699/AB XXIV. GP
Eingelangt am 16.03.2009
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0013-Pr 1/2009
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 654/J-NR/2009
Der Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „UN-Übereinkommen gegen Korruption“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Ja; das österreichische Parlament hat das Übereinkommen unter Erfüllungsvorbehalt gem. Art. 50 Abs. 2 B-VG genehmigt (BGBl. III Nr. 47/2006).
Zu 2:
Gem. Art. 65 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption ist jeder Vertragsstaat im Einklang mit den wesentlichen Grundsätzen seines innerstaatlichen Rechts verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen, einschließlich Gesetzgebungsmaßnahmen zu treffen, um die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Übereinkommen sicherzustellen. Schon das Übereinkommen selbst verpflichtet die Vertragsstaaten, den Inhalt gegebenenfalls in innerstaatliches Recht umzusetzen, sofern es sich nicht um fakultative Bestimmungen des Übereinkommens wie z.B. Art. 16 Abs. 2 handelt. Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass Art. 26 der Wiener Vertragsrechtskonvention die Vertragsparteien von völkerrechtlichen Verträgen verpflichtet, einen für den Vertragsstaat in Kraft stehenden Vertrag nach Treu und Glauben zu erfüllen.
Zu 3 bis 8:
Art. 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption definiert den Begriff des Amtsträgers ua. wie folgt: „eine Person, die in einem Vertragsstaat durch Ernennung oder Wahl, befristet oder unbefristet, bezahlt oder unbezahlt und unabhängig von ihrem Dienstrang ein Amt im Bereich der Gesetzgebung, Exekutive, Verwaltung oder Justiz innehat“. Art. 15 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption verpflichtet die Vertragsstaaten die aktive und passive Bestechung von inländischen Amtsträgern zum Zwecke der pflichtgemäßen wie auch pflichtwidrigen Vornahme eines Amtsgeschäftes unter Strafe zu stellen. Dabei geht Art. 15 des Übereinkommens vom Amtsträgerbegriff des eingangs zitiertem Art. 2 des Übereinkommens aus.
In Österreich wird der Begriff „Amtsträger“ in § 74 Abs. 1 Z 4a StGB hingegen wie folgt festgelegt: „jeder der für Österreich, für einen anderen Staat oder für eine internationale Organisation ein Amt in der Gesetzgebung, Verwaltung oder Justiz innehat oder sonst mit öffentlichen Aufgaben, einschließlich in öffentlichen Unternehmen, betraut ist mit Ausnahme von Mitgliedern inländischer verfassungsmäßiger Vertretungskörper“. Die Straftatbestände der §§ 304 StGB „Geschenkannahme durch Amtsträger oder Schiedsrichter“ und 307 StGB „Bestechung“ gehen von diesem – teils weiteren, teils engeren – Amtsträgerbegriff aus, wodurch von der Strafbarkeit ausgenommen sind. § 304a StGB stellt die Tathandlung des Stimmenkaufs und ‑verkaufs für eine Wahl oder Abstimmung in einem verfassungsmäßigen Vertretungskörper unter Strafe, wobei der Straftatbestand keine Spezifizierung im Hinblick auf den Täter vornimmt, sodass Mitglieder inländischer verfassungsmäßiger Vertretungskörper hier als Täter in Betracht kommen.
Im Gegensatz zu § 304a StGB stellt Art. 15 des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption in Abs. a und b auf einen ungerechtfertigten Vorteil ab, der in einem entgeltlichen als auch unentgeltlichen Vorteil bestehen kann und in einem nicht unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Tathandlung stehen muss. Darüber hinaus kann der Vorteil der pönalisierten Handlung auch darin bestehen, dass dieser einer dritten Person zukommt (siehe auch die Punkte 193 ff des Legislative Guide for the implementation of the United Nations Convention against Corruption; http://www.unodc.org/pdf/corruption/CoC_LegislativeGuide.pdf). Die Tathandlung selbst besteht nach Art. 15 Abs. a des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption im Versprechen, Anbieten oder Gewähren eines ungerechtfertigen Vorteils und nach Art. 15 Abs. b des Übereinkommens im Fordern oder Annehmen eines ungerechtfertigten Vorteils, wobei der Zweck der Tathandlung insofern in einem Konnex mit einer Amtshandlung stehen muss, als der ungerechtfertigte Vorteil die Gegenleistung dafür sein soll, dass der Amtsträger/die Amtsträgerin in Ausübung seiner/ihrer Dienstpflichten eine Handlung vornimmt oder unterlässt.
Mit der vom Bundesministerium für Justiz in der XXIII. Legislaturperiode eingebrachten Regierungsvorlage 285 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (Strafrechtsänderungsgesetz 2008), sollte es - mit der vorgeschlagenen Ausnahme im Amtsträgerbegriff des § 74 Abs. 1 Z. 4a StGB (siehe das Zitat oben zu den Punkten 3,4, 5 und 7) – vereinbarungsgemäß den verfassungsmäßigen Vertretungskörpern überlassen werden, ihre Verantwortlichkeit im Hinblick auf die sich aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption ergebenden und auf sie beziehenden Verpflichtungen wahrzunehmen. In der 41. Plenarsitzung der XXIII. Legislaturperiode des Nationalrats am 5. Dezember 2007 wurden die Regelungen des Korruptionsstrafrechtes in der heute geltenden Fassung mehrheitlich von den Abgeordneten beschlossen.
In Punkt E.9. des Regierungsprogramms für die XXIV. Gesetzgebungsperiode ist vorgesehen, das Korruptionsstrafrecht zu überarbeiten. Aus diesem Anlass erscheint mir auch eine Überprüfung eines Anpassungsbedarfs des § 304a StGB an die Bestimmungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption angebracht.
. März 2009
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)