6895/AB XXIV. GP
Eingelangt am 26.01.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Am 16.02.2011 erfolgte eine datenschutzkonforme Adaptierung.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Missbrauch von Tonaufnahmen“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Ich ersuche um Verständnis, dass mir eine Beantwortung von Fragen, die sich auf Inhalte eines anhängigen Ermittlungsverfahrens und konkrete Ermittlungsschritte beziehen, nicht oder nur äußerst eingeschränkt möglich ist. Durch die Auskunftserteilung können bei anhängigen Ermittlungsverfahren Rechte der Verfahrensbeteiligten und der Erfolg der Ermittlungen gefährdet werden, weshalb diese Phase des Strafverfahrens auch von Gesetzes wegen nicht öffentlich ist (§ 12 StPO).
Zu 1:
a): Es wurden 18 Tonaufnahmen an die Staatsanwaltschaft Wien weitergeleitet.
b): Auf den Aufnahmen sind – neben N.N. – acht namentlich bekannte und mehrere unbekannte Personen zu hören.
e): Ja.
Zu 1c) und 1d) sowie zu 2:
Eine Beantwortung dieser Fragen ist mir aus den einleitend dargelegten Gründen derzeit nicht möglich.
Zu 3:
Im vorliegenden Fall unterliegt die Frage der Verwertbarkeit von Tonaufzeichnungen den Bestimmungen der Strafprozessordnung 1975 (StPO).
Die StPO verbietet in bestimmten Fällen die Verwendung von Ergebnissen, die durch rechtswidrige Beweisaufnahmen staatlicher Organe zustande gebracht wurden. So dürfen die Ergebnisse einer von der Kriminalpolizei von sich aus oder über Anordnung der Staatsanwaltschaft durchgeführten optischen oder akustischen Überwachung von Personen (§ 136 StPO), mithin auch Tonaufzeichnungen, bei sonstiger Nichtigkeit nur dann verwendet werden, wenn im Fall der Überwachung nach § 136 Abs. 1 Z 1 StPO die Voraussetzungen für diese Maßnahme vorlagen, in den Fällen des § 136 Abs. 1 Z 2 und 3 StPO hingegen, wenn die erforderlichen Anordnungen und Bewilligungen vorlagen (§ 140 Abs. 1 StPO). Ziel dieser strengen Reglementierung ist es, eine Gefährdung oder gar Umgehung des gegenüber inländischen Behörden garantierten Grundrechtsschutzes im sensiblen Bereich der Privatsphäre zu verhindern (Murschetz, StPdG 27, 93 f; EBRV 49 BlgNR XX. GP, 21), um dem Wesen und dem rechtsstaatlichen Wert einer Verfahrensordnung gerecht zu werden (JAB 812 BlgNR XX. GP, 10 zu § 149h Abs. 3 StPO aF).
Ein Verbot der Verwendung von Ergebnissen, die durch rechtswidrige Beweisaufnahmen von Privatpersonen hervorgebracht wurden, die im Gegensatz zu staatlichen Organen nicht zum Schutz der Grundrechte verpflichtet sind, kann der StPO hingegen nicht entnommen werden. Beweisverwertungsverbote können vielmehr nur dort zum Tragen kommen, wo das Gesetz ein derartiges Verbot ausdrücklich statuiert; ein solches Verbot ist in Ansehung der Verwertung von – wenn auch strafgesetzwidrig gewonnenen – Tonbandaufzeichnungen (§ 120 StGB) nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (15 Os 3/92, siehe auch 15 Os 140/04 und 15 Os 143/05a) der derzeitigen Gesetzeslage nicht zu entnehmen. Für unbefugt hergestellte private Tonaufzeichnungen besteht daher im Strafverfahren kein allgemeines Verwendungsverbot. Eine Verwertung im Hauptverfahren könnte allenfalls unter den Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO angefochten werden.