7109/AB XXIV. GP

Eingelangt am 21.02.2011
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                  Wien, am        Februar 2011

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0266-I/4/2010

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 7179/J vom 21. Dezember 2010 der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. und 2.:

Zur Stärkung der Krisenresistenz des Finanzsektors beschloss das Basler Komitee für Bankenaufsicht (BCBS – Basel Committee on Banking Supervision) in Einklang mit den Ergebnissen des G-20-Gipfels (Pittsburgh) im September 2009 u.a.

Die inzwischen vorliegenden Vorschläge des Basler Komitees zur Förderung der Stabilität der Finanzmärkte („Basel III“) sind unverbindliche Standards. Allerdings haben sich die Mitgliedsländer der G 20 am Gipfel in Seoul am 11./12. November 2010 dazu verpflichtet, diese Standards umzusetzen.


Das Bundesministerium für Finanzen teilt die Auffassung des Basler Ausschusses, dass die Einführung eines qualitativ hochwertigen Eigenmittelsystems, eines einheitlichen Liquiditätsregimes und die Reduzierung prozyklischer Effekte dazu dient, die Stabilität des Finanzmarktes zu erhöhen und negative Auswirkungen einer Finanzkrise in der Realwirtschaft zu vermeiden. Die international harmonisierte Umsetzung der Vorschläge des Basler Ausschusses in den Mitgliedsstaaten der G 20 wird daher begrüßt.

 

Neben aufsichtsrechtlichen Fragen sind allerdings auch mögliche wirtschaftspolitische Auswirkungen der Maßnahmen zu bedenken. Von großer Bedeutung ist hierbei die Förderung des traditionellen Bankgeschäfts zur Sicherstellung der Kreditversorgung der österreichischen Bevölkerung.

 

Das Bundesministerium für Finanzen spricht sich gegen einen Automatismus in der Umsetzung der Basler Vorschläge aus. Es ist vielmehr innerhalb der Europäischen Union sicherzustellen, dass Basel III so umgesetzt wird, dass Organisationsstrukturen, die sich in der Krise bewährt haben, angemessen berücksichtigt werden und das traditionelle Bankgeschäft gestärkt wird.

 

Zu 3.:

Der Fokus von Basel II lag auf der risikonäheren Beurteilung von Unternehmen durch Banken, dem Aufbau angemessener Risikomanagementsysteme in Banken und der Einführung von Offenlegungsverpflichtungen zur Förderung der Markttransparenz.

 

Im Gegensatz dazu konzentriert sich Basel III auf die Solidität der Banken. Anforderungen an die Eigenmittelausstattung und Liquidität sollen Banken und den Finanzmarkt in Krisenzeiten widerstandsfähiger machen und negative Auswirkungen in der Realwirtschaft vermeiden.

 

Die Vergabe von Krediten an KMU ist auch weiterhin von bankwirtschaftlichen Kriterien (z.B. Kreditwürdigkeit, Sicherheiten) abhängig. Bei diesen Kriterien wird Basel III zu keinen Änderungen führen. Kredite an KMU werden zudem durch Basel III weder einer anderen Risikokategorie zugeordnet, noch wird es zu einer Erhöhung der anzuwendenden Risikogewichte kommen.

 

Basel III bedingt daher keinen erschwerten Zugang zu Krediten für KMUs. Es ist allerdings bekannt, dass in diversen makroökonomischen Studien eine Erhöhung der Kreditkosten durch Basel III erwartet wird. Die Auswirkungsstudie des Baseler Ausschusses von August 2010, „An assessment of the long-term economic impact of stronger capital and liquidity requirements” geht z.B. von der Annahme einer teilweisen Umwälzung von Kosten auf die Endkunden aus, die zu einer Erhöhung der lending spreads von 16-46 BP bzw. 11-25 BP führt (im Detail vgl. http://www.bis.org/publ/bcbs173.pdf). Das Bundesministerium für Finanzen spricht sich gegen eine Umwälzung der Kosten von Basel III auf Kunden aus. Darüber hinaus wird auf die Ausführungen zur Frage 4. verwiesen.

 

Zu 4.:

Die Bankenaufsicht zielt auf die Sicherung der Finanzmarktstabilität und den Gläubigerschutz ab. Wirtschaftslenkung ist kein Ziel der Bankenaufsicht. In der wirtschaftspolitischen Diskussion wird allerdings auch auf die durch Basel III bedingten höheren Kosten für die Banken hingewiesen, die zu einer Umwälzung der Kreditkosten führen könnten. Es ist nicht Aufgabe des Bundesministeriums für Finanzen, auf die unternehmensinterne Preisgestaltung von Produkten, die kein öffentliches Gut darstellen, Einfluss zu nehmen.

 

Das Bundesministerium für Finanzen spricht sich gegen eine Überwälzung der Kosten von Basel III auf die Kundinnen und Kunden von Bankinstituten aus. Es ist zu erwarten, dass schon in der Vorbereitung zu Basel III der Fokus bei den österreichischen Banken auf der Hebung von unternehmensinternen Synergieeffekten unter Berücksichtigung nachhaltiger Ziele liegen wird. Die Ausrichtung der Unternehmenspolitik hat diese Ziele nachzuvollziehen. Der Schwerpunkt unserer kundenorientierten Universalbanken sollte auch weiterhin auf dem Kreditgeschäft liegen. Zudem wird auf den Wettbewerb zwischen den Finanzmarktakteuren vertraut.

