs wurde der Journalist W.A. vom österreichischen Rechtsanwalt Dr. M.K. als dessen Mitarbeiter ausgegeben, der ihn beim Besuch bei dem Strafgefangenen F. begleite.
Zu 7 und 8:
Ja, eine derartige Anweisung gibt es; sie gilt für alle Besucher einschließlich Rechtsanwälte.
Zu 9 bis 11:
Die Besucher von Insassen der Justizanstalt Stein müssen nach Abgabe verbotener Gegenstände eine Schleuse mit Metalldetektor passieren und metallische Gegenstände in eine Durchreichelade zur Untersuchung abgeben. Eine körperliche Durchsuchung von Besuchern und Besucherinnen ist gemäß § 101 Abs. 4 StVG nur zulässig, wenn ein begründeter Verdacht nach § 180a StVG („unerlaubter Verkehr mit Gefangenen“) besteht oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass jemand einen Gegenstand bei sich hat, von dem sonst eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Strafvollzugs ausgeht. Daher kann nur bei Vorliegen einer solchen Ausnahmekonstellation eine derartige Durchsuchung vorgenommen werden. Für Rechtsanwälte gilt überdies noch die Einschränkung der Durchsuchungsmöglichkeit iS des § 96 Abs. 2 StVG.
Im Jahr 2010 wurde eine Leibesvisitation durchgeführt.
Zu 12 bis 16:
Die Besucher und Besucherinnen von Insassen der Justizanstalt Stein werden in sämtlichen Besucherräumen durch jeweils einen unmittelbar anwesenden Justizwachebediensteten überwacht. In einem Besucherraum für sogenannte „Tischbesuche“ werden ferner Kameras zur Überwachung der Besuche eingesetzt. Im Sprechbereich der Behörden, Ämter, Anwälte und anderer privilegierter Stellen gemäß § 90b StVG patrouilliert ein Justizwachebediensteter.
Zu 17 bis 21:
Im Kalenderjahr 2009 wurden zwei Verwaltungsübertretungen und im Kalenderjahr 2010 vier Verwaltungsübertretungen gemäß § 180a StVG zur Anzeige gebracht. Der Ausgang der Verwaltungsstrafverfahren (in denen die Strafvollzugsverwaltung keine Parteistellung hat) ist mir nicht bekannt. Für die von den Insassen begangenen Ordnungswidrigkeiten (unerlaubter Verkehr im Sinn der §§ 107 Abs. 1 Z 2 iVm 180a StVG) wurde einmal eine Geldbuße verhängt. Bei den übrigen Ordnungswidrigkeiten konnte mit einer Abmahnung das Auslangen gefunden werden.
Zu 22 bis 26:
Die Überwachung der Besuche, des Briefverkehrs und des Führens von Telefongesprächen erfolgt entsprechend den Vorgaben des Strafvollzugsgesetzes.
Die Art der Durchführung von Besuchen wird auf die entsprechenden individuellen Sicherheitsvorkehrungen, die für jeden einzelnen Insassen vorgesehen sind, abgestimmt. Je nach individuellem Erfordernis können Besuche in der vollen Bandbreite zwischen unbewachtem Besuch und sogenanntem Sicherheitsbesuch mit einer Glasscheibe zwischen Besucher und Besuchtem ausgestaltet sein. Der ein- und ausgehende Briefverkehr wird bei Strafgefangenen stichprobenartig überprüft. Strafgefangene haben die Möglichkeit, Schreiben an öffentliche Stellen, Rechtsbeistände und Betreuungsstellen in einem verschlossen Umschlag zu übermitteln. Einlangende Post dieser Stellen wird ebenfalls nicht zensuriert. Der fernmündliche Kontakt von Strafgefangenen ist auf im Einzelfall zu genehmigende Telefonnummern eingeschränkt. Die Telefonate können nach Maßgabe des § 96a StVG überwacht werden. Sämtliche Telefonate werden mit Telefonnummer, Anrufzeit und Anrufdauer registriert.
Die Nutzung des Internets wäre – als Vergünstigung – bei berechtigtem Anliegen unter Aufsicht möglich.
Zu 27 bis 29:
Insassen, die im geschlossenen Bereich von Justizanstalten angehalten werden, sind nicht berechtigt, ein Mobiltelefon zu besitzen oder damit zu telefonieren. Für Freigänger und Insassen im gelockerten Vollzug gilt diese Beschränkung im Interesse einer ständigen Erreichbarkeit des Insassen bzw. der Anstalt nicht bzw. kann sie im Wege einer Vergünstigung (§ 24 StVG) aufgehoben werden. Gespräche mit eigenen Mobiltelefonen werden durch die Vollzugsverwaltung nicht überwacht.
Zu 30 bis 33:
Der technische Fortschritt gebietet es, die Sicherheitskontrollen stets nachzujustieren. Es sind aber keine Mängel bekannt, die nicht unverzüglich nach deren Bekanntwerden von der Anstaltsleitung behoben worden wären.
Im konkreten Fall wurden alle beteiligten Bediensteten sowie der betroffene Insasse eingehend befragt und die zuständigen Behörden von den Erhebungsergebnissen in Kenntnis gesetzt.
. Jänner 2011
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)