 

Zu 5.:

Das Bundesministerium für Finanzen unterstützt grundsätzlich die Durchführung von Auswirkungsstudien zur Einschätzung makroökonomischer Implikationen von EU-Richtlinienprojekten und hat die Zustimmung zu Basel III immer an das Vorliegen einer Quantitativen Umsetzungsstudie der EU („EU-QIS“), die auch makroökonomische Auswirkungen berücksichtigt, geknüpft.

 

In Hinblick auf Basel III liegen inzwischen eine umfassende Anzahl an Studien über die Auswirkungen von Basel III, auch in Hinblick auf deren mögliche makroökonomische Implikationen, vor (darunter auch die EU-QIS). In Hinblick auf öffentliche Institutionen ist z.B. auf die einschlägigen Studien des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS), des Komitees der europäischen Bankaufsichtsbehörden (seit 1.1.2011 „Europäische Bankenaufsicht - EBA“) und der Oesterreichischen Nationalbank zu verweisen.

 

Zu 6. und 7.:

Prinzipiell ist jeder Vorschlag, den die europäische Kommission unterbreitet, einer Auswirkungsstudie (Impact Assessment) zu unterziehen. Darüber hinaus wird auf die Ausführungen zur Frage 5. verwiesen.

 

Zu 8.:

Zu dieser Fragestellung wird auf die Ausführungen zur Frage 1. verwiesen.

 

Zu 9.:

Basel III sieht ein Inkrafttreten am 1.1.2013 vor, wobei manche Standards, Einzelmaßnahmen etc. erst zu einem späteren Zeitpunkt umzusetzen sind. Der Übergangszeitraum bis zum endgültigen Inkrafttreten dauert bis 1.1.2023. Ein Richtlinienvorschlag der EU wurde von der Europäischen Kommission für Juni 2011 angekündigt.

 

Österreich verpflichtet sich erst ab dem Zeitpunkt der Einigung zwischen Europäischem Parlament und Rat im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens der EU, Basel III umzusetzen. Kommt es zu dieser politischen Einigung, ist es Ziel, den von der EU vorgegebenen Umsetzungstermin einzuhalten.

 

Zu 10.:

Österreich ist nicht Mitglied im Basler Ausschuss und war daher an der Erarbeitung der neuen Regeln nicht direkt beteiligt. Österreich positioniert sich allerdings regelmäßig in den öffentlichen Konsultationen des Basler Ausschusses und der EU im Rahmen von Stellungnahmen. Österreich ist zudem in EU-Gremien vertreten und beeinflusst auf diesem Wege die Umsetzung der Basler Regelungen.

 

Zu 11.:

Eine Hochrechnung der OeNB vom Dezember 2010 schätzt den zusätzlichen Kapitalbedarf für österreichische Banken zur Erreichung der geplanten Quoten auf EUR 15-18 Mrd. Grundsätzlich gibt es mehrere Wege zur Erreichung der neuen Kapitalquoten:

Zusätzlich vorteilhaft wirken sich die langen Übergangsfristen aus.

 

Zu 12.:

Hiezu wird auf die im Internet abrufbaren OeNB/FMA-Presseaussendungen verwiesen:

http://www.oenb.at/de/presse_pub/aussendungen/2010/2010q3/pa_20100913_fma_und_oenb_begruessen_die_einigung_zu_basel_i_206075_page.jsp#tcm:14-206075

 

Zu 13.:

Zu dieser Fragestellung wird auf die Ausführungen zur Frage 11. verwiesen.

 

Zu 14.:

Die quantitative Umsetzungsstudie der EU zur Einschätzung der Auswirkungen von Basel III auf den europäischen Bankensektor, die vom Komitee der Europäischen Bankaufsichtsbehörde („CEBS“, seit 1.1.2011 „Europäische Bankaufsichtsbehörde“ – EBA) durchgeführt wurde, wurde am 16. Dezember 2010 veröffentlicht.

 

An dieser Studie nahmen 246 Banken teil, Österreich übermittelte die Daten von 18 Banken. Datengrundlage war Jahresende 2009. Von diesen 246 Banken sind 50 sog. „Gruppe-1-Banken“ (d.h. Kernkapital über 3 Mrd. EUR) und 196 sog. „Gruppe-2-Banken“ (alle anderen Banken) vertreten. Aus den Ergebnissen ist zu entnehmen, dass Gruppe-1-Banken stärker von Basel III betroffen sind. Das Kapitalerfordernis (Eigenmittel) für Gruppe-1-Banken liegt – je nach harter Kernkapitalquote von 4,5% bzw. 7% – zwischen 53 Mrd. EUR und
263 Mrd. EUR, für Gruppe-2-Banken zwischen 9 Mrd. EUR und 28 Mrd. EUR.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Josef Pröll eh.